Wissen ist Macht
Ich weiß doch was ihr wollt. Also Kapitel drei für euch. 🥰
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„Ihr seid sowas von am Arsch."
Damit sagte er uns wirklich nichts Neues. Doch seine kalte Miene zu sehen und die Resignation darin zu lesen, machte mich auf eine andere Art nervös.
„Euch ist nicht bewusst was ihr angerichtet habt oder?" Prüfend sah er in die Runde und erntete von uns Kopfschütteln und betretenes Schweigen. „Dieses Ritual ist unberechenbar. Die Zuteilung des Dämons wird durch eine höhere Macht gesteuert. Sie wird sozusagen vom Schicksal selbst gelenkt und das bedeutet, dass man nicht weiß, welchen Dämon man an sich bindet. Außer er sagt euch wer er ist. Aber selbst das nützt euch nichts mehr, da die Verbindung dann bereits besteht und unumkehrbar ist." Er sog frische Luft in seine Lungen und massierte sich die Nasenwurzel. „Nichts ist schlimmer als ein Dämon, von dem keiner weiß wer er ist. Denn wie will man ihn ohne passenden Bannspruch von sich fernhalten wenn es sein muss?" Jungkook stieß die angehaltene Luft aus. „Außer ihr habt das Glück, dass es ein Wesen ist, das man mit einem guten Exorzismus austreiben kann. Doch selbst diese Variante wird keine Garantie dafür sein, dass der Dämon nicht zurückkehrt." Er ging jetzt langsam hinüber zum Schreibtisch und lehnte sich erneut an die massive Arbeitsplatte, so als würde er etwas Halt benötigen. Eine Zeit lang war es verdächtig still im Raum und keiner sagte auch nur ein Wort. Wir vier wagten es nicht einmal, uns vom Fleck zu bewegen. Erst als Jungkook wieder aufsah, entspannte ich mich.
„Alles klar, dann werden wir wohl mal die Fakten zusammentragen, die euch hoffentlich helfen, eurer Dämonen zumindest teilweise Herr zu werden. Ihr braucht mehr Kontrolle über die Situation. Nichts ist so gefährlich wie Unwissenheit, wenn man sich mit der Unterwelt einlässt."
Hastig nickten wir und Jungkook sah sich suchend um. „Ich schlage vor, ihr setzt euch auf die Couch." Er deutete auf die mit Leder bezogene Sitzgelegenheit und griff dann selbst nach seinem Schreibtischstuhl, um diesen vor die Couch zu stellen und sich darauf niederzulassen.
Da wir nicht alle auf dem Möbelstück Platz fanden, zog Jisung mich auf seinen Schoß und legte einen Arm locker um meine Taille. „Wir haben ganz schön Scheiße gebaut", hauchte er mir zu und ich nickte kurz, bevor ich zurück zu unserem Gegenüber blickte, der uns intensiv und eingehend musterte.
„In dem Buch stand, dass sie das Ritual selbst getestet haben." Platzte es aus Seungmin heraus und Jungkook nickte andächtig. „Das stimmt. Ich bin ebenso an einen Dämon gebunden wie ihr. Doch ich kannte die Risiken vorher. Ich habe viel recherchiert und mich mit Bannkreisen geschützt. Zwar besteht die Bindung ebenso wie bei euch auf einer engen Basis, doch durch meine Vorkehrungen konnte ich mich Taehyung auf einer für mich sicheren Ebene nähern. Ich habe ihn nicht einfach entfesselt sondern ihn gezielt an mich gebunden. Es war mir dadurch möglich, ihm schnell zu entlocken, welche Art Höllenwesen er ist und wie sein wahrer Name lautet. Der wahre Name eines Dämons ist entscheidend. Denn nur durch ihn kannst du den Gerufenen zurück in die Hölle verbannen oder ihn gezielt beschwören."
Das klang tatsächlich erschreckend logisch. Wir hatten nichts von alledem gewusst und hatten deshalb den Nachteil, dass wir unsere Dämonen nicht gut in Schach halten konnten.
„Versteht mich nicht falsch. Man kann nie vollkommen sicher sein, dass man ein Wesen der Unterwelt kontrollieren kann. Aber durch verschiedene Rituale und Exorzismen wird zumindest unser Leben geschützt." Jungkook bemühte sich, es so anschaulich wie möglich zu vermitteln und dann lehnte er sich nach vorn und sah uns der Reihe nach an. „Deshalb brauche ich jetzt von jedem eurer Dämonen eine genaue Beschreibung. Zwar kenne ich bei weitem nicht jedes übernatürliche Wesen, doch ich habe so viel Wissen angehäuft, dass mir eine präzise Beschreibung möglicherweise schon ausreicht, um euren beschworenen Dämon zu identifizieren."
Auch das leuchtete mir ein und ich räusperte mich. „Gut, dann werde ich gleich anfangen." Jungkooks Augen fixierten mich. „Mein Dämon hat sich mir als Changbin vorgestellt. Er hat schwarzes Haar und ist breitschultrig~" Hier unterbrach mich Jungkook mit einer unwirschen Geste seiner Hand. „Sein äußeres Erscheinungsbild ist nicht von Bedeutung. Das kann er ändern, falls er stark genug ist und es hilft mir nicht, ihn zu bestimmen. Ich brauche seine geistigen Eigenheiten, besondere Fähigkeiten und wenn möglich seine Augenfarbe."
Nickend versuchte ich mir all die passenden Details ins Gedächtnis zu rufen. „Er ist sehr charismatisch, ich würde sogar sagen, er ist höflich und sehr direkt. Aber dann kann er wieder sarkastisch sein. Außerdem hat er mich nicht gleich gezwungen, mit ihm intim zu werden oder mich ihm hinzugeben. Er hat mich eher für sich eingenommen, hat abgewartet und mich gelockt. Also kann er gut mit Worten umgehen, wenn er sein Ziel erreichen will. Achso, und seine Augen werden weiß, ganz weiß." Ich legte den Kopf schief und fügte dann noch hinzu. „Und er kann eine kleine helle Lichtkugel erzeugen. Es hat mich an ein Irrlicht erinnert. Sie scheint einen eigenen Puls zu besitzen."
Jungkook sah aus, als würde er in seinem Kopf graben, um die passende Lösung zu finden. Dann stand er auf und griff nach einem Buch, dass im Regal rechts von uns stand. Er blätterte kurz darin und murmelte vor sich hin. „Nur weiß..." Er sah mich nochmal prüfend an. „Keine andere Farbe?", vergewisserte er sich.
„Nein, einfach weiß."
Nickend klappte er das Buch wieder zu. „Sehr wahrscheinlich hast du einen Erinnerungsdämon beschworen. Was für dich wohl ein Glück ist, denn sie sind sehr friedliche Wesen und zetteln selten Streit und Ärger an. Sie sind in der Unterwelt für die Kollektivierung und Archivierung von Erinnerungen zuständig. Sie sind dazu fähig, uns Menschen Träume zu schicken und können bei der richtigen Beschwörung auch Alpträume von uns nehmen oder aber unsere Erinnerungen verändern und manipulieren."
Ich versuchte das Gehörte zu verarbeiten und spielte nervös mit meinen Fingern. „Also sind sie gute oder schlechte Dämonen?"
„Weder noch. Das ist ganz abhängig von ihrer Persönlichkeit. Doch ihnen ist mit einem guten Exorzismus beizukommen. Sie besitzen ein enormes Wissen und können auf jede Menge Erinnerungen und Gedanken anderer zurückgreifen, doch sie sind weniger schamlos und hinterhältig als andere Dämonengattungen."
Es beruhigte mich, dass er das sagte. Und tatsächlich passte das gerade Gehörte sehr gut zu Changbin. Er war immer ehrlich gewesen. Hatte sein Wissen mit mir geteilt und hatte sich nicht verstellt. Vielleicht war er doch nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte und ich konnte mich mit alldem abfinden.
„Wie hast du herausgefunden, dass er ein Erinnerungsdämon ist?", fragte ich neugierig nach und Jungkook lachte leise.
„Zwei wichtige Indizien sprechen dafür und seine aufgezählten Eigenschaften haben meinen Verdacht bestärkt. Erstens ist das erwähnte Irrlicht eine Art Aufbewahrungsort für die Erinnerungen und zweitens sind die weißen Augen typisch für diese Dämonengattung. Ich habe in einem alten Buch gelesen, dass diese Kreaturen ihrem Beschwörer oder ihrem Opfer nur in die Augen sehen müssen, um deren Wissen zu erhalten. Deshalb wohl das weiß, um Reinheit und Offenheit zu suggerieren und die Aufnahme einfacher zu machen."
„Heißt das Changbin entzieht mir jedes Mal Erinnerungen, wenn er weiße Augen hat?", fragte ich alarmiert. Doch Jungkook schüttelte den Kopf. „Das denke ich nicht. Er macht das sicherlich wenn ihr Sex habt, oder?" Ich nickte und der Ältere fuhr fort. „Dann kannst du beruhigt sein. Stell es dir einfach so vor, als würde er durch die Offenbarung seiner richtigen Augenfarbe seine Leidenschaft und Begeisterung ausdrücken. Wenn wir Menschen in größter Freunde unseren Emotionen freien Lauf lassen ist das nichts anderes."
Nun war ich doch ganz zufrieden mit der Antwort und lehnte mich zurück, sodass ich mich an Jisungs warme Brust drückte.
„Ok, dann auf zum nächsten Dämon", meinte Jungkook motiviert und sah meinen besten Freund auffordernd an.
„Ähm, also Minho hat rote Augen." Man konnte förmlich erkennen, wie Jungkooks Blick düsterer wurde und er sich weiter nach vorn lehnte, um keines der gesprochenen Worte zu verpassen. „Es ist ein richtig dunkles, glühendes Rot, wie bei brennender Kohle aber manchmal sind sie auch etwas Golden. Er kann Flammen erzeugen und sie dazu nutzen, um Dinge zu erhellen oder um jemanden zu heilen. Sehr wahrscheinlich kann er mit ihnen auch alles verbrennen. Er ist ziemlich ungestüm, nahezu unberechenbar und sehr dominant. Immer wenn ich ihn sehe, will ich ihm automatisch nahe sein und er mag es, wenn ich gehorsam bin." Diesmal hatte es Jisung wirklich sehr sachlich geschildert und mittlerweile schien er sich auch nicht mehr dafür zu schämen, dass es genauso war und es ihm gefiel was Minho tat.
„Da haben wir ja schon den Fall, den ich eigentlich vermeiden wollte", nuschelte Jungkook und massierte seine Schläfen mit den Zeigefingern. „Bei dieser Beschreibung muss ich nicht mal nachsehen... Du hast dir einen Kreuzungsdämon angelacht. Und die sind alles andere als harmlos. Sie sind wie du es so treffend formuliert hast unberechenbar und der Inbegriff dessen, was wir gefährlich und dämonisch nennen."
"Kreuzungsdämon? Was ist das für ein Name?", fragte Jeongin und sah hinüber zu seinem Hyung.
"Sie werden so genannt, weil sie die spezielle und hochgeschätzte Aufgabe haben, die Verträge mit den Menschen abzuschließen." Noch immer verstand ich nicht ganz, doch Jungkook sprach bereits weiter. "Sehr verzweifelte Menschen oder auch die, die schnell berühmt oder reich werden wollen oder sonstige Privilegien genießen möchten, können einen Handel mit einem Dämon abschließen. Dies funktioniert so, dass man Punkt Mitternacht an einer Kreuzung, die mit Schafgarbe bewachsen ist, ein bestimmtes Ritual durchführt. Deshalb der Name Kreuzungsdämon. Aber dieser Handel ist immer ein sehr unfairer Tausch. Der Beschwörer bekommt seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt, handelt eine Zeit aus und nach Ablauf dieser Frist gehört seine Seele dem Teufel."
Ich spürte, wie sich Jisung hinter mir anspannte.
„Heißt das, ich habe Minho meine Seele überlassen?"
„Laß dich den Teufel bei einem Haare fassen, und du bist sein auf ewig." — Gotthold Ephraim Lessing in Emilia Galotti
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