Ein neuer Wärter

Kapitel 3:

Ein neuer Wärter



Völlig erschöpft, schweißgebadet und keuchend ließ sich König Vegeta zurück ins Bett fallen und löste sich von Bardock, der ebenso nach Luft rang und merkte, wie seine zitternden Beine langsam nachgaben. Der König hatte sich bei diesem Liebesspiel wirklich gehen lassen und hatte dem Jüngeren kaum einen Moment zum Luftholen gelassen. Doch ein kurzer Blick in das zufriedene Gesicht des Königs verriet ihm, dass er befriedigt war. Das war die Hauptsache. Es ging hierbei in erster Linie darum, dem König Freude zu bereiten. Und Bardock kam dabei auch jedes Mal auf seine Kosten. Besonders, wenn er etwas vom König wollte, oder ihm ein Geheimnis entlocken wollte.
Dass sich die beiden Herren öfters mal das Bett teilten, hatte aber auch den Grund, dass sie beide vor einiger Zeit ihre Frauen verloren hatten. Eine gewisse Verbindung und Rivalität gab es zwischen den Kriegern schon immer, in den letzten Jahren hatten sie ihre Beziehung jedoch um eine körperliche Komponente erweitert.

Bardock drehte sich auf den Bauch, legte seinen Kopf auf seinen verschränkten Armen ab und sah den König lächelnd an. „Und? Erzählst du mir jetzt, was du für ein Interesse an diesem mordlustigen Häftling hast?"
„Du gibst wohl keine Ruhe, was?" Der König öffnete ein Auge und schielte zu ihm herüber.
„Nope. Und wenn du nicht möchtest, dass ich mich vor der zweiten, ausgiebigen Runde schon wieder aus dem Staub mache, dann solltest du so langsam mal mit der Sprache herausrücken".
„Ganz schön frech", kommentierte der Ältere, schmunzelte dabei aber amüsiert. Bardock war wirklich der Einzige, der so mit ihm reden durfte. Einen Moment lang blickte er ihn einfach nur an und seufzte anschließend. „Gut, ich erzähle es dir".
„Na endlich".
„Klappe!", zischte der Bärtige und sammelte sich kurz. Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und sah stur zur kunstvoll verzierten Zimmerdecke, während Bardock an ihn heran rutschte und seinen Kopf auf seiner Brust bettete. „Häftling 337... Er... Er ist mein Sohn".
Sofort richtete sich Bardock wieder auf und sah den König perplex an. „D-dein Sohn? Welcher?"
„Na Vegeta, welcher sonst? Tarble wäre viel zu schwach für ein Massaker dieses Ausmaßes..."
„Aber ich dachte... Prinz Vegeta ist doch...", stammelte Bardock, dessen Blick geschockt geweitet war.
„Ich habe natürlich seine Identität verschleiert. Wäre ja noch schöner, wenn jeder wüsste, dass ausgerechnet mein Sohn den Verstand verliert und quasi täglich einen meiner besten Leute umbringt".
Der Jüngere ließ nachdenklich seinen Blick schweifen. Der König hatte also dafür gesorgt, dass keiner der Wärter seinen Sohn erkannte... Sonderlich schwer war das nicht, da sich die meisten Saiyajin bis auf die Frisur durchaus ähnlich sahen. Zumindest gab es einige Krieger in sämtlichen Klassen, die eine ähnliche Statur wie Prinz Vegeta hatten. Und Haare konnte man schneiden. Ohne seine Uniform und die markante Frisur wäre der Prinz nicht mehr als solcher zu erkennen gewesen.

„Aber ich verstehe das nicht. Warum tut er das?"
„Keine Ahnung... Seitdem er zum Supersaiyajin wurde, benimmt er sich merkwürdig. Vielleicht ist ihm diese Kraft zu Kopf gestiegen und er schlachtet deshalb alle seine Artgenossen ab...".
Mit kritisch verengten Augen fragte Bardock: „Deswegen willst du Kakarott nicht in die Armee aufnehmen?"
„Richtig". König Vegeta nickte. „Ich muss erst sicher gehen können, dass er nicht auch durchdreht. Die Gefahr ist einfach zu groß. Ich kann nicht noch einen Krieger mit einer solchen Kampfkraft im Kerker einsperren. Andererseits wäre dein Sohn mit seinen Fähigkeiten perfekt dafür, sich um Vegeta zu kümmern...".
„Verstehe... Aber das wird nichts werden, solange Kakarott keinen tieferen Sinn darin sieht. Er hat Ambitionen und möchte Großes erreichen in der königlichen Armee. Wenn du ihm allerdings sagst, dass es sich dabei um deinen Sohn handelt, dann...".
„Kommt überhaupt nicht in Frage!", unterbrach Vegeta den Jüngeren. „Das hier unterliegt strengster Geheimhaltung. Davon weiß niemand etwas. Reicht schon, dass du mich weich gekloppt hast... Die Anderen dürfen davon nichts erfahren! Dein Sohn mag ja ganz nett und ziemlich stark sein. Aber ich kenne ihn nicht. Also vertraue ich ihm auch nicht!"
„Und was machst du, wenn Vegeta davon erzählt, dass er...na ja...er ist?"
„Dazu wird es nicht kommen".
Bardock blickte seinen König verwundert an.
„Ich habe bislang mit allen Wärtern gesprochen... Zumindest solange es noch möglich war... Und jeder einzelne von ihnen hat berichtet, dass Vegeta bislang kein einziges Wort gesprochen hat".
„Er schweigt?"
„Richtig". König Vegeta nickte seufzend. „Er gibt keinen einzigen Ton von sich. Weder etwas über sich selbst, noch über sein Motiv, oder sonst irgendetwas... Deswegen wäre dein Sohn ideal. Vegeta wird ihn nicht einfach so töten können. Wenn Kakarott so ein begabter Kämpfer ist, noch dazu ein Supersaiyajin, dann wird er Vegeta in die Schranken weisen können. Und vielleicht kann er sogar sein Vertrauen gewinnen und endlich mal irgendeine Information aus ihm heraus bekommen".
„Und wenn Vegeta meinem Sohn irgendwann erzählt, wer er ist?"
„Dann soll es so sein. Wenn das funktioniert und Kakarott es schafft, Vegetas Vertrauen zu gewinnen, dann, aber auch erst dann, wird er eingeweiht. Immerhin soll Vegeta, wenn es möglich ist, irgendwann rehabilitiert werden und irgendwann den Thron übernehmen... Aber das ist wohl noch laaaange hin".
„Dann lass erst mal mich diese Aufgabe erledigen".
Der König richtete sich auch auf und sah Bardock verdutzt an. „Du? Du willst meinen Sohn beaufsichtigen?"
Der Jüngere nickte. „Ich werde ihn schon ein paar Tage in Schach halten können. Und bis dahin wird sich Kakarott dein Angebot noch mal durch den Kopf gehen lassen. Ich schwärme ein bisschen von der Arbeit und sorge dafür, dass er den Job annimmt".
„Sicher, dass das funktionieren wird?"
„Klar". Bardock lächelte sanft und streichelte über den muskulösen Oberkörper des Monarchen. »Ich werde nicht zulassen, dass du auch noch deinen Sohn verlierst... Kakarott wird das schon irgendwie hinkriegen«, dachte er noch und sah seinen König dabei etwas verträumt an.
„Worüber denkst du nach?", wollte dieser sofort wissen.
„Ach, nichts", stritt er ab und schüttelte leicht den Kopf.
Er wusste, dass er es besser unterlassen sollte, solche Dinge beim König direkt anzusprechen. Er sprach nun mal nicht gerne über seine Gefühle. Welcher Saiyajin tat das schon? Aber beim König war es besonders schlimm. Besonders nach dem Tod seiner Frau. Er wurde einfach nicht gerne daran erinnert. Deswegen ließ Bardock das Thema ruhen und dachte sich seinen Teil. Er wollte dem Monarchen einfach nicht noch mehr Leid zumuten. Es reichte, dass er seine Frau verloren hatte. Er sollte nicht auch noch die Hoffnung in seinen Erstgeborenen verlieren.

Bardock strich mit seiner Hand weiter nach unten, schob die Decke von der Körpermitte des Königs, sodass der Blick auf seine royale Männlichkeit frei wurde. „Ich habe nur überlegt...", fuhr Bardock fort. „...wie wir die zweite Runde einläuten könnten".
„Oh... Da fällt mir doch gleich ein, wie ich einem vorlauten Kerl wie dir am besten das Maul stopfen kann". Die Mundwinkel des Königs hatten sich zu einem süffisanten Grinsen angehoben. Er packte Bardock am Nacken und drückte ihn mit dem Gesicht voran auf sein Glied.

~

Am Abend des selben Tages stiefelte Bardock durch die Gänge des Kerkers. Er hatte sich die  Schlüssel bei einem der Wachmänner abgeholt und war nun auf dem Weg zu Häftling 337. Oder besser gesagt zu Prinz Vegeta. Das war noch immer ein merkwürdiger Gedanke. Der Verbrecher, der seit vielen Monaten nun schon den Planeten terrorisierte und einen Krieger nach dem anderen abschlachtete, war tatsächlich der Kronprinz, der den gleichen Namen wie der König trug.
Unbewusst schüttelte Bardock seinen Kopf. Es war ihm ein Rätsel, warum er solche Straftaten beging. Er konnte sich nicht vorstellen, dass das mit seiner Verwandlung zum Supersaiyajin zu tun hatte. Vielleicht konnte er ja etwas herausfinden. Die anderen Wachmänner hatten ihn zwar gewarnt, er solle ihm bloß nicht zu nahe kommen und ihn niemals, auch nicht für einen Sekundenbruchteil aus den Augen lassen.
»Was für ein Schwachsinn!«, dachte Bardock. »Es wird einen Grund dafür geben, warum er so ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Prinz Vegeta einfach nur durchgedreht und verrückt geworden ist...«

Alles was er bisher von dem Häftling gehört hatte, klang wie aus den absurdesten und brutalsten Schauermärchen. Dass es sich dabei tatsächlich um den Sohn des Königs handelte... Eigentlich war das vollkommen absurd. Er kannte den Prinzen doch schon so lange. Bardocks ältester Sohn, Radditz, war mit Vegeta zusammen ausgebildet worden. Sie waren sogar befreundet. Irgendwann war Vegeta ihm nur davon gezogen. Vegeta war um einiges stärker, als andere Kinder seines Alters. Schon früh musste er gegen Erwachsene kämpfen, da auch die Pflanzenmänner keine Herausforderung mehr boten. Der junge Prinz war ein wirklich vielversprechender Anwärter auf den Thron und das Erbe der Saiyajin. Und er schien immer schon sehr stolz auf seine Kraft und seine Position als Prinz zu sein. Was war nur passiert? Was war vorgefallen, dass den jungen Prinzen in ein derartiges Monster verwandelt hatte?

Von allen Seiten war Bardock heute gewarnt worden. Der Soldat, der ihm eben den schweren Schlüsselbund überreicht hatte, hatte ihm erzählt was gestern Nacht vorgefallen war. Turnippo war auf wirklich grausame Weise umgebracht worden. Bardock wusste nicht, ob er den Details Glauben schenken konnte. Wie sollte er bitte an seinem eigenen Glied erstickt sein? Wie zur Hölle sollte Vegeta überhaupt dazu bekommen sein, ihm den Schwanz abzubeißen...? Das war doch einfach nicht möglich... Außer Turnippo hätte sich an Vegeta vergangen. Aber wer wäre denn so töricht und würde den Königssohn...?
»Fuck... Sie wussten es ja gar nicht!« Kurz hielt Bardock auf seinem Weg inne und seufzte. Natürlich! Die vorherigen Wächter wussten es nicht besser. Sie mussten versucht haben, sich irgendwie an ihm zu vergehen und er hatte sich nur gewehrt. »Was für Schweine... Da tut es mir um Turnippo doch gleich weniger Leid...«, dachte der neue Kerkermeister, schüttelte geistesabwesend den Kopf und setzte seinen Weg fort.

Er konnte ein Verhalten dieser Art nicht nachvollziehen. Viele seiner Artgenossen hatten leider ein großes Problem damit, sich unterzuordnen. Macht und Dominanz spielten in ihrem Alltag eine allgegenwärtige Rolle. Gegen den König kamen sie jedoch nicht an. Also mussten sie ihre Kraft und ihre Überlegenheit an Schwächeren ausleben. Und wer eignete sich da besser, als die Gefängnisinsassen?
Ein kalter Schauer fuhr Bardocks Rücken hinab. Er fühlte sich wirklich wie in einem Schauermärchen. Er musste es irgendwie schaffen, zu Vegeta durchzudringen und sein Vertrauen zu gewinnen. Aber da das schon bei seinem Vater eine schwierige Aufgabe gewesen war, würde das bei dem Prinzen noch schwieriger werden. Besonders wenn man seine derzeitige Lage berücksichtigte. Er hatte wahrscheinlich in den letzten Wochen so viel mitgemacht, dass er nichts und niemandem mehr Vertrauen schenkte. Warum sollte er auch? Er war schließlich wie Dreck behandelt worden. Das würde eine lange und sehr harte Aufgabe werden...

Bardock kam endlich an seinem Zielort an und schluckte noch einmal schwer. Hinter dieser massiven Metalltür verbarg sich also der verloren geglaubte Königssohn. Wie gerne würde er Radditz davon berichten... Er vermisste seinen Kumpel jetzt schon so lange. Aber Bardock durfte niemandem etwas davon sagen. Er wollte das Vertrauen, was der König in ihn hatte, nicht aufs Spiel setzen. Und sogar dieser hatte ihn vor seinem Sohn gewarnt. Sogar der König hatte ihm dazu geraten, nur das Nötigste zu tun. Er musste ihn nicht einmal von den Ketten lösen, wenn er es sich nicht zutraute.
Jetzt würde sich zeigen, wie weit er würde gehen können.

»Erst mal einen Überblick verschaffen...«, überlegte Bardock und dachte noch einmal schmunzelnd an die Worte seines Königs, der ihm zugeflüstert hatte, dass er gut auf sich aufpassen solle. Soviel Sorge war wirklich ungewöhnlich für den Monarchen. Doch bevor er in sentimentalen Gedanken versinken konnte, schüttelte er sich kurz, schaltete von außen das Licht ein und öffnete die Tür, ohne vorher einen Blick durch die Luke in das Innere zu werfen.

Hätte er das mal lieber getan. Nun fiel sein erster Blick auf den blutverschmierten Fußboden, die ehemals weißen Kacheln an den Wänden, an denen noch so viel Blut klebte.
„Oh fuck! Was für ein Massaker!", stieß er unwillkürlich aus, während er mit offenem Mund durch den Raum blickte. Immerhin war die Leiche von Turnippo schon rausgeschafft worden. Unweigerlich fiel sein Blick nur eine Sekunde später auf den Häftling, der in Mitten des Raumes hing, den Kopf gesenkt und ebenfalls blutverschmiert. „Scheiße...", murmelte Bardock. „Du siehst ja furchtbar aus...".
Das tat er wirklich. Vegeta sah nicht so aus, wie Bardock ihn kannte. Seine Haare waren bis zur Unkenntlichkeit herunter geschoren, seine Haut blass, beinahe gräulich. Seine Arme und Beine waren dünn, fast wie zerbrechliche Streichhölzer. Dabei war Vegeta eigentlich das genaue Abbild seines Vaters. Ebenso stolz. Ebenso muskulös und ebenso schön. Davon war jetzt nichts mehr zu erkennen.
Wie in Trance, mit einem riesigen Kloß in seiner Kehle, steuerte Bardock auf Vegeta zu. Er tat ihm so unfassbar Leid. Wäre es irgendein austauschbarer Häftling gewesen, würde ihm diese Situation nicht so nahe gehen, aber er kannte diesen Jungen. Er war nur ein Jahr älter, als sein Erstgeborener und befand sich in einem derart miserablen Zustand.
Angekettet wie ein Tier. Ausgemergelt wie ein Sklave. Und behandelt wie eine Hure.

Kurz vor ihm ging Bardock in die Knie, versuchte einen Blick in das Gesicht des Jüngeren zu erhaschen. Kaum senkte sich der Oberkörper des Größeren, ging ein heftiger Ruck durch den Häftling. Er warf sich mit den Ketten nach vorne und schnappte knurrend nach Bardock. Er schnappte nach ihm! Wie ein tollwütiger Hund! Mit gefletschten Zähnen und Blutspritzern im ganzen Gesicht.
Bardock hatte es zum Glück noch geschafft rechtzeitig nach hinten auszuweichen und fiel zurück auf den Fußboden, sah sein Gegenüber erschrocken an, der ihn mit hasserfüllten Augen anfunkelte.
„Heh, ganz ruhig, okay? Ich bin es doch, Bardock... Wir kennen uns!"

Tatsächlich weichte der Blick des Jüngeren kurzzeitig auf. Bardock... Dieser Name sagte ihm etwas. Irgendwie... Irgendwo... Weit entfernt und vergraben in seinem Unterbewusstsein, aber da klingelte etwas. Und dieses Gesicht... Es kam ihm bekannt vor. Ja, er kannte diesen Mann. Und der kannte offensichtlich auch ihn. Aber das war doch gar nicht möglich, oder? Immerhin wusste niemand, wer er war...
Weiterhin skeptisch beobachtete er seinen neuen Wärter, der sich langsam wieder aufrichtete.

„Ach man...". Der Krieger fluchte und besah sich verärgert schnaufend seinen Kampfanzug. „Toll, jetzt ist der Anzug auch voller Blut, dabei war der gerade frisch gewaschen... Na ja, egal. Dann werd' ich hier erst einmal richtig sauber machen. Ist dir das Recht, Vegeta?"

Der Häftling erstarrte zu Eis. Was hatte dieser Bardock da gerade gesagt? Hatte er da gerade...? Woher wusste er das nur? Woher kannte dieser Kerl nur diesen Namen? Wieso erkannte er ihn? Oder war das hier alles nur ein abgedrehtes, linkes Spiel seines Vaters? Wollte er ihn jetzt auf einmal mit vertrauten Gesichtern ködern? Wollte er ihm eine heile Welt vorspielen?
Ein Knurren drang aus seinen Lippen. Die Augen hatte er wieder zu schmalen Schlitzen zusammen gezogen. Nein! Er würde nichts sagen. Er würde nichts tun, nur weil dieser Typ einen auf nett machte! Am Ende würde er doch nur wieder missbraucht werden. Am Ende würde wieder nur irgendein Dreckskerl seinen Schwanz in ihn rammen und sich auf seine Kosten erleichtern. Oder er würde angepinkelt werden. Oder geschlagen. Gefoltert. Erniedrigt. Was auch immer! Irgendetwas würde kommen, da war er sich zu 100 Prozent sicher. Die Frage war nicht, ob es passieren würde. Die Frage war nur, wann...

Bardock beobachtete Vegetas Reaktion genauestens, lächelte nur flüchtig und ging zurück zur Eingangstür. „Keine Sorge, Vegeta. Ich werde dir nichts tun. Ich erwarte auch nicht von dir, dass du mit mir sprichst". Er schob die Tür auf und lächelte ihm erneut nickend zu. „Ich hole kurz die Putzsachen aus dem Schrank. Bin gleich wieder da".

Der Prinz sah, wie der neue Wärter aus seiner Zelle verschwand und starrte ihm kritisch hinterher. Was zur Hölle ging hier vor? Wieso war der so scheiße freundlich? Irgendetwas führte der doch im Schilde! Er würde ganz sicher nicht auf seine Spielchen hereinfallen!
Aber eines ließ ihn immer noch nicht los... Er wusste genau, dass er diesen Mann kannte. Nur woher...? War er einer der königlichen Leibgarde, oder einer der Offiziere oder Kommandanten? Er kam einfach nicht drauf. Sein Gedächtnis hatte in den letzten Monaten so viele Erinnerungen krampfhaft verdrängt, dass auch einige derer verschwunden waren, die er eigentlich im Hinterkopf behalten wollte. Das war nun mal der Preis dafür, dass der Geist sich selbst zu reinigen versuchte. Eine gesunde Psyche konnte eben nur eine bestimmte Anzahl an traumatischen Erlebnissen unbeschadet überstehen. Irgendwann fing er an es zu verdrängen, um sich selbst davor zu schützen, immer wieder darüber nachdenken zu müssen. Aber da dieses Trauma einfach nicht aufhören wollte, weil jeden Tag etwas Neues passierte, was seiner Seele schadete...konnte sich sein Geist nicht mehr so einfach davon erholen. Er konnte es nicht einfach verdrängen oder herunterschlucken. Zumindest nicht ohne, dass seine Psyche einen so gewaltigen Schaden nahm, dass Vegeta nach und nach durchdrehte. Er mordete schließlich nicht von Anfang an auf so eine brutale Art und Weise. Anfangs hatte er sogar noch Reue verspürt... Hatte Mitleid mit seinen Opfern. Aber mittlerweile... Mittlerweile gehörten diese Gefühle der Vergangenheit an.

Das Knarzen der Tür riss den Häftling wieder aus seinen abschweifenden Gedanken. Dieser Bardock erregte wieder seine Aufmerksamkeit. Er war ruhig, er machte keine hektischen Bewegungen und strahlte ein gewisses inneres Gleichgewicht aus. Einerseits eine angenehme Abwechslung, andererseits...war es etwas Neues, was er nicht einschätzen konnte. Es verunsicherte ihn, weil er nicht wusste, was jetzt auf ihn zukam.
Woher kannte er ihn nur? Und wieso kam er nicht darauf? Verflucht! Wie er so etwas hasste! Es lag ihm auf der Zunge, aber er konnte es nicht richtig greifen. Vegeta kannte diesen Kerl. Da war er sich mittlerweile absolut sicher. Aber er konnte immer noch nicht sagen woher er ihn kannte.

Ohne ein Wort zu verlieren stellte Bardock einen Eimer auf dem Boden ab, in den er Putzmittel und reichlich Wasser gefüllt hatte. In der anderen Hand hielt er einen Wischmopp mit einem langen Stiel. Der in Ketten gelegte Prinz verzog sofort das Gesicht und knurrte unbewusst beim Anblick des Stiels. Wie oft hatte er das Holz schon zu spüren bekommen. Auf seiner Haut, auf seinem Schädel, in seinem... Er wollte gar nicht darüber nachdenken. Die Bilder drängten sich ihm einfach auf. Unwillkürlich zuckte er zusammen, wodurch die Ketten ein lautes Rasseln von sich gaben.
Bardock, der schon begonnen hatte, den Boden zu wischen, bemerkte seine Reaktion und stoppte in seinem Tun. »Was haben sie dir nur angetan...?«, fragte er sich. Es war offensichtlich, dass Vegeta Angst hatte. Er versuchte es zu verstecken, aber das war bei den heftigen Reaktionen seines Körpers gar nicht möglich.
Der zweifache Vater sah sich um und überlegte. Er wollte Vegeta nicht noch mehr Leid zufügen. Es war wohl nicht wichtig, die Zelle auf Hochglanz zu polieren. Davon hatte Vegeta schließlich nichts.
»Nur schnell den gröbsten Dreck wegwischen... Und dann bringe ich dem armen Kerl mal was zu Essen. So wie er aussieht, hat er schon länger nichts mehr bekommen...«, beschloss Bardock gedanklich und versuchte das Wischen so grob und schnell wie möglich zu gestalten. Außerdem wahrte er einen gewissen Abstand zu dem Häftling. Er bemerkte schnell, dass dieser zu zucken begann, je näher er mit dem Wischmopp an ihn heran kam. Also ließ er es bleiben.

~

Schon wenige Minuten später war der gröbste Dreck verschwunden und Bardock stellte den Eimer in eine Ecke des Raumes. Kurz wischte er sich mit dem Handrücken über die Stirn und sah den Prinzen mit einem Lächeln an. „Willst du etwas essen? Oder soll ich dich erst waschen?"
Vegeta sah nur kurz zu ihm auf, verengte wieder seinen Blick und senkte ihn wieder zu Boden. Er war zu schwach, um seinen Kopf die ganze Zeit über anzuheben. Solange ihm dieser Typ nicht zu nah kam, konnte ihm nichts passieren. Dann konnte er seinen Kopf auch hängen lassen und seine restliche Kraft sparen. Das Angebot des Wärters war ihm ziemlich egal. Was machte es auch für einen Unterschied? Ob er erst gewaschen wurde, dann etwas essen konnte und er dann missbraucht wurde? Oder ob er erst etwas essen konnte, dann gewaschen und dann den Gelüsten dieses Perverslings zum Opfer fiel. Es war ihm egal. Es machte einfach keinen Unterschied. Es gab eh kein Entrinnen. Das war wohl einfach sein Schicksal.
Hauptsache er könnte sich im Anschluss direkt an diesem Dreckssack rächen. Egal, wer dieser Bardock nun war, es würde auf das Gleiche wie immer hinauslaufen. Davon war er einfach überzeugt. Es konnte einfach nicht anders ablaufen.

Bardock sah ihn noch eine Weile an. „Du schweigst ja wirklich wie ein Grab, hm...? Na ja, macht ja nichts. Dann gibt es jetzt erst mal was zu futtern". Daraufhin schnappte sich der Wärter die Putzutensilien und ging mit diesen nach draußen.

Vegeta blieb wieder alleine mit seinen Gedanken zurück. Dieser neue Wärter hatte wirklich eine eigenartige Art zu reden an sich. So locker und einfach... Von der Ausdrucksweise her schien er keiner der Palastwachen zu sein. Diese bildeten sich auf ihre Position etwas ein und drückten sich zumeist ziemlich vornehm aus. Oder es kam dem Prinzen nur so vor, weil sie in seiner Gegenwart auf ihre Wortwahl achteten. Mit niemandem von ihnen hatte er je einen privaten Plausch gehalten. Also konnte er gar nicht sagen, wie sie sich normalerweise ausdrückten... So konnte er also auch diesen Gedankengang wieder streichen und war immer noch meilenweit entfernt von des Rätsels Lösung.
Aber war es nicht eigentlich vollkommen egal? Völlig gleich, wer der Kerl war, ob er ihn kannte, oder nicht, ob dieser Wärter nun ein wichtiger Mann im engsten Kreis seines Vaters war, oder ein dahergelaufener Lakai... Im Endeffekt würde er nur das Risiko eingehen, sich angreifbar und verwundbar zu machen, würde er auch nur eine Silbe über seine Lippen kommen lassen. Er hatte sich geschworen, nie auch nur ein einziges Wort zu sagen. Und das war ihm bisher auch sehr gut gelungen. Also würde sich daran auch dieses Mal nichts ändern. Selbst wenn dieser Bardock wirklich nicht vorhatte, ihn zu schänden, oder ihn zu foltern, so würde er doch jede noch so kleine Information an seinen Vater weiterleiten. Das Risiko konnte er nicht eingehen. Irgendwie musste er auch dieses Arschloch loswerden. Sobald sich die Chance bot, würde er zuschlagen...

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