13 | Davids Hoffnung

Logan ließ David kein einziges Mal aus den Augen, als er unsere Villa betrat und sich wohlerzogen die Schuhe auszog.

Er folgte mir bis ins Wohzimmer und setzte sich dann gegenüber von mir auf unsere Couch. Logan stellte sich beschützend hinter mich, so als wolle er David nochmals einschüchtern.

Doch dieser beachtete Logan gar nicht, da sein Blick ungläubig durch den Raum huschte ohne konkret an einem Gegenstand hängen zu bleiben.

"Du bist reich.", murmelte er erschrocken und gleichzeitig erstaunt, während seine Augen auf dem Garten außerhalb des Gebäudes lagen.

Ich antwortete nicht, da ich erstens nicht wusste, wie ich widersprechen sollte und wieso dieses Detail von Bedeutung wäre.

"Hast du ihn deshalb geheiratet?", seine grüne Augen trafen meine völlig unvorbereitet. Seine Frage hatte keinen provozierenden Beigeschmack, er fragte aus Neugier auch wenn seine Stimme dabei verletzt klang.

Ich merkte wie sich Logans Hand, die er auf meine Schulter gelegt hatte, augenblicklich versteifte.

"Nein, ich habe ihn geheiratet, weil ich ihn liebe.", entgegnete ich mit fester Stimme und David sah mich nur noch gekränkter an.

"Außerdem tut das jetzt nichts zur Sache. Du wolltest reden, also rede. Hör auf mir ständig Fragen zu stellen.", fügte ich hinzu und atmete tief durch.

Er legte seine Stirn in Falten; das hatte er früher auch immer getan, wenn er nachdenken musste und fuhr sich durch seine braunen Haare, die noch genauso aussahen, wie er sie mit neunzehn getragen hatte.

"Ich weiß nicht wo ich anfangen soll.", gestand er leise und starrte auf seine Hände, ehe er mir wieder ins Gesicht sah.

"Was willst du wissen, Emma?"

"Ich will alles wissen, David. Wieso hast du das damals getan?! Warum hast du mich so behandelt?! Wie war deine Zeit im Gefängnis oder besser, wieso bist plötzlich wieder frei?!", antwortete ich ohne zögern. Das waren Fragen, die mich schon die ganze Zeit verfolgten, die ich mir immer selbst gestellt hatte und dir ich nie allein beantworten konnte.

"Wow das sind ganz schön viele Fragen.", murmelte er leise und ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen.

"Als erstes muss ich mich bei dir entschuligen. Ich wollte dich nie bedrohen oder belästigen oder dir sogar Angst machen, aber ich musste unbedingt mit dir reden und du hast mir keine andere Wahl gelassen. Dass dein Freund extra von seiner Arbeit nach hause kommen muss, wollte ich ebenfalls nie, Entschuldigung.", er klang genauso ehrlich, wie er es vorher gewesen war, bevor der ganze Albtraum angefangen hatte.

"Ehemann.", schnaubte Logan hinter mir und ich wusste, wie sehr ihn die Bezeichnung 'Freund' aus Davids Mund verärgerte.

"Ich kann dir nicht erklären, warum ich mich damals so verhalten habe. Das Gefühl, schuld an dem eigenen Tod meiner kleinen Schwester zu sein, hat mich den letzten Nerv gekostet. Ich hätte dich an mich heranlassen sollen und mich nicht mit den falschen Leuten abgeben sollen, das weiß ich jetzt. Mein Verhalten allein ist schuld, dass wir beide jetzt nicht in dieser Villa wohnen. Ich habe nicht nur meine Freiheit verloren, sondern auch das was mir am meisten bedeutet hat. Dich.", Davids Haltung war angespannt, sein Kopf nach unten gesenkt.

Ich hörte Logans beunruhigten Atem hinter mir, der durch Davids vorletzten Satz noch unregelmäßiger wurde.

Ich wusste wie sehr sich Logan gerade zusammenreißen musste, um nicht sofort auf meinen Exfreund loszugehen.

"Als ich im Gefängnis saß, hat ein Psychologe mir die Augen geöffnet. Mir ist klar geworden, was ich hatte und haben hätte können, doch stattdessen hatte ich den falschen Weg eingeschlagen. Ich habe fast fünf Jahre in Haft verbracht, seit zwei Monaten bin ich auf Bewährung draußen.", redete er weiter und ich schluckte schwer.

Wegen mir hatte er fünf Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht...

"Aber ich habe hart dafür gekämpft, auf Bewährung zu kommen. Habe viele häusliche Arbeiten erledigt und mich gut benommen, immer mit dem Gedanken daran, dass du draußen auf mich warten würdest. Diese Hoffnung hat mich am Leben gehalten, in Zeiten voller Selbsthass und Verzweiflung.", Davids Blick hob sich wieder und er schaute mir schon zum zweiten Mal tief in die Augen, fast als wolle er meine Seele erkunden.

"Aber es ist zu spät.", seine Stimme brach bei diesem Satz etwas, während er plötzlich seinen Blick auf Logan warf, der immer noch beschützerisch hinter mir stand.

"Du hast dein Glück schon gefunden und ich habe kein Recht mehr darauf, dass du meins wirst. Ich habe dich verloren, an dem Tag, als ich auch meine Schwester verloren habe und ich habe auch meine eigene Seele verloren. Ich gebe dir nicht die Schuld, Emma. Du hattest das gute Recht darauf dein eigenes Glück zu finden. Ich war dumm und naiv, dass deine Zukunft mich beinhalten könnte."

"Es tut mir leid, David.", sagte ich ehrlich, weil ich wusste, wie ehrlich er gerade zu mir war.

"Nach allem was du getan hast, kann ich dich mir nicht mehr in meinem Leben vorstellen. Ich bin glücklich mit Logan, das solltest du akzeptieren.", meinte ich ruhig und legte meinen Kopf schief um meinen Mann anschauen zu können, der mich lächelnd ansah.

"Ich freue mich für dich, Emma, wirklich.", murmelte David. "Aber ich muss das erstmal verarbeiten.", redete er weiter und ich nickte.

Ihn so gekränkt und verletzt zu sehen, ließ alte Gefühle in mir hochsteigen.

"Mamaaa!", Logan Junior kam plötzlich ins Wohnzimmer gerannt und ich beobachtete David, der nun mehr als geschockt war.

"Ist das dein Sohn?", fragte er mich ungläubig, während sein Blick zwischen Junior und mir hinundher wanderte.

"Unser Sohn.", antwortete mein Mann für mich und nahm Logan auch schon auf seinen Arm.

"Wow, das ist jetzt echt eine Überraschung.", murmelte David geschockt, als er unseren Sohn anstarrte.

"Naja so überraschend ist es jetzt auch ni-", hörte ich meinen Mann leise flüstern, doch dieser wurde zugleich von meinem Exfreund unterbrochen.

"Er ist genauso schön wie seine Mutter.", raunte David fasziniert und sein Blick lag augenblicklich wieder auf mir.

Logan schnaufte hinter mir aggressiv, da er es hasste, wenn andere Männer mir irgendwelche Komplimente machten. Vorallem David.

"Wer ist das?", fragte Logan sofort verwirrt.

"Niemand wichtiges, Logan. Nur ein alter Bekannter deiner Mutter. Wollen wir nicht ein bisschen nach draußen gehen?", fragte mein Mann meinen Sohn, woraufhin dieser sofort eifrig nickte und in den Gang lief.

"Ich gebe dir noch drei Minuten. Dann bist du hier raus!", wandte sich Logan von David ab und folgte seinem Sohn.

Erst als die Tür ins Schloss fiel, wagte es David weiterzusprechen.

"Dein Mann ist ziemlich temperamentvoll. Er tötet mich mit seinen Blicken.", David lachte leise.

"Ja er kann sehr impulsiv sein. Allerdings ist das in deiner Gegenwart und unserer Vorgeschichte wohl nicht verwunderlich.", kam es unbeeindruckt von mir und ich stand auf.

Logan würde David eigenhändig aus dem Haus werfen, wenn er nicht in drei Minuten das Weite suchte.

"Du solltest jetzt wirklich gehen.", meinte ich zu ihm und er stand ohne Widerspruch auf.

Schweigend beobachtete ich ihn, als er sich seine Schuhe und seine Jacke wiederanzog und öffnete ihm die Tür.

"Ich hatte immer gehofft, dass ich einmal der Vater deiner Kinder sein könnte.", murmelte David niedergeschlagen und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

Als ich nichts darauf antwortete, seufzte er.

"Ich habe schon verstanden. Mein Zug ist abgefahren.", er nickte verletzt und ging mit langsamen Schritten aus der Tür.

"Aber wer weiß, vielleicht ist unsere Bindung noch nicht vollständig verloren. Die Hoffnung stirbt zuletzt.", mit diesen Worten drehte er sich um und ließ mich völlig aufgelöst zurück.

Und er hatte Recht. Denn seine Hoffnung war stärker, als mein Hass.

Fröhlichen Muttertag euch allen❤

Und regt euch nicht auf wegen dem letzten Satz, ich denke mir schon was dabei.

Ich muss ja irgendwie Spannung aufbauen.

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