Memento mori

... Pov:

Schritte hallten auf dem schwarzen Marmor wider, der so glatt und blank poliert war, dass man jeden Kratzer, jeden Fleck darauf erkannt hätte. Die dunkle Gestalt die nun mit raumgreifenden und sicheren Schritten auf den Schatten zutrat, der gerade am Rande der Plattform stand und einen Blick auf die brennenden Felder warf, sah sich einmal nach beiden Seiten um und stellte sich dann dicht neben das von Finsternis umhüllte Wesen. Für einen Augenblick blieb es still und beide blickten auf die Verdammnis, die vor ihnen lag. Auf die Flammen, die Bäche aus Lava, die sich zu einem Strom verbreiterten und schlussendlich in einem See aus heißer Magma endeten. Für sie war der Anblick wunderschön. Die Wärme, die Schreie in der Ferne, die düstere fast schon todbringende Aura war ihnen vertraut. Es war ihre Heimat.

„Wo hast du denn deinen pflichtbewussten Begleiter gelassen?" Fragte nun der Neuankömmling beinahe neckend und drehte den Kopf zu seinem stillen Gegenüber. Dieser löste seinen Blick nun von der Szenerie vor sich und musterte den Sprecher nun ebenso genau.

„Er wollte sich seine Zeit anders vertreiben."

Einen Moment lang war es wieder so ruhig und erst als man glauben mochte, dass beide zu einer stummen Übereinkunft gekommen waren, wurde das Schweigen von weiteren Worten unterbrochen.

„Hast du den Jungen besucht?" Diesmal bestand die Antwort nur aus einem Nicken. „Und?" Diese Frage hätte wohl für Außenstehende wenig Sinn ergeben, doch sein Gegenüber schien genau zu wissen was sie implizierte.

„Sie haben Jungkook gefunden. Sie kommen schneller an Informationen und Antworten als wir dachten."

Ein unwirsches Knurren unterbrach die Rede kurzzeitig. „Dieser aufdringliche Samariter... eines Tages wird ihn jemand für seine Einmischung in fremde Angelegenheiten zur Rechenschaft ziehen. Und wenn ich ihm eigenhändig den Kopf von den Schultern reiße."

„Das dürfte selbst für dich eine Herausforderung werden... immerhin hält sein Dämon schützend die Hand über ihn. Nicht mal unser Herrscher traut sich, ihn anzurühren geschweige denn seine Machenschaften zu unterbinden."

Ein kaltes Lachen war zu hören. „Als ob das etwas bedeuten würde..."

Für seinen Gegenüber schien das Thema damit vorerst beendet zu sein, denn er neigte den Kopf und sprach weiter. „Der Junge weiß über meine Herkunft Bescheid. Er war nicht sonderlich begeistert aber ich habe ihn im Griff."

„Sie könnten wirklich lästig werden wenn sie weiter so aufmerksam sind. Vor allem ihre unerschöpfliche Energie uns entgegenzuwirken und am besten auch noch das Gegenteil von dem zu tun, was man ihnen rät ist nervtötend." Die folgende Pause zog sich in die Länge. Doch dann trat die Gestalt, die gesprochen hatte näher an den Abgrund und redete mit endgültiger Stimme weiter. „Ich werde nicht zulassen dass dieser Junge mich von meinen Plänen ablenkt nur weil er seine Nase in Angelegenheiten steckt, die ihn nichts angehen. Nicht jetzt, wo alles perfekt läuft und wir endlich stark genug sind."

Die Worte hingen schwer in der Luft und der Zuhörer legte den Kopf schief, verschränkte die Hände auf dem Rücken und trat dann ebenso einen Schritt nach vorn.

„Du warst derjenige, der mich davon abgehalten hat, dem Kleinen das Genick zu brechen. Hast du deine Meinung jetzt doch geändert?"

„Ganz sicher nicht. Ich habe es dir schon erklärt. Wenn wir jetzt einen falschen Schritt machen und noch mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen, dann würde unser Handeln nicht unbemerkt bleiben. Im schlimmsten Fall würde unser Plan nicht aufgehen. Und ich garantiere dir... hätten wir die kleinen Sterblichen umgebracht, dann hätte das sogar hier hohe Wellen geschlagen. Nicht, dass unsere Bindung zu ihnen das nicht ohnehin schon getan hat." Der Sprecher wirkte verstimmt. Deshalb schien der Zuhörer nun schnell zu seiner eigentlichen Frage zu kommen.

„Heißt das nun, du willst ihn loswerden?"

„Noch nicht. Er wird sich für mein Vorhaben als nützlich erweisen. Er muss ja nicht einmal etwas tun... oder nicht viel. Seine bloße Anwesenheit reicht schon. Durch dieses Ritual hält man uns jetzt doch tatsächlich für schwächer." Wieder war ein ungehaltenes Schnauben zu hören. „Aber wenn ich mein Ziel erreicht habe dann ist er nicht mehr von Bedeutung. Ich werde ihn umbringen wenn er seinen Zweck erfüllt hat."

Vage konnte man erkennen wie ein Schmunzeln auf die Lippen des anderen trat. „Nichts Geringeres habe ich von dir erwartet. Du hast von Anfang an deinen Nutzen aus der Situation gezogen, auch wenn es wirklich ungelegen kam. Selbst die unvorhergesehensten Wendungen kannst du noch zu deinem Vorteil einsetzen." Es klang durchaus anerkennend und es waren ehrlich gesprochene Worte. Der Gelobte wandte sich ein weiteres Mal seinem Gesprächspartner zu und sah ihn intensiv an.

„Und was hast du vor?"

Ein raues Lachen war zu hören. „Mal sehen, vorerst werde ich noch meinen Spaß mit diesem Sterblichen haben. Er ist durchaus reizvoll und so gefügig. Aber wahrscheinlich wird es doch irgendwann langweilig und sobald wir am Ziel sind, kann ich immer noch sein kleines Herz aufhören lassen zu schlagen. Ich werde also deinem edlen Beispiel folgen... früher oder später."

Ein wohlwollendes Summen war zu vernehmen bevor die Gestalt, die gerade gesprochen hatte nochmal das Wort ergriff.

„Was hat dein Begleiter mit seinem Spielzeug vor? Er hat sich ja nicht gerade geschont, um die Wette haushoch zu gewinnen. Apropos Wette... hat dein Sterblicher die Worte bereits gesagt?"

„Er wird seine Kräfte demnächst zügeln müssen, wenn er den an ihn Gebunden nicht in den Wahnsinn treiben will. Ich habe schon mit ihm gesprochen. Was diese Worte angeht... davon hat er mir auch berichtet. Aber nein, weder hat der Kleine sie bereits ausgesprochen, noch wüsste ich was er sagen muss, um die Bindung noch weiter zu vertiefen."

Sein Gegenüber nickte verstehend. „Ich wusste auch nicht, dass sie es nochmal deutlich aussprechen müssen. Doch nachdem er es mir bestätigte, fühlte ich die Stärke hinter der Bindung deutlicher. Es war wie ein Adrenalinschub. Und ich sage dir eins. Es behagt mir überhaupt nicht, dass wir von diesem Ritual so wenig wissen. Wir brauchen dringend selbst einen konkreten Überblick, besser noch einen allumfassenden Zusammenhang. Und noch was... sollte ich denjenigen finden, der diese Beschwörung erdacht hat, werde ich ihn foltern... sehr lange und dann werde ich ihn auf die qualvollste Weise umbringen, die es gibt."

„Da bist du nicht allein. Du hast dazu meine volle Unterstützung. Mir behagt es ebenso wenig. Doch ich vertraue darauf, dass unser Informant bald mehr weiß. Er hat gesagt er würde mir berichten, wenn er Neuigkeiten hat. Er hat recht... Wissen ist in diesem Fall das Wichtigste. Wir müssen besser vorbereitet sein. Möglicherweise sollten wir unsere Taktik den Kleinen gegenüber anpassen, um sie auf unsere Seite zu bringen. Wir dürfen nicht riskieren dass sie gegen uns arbeiten und am Ende unsere Pläne gefährden."

Erneut blieb es still. Beide Dämonen schauten hinab in den Krater. Und kurz schien alles um sie herum dunkler zu werden. Dann drehte sich das Wesen, was zuletzt nur zugehört hatte wieder zu dem neben ihm Stehenden und hob die Stimme.

„Wie du gesagt hast, es wäre unserer Sache sogar dienlich, wenn sie uns vertrauen und uns folgen. Im besten Fall werden wir sie ganz von uns überzeugen können." Ein fieses Kichern war zu hören. Und plötzlich beugte sich der zweite Dämon hinab und hob einen Kieselstein an, der sich wahrscheinlich aus der Sohle seines Schuhes gelöst hatte. Er betrachtete ihn einen Moment, nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und hielt ihn schlussendlich über die Schlucht direkt vor sich.

„Und dann werden wir sie in den Abgrund stürzen."

Er ließ den Stein los und verfolgte seinen Weg in die Tiefe.

 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top