Prolog
Kanan war schon lange nicht mehr so nervös gewesen wie er jetzt war. Okay, wenn er so darüber nachdachte, war er vermutlich noch nie so nervös gewesen.
In seinem Leben als Jedi hatte er sich über Aufregung gefreut und nur sehr selten ein Blatt vor den Mund genommen. Klar, er hatte mal Angst gehabt, sich zu blamieren oder jemanden zu enttäuschen. Und er hatte auch schon Todesangst gehabt. Aber das hier war etwas ganz anderes.
In all den Jahren, in denen Hera und er jetzt zusammen reisten, waren sie noch nie gemeinsam auf Ryloth gewesen – von dem einen Mal abgesehen, bei dem er bewusstlos gewesen war, von dem sie ihm nie erzählt hatte.
Hera reiste nur sehr selten nach Hause. Sie kam sich dabei albern vor, weil sie inzwischen erwachsen war und ihre Eltern – oder besser gesagt ihr Vater – sie nach wie vor behandelte wie ein kleines Kind... und dazu hatten sie eigentlich schon lange kein Recht mehr.
Als Kanan vorgeschlagen hatte, sie könnten doch mal ihre Eltern besuchen, hatte seine Freundin ihn ganz schön komisch angeschaut. Als sie ihn nach einem Grund gefragt hatte, war er selbst überrascht gewesen, dass er eine Antwort parat gehabt hatte, die glaubwürdig klang, ohne dass er sich dabei verquasselt hatte.
„Wir sind jetzt schon eine Weile zusammen, und ich dachte nur... ist das nicht etwas, das normale Paare machen? Sich gegenseitig ihre Eltern vorzustellen?" Die zwei saßen jetzt schon eine ganze Weile zusammen im Gemeinschaftsraum. Die junge Frau hatte ihren Kopf auf seiner Schulter abgelegt, sein Arm war um sie gelegt. Auf dem Tisch standen noch zwei Gläser. Es wurde langsam Abend – auch wenn die Zeit im All immer nur Gewohnheit war. Hier draußen gab es so etwas wie Tageszeiten nicht. Kanan wurde ein wenig verlegen, als Hera den Kopf hob ihn aufgrund seiner Frage leicht verwirrt anschaute, und sprach schnell weiter. „Entschuldige, falls ich da irgendwas falsch im Kopf hab und das jetzt komisch ist... ich bin ehrlich gesagt noch nie mit jemandem lange genug zusammen gewesen, um das rauszufinden. Oder, na ja, überhaupt richtig mit irgendwem zusammen-zusammen gewesen."
Sie stockte etwas, als er sie so daran erinnerte, dass es zwar in der Tat etwas normales war, aber für ihn nie vorgesehen gewesen war, dass er das je erfuhr.
„Entschuldige, du bist in so vielem so normal, dass ich manchmal vergesse, dass-"
„Dass ich es nicht bin. Ich weiß. Ist schon gut", beendete er ihren Satz. „Also, ist es normal?"
Hera räusperte sich.
„Ja, ist es, aber wir sind doch erst..." Sie rechnete im Kopf stumm nach und ihre Augen weiteten sich. „Zweieinhalb Jahre? Wir sind schon zweieinhalb Jahre zusammen?!"
Ihr Freund musste sich ein Lachen verkneifen.
„Zwei Jahre, sechs Monate, eine Woche und vier Tage, wenn man es genau nimmt", bestätigte er, worauf die Twi'lek ihn überrascht anschaute. „Was denn? Du bist mir eben wichtig", rechtfertigte der ehemalige Jedi sich mit einem schelmischen Grinsen.
„Du bist mir auch wichtig, aber ich-"
„Liebling, niemand verlangt von dir, dass du es so genau weißt. Aber es hat mich offen gesagt schon überrascht, wie perplex du über die bisherige Länge unserer Beziehung warst. Unser Zweijähriges ist so lange nun auch wieder nicht her."
„Wahrscheinlich hatte ich das einfach verdrängt, weil der Tag ziemlich mies gelaufen ist", gab die Pilotin leicht amüsiert zurück.
„Na ja, wir hatten ein wunderschönes zwölfminütiges Date, bevor die Imperialen reingeplatzt sind", witzelte Kanan und gab ihr einen Kuss. Die Pilotin verdrehte die Augen, dann erwiderte sie. „Außerdem, gib's zu, du liebst die Handschuhe, die ich dir geschenkt habe."
„Okay, ja, vielleicht ein wenig", erwiderte die Twi'lek lächelnd und starrte hinunter auf ihre Hände. „Wurde ohnehin langsam Zeit für neue."
„Na siehst du."
„Und der neue Gürtel steht dir auch ganz gut..." Sie fing an zu lachen. „Wenn ich jetzt daran denke, was meine Jugendfreundinnen dazu sagen würden, dass ich mir von meinem Freund Handschuhe zum Jahrestag gewünscht habe... die hätten mich für bescheuert erklärt."
„Meine hätten mich schon für bescheuert erklärt, weil ich eine Freundin habe, also..." Kanan griff nach der Hand seiner Freundin. „Es ist doch vollkommen egal, was irgendjemand anders denkt, solange du bloß glücklich bist. Du magst die Handschuhe, ich liebe den Gürtel, weil ich so immer etwas von dir mit mir herumtrage... dann ist doch alles gut, oder?"
Sie lächelte.
„Du hast recht, aber der Gedanke ist trotzdem komisch", erwiderte sie lachend.
„Und was ist jetzt mit der Sache mit deinen Eltern? Glaub nicht, ich hätte nicht bemerkt, dass du versucht hast, abzulenken. Ich weiß, es ist nicht ganz fair, dass ich dir meine nicht vorstellen kann, aber..."
Hera legte eine Hand auf seine Schulter.
„Süßer, mach dir bitte keine Vorwürfe für Dinge, für die du absolut nichts kannst, okay? Und das ist es auch gar nicht. Offen gesagt... ich wundere mich nur, dass du dich freiwillig einem Nexu zu Fraß vorwerfen willst."
„Ist deine Mutter wirklich so schlimm?"
„Nein, meine Mutter ist vollkommen in Ordnung, mein Vater allerdings... sagen wir einfach, ich bin immer noch sein kleines Mädchen, und es würde ihm schon nicht passen, dass ich überhaupt in einer Beziehung bin, und es wird ihm erst recht nicht gefallen, dass du so..." Sie zeigte gestisch auf seinen ganzen Körper. „Na ja... menschlich bist. Oder generell überhaupt irgendetwas anderes als ein Twi'lek."
Kanan zuckte die Schultern.
„Das ist etwas, was ich schlecht ändern kann. Daran wird er sich wohl oder übel gewöhnen müssen."
„Ich weiß, aber..." Hera wurde leiser, als sie weitersprach. „Sag ihm das vielleicht nicht gleich ins Gesicht. Glaub mir, dann lebst du länger."
Der ehemalige Jedi schluckte laut hörbar.
„Danke, mach mich noch nervöser, als ich sowieso schon war..."
„Wir müssen ja nicht-", fing sie an, aber er unterbrach sie.
„Ich weiß. Aber... nur für ein paar Tage, okay? Wir warten doch momentan sowieso nur auf eine neue Mission von Fulcrum. Bis dahin können wir uns ja auch eine kurze Pause gönnen, meinst du nicht? Und hey, ich wette du kannst auf Ryloth sogar auch weiterarbeiten."
Hera seufzte.
„Okay, ja, du hast recht, arbeiten und warten kann ich da genauso gut wie hier. Allerdings unterschätzt du meine Eltern, wenn du glaubst, dass du da auch nur eine Minute Zeit für dich haben wirst", sagte sie dann in einem Ton, bei dem er sich nicht sicher war, ob es ihr ernst war oder sie bloß scherzte. „Also wenn du unbedingt willst..."
„Ja, ich würde gern deine Eltern kennenlernen."
Und auch wenn sie das so nie laut gesagt hätte, wusste er doch, dass sie sich auch ein wenig freute, nach so langer Zeit mal wieder nach Hause zu kommen.
Jetzt standen sie hier, vor einer relativ großen Formation von etwas, das aus der Ferne ausgesehen hatte wie ein ganz normaler Berg. Erst wenn man näher kam, sah man, dass eine Art Festung in den Felsen eingeschlagen worden war. Es waren mehrere Eingänge hinein geschlagen, und oben schien es eine Art Aussichtsposten zu geben. Zudem sah der ehemalige Jedi in den Felsen etwas, was vielleicht Fenster sein könnten.
Nach einer Weile trat eine junge Frau aus einem der Eingänge. Kanan schätzte sie war etwa in Heras Alter. Ihre Haut war wesentlich dunkler als die seiner Freundin, eine Art Türkis-Blau.
„Unbefugte haben keinen-", fing sie an, dann stockte sie und fiel der Pilotin um den Hals. „Das muss ja ewig her sein."
Hera lachte.
„Ja, ist es. Wahnsinn, bist du gewachsen... ich hätte dich fast gar nicht erkannt."
„Gleichfalls. Deine Eltern werden sich wahnsinnig freuen, dich zu sehen. Hast du nicht von mir, aber..." Ihre Stimme würde etwas leiser, als sie weitersprach. „Sie reden ständig über dich."
Die Pilotin verdrehte die Augen. Ihr Freund bemühte sich um einen höflichen Abstand, was sie in dem Moment, in dem sie es bemerkte, allerdings unterband.
„Numa, das ist Kanan. Kanan, das ist Numa, eine alte Freundin von mir", stellte sie die beiden einander vor.
Numa griff grinsend nach seine Hand.
„Freut mich."
„Ebenso."
Dann drehte sie sich zu Hera und ihre Lekku nahmen eine Haltung ein, die der ehemalige Jedi so noch nie gesehen hatte. Er wusste zwar, dass Twi'lek mit ihren Lekku auch kommunizieren konnten, da Hera allerdings in der Regel auf ihren Missionen nur relativ selten welchen über den Weg lief, hatte er es so noch nie gesehen. Was immer es bedeutete, sorgte jedenfalls dafür, dass Heras Wangen ein dunkleres Grün annahmen.
„Ja, wir sind zusammen. Das hättest du auch einfach laut fragen können."
„Hätte ich schon, aber wenn es nicht so gewesen wäre, wäre das ein wenig peinlich gewesen, meinst du nicht?"
Hera räusperte sich leise, während Kanan versuchte, sich ein Lachen zu verkneifen. Es war nicht das erste Mal, dass sie diese Fragen gestellt bekamen... und es war auch vor ihrer Beziehung schon passiert. Und er erinnerte sich auch noch lebhaft an die Abwehrreaktion seiner Twi'lek, die ihn damals verletzt hatte, aber im Nachhinein gesehen nur noch lustig wirkte.
„Wie auch immer... würdest du wohl so lieb sein und meine Eltern holen, damit wir nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen?"
„Natürlich", erwiderte Numa und verschwand fast im selben Atemzug wieder im Gebäude.
Es dauerte ein paar Minuten, bis wieder jemand herauskam. Diesmal waren es zwei Personen. Die erste, die heraustrat, musste Heras Mutter sein. Es war der exakt gleiche Hautton, und auch die Muster an den Lekku wiesen eine unverkennbare Ähnlichkeit auf. Sie lächelte die beiden Besucher sanft an.
„Hera, Kleines, es tut so gut, dich zu sehen."
Sie schloss ihre Tochter in die Arme. Kanan war mehr als überrascht, als er merkte, dass diese Situation seiner Freundin ein wenig widerstrebte. Ja, sie freute sich, ihre Mutter zu sehen, aber... Und dann ging ihm ein Licht auf. Er erinnerte sich noch lebhaft daran, wie Hera ihm davon erzählt hatte, was nach dem Tod ihrer Schwester passiert war. Dass ihre Mutter sich zurückgezogen und ihr Vater sich in Arbeit vergraben hatte. Dass sie in ihrer Trauer ganz allein gewesen war. Danach hatte sie angefangen, sich von ihren Eltern abzukapseln, bis sie schließlich von zu Hause weg war. Hera hatte gelernt, selbstständig zu sein, weil niemand mehr da gewesen war, der sie unterstützt hatte. Und jetzt tat ihre Mutter einfach so, als wäre nie irgendetwas gewesen.
Kanan konnte den abweisenden Blick beinahe schon spüren, der ihn durchbohrte, seit sich Mutter und Tochter im Arm hielten.
Der Twi'lek-Mann mit der orangenen Haut, der zweifellos Heras Vater war, so, wie er ihn anstarrte, war im Eingang stehen geblieben. Kanan rang damit, ob er aufschauen und zurückstarren oder den Kopf demütig gesenkt lassen sollte. Das mit dem Nexu, was seine Freundin gesagt hatte, war wohl keine Übertreibung gewesen. Der ehemalige Jedi hatte immerhin tatsächlich das Gefühl, dass er gleich bei lebendigem Leib zerfleischt werden würde, wenn er auch nur ein falsches Wort sagte.
»Wenn Blicke töten könnten, dann wäre das vermutlich sogar schon längst passiert...«
Sie hatten noch nicht ein einziges Wort gewechselt, und ihr Vater schien ihn jetzt schon zu hassen.
Na das fing ja gut an.
A/N: Okay, so viel zu „Ich will nur noch drei größere Projekte gleichzeitig laufen haben", hehe.... Andererseits soll das hier auch nicht so lang werden, also...
*erinnere mich bildhaft daran, dass „Vertrauen" auch „nicht so lang" werden sollte, und wie lange ich daran schon sitze*
Ähm....
Ich hoffe, dass ich das hier etwas schneller fertig kriege? 😅
Wie auch immer... ich hab das eigentlich auch angefangen, weil es ein Geburtstagsgeschenk wird. Na ja, zumindest das erste Kapitel. Der Rest folgt dann nachträglich.
Protector151 , alles, alles liebe zum Geburtstag 🎁🎈🎉🎂
Ich hoffe, es gefällt dir ein bisschen.
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