3. Familienbande

Bild: Naaaaaa? Wer weiß esss?

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Ich erwachte von einem metallenen Klirren und blinzelte verschlafen aus verklebten Augen, erschrak mich vorerst vor der dunklen Figur neben meinem Bett, bevor diese sich fragend zu mir herum drehte, ich Artemis erkannte.

"Bin wach.", krächzte ich mit rasendem Herzen und robbte dann vorsichtig zum Bettrand, um aufzustehen, an der Frau vorbei in Bad zu stolpern, um mir den Schlaf aus dem Gesicht zu waschen.

Als ich zurück kam, sah ich die Andere endlich wieder klar und stellte fest, dass sie gerade dabei eine Rüstung anzulegen, die mich etwas an die der Viera erinnerte, leicht und filigran. Machte auch Sinn, wenn man darin fliegen wollte, oder?

"Droht Krieg?", erkundigte ich mich noch rau und die Frau lächelte etwas, zurrte einen Ledergurt an ihrem Unterarm fester.

"Nein, aber ich bin gerne auf einen vorbereitet." Ich nickte nur und ging mich dann ebenfalls umziehen, das Schiff hielt still, weswegen ich vermutete, dass wir bereits angelegt hatten.

"Sind wir schon da?", machte ich also höflich über meinen Rücken Smalltalk, suchte mir eine weiße Bluse und eine Korsage für darüber. Ohne Eile zog ich beides an, machte mir große Mühe in der Schnürung von dem ganzen.

"Ja. Die Anderen sind auch schon los gegangen, ich blieb bloß, um dich zu führen."

Wow wie... Nett.

Ich arbeitete weiterhin daran ihre Rolle zu durchschauen.

Als wir beide dann abmarschbereit waren, griff Artemis als letztes noch zu einem vergoldeten Speer, ich schnappte mir meine Betäubungspistole, die ich zum Glück wiedergefunden hatte.

Gemeinsam verließen wir das Schiff und betraten Hilg, das sich ebenfalls verändert hatte, seit ich das letzte Mal hier gewesen war.

Es erinnerte mich etwas an die Pirateninsel mit ihren vielen verzweigten Gängen und Leitern, den schwebenden Häusern. Auch hier war in den Bäumen gebaut worden und selbst wenn das ganze hier nicht ganz so eindrucksvoll wie das Original war, so ließ sich dennoch eine gewisse Ähnlichkeit in seinem Charme entdecken.

Hier zählte ich nur 8 Hütten, die dennoch ziemlich nahe beieinander waren und einen gemeinsamen Platz zwischen den Baumwipfeln teilten, von dem aus sich mehrere Brücken abspreizten, die dann zu den einzelnen Behausungen führten.

Ich bewunderte die Bauwerke im Vorbeigehen, ihr frisches Holz, die wie neu wirkenden Schnitzereien.

"Du erinnerst dich an diesen Ort?", fragte Artemis mich leise, während sie stolz vor mir einher schritt, die Spitze ihres Speers zum Boden hin gesenkt und die Flügel hoheitlich hinter ihren Schultern aufragend.

"Ja... Wir kamen hier vorbei." Umso interessanter waren all die Veränderungen für mich.

"Während du fort warst, hat mein Bruder hier eine Heimat errichtet, eine persönliche Ruhestätte, die die Jungs als Rückzugsort nutzen. Hiervon weiß niemand, deswegen ist hier auch der Treffpunkt.", klärte die Frau mich klar auf und ich nickte ahh-end, während ich weiter hinter ihr her kam, schon bald die Säulen wiedererkannte, die zu der komischen Gruft hinab führten.

Ihr Bruder halt.

Wir gingen zur Gruft hinab.

"Es ist gleich hier drinnen, geh allein weiter, sie haben umgebaut, du musst dich nicht fürchten.", versicherte Artemis mir mit einem geheimnisvollen Lächeln, bevor sie einen Code auf ein Zahlenfeld neben der Tür eingab und der schwere Stein knarzend vor mir im Boden versank.

Etwas unsicher dankte ich ihr und betrat die ominöse Höhle mit einem mulmigen Gefühl, dass etwas hier nicht stimmte, stand dann ziemlich dumm im Dunkeln, als die Tür wieder zu ging und hier kein einziges Licht war.

Die Absurdität der Situation ließ mich mal wieder geschlagen seufzen, dann begann ich mich an den Wänden entlang zu tasten, betete nicht plötzlich in ein Loch zu fallen oder so.

Aber sie hatten tatsächlich umgebaut.

Ich war nur ein paar Dutzend Schritte gegangen, da tat sich plötzlich der Himmel über mir auf, Millionen von Sternen glitzerten auf mich hinab und ich rieb mir atemlos die Augen.

Nach fünf Mal Stunden zählen kam ich dann endlich auf den Trichter, dass es nicht Nacht war und es sich hierbei um Edelsteine handelte, die im diffusen Licht eines regenbogenfarbenen Sees darunter leuchteten.

Ich trat näher heran und fiel fast die Treppe vor mir herunter, doch ich fing mich noch rechtzeitig und kletterte zu dem großen Raum hinab, fand leuchtende Perlen vor, die den Boden des Sees bedeckten und dessen klares Wasser strahlen ließ.

Es war atemberaubend schön, überall Edelsteine um mich im Raum, ein Dämmerlicht kreirt nur durch diese Perlen.

Ich stand noch mit offenem Mund im Raum, als ich plötzlich Schritte hörte.

Sofort klappte mein Mund wieder zu und ich sah mich aufmerksam um, versuchte einen Schatten vor den Steinen zu finden.

Ich entdeckte ihn direkt gegenüber vom See, eine humanoide Form, die etwa um die 8 Meter von mir entfernt stand.

"Hallo?", fragte ich vorsichtig, konnte nur einen Schatten erkennen, nicht wirklich mehr.

Keine Antwort, nur betäubende Stille.

Es beunruhigte mich, in diesem großen, verführerisch hübschen Zimmer zu stehen, gegenüber von jemandem und nicht zu wissen, was ich da vor mir hatte.

Automatisch sah ich mich um und trat etwas vom Wasser zurück, misstraute dem Ganzen plötzlich.

Andererseits... Ich konnte Artemis vertrauen, wenn die Crew das auch tat, richtig? Aber wenn sie bloß gedacht hatte, dass der Höhlenbewohner fort wäre...?

Der Schatten bewegte sich, Schuhe klackten endgültig auf dem Boden, als er nach links ging, langsam begann den See zu umrunden.

Ich erschauderte ungut.

Aus purem Instinkt wich ich aus, ging rechts herum und behielt ihn und meine Umgebung im Blick, meine Hand fand unsicher meine Waffe, entsicherte sie an meiner Seite.

"Wer bist du?", versuchte ich es erneut, lauter dieses Mal, doch wieder nichts, nur das hohle Klacken von Schuhen auf Stein.

Meine Hände zitterten etwas, ich schätzte es ab, wie schnell ich aus der Höhle rennen konnte, sollte ich mich genau jetzt wieder umdrehen.

Ich war schon immer schlecht in Mathe.

Aber ich tat es dennoch.

Mir wurde immerhin geraten am besten immer zu rennen und bei Joohyuk Schutz zu suchen.

Es lief eigentlich sogar besser als erwartet.

Als ich nach einer Umrundung des Sees wieder an meinem Anfangspunkt angekommen war, wirbelte ich herum und sprang hastig die Treppen hinauf, hörte durch das Rauschen meines Blutes nicht, was der Schatten tat.

Ich fiel nicht hin und ich schrammte mich nirgends an, flitzte nur panisch durch den Gang, doch wer oder was auch immer das war, war schneller, obwohl ein ganzer See zwischen uns gelegen hatte.

Gerade in dem Moment, als ich meine Hand nach der rettenden Tür ausstreckte und auf den Gedanken kam, dass ich keine Ahnung hatte, wie und wo ich sie auf bekam, fasste mich eine Hand an der Schulter und riss mich herum.

Mir entkam ein Schrei - ich meine wenigstens war es eine Hand und kein Tentakel oder was auch immer, aber das war gruselig...

Ich prallte hart mit dem Rücken auf, schlug mir mit einem prominenten Gefühl des Deja-vus den Kopf am Stein an und atmete dann erschrocken aus, als ein Körper sich gegen meinen presste, mir den Atem nahm, als große Hände meine Hüften griffen.

Der Geruch nach Regen und Wald füllte meine Sinne und ich verharrte einerseits in Angst, andererseits mit dem vagen Gefühl das alles hier bereits zu kennen.

"Was willst du?", flüsterte ich also vorsichtig, spürte mein Herz ängstlich flattern wie das eines Vogels.

In der Dunkelheit grinste der Schatten, ganz schwach sah ich seine Zähne im Dunkeln.

Dann neigte er unvermittelt den Kopf und verband fast schon brutal seine Lippen mit meinen und genau in dem Moment setzte ich aus.

Denn nun war es mit einem Mal sonnenklar.

Er lebte.

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