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"Wenn du was brauchst, weißt du ja wo du mich findest, Lena. Pass auf dich auf und lass dich nicht anquatschen." Die typische Rede meines Bruders, bevor ich aussteige. Ich nicke nur seufzend, da ich weiß, dass er es nur gut mit mir meint, und steige dann aus dem schwarzen Range Rover.

Meine besten Freundinnen Nadine und Alex stehen schon wie erwartet am Eingang und warten auf mich. Ich laufe auf sie zu und falle ihnen in die Arme. Die beiden wohnen leider eine dreiviertelstunde von mir entfernt und so kommen wir uns nur selten gegenseitig besuchen. Aber da wir alle drei sowieso an die Schule gefesselt sind, sehen wir uns ja eh fast jeden Tag.

"Wie gehts Kayden?" fragt mich Alex plötzlich aus heiterem Himmel.
"Gut, denke ich. Wieso fragst du?" Mit gerunzelter Stirn schaue ich das blonde Mädchen vor mir an.
"Nur so, ich bin halt höflich." gibt sie lächelnd von sich, aber ich kann genau erkennen, dass sich ihre Wangen leicht rosa färben. Da muss ich wohl auch noch mit ihr reden. Sollte sie nämlich wirklich in meinen Bruder verknallt sein, was ich momentan denke, dann wäre das nicht sonderlich gut. Kayden ist ein wirklich lieber Mensch, aber er ist kein Beziehungstyp. Er hatte noch nie eine Freundin und ich war bislang immer der Meinung, dass das auch so bleiben wird. Er hat gern einfach nur Spaß mit Mädchen, so wie er es gern ausdrückt. Und ich will wirklich nicht, dass mein Bruder meiner besten Freundin das Herz bricht.

"Gehen wir zum Unterricht?" unterbreche ich das angeregte Gespräch über die neueste Mode, das während ich in Gedanken war, zwischen meinen Freundinnen entstanden ist.

Beide nicken und so machen wir uns auf den Weg.

**nach der Schule** ++später Nachmittag++

"Ich hasse diesen Kerl!" stöhnt Nadine verzweifelt und drückt die Tür zum Schulhof auf. "Mach dir nichts draus, er hat nicht nur was gegen dich.." antworte ich ihr augenverdrehend und fuchtle mit meiner 5+ vor ihrem Gesicht herum. Schön und gut, dass vor der Note ein Plus steht, das ändert aber auch nicht daran, dass es nunmal eine 5 ist.

Alex lacht uns aus und schnippst gut gelaunt vor meinem Gesicht herum. "Ach Lena, mach dir nichts draus. Du fällst doch positiv durch." äfft sie unseren Lehrer nach. Ja, ich werde warscheinlich in Geschichte durchfallen. Aber nur, weil mich mein Lehrer hasst und ich kein Wort aus seinem Unterricht verstehe oder etwas damit anfangen kann. Schlimm genug, dass man am ersten Schultag einen Geschichtetest machen muss, aber dass der Lehrer den dann gleich auch kontrolliert, um die Fünfen, die wir Schüler schreiben unseren Eltern unter die Nase zu reiben, ist jetzt noch die Spitze des Eisbergs.

"Schön dass du das so lustig findest, Alex. Nur weil du alles verstehst und Herr Maier dich liebt...okay ist ja jetzt auch egal. Ich fahr jetzt nach Hause, bis Morgen, Mädels!" antworte ich nur, verabschiede mich von ihnen und begebe mich zur Bushaltestelle, wo ich auch kurz darauf in den vollen Bus einsteige.

++zu Hause++

"Hallo? Ist wer da?" rufe ich ins Haus hinein und werfe meinen Rucksack in die Küchenecke. Als mir niemand antwortet, seufze ich erleichtert auf und laufe hinaus zu den Weiden. Ich schnappe mir den Westernsattel und den Halsring vom Zaun und laufe damit auf Galaxy zu. Ich lege ihm die Sachen an und schwinge mich auf seinen Rücken. Ausreiten ist jetzt genau das Richtige für mich.

Ich leite ihn aus dem Tor und schließe hinter mir wieder ab. Danach lasse ich die Zügel locker und Galaxy prescht davon. Schon klar, man sollte das Pferd vorher im Schritt warmreiten, aber wen kümmerts. Das Pferd ist sicher vorhin auf der Weide auch schon galoppiert und ist davor auch nicht ein paar Runden aufwärmen gegangen.

Wir galoppieren den Feldweg hinauf in Richtung Wald, den wir auch schon nach kürzester Zeit erreichen. Relativ weit vorne liegt unser selbst erbauter Hindernissparcour. Galaxy und ich lieben das Springen, fast so sehr wie das Rennen, weshalb wir schon sehr oft hier trainiert waren. So wie eben auch heute.

Ich versammle Galaxy etwas und lenke ihn auf das erste Hinderniss zu. Zwei dünne Baumstämme, die zu einem Kreuz umfunktioniert wurden. Danach folgen noch einige dickere Baumstämme und ein Oxer aus Heuballen. Das letzte Hinderniss ist eine Art Wassergraben, da der Sprung über einen Fluss geht und davor noch zwei Stangen aufgebaut sind. Ich gebe meinem Pferd also nochmal eine kleine Hilfe und schon fliegen wir auch über dieses Hinderniss. Ich lache glücklich und klopfe dem Apfelschimmel auf den Hals.

Plötzlich nehme ich eine Bewegung im Gebüsch wahr. Ich drehe meinen Kopf in die Richtung und starre in graue, blitzende Augen. Kurz darauf ertönt das dazugehörige Knurren des Wolfes und ich verharre einige Momente regungslos. Dann ramme ich Galaxy die Schenkel in die Seite und er rast los. Der Wolf jagt uns natürlich hinterher, aber wir sind viel schneller. Ich drehe mich nochmal zu unserem Verfolger um und übersehe dadurch, dass Galaxy sich schon längst im Wald befindet. Als ich mich wieder nach vorne drehe, kommt ein Ast direkt auf mich zu. Es ist zu spät, um mich zu ducken, deshalb knallt mir der Ast mit voller Wucht an die Stirn und reißt mich vom Pferderücken. Galaxy galoppiert ängstlich weiter, während ich stöhnend vor Schmerzen auf dem Boden liege und das Knurren des Wolfes immer lauter wird.

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