27 | Wiedersehen mit Freunden
Das Auto, was meine Oma neu bekommen hatte, war nicht schwer zu finden. Es befand sich genau an dem Platz, wo zuvor das Alte gestanden hatte und war auch mindestens genauso zu geräumt.
„Sowas wie Garage aufräumen, gibt es bei deiner Oma auch nicht, oder?", murmelten Damian, als wir den Wagen erst einmal von Kartons freigelegt hatten, damit wir überhaupt einsteigen konnten.
„Sieht es so aus?", entgegnete ich nur und griff nach dem Anschnallgurt, damit ich ihn befestigen konnte. Als Antwort steckte Damian nur den Zündschlüssel ins Zündloch und startete den Motor.
Dieser gab zuerst ein paar sehr komische Geräusche von sich, bevor er erst richtig ansprang. „Wirklich neu ist die Karre aber nicht", gab Damian noch seinen Senf dazu, bevor er aus der Garage langsam heraus auf die Straßen von Chicago fuhr.
„Damian?", fragte ich nur vorsichtig, nachdem wir schon ein paar Straßen durchquert hatten und nun an einer Ampel hielten und darauf warteten, dass sie grün wurde.
„Mhm?", kam es darauf nur gelassen von ihm, was ich als ein „ja" deutete.
„Wir könnten nicht noch zufälligerweise bei meinen Freunden kurz halten?", sprach ich meine Frage vorsichtig aus, was aber trotzdem nicht verhinderte, dass sich seine Miene etwas verdunkelte und er nur langsam den Kopf zu mir drehte.
„Stella, weißt du eigentlich das wir momentan deutlich besseres zu tun haben, als Kaffekränzchen mit Freunden zu machen?"
„Ach komm schon", entgegnete ich nur bittend. „Ich will sie nur kurz sehen und sagen, dass es mir gut geht mehr nicht. Wir müssen auch nicht reingehen oder so"
Mit einem Seufzen drehte Damian seinen Kopf wieder von mir weg, worauf die Hoffnung bei mir nur noch mehr schwand.
Zumindest bis er auf einmal den Blinker setzte, sodass er nun nicht mehr auf die Autobahn rauffuhr.
„Wo wohnen deine Freunde?", kam es schließlich auch schon von ihm, worauf ich am liebsten hätte losschreien und ihm um den Hals fallen wollen.
Aber ich hielt mich zurück.
„45. Straße", schoss es stattdessen nur aus mir heraus, was Damian mit einem Nicken betitelte und anschließend aufs Gaspedal trat, sodass der Wagen lossauste.
Es dauerte auch nicht lange, bis wir schließlich vor einem kleinen gelben Haus hielten, was durch die Sonnenstrahlen noch heller wirkte.
„Wohnt hier diese Trulatante?", hakte Damian nur nach, als er den Motor ausgestellt hatte, sodass nun Stille herrschte.
„Trulatante?", hakte ich genauer nach und zog dabei etwas die Augenbraue hoch.
„Na ja, die ich vor ein paar Wochen mit deinem Handy angerufen habe", probierte er mir nur auf die Sprünge zu helfen, worauf er aber lediglich nur ein Augenrollen abbekam. „Ihr Name ist Blue und nicht Trulatante", murmelte ich dann nur, bevor ich schließlich die Autotür mit einem Klicken öffnete.
„Na gut", vernahm ich Damian sagen und konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie er sich ebenfalls abschnallte, damit er aussteigen konnte.
„Dann wollen wir Purple mal besuchen gehen"
Den Kommentar sparrte ich mir nun lieber und lief stattdessen einfach auf die Haustür des gelben Hauses zu. Lieber ging ich nicht auf seine Provokationen ein, sonst stritten wir uns wieder nur noch, sodass er mich am Ende bestimmt noch hier in Chicago sitzen lassen ließ.
Damian dagegen folgte mir mit langsamen Schritten, bevor er hinter mir zum Stehen kam, sodass ich seinen Atem hören konnte.
„Willst du nun auch mal Klingeln oder sind wir hier jetzt ganz umsonst hergefahren?", kam es auch schon von ihm.
Zaghaft hob ich meine Hand und legte anschließend einen Finger auf die Taste, um sie herunterzudrücken.
Ich wusste immer noch nicht ganz, was ich Blue sagen sollte, sobald sie vor mir stand, aber dafür war es nun bestimmt zu spät.
Die Ausrede von Damian damals hatte sie mir schließlich auch geglaubt, also würde mir sicherlich etwas einfallen.
Sobald es im Haus anfing laut zu schellen, konnte man auch schon Getrampel vernehmen, bevor die Haustür mit einem Schwunge aufgerissen wurde und ich in zwei dunkelbraune Augen schauen durfte, die umrahmt waren von schwarzen Wimpern.
Kurz darauf öffneten sich diese auch schon weit und ich konnte sehen, wie die blau-schwarzen Locken von Blue wild herumhüfpten, bevor sie mich in ihre Arme riss.
„Stella!", kreischte sie auch schon, worauf ich meinen könnte, ich würde gleich Tinnitus bekommen, wenn sie weiter in dieser Tonlage ihre Stimme walten ließ.
Nachdem sie mich wieder freigegeben hatte, wanderten ihre Augen etwas hinter mich und ich konnte erkennen, wie diese erst groß wurden, bevor sich ihre Augenbrauen zusammenkniffen.
„Ist das etwa dein lieber Cousin?", kam es auch schon abfällig aus ihr heraus und ich sah, wie ihre Augen an Damian hoch und herunter wanderten.
Dieser schaute sie nur lässig an und hatte dabei seine Arme vor der Brust verschränkt. „Nein", kam es stattdessen nur aus ihm hervor und ich spürte, wie er sein Arm sich um meine Hüfte schlang, worauf ich mir nur einmal auf die Zunge biss.
„Ich bin ihr lieber Freund", korrigierte er anschließend meine beste Freundin, wobei ich selber meine Überraschung zurückhalten musste, damit es in irgendeiner Hinsicht noch normal herüberkam.
Blue dagegen klappte nur die Kinnlade herunter und ich sah, wie sich ihre aufgerissenen Augen auf mich legten. „Dein Ernst?", fragte sich anschließend, worauf ich nur zaghaft mit dem Kopf nickte.
Auch wenn mein Hirn mich eigentlich anschrie, dass ich ihr die Wahrheit sagte.
„Das ist doch krank, Stella", murmelte sie anschließend nur kopfschüttelnd und fuhr sich durch das blaue Haar.
„Der Typ hat dich entführt und du kommst auch noch mit ihm zusammen. Was ist bitte in die gefahren? Das Stockholmsyndrom?"
„Er hat mich nicht entführt", probierte ich meine Freundin nur zu beruhigen in dem ich abwehrend die Hände hob. Ihr aufgeregter Blick wurde dadurch aber auch nicht besser.
„Ach und was dann? Seit Wochen Stella suchen wir dich deine Oma macht nicht die Tür auf und möchte auch nicht, dass wir zu Polizei gehen und vor paar Wochen rufst du mich an und sagst du bist bei deiner Familie, bevor er oder besser gesagt dein Cousin dir das Handy aus der Hand reißt".
Dabei wanderte ihr Blick zu Damian, welche sie immer noch entspannt musterte.
„Was ist hier bitte los? Und warum zu Hölle bist du mit ihm anscheinend zusammen oder wollt ihr mich jetzt etwa wieder verarschen?", zischte sie und fixierte mich mit einem ernsten und angepissten Blick.
Automatisch biss ich mir auf die Zunge. Es war sowas von klar, dass ich sie die Lügen nicht glauben würde. Blue kannte mich und entwickelte bei allem schnell Misstrauen.
Vorsichtig schaute ich Damian an, der aber immer noch meine Freundin kalt musterte. Seine Hand dagegen lag immer noch dort, wo er sie vor wenigen Minuten platziert hatte.
„Blue...", setzte ich langsam an, wobei ich probierte meine Nervosität in meiner Stimme unter Kontrolle zu bekommen.
Ich würde ihr nicht die Wahrheit sagen, dann wäre ich vermutlich schneller tot als ich piep sagen könnten.
„Es ist eine sehr komplizierte Geschichte", murmelte ich nur leise, was Blue aber immer noch nicht dazu brachte ihren Blick groß zu ändern.
„Und wir können sie dir nicht genauer erklären, weil wir beide sonst in großen Schwierigkeiten stecken", mischte Damian sich nun wieder ein, was Blue schließlich mit einem Seufzen betitelte.
„Wow", kam es schließlich nur aus ihr heraus, worauf schließlich Stille herrschte.
Erst nach ein paar Sekunden ergriff sie wieder das Wort.
„Ich weiß nicht genau, was ich dir glauben soll, aber will auch nicht, dass du meinetwegen Schwierigkeiten bekommst...bei ihm dagegen", schob sie noch hinterher und ich durfte beobachten, wie sich Damian ein schiefes Lächeln schenkte.
„...ist es mir egal, was ihm wiederfährt"
„Ich frag mich langsam echt, warum deine gesamte Familie und Freunde mich nicht leiden können. Irgendetwas muss doch mit ihnen falsch gelaufen sein", richtete sich Damian nun mit einer gespielten Empörung an mich, worauf Blue mich aber schon unterbrach.
„Du bist anscheinend nun der Freund meiner besten Freundin. Es ist einfach Prinzip, dass ich dich nicht leiden kann"
Nun musste auch Damian leicht schmunzeln.
„Gut", unterbrach ich schließlich erleichtert die Stille und schaute Blue mit einem entschuldigenden Blick an. Zu gerne würde ich ihr die Wahrheit erzählen. Warum Damian mich überhaupt begleitete und das ich vielleicht die Chance hatte meine Eltern kennenzulernen, auch wenn der eine von den beiden mir eher was Böses wollte als Gutes.
Andererseits aber würden wir dann bestimmt noch bis in die Nacht hierbleiben müssen, damit wir Blue die ganze Sache erklären konnten.
Zudem konnte ich mir aber auch vorstellen, dass Damian danach ziemlich in Schwierigkeiten geraten würde genauso wie ich.
„Na dann. Ich probier bald wieder zu kommen und sag Lukes von mir, dass ich ihn vermissen, aber momentan einfach nicht bei euch sein kann"
„Mach ich", entgegnete Blue mit einem enttäuschten Seufzen. „Und bitte überlebe den Scheiß den ihr dort gerade macht und wehe du geräts auf die schiefe Bahn", schob sie noch warnend hinterher, bevor sich mich abermals in ihre Arme zog.
„Nein, nein", probierte ich sie zu beruhigen. „Mit Drogen hat es nicht zu tun"
Außer man zählte die ganzen Stoffe hinzu, wie Cilium oder das Zeug mit dem wir überhaupt hergekommen waren. Aber das musste ich ihr ja nicht sagen.
„Gut", murmelte Blue, auch wenn in ihrer Stimme noch ein bisschen Zweifel lag. „Und mach dein Handy mal wieder an, damit ich wenigstens wirklich weiß, dass es dir gut geht und du nicht zu irgendwas gezwungen wirst"
Wieder schielte sie dabei leicht zu Damian, der darauf nur einmal schnaubte.
Ich dagegen biss mir nur etwas auf die Zunge. „Ähm ja, dass Ding kann man momentan nicht mehr wirklich nutzen"
„Was?", fragte sie darauf verwirrt, wobei ich aber nur einmal leicht hinter mich nickte, sodass sie Damian erneut mit ihren Augen durbohren konnte.
„Verspiel deine Karte nicht gleich alle am Anfang"
„Keine Sorge", entgegnete dieser darauf nur lässig und grinste sie etwas an. „Sobald ich herausgefunden habe, wann sie Geburtstag hat, bekommt sie ein Neues"
Blue zog darauf nur einmal scharf die Luft ein, bevor sie sich wieder an mich wendet und abermals in die Arme zog, als wollte sie verhindern, dass ich sie verließ.
Trotzdem löste sie sich irgendwann, worauf ich ihr zum Abschied noch ein Lächeln schenkte und etwas winkte, sobald wir uns ins Auto gesetzt hatten.
Damian dagegen war damit beschäftigt den Motor zu starten, sodass ich schließlich ein paar Sekunden später nur noch sehen konnte, wie das gelbe Haus mit der kleinen blauhaarigen Person davor langsam in der Ferne verschwand.
Anschließend machte ich das Fenster, aus dem ich mich gerade noch etwas herausgebeugt hatte, wieder zu und lehnte mich mit einem Seufzen zurück in den Sitz.
„Die kleine Purple ist anscheinend doch nicht so freundlich, wie ich dachte", murmelte Damian nur, wobei ich mir das Augenrollen verkniff. „Wir können von Glück reden, dass sie schließlich nachgegeben und nicht weiter gefragt hat. Sonst säßen wir beide nun in größeren Problemen"
„Du säßt in größeren Problemen", korrigierte mich Damian nur. „Schließlich war es deine Idee, sie noch besuchen zu fahren.
„War ja klar", murmelte ich nur in einem mürrischen Ton.
„Immer alles auf die Fehlbildungen schieben"
„Genau...wobei der Begriff Vollblut nun besser passen würde", entgegnete er mit einem Zwinken, was mir anschließend wieder ein kleines Grinsen entlockte.
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