19 | Logan tickt aus
Ich hatte David gebeten mich ein paar hundert Meter vor unserer Villa abzusetzen, da ich es nicht darauf anlegen wollte, dass Logan David auch noch zu Gesicht bekam. Es war schon schlimm genug, dass ich mich mit ihm getroffen hatte, da wollte ich eine unnötige Konfontration lieber vermeiden.
Unruhig sperrte ich die Haustür auf und sah mich um. Das Auto meines Mannes stand schon in der Einfahrt, also brachte eine sinnlose Lüge nichts mehr. Die Wahrheit würde eh früher oder später ans Licht kommen und mir war es lieber, dass er es direkt von mir erfährt.
Ich hörte Geräusche aus dem Wohnzimmer, weswegen ich mich, nachdem ich meine Schuhe ausgezogen hatte, auch dorthin begab. Logan saß mit dem Rücken zu mir auf der Couch und schien an seinem Handy zu sein. Wie auf Knopfdruck vibrierte auch sogleich mein Handy, dass ich immer noch in der Jackentasche hatte, und Logan drehte sich überrascht zu mir um. Diese Überraschung hielt allerdings nicht lange, denn sein Ausdruck machte nun einer aufgeregten Miene Platz.
"Wo warst du?!", ich merkte sofort wie angespannt er war. Es hatte sich eine tiefe Falte auf seiner Stirn gebildet, die er immer bekam, wenn er verärgert war.
Ich schwieg, sah zu Boden. Ich war ihm ja nicht fremd gegangen, nur es fühlte sich gerade komischerweise so an. Als hätte ich ihn verraten.
"Du warst bei ihm oder?", die Wut in seiner Stimme wurde auf einmal von Verrat überschattet.
Ich nickte langsam und zuckte im nächsten Moment zusammen, als Logan mit der Faust auf den Wohnzimmertisch schlug.
"Verdammt, Emma! Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht!", sein Ausdruck wurde ein wenig weicher, doch als er den Blick von meinem Gesicht nahm, kehrte die Kälte zurück, die ich ihm gerade auch nicht übel nehmen konnte. "Was hast du dir nur dabei gedacht?!", Verzweiflung keimte in seinem Handeln auf. "Du kannst doch nicht einfach meine Nachrichten ignorieren!"
Er raufte sich einmal durch die Haare, ehe seine funkelnd blauen Augen meine braunen trafen und mich wie immer vollkommen aus der Fassung brachten.
"Und das alles für ihn. Warum, Emma? Warum?!", jetzt schrie er und ich stand einfach nur stumm da und musterte ihn. Ich hatte es verdient angeschrien zu werden. Es tat weh, aber Logan tat mein Handeln mindestens genauso weh. Und das wusste ich und habe es trotzdem gemacht.
"Es ist der Todestag seiner Schwester.", war das einzige, dass ich zu meiner Verteidigung sagen konnte. Es hatte mir wehgetan ihn so zu sehen und da er mir erzählt hatte, welcher besondere Tag heute war, hatte ich Mitleid mit ihm.
"Dann soll er zu einem scheiß Psychologen gehen und den nerven!", Logans Tonfall hatte sich nicht beruhigt. Im Gegenteil, er war sogar vor Wut aufgesprungen und wirkte damit noch einschüchternder auf mich.
Ich erwiderte nichts. Vielleicht hatte Logan Recht. Vielleicht brauchte David tatsächlich psychologische Unterstützung. Aber die hatte er gerade nicht und ich war die einzige, die ihm die Schmerzen wenigstens teilweise nehmen konnte. Ich wusste schließlich wie seine Schwester war, ich kannte sie ebenso.
"Hör auf nur da zu stehen und mich anzuschweigen! Ich will Erklärungen für dein Verhalten, Emma!", er baute sich gefährlich nahe vor mir auf und ich schluckte eingeschüchtert. So wütend hatte ich ihn selten erlebt.
"Logan.", fing ich an, doch meine Stimme brach schon beim ersten Wort. Tränen drohten sich in meinen Augen zu bilden, weswegen ich mir mit dem Handrücken über meine Augen fuhr und hoffte, dass ich nicht weinen müsste. Meine Hormone trugen nämlich auch nicht gerade positiv zu meinem allgemeinen Wohlbefinden bei.
"Rede, Emma! Sag mir, warum du dich mit deinem Exfreund triffst und mir nicht sagst, wo du bist! Sag mir, warum du ihm noch eine Chance gibst, nach all dem was er dir angetan hat! Und streite es nicht ab, du verteidigst ihn und es bringt mich fast um!"
Er kam immer näher auf mich zu, bis er plötzlich direkt vor mir stand und ich den Kopf heben musste, um ihn anzusehen.
Er strahlte so viel Stärke aus. Stärke, die ich gerade dringend brauchte, aber die mich zerstörte.
"Ich weiß es nicht, okay. Ich habe Mitleid mit ihm, Logan. Ich kannte seine Schwester auch, ihr Verlust hat auch mich damals schwer getroffen und-", fing ich an zu erklären, als er mich plötzlich energisch unterbrach.
"Seine Schwester ist tot. Okay, tut mir leid für ihn. Was hat das mit dir zu tun?! Ja du kanntest sie, aber das ist doch jetzt irrelevant. Nur weil du sie kanntest, kannst du ihm doch nicht die schmerzhaften Erinnerungen nehmen."
"Aber ich kann ihm beistehen! Ihn verstehen, Logan! Dieser Verlust beschäftigt ihn noch genauso wie früher und-", unterbrach ich ihn und versuchte mich irgendwie zu rechtfertigen.
"Dieser Verlust war doch der Startschuss für sein schlechtes Verhalten dir gegenüber! Wieso sollte er sich dir jetzt plötzlich anvertrauen wollen? Merkst du denn nicht, dass das alles nur eine billige Masche ist?", Logan warf verzweifelt die Arme über dem Kopf zusammen. "Emma, ich habe meine Schwester verloren. Ich bin ja so alleine. Komm und tu wieder so als wäre alles wieder so wie früher.", er verstellte seine Stimme nach oben und äffte David nach.
"Menschen können sich ändern, Logan.", war das einzige, dass ich darauf erwiderte, während ich versuchte ihm trotzig in die Augen zu schauen.
"Ja die Betonung liegt auf können. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass David sich ändern wird. Er wird immer der selbe dreckige Bastard bleiben, der seine Frau schlecht behandelt oder sie schlägt. Wie kannst du nur auf seine billige Masche reinfallen?! Das ist doch alles geplant, verdammt!"
Jetzt konnte ich das Aufsteigen der Tränen nicht mehr verhindern. Und nicht, weil Logan so grob zu mir war, sondern, weil er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Ich sah eben immer nur das Gute im Menschen. Ich glaubte daran, dass David ein besserer Mensch geworden war. Ich hoffte, dass der David, den ich früher kannte, den ich früher liebte, noch irgendwo in diesem Mann steckte.
Aber konnte man es mir verübeln, dass ich immer noch Hoffnung für meine erste große Liebe hatte?
"Fang bloß nicht an zu weinen.", zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und ich merkte wie besorgt er auf mich herabsah.
Ich schniefte kurz, riss mich aber dann zusammen. Jetzt wollte ich wirklich nicht schwach wirken.
"Ich weiß, dass es nicht okay war-"
"Nicht okay?! Es war verdammt nochmal nicht okay! Du weißt, wie sehr ich ihn hasse und, dass ich eure Treffen nicht gutheiße und trotzdem widersetzst du dich mir! Immer wieder! Und das alles nur wegen diesem dahergelaufenen Verbrecher, der krampfhaft versucht wieder in dein Herz zu gelangen!", er hatte mittlerweile aufgehört zu schreien, trotzdem redete er lauter als nötig, während er mich mit enttäuschten Augen musterte.
"Ich verstehe es einfach nicht.", er schüttelte den Kopf und schloss kurz seine Augen, "Was erhoffst du dir aus so einem Verhalten? Liebst du ihn noch?! Willst du, dass ihr wieder ein Paar werdet, so wie in deiner kranken Fantasie, die noch in der Vergangenheit spielt?!", seine Augen durchbohrten mich, doch es fühlte sich eher an, als ob mich tausend Messer durchbohren würden, als er mich mit diesen Anschuldigungen konfrontierte.
"Bedeutet dir das hier denn gar nichts?!", sein Blick huschte im Raum hin und her. "Bedeute ich dir denn gar nichts?"
Jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Solche Worte aus seinem Mund zu hören, verletzten mich mehr, als irgendwelche Waffen es jeh tun könnten. Mein ganzer Körper zitterte, als die Tränen meine Wangen hinunterliefen. Ich sah Logans Blick, der starr auf meine Tränen gerichtet war und nur wenige Sekunden später legte er seine Hand an meine Wange und wischte sie weg.
"Nicht weinen. Shhh, Emma nicht weinen!", murmelte er ganz aufgelöst und mit einem schmerzvollen Blick.
"Warum weint Mama?", unser Sohn stand plötzlich im Türrahmen und musterte mich besorgt.
"Nichts schlimmes.", Logan nahm die Hand von meiner Wange und wand sich seinem Sohn zu. "Nur die Hormone, keine Angst.", log er und mein Sohn nickte erleichtert.
"Mama, hör bitte auf zu weinen. Ich mag dein Lachen viel lieber.", mein Sohn schaute mich besorgt an, ehe er auf dem Absatz kehrt machte und nach oben eilte.
Seine Worte hinterließen ein leichtes Lächeln auf meinen Lippen, das allerdings verschwand, als der Blick meines Mannes wieder auf mich fiel.
"Du hast unseren Sohn gehört. Er ist ganz schön weise für sein Alter.", Logans Lächeln war schwach und erreichte nicht seine Augen, aber wenigstens lächelte er. "Ruh dich aus, das war sicher nicht gut für unsere Tochter.", und mit diesen Worten verließ er den Raum und ließ mich am Boden zerstört zurück.
Schon wieder ein Kapitel, die Ferien tun mir gut😂😅
Auf welcher Seite steht ihr?
Logan oder Emma?
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