Kapitel 1-Ein schlechter Start
Irgendwie erwartete Hera, dass ihr Vater den ganzen Tag ausschließlich Ryl sprechen würde, damit Kanan sich auch bloß nicht willkommen fühlte. Sie bemerkte sofort, wie er ihren Freund anstarrte, als sie sich aus der Umarmung ihrer Mutter löste.
„Und wer ist der gut aussehende junge Mann, den du uns da mitgebracht hast?", fragte ihre Mutter in einer zuckersüßen Stimme, die so unschuldig klang, als wüsste sie nicht genau, dass das derselbe junge Mann war, der vor drei Jahren wegen Alkoholvergiftung hier auf der Krankenstation gelegen hatte. Hera wusste, dass es ihr doch klar war... und das nicht nur, weil sich an Kanans Aussehen seit damals nicht besonders viel verändert hatte. Sie sah, wie ihre Mutter ihn anschaute... es war so, wie sie Hera angesehen hatte, als sie noch ganz klein gewesen war. Es war ihr »ich weiß, dass du Mist gebaut hast, aber ich werde dich nicht darauf ansprechen, sondern warten, bis du es wie ein braves Kind zugibst«-Blick. Der jungen Twi'lek war selten etwas dermaßen unangenehm gewesen... und ein wenig machte es sie auch wütend, dass ihre Mutter sich herausnahm, ihn so anzusehen, als seien sie nicht beide verantwortungsvolle Erwachsene, die wussten, wann sie Fehler gemacht hatten. Hera war generell nicht ganz klar, warum ihr Freund überhaupt hatte herkommen wollen... aber sie war eingeknickt, weil sie es ohnehin nicht ewig aufschieben konnte, es ihren Eltern zu sagen.
Es war nicht so, als würde sie sich schämen – sie war in der Beziehung sehr glücklich, und auch wenn sie und Kanan beide ihre Fehler hatten, sah sie keinen Grund dazu, deshalb Scham zu empfinden, denn das war etwas ganz normales. Sie hatte bloß keine Lust auf das Gespräch gehabt, von dem sie wusste, dass ihr Vater es ihr halten würde, sobald er erfuhr, dass sie und Kanan zusammen waren... Dabei hatte er das Recht, in ihrem Leben rumzupfuschen, vor langer Zeit verloren – in dem Moment, in dem er sie hätte wie das kleine Kind behandeln müssen, das sie gewesen war und das seine Eltern brauchte, und es nicht getan hatte.
Ihre Mutter verstand und akzeptierte das zumindest, auch wenn ein Teil von Hera wusste, dass sie wohl gehofft hatte, dass, nachdem sie ihr beim letzten Mal geholfen hatten, alles wieder gut war. Einen Teil von der jungen Twi'lek machte das wahnsinnig wütend.
Ja, sie war sehr dankbar für die Hilfe gewesen... aber sie war wirklich nur hier her gekommen, weil sie keine andere Wahl gehabt hatte. Ein einziges Mal Hilfe machten nicht ihre komplette verpasste Jugend wett.
„Mom, Dad, das ist mein fester Freund."
Die Pilotin gab sich alle Mühe, ruhig zu bleiben, als sie das sagte, aber sie war sich nicht sicher, wie sie sich schlagen würde, wenn ihre Eltern schlecht auf die Sache reagierten. Was auch immer sie sagten... das war ihre Entscheidung, und die würde es bleiben. Wenn sie das nicht akzeptierten, würde sie sich auf dem Absatz umdrehen und nie wieder zurück kommn.
„Mein Name ist Cyndra", sagte ihre Mutter in ihrer sanften Stimme und wendete sich Kanan zu. „Ich muss mich für meinen Mann entschuldigen, er ist etwas... Na ja... Cham, würdest du mit dem Unsinn aufhören und dich dem jungen Mann vorstellen?"
Cham gab ein lautes Grummeln von sich, bevor er sich aus dem Eingang löste und zu seiner Frau und Tochter trat. Er war ein hochgewachsener Mann mit breiten Schultern, der Kanan ein gutes Stück überragte. Hera merkte, wie Chopper, der sich ohnehin bisher möglichst im Hintergrund gehalten hatte, noch ein Stück weiter zurückschreckte.
Die junge Twi'lek wunderte das nicht. Ihr Vater war der Erste gewesen, der vorgeschlagen hatte, den Droiden zu verschrotten, nachdem Eleena gestorben war. Hera tippte zweimal kurz beruhigend auf seine Haube, bevor sie sich dem Dazugekommenen widmete, der inzwischen die Arme verschränkt hatte.
„Hera, wie schön, dich zu sehen. Und wie ich sehe hast du den Schrotthaufen und den Droiden wieder mitgebracht."
Hera verdrehte die Augen.
»Ha ha. Das ist ja wahnsinnig witzig.«
Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, als sie sah, wie verächtlich ihr Vater Kanan angrinste, der so wirkte, als wäre er am liebsten auf der Stelle im Boden versunken.
„Ich bin Cham", knurrte er dann knapp in Richtung ihres Freundes.
„Sir, ich... ich verstehe, wenn Sie mich nicht... ich meine... ich bin so... und Hera...", stammelte dieser vor sich hin, rieb sich nervös den Hals und sagte dann etwas lauter, „mein Name ist Kanan Dume." Dann stockte er. „Ich meine Caleb Jarrus", korrigierte er sich dann, um anschließend nochmal zu stocken. „Ich meine..."
Hera hielt sich eine Hand vors Gesicht, musste sich aber auch ein Lachen verkneifen.
Ihr Freund wurde mit jedem Wort nervöser, und inzwischen war er auch ein wenig rot angelaufen. Sie konnte sich denken,dass es daran lag, dass er sich unsicher war, ob er ihren Eltern die Wahrheit sagen sollte oder nicht.
„Darüber hätten wir vielleicht vorher reden sollen...", murmelte sie leise.
„Das ist aber ein langer Name", schmunzelte Cyndra und griff den jungen Mann beim Arm. „Also dann, Kanan Dume Caleb Jarrus, was meinst du, wollen wir mal rein gehen?"
Der ehemalige Jedi formte mit den Lippen ein lautloses »Hilfe« in Heras Richtung, als ihre Mutter ihn einfach mit hinein zog, und für die junge Twi'lek wurde es immer schwieriger, sich das Lachen zu verkneifen.
Kanan war vollkommen, vollkommen überfordert. Es war weit schlimmer, als er erwartet hatte. Er hatte nicht gewusst, wie er sich ihren Eltern vorstellen sollte, war in Panik geraten und dann total durcheinander gekommen.
Ehe er sich versah, saßen sie gemeinsam am Tisch und aßen zu Abend. Hera hatte neben ihm, ihre Eltern ihnen gegenüber Platz genommen, und er versuchte, bei dem Gedanken daran, wie viel er innerhalb von ein paar Minuten bereits vermasselt hatte, auch nur halbwegs ruhig zu bleiben.
„Wo habt ihr euch kennengelernt?", fragte Heras Mutter in dem zaghaften Versuch, ein Gespräch anzufangen.
„Auf Gorse, Ma'am. Vor mehr als dreieinhalb Jahren... bald vier", antwortete Kanan nach einer Weile, kein bisschen weniger nervös als vorher.
„Bitte, du darfst mich ruhig duzen. Dann fühle ich mich nicht so alt", kommentierte Cyndra daraufhin amüsiert. So wie Cham schaute, schien er von dem, was seine Frau sagte, nicht besonders begeistert zu sein. „Wie lange seid ihr schon zusammen?"
„Seit zweieinhalb Jahren Ma'a- Cyndra", korrigierte er sich im letzten Moment. „Und ich liebe sie mehr als mein eigenes Leben."
„Das solltest du auch besser", knurrte Cham, woraufhin Hera die Augen verdrehte, ihrem Freund einen Kuss auf die Wange gab und seine Hand griff.
„Entschuldige meinen Vater... Aber ich liebe dich auch", sagte sie leise.
Während Cham ihn während des Essens weiterhin hauptsächlich stumm wütend ansah, tat Heras Mutter ihr bestes, um ihm das Gefühl zu geben, dass er erwünscht war, und dass sie sich freute, ihn kennenzulernen.
Es half nicht gerade, dass er auf die Hälfte ihrer Fragen keine Antwort wusste und sie ihn weiter durchgehend Kanan Dume Caleb Jarrus nannte... aber er traute sich nicht so recht, sie zu korrigieren.
Nach einer Weile kam wieder eine der Fragen, die aufgrund dessen, was Kanan war, schwierig waren, und bei der er sich nicht sicher war, ob und wie er sie beantworten wollte.
„Wo bist du aufgewachsen? Was machen deine Eltern?"
„Ich-"
Kanan war sich diesmal noch unsicherer wie er antworten sollte als er es bei der Frage nach seinem Namen gewesen war. Sein echte Name war die eine Sache... aber konnte er ihnen sagen, dass er mal ein Jedi gewesen war? Hera war in der ganzen Galaxie die einzige lebende Person, die davon wusste... und er war sich nicht sicher, ob es schlau wäre, das zu ändern – zumal ihr Vater ihn immer noch anstarrte, als wäre er bereit, ihn ohne mit der Wimper zu zucken an die Imperialen auszuliefern oder einem Rancor zum Fraß vorzuwerfen.
Außerdem hatte die Frage nach seinen Eltern weh getan... mehr als er es sich je hatte vorstellen können. Natürlich war er schon ein paar Mal nach seinen Eltern gefragt worden, als niemand gewusst hatte, wer er wirklich war... aber damals hatte er nicht überlegen müssen, weil er niemals vorgehabt hätte, irgendjemandem die Wahrheit zu sagen. Dass er heute ein paar Sekunden darüber nachdachte, und selbst keine Antwort wusste... es fiel ihm schwer, damit umzugehen.
Hera schien das zu merken, und wollte wohl gerade etwas sagen, aber bevor sie oder er sich zu Wort melden konnten, mischte sich Cham wieder ein.
„Irgendwelche Probleme mit Alkohol oder Drogen?"
Der vorwurfsvolle Ton in seiner Stimme war unüberhörbar. Kanan vergrub das Gesicht in seinen Händen.
»Kann mich bitte einfach irgendjemand erschießen?«
Die beiden Frauen am Tisch reagierten fast gleichzeitig.
„Cham!"
„Dad!"
Beide Stimmen waren gleichermaßen vorwurfsvoll. Während Hera ihren Stuhl zurückschob und aufstand, schaute Cyndra ihren Mann wütend an.
„Der junge Mann ist ein Gast in unserem Haus, und du hast kein Recht, so mit ihm zu reden! Du wirst dich auf der Stelle entschuldigen." Heras Vater verschränkte die Arme und blieb stumm. „Cham-"
„Schon gut, Mom", unterbrach Hera sie und hob die Hände. „Wir wollten sowieso gerade gehen."
Dann griff sie nach Kanans Hand und drehte sich in Richtung Tür.
Jetzt schien Cham doch weich zu werden. Er legte eine Hand auf ihre Schulter.
„Hera, Kleines, ich wollte nicht-"
Sie schlug seine Hand weg und unterbrach ihn mitten im Satz.
„NEIN! Boc'ara! Ich bin nicht mehr dein kleines Mädchen!" Sie schaute ihn wütend an. Ihre Stimme war eiskalt. „Ich bin inzwischen eine erwachsene Frau, und du hast mich gefälligst auch so zu behandeln. Und wenn du dich nicht auf der Stelle bei meinem Freund entschuldigst, dann siehst du mich nie wieder. Du hast schon eine Tochter verloren. Ist es wirklich das, was du willst?"
Cham war für ein paar Sekunden wie erstarrt... dann senkte er den Kopf.
„Du hast recht. Kanan, es tut mir leid."
Der ehemalige Jedi nickte bloß stumm.
„Gut. Hat doch nicht weh getan, oder?" Die Pilotin lächelte schwach, machte aber keine Anstalten, sich wieder hinzusetzen. „Wir werden wohl bleiben, schätze ich, aber... Wenn ihr mich entschuldigt, mir ist der Appetit vergangen. Ich werde mich jetzt schlafen legen."
Als sie den Raum verließ, lief Kanan ihr nach.
A/N: „Boc'ara" ist Ryl für „Idiot". Den Name von Heras Mutter habe ich frei erfunden, weil im Kanon nie ein Name genannt wurde und es schwierig wäre, sie die ganze Geschichte durch nur „Heras Mutter" zu nennen.
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