24 | Kälte und Küsse
Sobald wir zurück waren, hatte ich mir erstmal ins Badezimmer verkrümelt, um heiß zu duschen. Anschließend hatte ich mir angenehmere Sachen angezogen und Damian seine Jacke wieder gebracht.
Er war jedoch nicht in seinem Zimmer gewesen, weswegen ich sie erstmal wieder mitnahm. Lieber ich gab sie ihm ein andermal zurück, als das ich ohne seine Erlaubnis in sein privates Reich eindrang.
Das würde er mir bestimmt ziemlich übel nehmen, so wie ich ihn kannte.
Anschließend war ich den Gang runter zur Bibliothek gelaufen und hatte mir dort wieder den Büchern gewidmet, die ich mir mit Valencia herausgesucht hatte.
Gesessen hatte ich bestimmt bis in den Abend hinein, wodurch mein Wissen jedoch auch nicht sonderlich stieg.
Zwar konnte ich nun fast jedes ehemalige oder aktuelles Mitglied aus dem Bündnis in LA aufzählen, da dies quasi 20.000 Mal in jedem Buch erwähnt wurden, was ich über die Geschichte der Wächter in die Hand nahm, aber immer noch nichts dazu sagen, was auf einmal mit mir los war.
Nichts, wirklich auch nichts wies daraufhin, was gegen plötzlich erscheinende Kräfte helfen konnte oder ob es einen Grund dafür gab.
Stattdessen waren immer nur Stammbäume von irgendwelchen berühmten Bündnismitgliedern abgebildet, wobei langsam das Verlangen in mir aufkam das Buch einfach quer durch den Raum zu schleudern, sobald ich noch einmal einen dieser Stammbäume sah.
Genau dies tat ich auch,
In einem Ruck hatte ich das Exemplar einfach über die Schulter geworfen, als abermals eine gekritzelte Abbildung auftauchte, die einen Stammbaum darstellen sollte.
Jedoch landete das Buch nicht mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden.
Stattdessen konnte ich eine dunkle, jungen Stimme vernehmen, worauf ich erschrocken herumfuhr.
Nun stand Kaden hinter mir und hielt das Buch, was ich vor wenigen Sekunden noch durch den Raum geschleudert hatte in seiner linken Hand und musterte mich mit einem Schmunzeln.
„Du kannst von Glück reden, dass ich nicht Marian bin. Wenn sie mitbekommen hätte, dass du Bücher durch die Bibliothek schmeißt, dann hätte sie dir bestimmt schon eine Standpauke gehalten"
Mit einem Seufzen ließ ich mich zurück in die Lehne sinken und strich mir ein paar kastanienbraunen Haarsträhnen hinters Ohr.
„Glaub mir, wenn die ganze Sache auch nicht so zum Verzeifeln wäre, hätte ich es auch nicht gemacht"
Nun schob Kaden den Stuhl neben mir etwas zurück, sodass er sich hinsetzen konnte, um mich anschließend aus seinen Augen liebvoll zu mustern.
„Willst du mir erklären, was genau so zum Verzweifeln ist? Hier gibt es doch so viele Bücher, da müsste doch bestimmt irgendwo etwas drin stehen, wodurch du eine Antwort erhälst"
„Nein, überhaupt nicht. In jedem dieser dummen Dinger sind nur Stammbäume abgebildet. Zumindest größten Teils", murmelte ich trotzig und tippte etwas auf dem Buchdeckel eines Exemplars herum, dass neben mir lag.
„Außerdem steht rein gar nichts über die Vollblutlinie drin. In keinem von ihnen", schob ich noch hinterher, da mir dies mittlerweile auch auf den Senkel ging.
„Na ja, dass wussten wir auch schon vorher. Wenn du spezifisch danach gesucht hast, hätte ich dir das auch schon vorher sagen können", entgegnete er in einem ruhigen Ton, was meine Stimmung aber nicht besser machte.
„Nein, es ist ja nicht so, dass ich speziell danach gesucht habe. Es ist einfach nur sehr verwunderlich. In jedem, wirklich jedem dieser Bücher sind Seiten herausgerissen, was langsam echt nervt. Und irgendwie hab ich auch echt das Gefühl, dass die Vollblutlinie was damit zu tun hat. Es wirkt, also wollten sie nicht, dass etwas über sie in den Büchern steht"
„Gut möglich", murmelte Kaden mit einem Seufzen und strich sich einmal durch das Haar, bevor er sich etwas über den Tisch beugte und eines der Bücher schnappte, damit er es aufschlagen konnte.
Aber auch bei diesem waren in der Mitte sowie am Ende ein paar Seiten herausgerissen.
„Du hast bestimmt recht damit", murmelte er anschließend leise und betrachtete nachdenklich die abgerissenen Stücke. „Aber es war schon immer so, dass die Vollblutlinie sich von den anderen Wächtern abgeschottet hat. Also ist das mit den Seiten eigentlich nicht so verwunderlich. Das Einzige, was man wirklich über sie weiß, ist das sie damals auf einem großen Sitz gewohnt haben"
„Stehen die Gäude denn noch?", hakte ich auch schon neugierig nach und setzte mich etwas auf in meinem Stuhl.
Kaden dagegen schüttelte aber nur den Kopf.
„Nein, es sind mittlerweile Ruinen und durchsucht wurden sie auch schon, aber man hat nichts gefunden, was darauf hinweisen könnte, warum sie sich vom Rest abheben und so viel stärker sind"
„Oder die Krone berühren können", ergänzte ich ihn noch, worauf er leicht mit dem Kopf nickte. Anschließend herrschte Stille zwischen uns, wobei wir beide unsere Blicke nachdenklich auf den Tisch gerichtet hatten.
„Stella", vernahm ich ihn irgendwann besorgt sagen, worauf ich schließlich wieder aufschaute.
„Hör zu, du musst dir da wirklich keinen so großen Kopf machen", murmelte er und legte seine Hand etwas auf meine Schulter, bevor er mir etwas näher kam.
Trotzdem brachte mir dieser Satz nicht sonderlich Hoffnung. Schließlich hatte er noch keine Ahnung davon, was heute beim Training mit Damian passiert war, sonst würde er bestimmt genauso verzweifelt, wie ich auf dem Stuhl hocken und nach Lösungen suchen.
„Wir bekommen das schon wieder hin, okay. Mach dir keine Sorge. Jeder hier wird dir helfen, da bin ich mir ziemlich sicher"
Als Antwort seufzte ich nur einmal und nickte darauf etwas mit dem Kopf. Wirklich Hoffnung lag in meinem Gesichtsausdruck wahrscheinlich immer noch nicht.
Kaden schien das auch zu bemerken, wobei ich ihm anscheinend ein paar Schuldgefühle zu bereitete.
Denn er beugte sich weiter zu mir vor, sodass unsere Blicke wieder aufeinander trafen, wobei ich meinen eigentlich geraden noch auf dem Boden gehabt hatte.
Dann strich er mir die Haarsträhne, welche einfach nicht dableiben wollte, wo ich sie vor zehn Minuten schon mal hingesteckt hatte, wieder nach hinten.
„Hör zu, ich verspreche es dir, okay?", flüsterte er leise, wobei sein warmer Atem an meinen Wangen entlang strich und ich spüren konnte, wie seine Finger, welche gerade noch die Haarsträhne hinter mein Ohr gestrichen hatten, nun weiter runter in meinen Nacken wanderten und mich etwas zu ihm heranzogen.
Ohne mich groß zu wehren, was ich normalerweise wahrscheinlich gemacht hätte.
Aber es fühlte sich irgendwie so an, als würde er mich in einen Bann ziehen, was mich alles gewähren ließ, was er tat.
Ich schluckte nur etwas, als er mir auf einmal so nah war, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. „Ich hoffe du hast nichts dagegen", konnte ich ihn dann auch schon murmeln hören und spürte, wie er sich etwas vorbeugte, sodass seine weichen Lippen schließlich auf meine trafen.
Erschrocken, wobei ich die Sache eigentlich schon hätte voraussehen konnte, versteifte ich mich etwas und erwiderte seinen Kuss überhaupt nicht.
Zumindest im ersten Moment.
Als er mich noch weiter zu sich heranzog, entspannte ich mich schließlich und ließ ihn gewähren. Bis wir uns von einander lösten.
Mit einem immer noch etwas verwunderten Gesicht schaute ich ihn nur an, da ich immer noch nicht ganz kapierte, was da gerade auf einmal passiert war.
„Ähm...", stotterte ich nur perplex, wohingegen Kaden mich mit einem Schmunzeln musterte.
„Das war doch hoffentlich nicht dein erster Kuss, oder?", konnte ich ihn fragen hören, worauf ich nur den Kopf schüttelte.
Wobei sich in mir aber sofort die Schuldgefühle breitmachten, als ich die Lüge aussprach.
Er war mein erster Kuss gewesen und ich wusste nicht ganz genau, ob ich mich gerade darüber freuen sollte, dass er es gewesen war.
Aber warum sollte ich es nicht eigentlich nicht tun?
Kaden war doch das, was die meistens Mädchen als Freund haben wollten.
Groß, gut gebaut, liebevoll, freundlich und gut aussehend. Mehr konnte man sich für den ersten Kuss ja gar nicht erwarten.
Aber irgendwie fühlte es sich trotzdem noch so an, als wäre es einfach nicht richtig gewesen. Vielleicht lag es daran, dass es in meinem Bauch überhaupt nicht gekribbelt hatte, wie als wären Schmetterlinge in ihm gewesen oder das ich nicht dieses Gefühl von Freude empfunden hatte.
Stattdessen hatte es sich irgendwie leer angefühlt. Aber vielleicht war das auch normal. Schließlich war ein Kuss auch nicht das berauschendste auf der Welt, was es gab.
Außerdem wie sollte es später werden, wenn ich jetzt schon solche Erwartungen an die Person hatte, die mich küsste. Da würde ich ja bestimmt bis neunzig noch single sein.
„Stella?", riss Kaden mich wieder aus den Gedanken und beugte sich etwas zu mir herunter, sodass unsere Augen aufeinandertrafen, die ich gerade noch auf den Boden gerichtet hatte.
„Alles okay?", konnte ich ihn fragen hören, worauf ich schnell mit dem Kopf nickte. „Ja, ja alles okay"
„Gut", murmelte er und erhob sich darauf von seinem Stuhl, bevor er mir seine Hand reichte, damit ich ebenfalls aufstehen konnte. „Ich glaube Valencia kocht heute und ein bisschen Hilfe in der Küche würde ich bestimmt Arbeit ersparen"
Mit einem Nicken legte ich meine Hand in seine und ließ ihn mir beim Aufstehen helfen. Dabei jedoch wandert mein Blick etwas nach oben zu der kleinen Treppe, die in eine abgeschnittene zweite Etage der Bibliothek führte von der man aber trotzdem noch in den großen Raum schauen konnte.
Und da durchfloss mich auch schon ein Schock und ich spürte, wie mir ein Schauer den Rücken herunterrannte.
So kalt wie jetzt hatte ich die blauen Augen, welche an dem Geländer der oberen Etage standen, mich noch nie musterten sehen.
Es wirkte, wie als würde mich Damian mit ihnen aufspießen wollen. Wobei die Wut und Kälte in ihnen nicht übersehen werden konnten.
Automatisch biss ich mir etwas auf die Zunge, wobei ich es trotzdem nicht schaffte meinen Blick von ihm abzuwenden.
Er war verletzt, auch wenn seine Augen es nicht preisgeben wollten, aber anders konnte ich mir diese Wut in ihnen nicht erklären.
Außerdem hatte er von da oben bestimmt am besten mit beobachten können, was zwischen Kaden und mir vor wenigen Minuten noch gelaufen war.
Zwar beendete ich den Augenkontakt nicht, aber dafür tat er es in dem er sich mit einem letzten abwertenden Blick, wobei dieser jedoch etwas zu Kaden huschte, wegdrehte und schließlich im Dunklen der oberen Etage verschwunden war.
Uhhhhhh Drama hehehehe
Mal schauen was Damian noch so anstellt
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