Tanz der Dämonen
Jisungs Pov:
„Die Elbenkönigin."
Entgeistert drehte ich mich zu Hyunjin und wollte ihn schon fragen, was für eine Teufelei das sein sollte, doch Jeongin kam mir zuvor.
„Es gibt Elben?"
Ein belustigtes Schnauben kam von der Couch und ich wusste, dass es nur Chan sein konnte. Doch immer noch sah ich auf die schöne Frau, die Minho wieder in ein Gespräch zu verwickeln schien. Ich wusste nicht warum aber es ärgerte mich, dass sie ihm so nahe stand, dass sie ihre Finger seinen Arm entlangfahren ließ und so vertraut mit ihm sprach.
Spontan entschied ich, dass ich mich von diesem Anflug der Eifersucht ablenken musste und es mich kein Stück scheren sollte, dass sie zu einer Spezies gehörte, die ich nur aus Märchen kannte. Wenn es Dämonen gab, warum nicht auch Elben... und was weiß ich noch.
Bevor ich es mir anders überlegen konnte, streckte ich Jeongin meine Hand entgegen. „Wollen wir tanzen gehen?"
Ich hatte auch nicht die Geduld dazu, irgendjemanden um Erlaubnis zu fragen und Hyunjin schien es zu merken, denn er lief bereits voraus und winkte uns zu, mit ihm zu kommen. Erstaunt folgte ich ihm die Treppe hinab und ließ zu, dass er nach meiner und Jeongins Hand griff, bevor er uns zielsicher in die Mitte der Tanzfläche manövrierte. Dabei hatte er darauf geachtete, dass wir nicht zu nahe an Minho vorbeikamen. Sobald er uns wirklich mitten unter die feierwütige Menge der höllischen Wesen geführt hatte, drehte er sich halb zu uns um und strich sich das silbrige Haar zurück, bevor er nach Jeongins Taille griff und diesen näher zu sich zog.
Selbst in dem aufflackernden Licht der Scheinwerfer konnte ich nun zusehen, wie er sich geschmeidig gegen meinen Kumpel drückte und diesen dazu animierte sich ebenfalls vom Rhythmus treiben zu lassen. Ich musste eingestehen, dass es ziemlich heiß aussah und da ich immer noch leicht angetrunken war und schon einmal hier war um zu feiern, nutzte ich die Gelegenheit und bewegte meinen Körper mit der Musik. Einige Songs kannte ich sogar und war erneut erstaunt, dass offenbar auch Dämonen und andere finstere Kreaturen die Klänge der menschlichen Musik zu schätzen wussten.
Einmal entfernte ich mich etwas zu weit von Hyunjin und sah mich zwei Jungen gegenüber, die mich mit schwarzen Pupillen musterten aber sich nicht wirklich daran zu stören schienen dass ich so normal aussah, während ihre Körper mit einem dichten blauschwarzen Fell überzogen waren, das durch den Aufenthalt im Club nicht mehr ganz so akkurat und gekämmt aussah. Doch sie schenkten mir nur ein Lächeln, wobei sie spitze Zähnchen zeigten und dann tanzten sie weiter als wäre alles normal.
Einige Sekunden später jedoch wurde ich am Unterarm gegriffen und dann sah ich in Hyunjins blaue Augen. Er zog mich dichter an sich und nun hörte ich seine Stimme seltsamerweise in meinem Kopf.
„Nicht herumstreunen Kleiner. Wenn ich nicht gut auf dich aufpasse, macht mich Minho einen Kopf kürzer." Sein Lächeln wirkte seinen Worten zwar entgegen und ließ sie eher bedeutungslos erscheinen aber ich nickte gehorsam und fand mich dann dicht neben Jeongin wieder, der mich anstrahlte als hätte er die beste Zeit seines Lebens.
Dann tauchte in meinem Blickfeld eine Kellnerin auf, die kleine Shotgläschen auf einem Tablett geschickt durch die Menge trug. Es sah unglaublich leicht aus. Jedes Mal wich sie den Tanzenden aus und nie geriet ein Glas auch nur ins Wackeln, niemand rempelte sie an und die Getränke schienen dankbare Abnehmer zu finden. Ich war so begeistert von diesem Schauspiel dass ich gar nicht bemerkte, dass sie nun auch bei uns angekommen war.
Zu meiner Überraschung schnappte sich Jeongin zielsicher eines der Gläser, bedankte sich und wollte es bereits an seine Lippen setzen, als Hyunjin sein Handgelenk festhielt. Der Dämon warf einen Blick auf die kleine Blüte, die sich in dem Getränk befand und wechselte dann einige Worte mit der Kellnerin, die ich aufgrund der Lautstärke nicht verstand. Anschließend griff er nach zwei Gläsern mit einer leicht trüben Flüssigkeit aus der ein Stück Wurzelwerk herausragte. Es sah zwar wenig appetitlich aus dennoch nahm ich das Getränk entgegen als Hyunjin es mir hinhielt und auch Jeongins Shot gegen das gereichte Glas eintauschte, das er nun selbst behielt.
Die Kellnerin wuselte geschäftig weiter und ich betrachtete den trüben Alkohol genauer. Und schon wieder kam Hyunjins Erklärung präzise und rasch.
„Das könnt ihr trinken. Das Gemisch enthält einen Teil der afrikanischen Traumwurzel. Behaltet es im Mund und zerkaut sie wenn sie weich ist. Die Wirkung setzt im wachen Zustand recht schnell ein." Dann setzte er sein eigenes Glas an die Lippen und trank die vollkommen klare Flüssigkeit in einem Zug, während er die Blüte nicht schluckte sondern im Glas ließ.
„Was hast du da getrunken?", fragte Jeongin, nachdem er näher an seine Begleitung getreten war. Der Dämon deutete auf die Blume.
„Das ist Calla. Für euch Menschen giftig. Wohingegen die Silene Capensis bei euch nur intensiveres Traumerleben und gesteigerte Wahrnehmungen bewirkt."
Erstaunt blickte ich auf die Flüssigkeit, die ich immer noch nicht angerührt hatte. Doch nun war ich gewillt sie zu kosten und führte das Glas langsam an meine Lippen. Zunächst schluckte ich den Shot und legte dann das Stück der Wurzel auf meine Zunge. Es war leicht bitter aber nicht unangenehm. Mit der Zeit wurde die Wurzel weicher und biegsamer also traute ich mich, sie vorsichtig zu kauen und spürte den bitteren Geschmack deutlicher auf der Zunge, dennoch war ich jetzt einfach neugierig, wie es wirkte und so schluckte ich auch den Rest der Wurzel herab. Als ich zu Jeongin blickte tat er es mir gleich und dann stellte er sich genau vor mich.
„Lass uns tanzen Hyung." Seine Augen funkelten und dann verloren wir uns in einem Rausch aus bunten Lichtern und melodischen Klängen, die unsere Sinne umschmeichelten und mit ihnen spielten. Auch Hyunjin tanzte ausgelassen und wirkte selbst auf mich wie ein Dämon mit dem man wirklich Spaß haben konnte.
Schlussendlich verlor ich sogar die letzten Bedenken gegenüber den Wesen auf der Tanzfläche und bewegte mich frei und unbeschwert. Das ein oder andere Mal ließ ich bereitwillig zu, dass Hyunjin nicht nur Jeongin an sich drückte und mit ihm tanzte, sondern fand mich selbst in den Armen des talentierten Wesens wieder. Ich konnte es nicht bestreiten. Hyunjin konnte sich bewegen wie ein Gott. Alles an ihm wirkte so geschmeidig, einnehmend und vor allem hypnotisch.
Ich verstand allmählich was Jeongin in ihm sehen musste und wie er sich in seiner Gegenwart fühlte. Denn jetzt erlebte ich es selbst und konnte ohne Neid eingestehen, dass Innie sich einen zu ihm passenden Dämon ausgesucht hatte. An den Stellen wo Jeongin noch zurückhaltend und bedacht agierte, konnte dieses Wesen ihn aus allen Ketten lösen. Aber genauso wenig wirkte es vollkommen haltlos. Als würden sie ein Gleichgewicht darstellen indem sie nur nebeneinander existierten.
Einmal mehr blickte ich mich auf der Tanzfläche um und hatte plötzlich das Gefühl alles viel klarer zu sehen als zuvor. Selbst die Bereiche die vorher meiner Meinung nach im Schatten gelegen hatten, waren nun sichtbar und die Farben der Laser strahlten intensiv und unglaublich bunt auf uns herab. Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus und ich lächelte breit als mich alles an diesem Moment nicht nur lebendig fühlen ließ sondern mich fast schon zum Schweben brachte.
Als wäre diese feierwütige Menge der Ort, an dem man unabhängig und frei von jedem Laster war. Es gab kein falsch und richtig mehr. Keine Differenzen. Nur noch die Musik und grenzenlose Entspannung.
Der Bass ließ alles sanft vibrieren und beinahe glaubte ich, ihn in meinem Herzen ebenso spüren zu können. Ich schloss die Augen und lehnte mich kurz gegen Jeongin, der sich in einem ähnlich ausgelassenen Zustand befand wie ich. Dann lösten wir uns wieder und ich drehte Jeongin einmal mit mir im Kreis, was dem Jüngeren ein knuffiges Kichern entlockte.
Auch wenn die Musik zunehmend sexy angehaucht war und ich mich selten wirklich gehen ließ, schwang ich nun meine Hüfte und drehte mich elegant. Meine Kleidung kam mir nun noch enger vor. Nicht auf eine schlechter Art. Doch die Wärme und der leichte Schweißfilm, der sich durch das hitzige Tanzen gebildet hatte, ließen mein Hemd praktisch an meinem Körper kleben. Im Moment jedoch konnte mich nichts dazu bringen aufzuhören. Ich wollte all die Empfindungen möglichst lang genießen. Zumindest solange bis mich die Erschöpfung überkam.
Aber bis jetzt war mein Geist noch geschärft und alle Sinne überwältigt von der Atmosphäre und den neuen Eindrücken, die dieser Unterweltclub in mir auslöste.
Schließlich zog mich der hochgewachsene Dämon erneut näher zu sich. Er schien stets genau darauf zu achten, dass wir nicht außer Reichweite gerieten und seine unterschwellige Fürsorge veranlasste mich dazu, mich einige Sekunden gegen ihn zu lehnen und mit ihm dem Flow der Musik zu folgen. Er ging darauf ein und nun rieben wir uns fast aufreizend gegeneinander. Es fühlte sich elektrisierend an und meine Bewegungen wurden energischer.
Für einen Moment hatte ich das Gefühl, es würde jemand dicht hinter mir stehen. Doch ich tippte auf Jeongin und tanzte weiter mit dem Dämon vor mir.
Noch bevor ich wusste wie mir geschah, schlangen sich warme Finger um meine Kehle. Die Finger drückten sich kräftiger in meine Haut, als ich nicht aufhörte mich zu bewegen. Stattdessen legte sich nun die zweite Hand um meine Taille und pressten mich gegen einen erhitzten Körper, der sich nun sexy an mir rieb. Dann traf warme Atemluft mein Ohr und ich schloss die Augen, als ich die raue und gleichzeitig erregte Stimme hörte.
„Dich kann man auch keine zwei Sekunden alleinlassen, Jisung. Schon vergnügst du dich wieder mit anderen Männern."
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Nur für die Wissbegierigen unter euch. Die afrikanische Traumwurzel gibt es tatsächlich. Sie soll nach der Einnahme dabei helfen, lebhafter zu träumen. Einige sagen ihr sogar nach, dass man durch sie luzide Träume erleben kann.
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