Leidenschaft oder Liebe

„Deine Frage ist doch wohl eher, welchen deiner kleinen Freunde ich im Bett hatte, stimmts?" Er kam einige Schritte näher und ich ballte meine Hand zur Faust. Sobald er direkt vor mir stand, sah er einige Sekunden ausdruckslos auf mich herab. Dann schloss er seine Augen. Als er sie wieder öffnete, glaubte ich, direkt in die Hölle sehen zu können.

Glühend rot. Als würden Flammen in ihnen tanzen. Vollkommen überrascht, wich ich einen Schritt zurück und starrte ihn weiter an.

"Ich habe mir das genommen was mir zusteht." Seine Stimme war tief und jagte kleine Schauer über meine gesamte Haut. "Seine Lippen sind so weich und sein Körper so zart, dass man meinen könnte, er wäre ein verdammter Engel." Ein unheimliches Lachen folgte. "Aber jetzt gehört er mir. Allein mir. Ich habe die Dunkelheit zu ihm gebracht und er hat sie genossen. Und wie er sie genossen hat. Er hat darum gebettelt, dass ich sie ihm gebe. Dass ich ihn hart ficke." Ich starrte ihn immer noch an, nicht fähig mich zu bewegen. "Wer?", flüsterte ich kaum hörbar. Der Dämon beugte sich vor, sodass sein Mund dicht neben meinem Ohr war und er nun mit seiner rauen, sexy Stimme in dieses hauchte.

"Jisung"

Etwas zwischen Entsetzen und Verwirrung traf mich. "Du-du hast ihm so wehgetan?", wisperte ich zurück und wollte nicht glauben, dass dieser Junge vor mir tatsächlich so rücksichtslos war.
"Tss... Wehgetan? Dein Freund hat darum gefleht, dass ich ihn richtig rannehme. Er wollte es so. Frag ihn doch. Ich wette, er wird dir sagen, wie gut es war. Wahrscheinlich würde er dir sogar empfehlen, dass du es selbst ausprobieren solltest."

Ich erschauderte und schüttelte dann den Kopf.

Sowas würde Jisung doch nicht tun. Hatte er es wirklich so sehr genossen? Oder hatte ihn dieses teuflische Wesen vor mir dazu gezwungen?

„Naja, wie auch immer... diese fesselnde Unterhaltung hier, hat mich schon wieder viel zu sehr an diesen kleinen Leckerbissen erinnert. Ich denke, ich werde ihm jetzt noch einen kurzen Besuch abstatten." Ich konnte beobachten, wie die Augen des Dämons noch stärker glühten und er sich anzüglich über die Lippen leckte.

Oh Gott... was hatte ich nur getan? Wollte er jetzt ernsthaft zu Jisung? In seinem Zustand würde er ihm nur schaden. Wer weiß, was er noch alles mit ihm anstellen würde. Jetzt löste sich meine Wut immer weiter auf und machte der Panik Platz.

„Nein, bitte. Bitte lass ihn in Ruhe. Er braucht Zeit. Du darfst ihm nicht noch mehr wehtun", flehte ich schon fast und wollte bereits meine Hand nach dem Arm des Jungen ausstrecken. Doch dieser kicherte nur leise und schüttelte gespielt bedauernd den Kopf.

„Glaubst du ernsthaft, du könntest mich von ihm fernhalten? Dann pass mal auf." Er hob langsam seine Arme bis sie auf Brusthöhe waren, reckte seine Handflächen dabei nach oben und dann stand er plötzlich in Flammen.

Kurz schrie ich auf und dachte, er würde verbrennen. Doch dann stiegen die Flammen höher und verschluckten den rotäugigen Dämon vor mir. Nur Sekunden später waren die Flammen vollständig verschwunden und es wurde wieder dunkler im Raum. Nur noch das Irrlicht schwebte über der Hand des anderen und ich drehte mich nun zu ihm um.

„Er- er wird ihm doch nichts tun oder?" Ich wusste selbst nicht, warum ich ihn das fragte, aber ich hoffte auf eine ehrliche Antwort.

Der attraktive Junge vor mir zuckte mit den Schultern. „Bei Minho kann man nie so genau wissen. Allerdings wirst du nichts daran ändern können."

„Danke für diesen hilfreichen Hinweis Captain Obvious." Der Junge neben mir lachte und ich drehte mich ganz zu ihm, um in sein Gesicht sehen zu können. Gerade war es tatsächlich von einem ehrlichen, breiten Lächeln geziert und er sah mich nun ebenfalls abwartend an.

„Wenn dir das schon klar war, warum hast du dann nochmal gefragt?"

„Weil ich gehofft hatte, du kannst mich beruhigen", knurrte ich und funkelte ihn missmutig an.

Der Gesichtsausdruck meines Gegenüber wurde ernster und er musterte mich von oben bis unten. „Ich bin ebenfalls ein Geschöpf der Unterwelt. Wieso sollte gerade ich irgendetwas Beruhigendes sagen oder tun?" Er trat noch ein wenig näher und sah mich durchdringend an.

„Ach vergiss es... ich werde jetzt wieder gehen. Vielleicht kann ich Jisung ja noch vor dem Schlimmsten retten", murmelte ich und wollte mich gerade umdrehen, als mich seine Stimme erneut zurückhielt.

„Du bist wirklich verdammt stur. Aber am Ende wird es dir nichts nützen. Schlussendlich wirst du wieder zu mir kommen und mich anbetteln, dich zu nehmen... mir das zu nehmen, was mir jetzt rechtmäßig gehört."

Ich erschauderte und starrte ihn direkt an. „Wieso sollte ich das tun? Und was meintest du mit wieder zu dir kommen?" Diesmal war meine Stimme etwas leiser und ich bemühte mich, die Puzzleteile in meinem Kopf zusammenzufügen.

„Ach Felix... ist das denn nicht offensichtlich? Du bist heute hierhergekommen, weil dich etwas, oder besser gesagt jemand angezogen hat. Man könnte es auch Schicksal oder Bestimmung nennen, das dich genau an diesen Ort, zu mir gebracht hat. Und die Beschwörung, die ihr gesprochen habt ist bindend. Sie kontrolliert dich stärker als du denkst." Er hielt inne und trat noch einen weiteren Schritt auf mich zu, sodass wir uns jetzt direkt gegenüberstanden und ein einziger kleiner Schritt gereicht hätte, dass sich unsere Körper berühren würden.

„Du-du meinst ich bin tatsächlich an dich gebunden? Und durch das Ritual muss ich jetzt bei dir sein?", fragte ich schon ziemlich besorgt nach.

Der Dunkelhaarige nickte. „Ja, du bist an mich gebunden Lee Felix. Ob du es so wolltest oder nicht. Das spielt keine Rolle mehr. Dieses Ritual, was ihr genutzt habt, ist mächtig und es wird dich immer wieder zu mir bringen, dich dazu verleiten in meiner Nähe zu sein. Je mehr du dich von mir fernhältst, desto stärker wird deine Sehnsucht und desto schwächer wird dein Widerstand."

„Das-das ist doch einfach nicht möglich...", entfuhr es mir und langsam wich meine Wut der Hoffnungslosigkeit.

„Es ist möglich... versuch es doch einfach. Küss mich. Küss mich und sag mir dann, ob es dir danach nicht besser geht und du dich ruhiger und ausgeglichener fühlst. Oder nicht das Bedürfnis hast, es zu wiederholen." Der Dämon sah mich weiterhin fast belustig an.

Verdammt. Er wusste wirklich, wie er seine Opfer verführen konnte. Er versuchte sie mit seinen netten Worten zu umgarnen, solange, bis sie ihm das gaben, was er wollte. Das Problem war nur, dass er mich genauso um den Finger wickeln konnte, obwohl ich um seine dämonische Kraft wusste.

Ich hatte mir vor höchstens einer Stunde die Warnung in diesem Buch durchgelesen. Hatte geglaubt, sie verinnerlicht zu haben. Doch jetzt stand ich hier und war versucht, diesen verfluchten Dämon tatsächlich zu küssen. Allein um seine Worte zu widerlegen, um mich selbst wieder zu überzeugen, dass das alles hier vollkommener Blödsinn war.

„Wieso verlangt dieses Ritual eigentlich, dass sich ein Dämon und ein Mensch aneinander binden? Warum muss es dabei um Sex und all diese Dinge gehen?", fragte ich, um mich selbst von den hübschen Lippen des Dunkelhaarigen abzulenken.

Hübsch?! Pfui Felix! Hör auf, sowas zu denken.

Kurz kicherte der Dämon, dann wurde er wieder ernst und antwortete mir. „Selbst ich weiß erschreckend wenig über dieses spezielle Ritual. Im Grunde dürfte es nicht einmal existieren. Doch wie gesagt, es ist alt und mächtig. Nur wenige haben es bisher getestet und dann kommt ihr vier Sterblichen und sagt einfach eine Beschwörungsformel auf, von der selbst die Unterwelt nicht alles weiß." Schon wieder war ein leises Lachen zu hören. „Und warum es dabei um Sex geht?... Ist das nicht eigentlich klar? Nichts verbindet menschliche Wesen und ihnen ähnliche Geschöpfe so stark, wie die Leidenschaft."

„Ach echt? Und ich dachte immer, die Liebe sei die stärkste Verbindung", murmelte ich und vermied es diesmal, ihn direkt anzusehen.

„Die Liebe ist eine trügerische Emotion. Sie hemmt dich, hält dich zurück und bereitet Kummer. Doch die Leidenschaft vereint zwei Menschen. Lässt sie stärker werden und kann wachsen. Sogar Leben hervorbringen und neue Gefühle entzünden... vielleicht sogar die wahre Liebe."

Wow. Das klang ja schon fast poetisch. Irgendwie mochte ich seine Erklärung, seine Sicht auf die Dinge, seine Souveränität und die Gewissheit mit der er sprach.

„Du hast sogar das Privileg von dieser besonderen Art der Leidenschaft zu kosten. Wir Dämonen fühlen die Leidenschaft stärker, ob es nun sexuelle Lust ist, oder die, die wir empfinden, wenn wir jemanden in Wut und Raserei töten, ist in diesem Moment egal. Doch bei euch Menschen ist es anders. Ihr versteht eure Gefühle so selten. Und wenn ihr doch welche habt, dann hört ihr nicht auf sie, unterdrückt sie, wehrt euch gegen ihre guten Ratschläge. Du bist genauso stur, obwohl du dich mir so einfach hingeben könntest Felix. Ich könnte dir so vieles zeigen, dir mehr geben, als jeder andere."

Ich biss mir fest auf die Lippe und fühlte, wie seine Worte tatsächlich etwas in mir auslösten.

Es war, als würde meine Versuchung mich leiten... mir zurufen, ich solle mich jetzt endlich in seine Arme werfen, mich halten lassen und ihn alles tun lassen, was er wollte. Zögerlich trat ich den kleinen Schritt nach vorn. Berührte seinen Körper und legte meine Arme um seinen Hals.

„Willst du das wirklich genauso wie ich?", fragte ich leise und sah ihn jetzt doch direkt an.

„Natürlich Felix... sogar noch mehr, als du dir denkst", sprach der Dunkelhaarige mit einer angenehm tiefen Stimme.

Ich konnte einfach nicht mehr anders. Mit einem kleinen Ruck, überwand ich die letzten Zentimeter, die unsere Münder getrennt hatten und drückte meine Lippen gegen seine.

Sofort strömte Wärme durch meinen Körper und ich seufzte leise. Es fühlte sich fast schon berauschend an, ihn zu küssen. Ohne es wirklich zu realisieren, vertiefte ich den Kuss. Zögerlich teilte ich meine Lippen und erlaubte ihm somit, mit seiner Zunge meinen Mund zu erobern. Es war fast schon zu gut. Alle möglichen Empfindungen fluteten mein Gehirn und ich lehnte mich an ihn, spürte, wie er seine Hände auf meine Taille legte und mich intensiver küsste. Lange blieben seine Hände nicht an Ort und Stelle. Vielmehr wanderten sie hinab zu meinem Hintern und kniffen zärtlich hinein. Begierde machte sich in mir breit und ich wimmerte leise in unseren leidenschaftlichen Kuss.

Doch dann wurde die Wärme in mir zu einer stechenden Hitze und hastig drückte ich mich ein Stück von ihm weg. Ich brauchte mehr Antworten. Ich wollte Klarheit.

„Wie heißt du? Wer bist du wirklich?", stieß ich keuchend hervor und blickte in seine dunklen Augen.

Seine Lippen kamen mir erneut näher und legten sich auf meine. Dann murmelte er zwischen zwei leichten Küssen. „Das willst du nicht wirklich wissen mein Süßer."

Erneut löste ich mich schweren Herzens von ihm und sah ihn durchdringend an. „Doch ich will eine Antwort."

Ein leises Seufzen war zu hören. „Ich heiße Changbin. Meinen anderen Namen wirst du vermutlich noch viel zu früh erfahren. Allerdings warne ich dich davor, nachzuforschen. Die Antworten werden dir nicht behagen und sie bringen dich und deine kleinen Freunde in Gefahr. Also tu dir und den anderen einen Gefallen und grabe nicht zu tief", murmelte der Dunkelhaarige. „Bitte Felix. Versuch es wenigstens."

Das beklemmende Gefühl, was mich gerade erfasste, ließ mich einfach nur nicken und ich schmiegte mich doch wieder enger an ihn. „Ok... ich werde es versuchen. Aber dann möchte ich, dass du mir noch eine Frage beantwortest."

„Ich werde mir Mühe geben."

„Kennst du einen Weg diese Bindung zu lösen?" Ich fühlte, wie sich Changbin versteifte. Sogar das kleine Licht, was er beschworen hatte, schien kurz zu flackern und dunkler zu werden. Dann griff er nach meinen Schultern und blickte mir fest in die Augen.




„Ja. Den Tod."


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