33 | die Liebe...so schön sie auch sein mag

Mit dröhnenden Kopfschmerzen öffnete ich langsam meine Augen, dies jedoch nur, um sie darauf gleich wieder zu schließen. In meinem Kopf hämmerte es, wie als hätte man ihn mit dem Presslufthammer bearbeitete.

Erst als der Schmerz weniger geworden war, fing mein Gesicht an, sich wieder zu entspannen und ich startete einen zweiten Versuch meine Augen zu öffnen.
Aber trotzdem konnte ich immer noch nicht viel sehen.
Lag vielleicht aber daran, dass ich mich in einem Raum oder besser gesagt Keller befand, der auch nicht gerade sehr hell beleuchtet war.

Immer mehr setzte ich mich auf dem kalten Steinboden auf und merkte dabei, dass man meine Hände mit zwei schweren Eisenringen, die mit Ketten an der Wand befestigt waren, gefesselt hatte.

Vorsichtig rüttelte ich etwas an ihnen, sodass ein lautes Klirren erklang, aber so, wie ich es schon erwartet hatte, tat sich nichts.

Verbittert biss ich mir auf die Unterlippe und ließ meinen Blick weiter in dem dunklen Raum herumwandern. Abgesehen von dem kleinen Lichtspalt, der unter einer Tür am anderen Ende des Raumes hervorkam, war nicht viel mehr zu sehen.

Erst als ich Stimmen vernehmen konnte, die vereinzelt ein paar Worte miteinander austauschten, spitzte ich meine Ohren.
Immer und immer näher kamen sie und ich merkte, wie mir abwechselnd heiß und kalt wurde.
Was würden sie machen, wenn sie mich erreicht hatten?

Wussten sie überhaupt, dass ich hier unten lag?
Bestimmt, sonst wäre ich wahrscheinlich auch nicht gefesselt.
Ganz vorsichtig rückte ich näher an die dicke Wand hinter mir heran, wobei die Eisenfesseln über den Steinboden kratzten.

So viel übrigens zu leise sein.

Als ich spürte, wie die Kälte der Mauer durch meine Lederjacke drang, ließ ich langsam die Luft aus meinen Lungen.
Die beiden Stimmen waren nun unmittelbar nah und ich konnte vernehmen, wie die Tür am anderen Ende des Raumes geöffnet wurde.

Nun sagt keiner mehr ein Wort und ich probierte die Luft an zu halten, nur damit man mich nicht bemerkte.
Vielleicht war ich hier unten ja nicht die einzige Gefangene und die Stimmen wollten eigentlich zu einer ganz anderen Person.

Damit hatte ich aber falschgelegen, denn die Schritte wurden von Sekunde zu Sekunde lauter. Dann konnte ich nur noch vernehmen, wie ein Schlüsselbund rasselte und es sich so anhörte, als würde eine Zellentür aufgeschlossen werden.
Oder besser gesagt meine Zellentür.

Mein Atmen wurde immer schneller und ich merkte, wie ich langsam den Kopf anhob, sodass meine Augen nun auf das grinsende Gesicht eines Mannes trafen. Automatisch schnappte ich vor Schreck nach Luft und spürte, wie mein Herz in meiner Brust gar nicht aufhören wollte zu hämmern.

„Hast du dich etwa erschreckt?", ertönte die dunkle Stimme des Manns, wobei sie an den Steinwänden ein leichtes Echo hinterließ.
„Zu deiner Überraschung, darfst du die Zelle mal verlassen. Dein Dad will dich nämlich mal zu Gesicht bekommen"

„Dad?", stotterte ich verwirrt, bis mir einfiel, dass er mit diesem Wort Santiago meinte.
Dann wurde ich auch schon an den Ketten hochgerissen, wobei mir beinahe ein Schmerzensschrei entwich. Trotzdem konnte ich mich noch zurückhalten, indem ich meine Zähne in meine Lippe bohrte und das Gesicht verzog.

Der Mann grinste darauf nur hämisch und löste die Ketten von meinen Handgelenken. „Ein Versuch zu Flüchten und du wirst den Schrecken deines Lebens bekommen", zischte er in mein Ohr, was dazu führte, dass es mir kalt den Rücken herunterlief.

Mit zitternden Beinen machte ich einen Schritt vor, als ich spürte, wie er mir irgendwas in den Rücken bohrte.
Er wusste, dass ich theoretisch gesehen stärker, als er war. Aber wahrscheinlich war ihm auch bewusst, dass ich momentan nicht dazu in der Lage war, sonst würde er mich nicht so behandeln.

Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen in der Hoffnung nicht gleich noch umzufallen. Selbst als ich es mit wackeligen Beinen die Steintreppe hoch geschafft hatte, die uns in einen geräumigen Saal führte, verließ mich die Angst nicht.

Der komplette Saal war verwüstet und es sah so aus, als hätte es einen Kampf gegeben. Ich zog nur scharf die Luft ein, als ich an ein paar Personen vorbeilief, die regungslos auf dem Boden lagen.
Waren sie etwa tot?

„Da sieht man mal, was alles passieren kann, wenn man nicht auf meiner Seite steht", riss mich eine hämische Stimme aus den Gedanken, sodass mein Kopf herumschnellte und ich nun ein paar Meter weiter von mir entfernt einen Mann stehen sehen konnte.

Er war groß und gut gebaut, wobei das Funkeln seiner grünen Augen mir nicht entging.
Langsam machte er ein paar Schritte von den Treppenstufen herunter, die zu einem riesigen Buntglasfenster führten.

Automatisch wollte ich zurückweichen, aber merkte, wie mir etwas in den Rücken gedrückt wurde.
„Weißt du eigentlich wollte ich ja schon immer einen Jungen haben", fing der Mann auch schon an weiter zu reden.
„Aber ich sage ja immer man soll sich mit dem zu frieden geben, was man geschenkt bekommt. Wobei deine Mutter ja eigentlich nie vorhatte dich mir zu schenken. Viel mehr wollte sie es ja geheim halten"

Dabei schwang in seinen letzten Worten so ein Hass mit, dass es mir zum wiederholten Mal kalt den Rücken herunterlief.
„Ich werde mich dir nicht anschließen", brachte ich die Worte nur zittern heraus, worauf Santiago sich mir wieder zu wandte.

Dabei wurden seine Lippen von einem gehässigen Grinsen umspielt und ich spürte, wie er seinen Blick hämisch über mich gleiten ließ. „Das habe ich auch nie von dir verlangt", entgegnete er nur in einem ruhigen Ton, wobei mir dieser schon etwas zu ruhig war.

Es löste Angst in mir aus. Genau wie das Verlangen einfach von hier wegzulaufen und mich irgendwie in Sicherheit zu bringen.
Aber nun war ich komplett auf mich allein gestellt. Ich hatte niemanden an meiner Seite. Kein Kaden, keine Valencia und auch kein Damian.
Ich war alleine.

„Und was wilst du dann von mir? Warum hälst du mich hier fest? Irgendeinen Grund muss es doch geben"
Nun war meine Stimme fast ein hohes Schreien. Aber ich konnte sie einfach nicht unter Kontrolle halten. Panisch Angst ergriff mich mehr und mehr je länger ich hier sein musste.

Ein leichtes Schmunzeln huschte über Santiagos Lippen. „Für sie", kamen schließlich die Worte aus ihm heraus. „Ich weiß, dass sie dich damals nicht freiwillig abgegeben hat und wenn sie erfährt, dass ich dich in meinen Fängen habe, wird sie hier erscheine und mal schauen, wie es deine Mutter findet, wenn du die Krone in der Hand hast"

Stockend ging mein Atmen und meine Knie wurden immer weicher. „Ich kann die Krone nicht anfassen", rutschte es schließlich aus mir heraus, was er aber wieder nur mit einem herablassenden Schmunzeln quittierte.
„Das weiß ich, aber ich habe auch meine Methoden auf Lager. Deine süßen Lover Typen sind da nicht die Einzigen. Wie hätte ich dich sonst finden sollen"

Verbittert biss ich mir auf die Lippe. Was würde er mit mir tun?

Mir irgendwas verabreichen, von dem ich am Ende vielleicht sterben konnte?

Ein lautes Piepen riss mich aber aus den Gedanken, worauf meine Augen abermals durch den Raum huschten, aber nichts entdecken konnten.
Zumindest bis sie bei Santiago hielten. Er hatte sich über eine Art Wasserbecken gebeugt. Beinahe konnte man es mit einem Becken für Vogelvergleichen, was meine Oma im Sommer immer Garten stehen hatte.

Abgesehen davon das der Inhalt des Beckens hell leuchtete. „Sie kommen! Wusste ich es doch!", vernahm ich Santiago und konnte sehen, wie sein Kopf wieder hochschnellte und seine grünen Augen auf mir landeten. „Bring sie her!", wies er schließlich den Mann an, der hinter mir stand.

Sofort spürte ich, wie ich mit einem Schups nach vorne gedrückt wurde, sodass ich die zwei Treppenstufen zu Santiago hochstieg. Dieser dagegen verfolgte jede meiner Bewegung, als wäre ich seine Beute, auf die er sich gleich stürzen würde.

„Siehst du das?", kam es auch schon aus ihm heraus, wobei seine Stimme etwas in meinem Kopf widerhallte.
Langsam folgten meine Augen seinem Zeigefinger, der auf das Becken deutete. Sofort zog ich die Luft ein. Es war kein Wasser was in dem Becken war...zumindest kein Normales.

Die sonst eigentlich durchsichtige Wasseroberfläche zeigte ein Bild und zwar eins, dass mir mehr als bekannt war.
Oder besser gesagt Personen, die ich eindeutig in der letzten Zeit in mein Herz geschlossen hat.

Ganz vorne dran waren Kaden und Damian, wobei es jedoch so wirkte, als würden sie mit einander diskutieren.
Sie standen sich gegenüber und schauten sich mit giftigen Blicken an, als wollten sie sich gleich umbringen.

„So klein, zart und lieb du doch wirken magst", vernahm ich Santiago hinter mir, wobei ich meinen Blick jedoch weiterhin starr auf dem Bild behielt, was sich dort bot.
„Du bist zu einer Menge im Stande. Egal wen du von den beidne wählen wirst. Dem Anderen wird es das Herz brechen"

Sofort schluckte ich. Er hatte Recht. Auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte. Egal wer einen von den beiden würde ich enttäuschen, ob ich es wollte oder nicht.

„So ist nun mal die Liebe", fuhr Santiago fort, wobei sein Atmen mein Nacken streifte und es sich anfühlte, als würde dieser immer mehr meinen Rücken herunterwanderte. Auch wenn ich wusste, dass es nur die Angst war, die sich da in mir breitmachte.

„Jeder hasst sie, aber will zu gleich haben. Es ist wie mit einer Droge. Wir fühlen uns glücklich und gut, aber sobald sie weg ist, lässt es ein leeres Gefühl zurück. Egal wie und durch was, jeder probiert es zu stopfen. Aber es funkioniert nicht, so groß das Loch auch sein mag es wird immer dableiben. Bei manchen schwächer und bei anderen stärker...deine Mutter ist das beste Beispiel und du wirst bald dein eigenes haben", fügte er noch hinzu, wobei der gehässige Unterton nicht verschwand.

In vielen Punkten war ich eine andere Meinung als er, aber bei diesem hatte er genau ins Schwarze getroffen.
Das, was ich da vor mir hatte, war ein Kreislauf, den ich nur zerbrechen konnte, wenn ich einem von ihnen verletzte.

Mit schweren Schritten nahm Santiago Abstand von mir, sodass ich mich mehr entspannte. Zumindest, bis ich hören konnte, was er zu der Wache sagte, die mir vor wenigen Minuten noch einen schweren Eisenstab in den Rücken gebohrt hatte.

„Sagt den Wachen sie sollen alles stehen und liegen lassen. Ich will, dass sie freien Eintritt hier rein bekommen. Schließlich ist das meine Frau, die ich gleich empfangen muss und ich weiß, wie sehr sie auf Überraschungen steht"

Wieder schluckte ich und biss mir auf die Lippe, sodass ich schon den metallischen Geschmack in meinem Mund vernahm.

„Aber davor...", hörte ich ihn noch wispern und spürte, wie seine Augen sich wieder auf mich legten, auch wenn ich ihm immer noch den Rücken zu gedreht hatte.
„Verabreicht es ihr! Ich will, dass ihre Mutter sieht, was sie aus mir gemacht hat, als sie mich damals verlassen hat. Und unser Töchterchen kann es nun gerne ausbaden. Sie war schließlich der Grund für alles"

Dann spürte ich nur noch, wie sich eine Hand auf meinen Mund legte, sodass mir kein Schrei mehr entweichen konnte und ich wieder den kalten Boden an meinem Gesicht spüren durfte.

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