Fernab der Realität

Jisungs Pov:

Das Klingeln meines Handys riss mich aus dem Schlaf. Müde blinzelte ich und tastete einfach mit der Hand nach dem verfluchten Teil.

Wieso muss es mich denn in solcher Herrgottsfrühe wecken? Es ist Wochenende... Wer muss mich denn da stören?


Als ich es endlich gefunden hatte, zog ich es zu mir heran, sah auf den Display und stellte fest, dass meine Mutter mich anrief.

Leicht verpeilt zog ich den grünen Hörer zur Mitte und rückte mein Handy noch etwas näher zu mir, während ich meinen Kopf mit der Handfläche abstützte.

„Jaaa?" Fast hoffte ich, dass man heraushörte, dass ich nicht begeistert über das Wecken war. Warum musste sie denn auch zu einer so unchristlich frühen Zeit anrufen?

„Hallo Liebling. Ich und Papa wollten mal hören, wie es dir so geht? Ist alles in Ordnung?"

„Mama... warum müsst ihr dafür so früh anrufen?", knurrte ich und rieb mir noch immer ziemlich schlaftrunken über die Augen. Normalerweise freute ich mich sehr, wenn sie mit mir telefonierten und mir von ihren neuesten Pannen und Lachern am Set erzählten. Doch gerade war ich noch viel zu müde, um mich wirklich auf das Gespräch konzentrieren zu können.

„Jisung? Es ist bereits kurz nach eins. Ist wirklich alles gut bei dir?" Diesmal klang die Stimme meiner Mutter besorgt und etwas panisch setzte ich mich auf.

Keine gute Idee wie sich gleich darauf herausstellte. Mit einem unterdrückten Schmerzenslaut sank ich zurück und erinnerte mich schlagartig an letzte Nacht. Fuck. Jetzt bloß keine weiteren verräterischen Äußerungen von mir geben.

„Jisung? Hallo?! Was ist los?!" Nun schien sie sich wirklich Sorgen zu machen.

Kurz presste ich meine Lippen aufeinander und unterdrückte ein leises Fluchen. „Nichts Mama. Ich habe mir nur den kleinen Zeh an meinem Schrank gestoßen. Es ist alles gut bei mir. Es ist gestern ein bisschen spät geworden, deshalb bin ich heute noch etwas müde. Tut mir leid." Ich hasste es sie anzulügen, aber die Wahrheit konnte ich ihr noch viel weniger zumuten. Und in diesem Fall erschien mir diese Variante durchaus vertretbar.

Ich hoffte, dass mir meine Mom diese Geschichte, oder eher Notlüge abkaufte und offensichtlich schien sie mir zu glauben. Denn ich hörte ein kleines Seufzen und dann ihre sanfte Stimme.

„Ach Schatz, pass bitte besser auf. Aber es ist ja Sonntag, da kannst du auch noch ein bisschen entspannen. Ich denke, ich lasse dich dann auch wieder in Ruhe. Achso, und ich soll dir auch liebe Grüße von Papa sagen. Er steht gerade in einem Bademantel neben mir." Dann kicherte sie mädchenhaft und schien kurz mit meinem Vater ein paar Worte zu wechseln. „Also Liebling. Ruf uns an, wenn etwas ist. Hab einen schönen Tag."

Heftig nickte ich, bis ich merkte, dass sie das ja gar nicht sehen konnte. „Jaa, mache ich. Sag liebe Grüße zurück. Arbeitet nicht zu viel und entspannt auch ein bisschen. Bis bald." Dann beendete ich das Gespräch und sah für einen Moment einfach auf den Display, der jetzt wieder schwarz vor mir lag. Dann drehte ich mich vorsichtig um und blickte auf die andere Betthälfte.

Sie war leer.

Gut, was hatte ich auch erwartet? Sollte ich jetzt eigentlich an meinem Verstand zweifeln? Ich meine, hatte ich mir jetzt auch noch eingebildet, dass ich Sex mit einem Dämon hatte? Aber nein, mein Körper bewies eindeutig das Gegenteil. Ich fühlte mich ziemlich schwach und mein Hintern schien wirklich wund zu sein. Ich seufzte schwer und rollte mich dann auf die andere Seite. Diesmal richtete ich mich ganz behutsam auf und bemühte mich, gleich aufzustehen, da Sitzen für mich gerade überhaupt nicht in Frage kam.

Der Schmerz nahm zu und ich zischte gequält auf. Doch ich würde jetzt nicht schlapp machen. Ich stellte mich hin und begab mich dann langsam und vorsichtig ins Badezimmer. Ich sollte mich definitiv waschen und vielleicht würde mir eine heiße Dusche dabei helfen, meine Verspannungen zu lösen.

Im Bad angekommen, drehte ich das warme Wasser auf und schnappte mir noch ein Handtuch aus dem Regal. Als ich dann an dem großen Wandspiegel vorüberging und eigentlich nur einen flüchtigen Blick hineinwerfen wollte, zuckte ich vor meinem eigenen Spiegelbild zurück. Meine Haare waren verwuschelt, meine Lippen geschwollen und ziemlich rot, aber das war nicht das Schlimmste. An meiner Taille und an meinen Oberschenkeln waren rötliche bis bläuliche Verfärbungen. Meinen Hals und den Oberkörper zierten ebenso bläuliche Flecken, die jedoch eine andere Form hatten und ziemlich stark an Knutschflecken erinnerten.

Hier hatte ich den eindeutigen Beweis, dass ich nicht geträumt hatte und zeitgleich die Quittung für meine selten dumme Idee einen Dämon zu beschwören.

So hart konnte der Sex mit einem übernatürlichen Wesen also sein, dass ich sogar blaue Flecken davontrug. Ich strich vorsichtig über eine der malträtierten Stellen und musste mir einen erneuten Schmerzenslaut verkneifen.

Na das konnte ja heiter werden die nächsten Tage. Wie sollte ich das nur alles verstecken? Es würde Stunden dauern, alles zu überschminken.

Missmutig wandte ich mich von meinem ramponierten Spiegelbild ab und stieg unter die Dusche. Ganz behutsam begann ich damit, meinen Körper zu waschen und somit die Spuren meiner heißen Liebesnacht mit Minho zu beseitigen. Einige Male vergaß ich kurz, dass mir der hübsche Junge einige kleine Erinnerungen geschenkt hatte und fluchte leise, wenn ich wieder einmal zu fest über die geschundene Haut rieb. Doch ich biss die Zähne zusammen und sagte mir, dass ich es auch ein klein wenig verdient hatte. Immerhin hatte ich mir das selbst eingehandelt. Und jetzt musste ich es wortwörtlich ausbaden.

.................

Nur mit einer Boxershorts und einem weiten T-Shirt bekleidet, das fast meine Unterhose überdeckte, humpelte ich zurück in mein Zimmer und entschied mich, meinen Sonntag auf der Couch zu verbringen.

Mein Bett würde ich wohl frisch beziehen müssen, aber das konnte ich erst später machen, wenn sich mein Körper wieder ein bisschen regeneriert hatte. Für einige Sekunden starrte ich dennoch auf die zerwühlten Laken und zweifelte an mir selbst.

Ich glaubte doch gar nicht an den ganzen übernatürlichen Kram. Es widerstrebte mir, jetzt damit anzufangen. Aber ich konnte es auch nicht mehr abtun und als absurd und unhaltbar deklarieren. Offenbar gab es tatsächlich höhere Mächte, die sich in dieser Welt gut verbargen. Doch jetzt hatte ich sie entfesselt. Ich hatte selbst einen Dämon heraufbeschworen, der mich nun als sein persönliches Spielzeug betrachtete. Schon seine raue Behandlung und das ganze dominante Gehabe machte mir dezent Angst. Er schien vor nichts zurückzuschrecken. Mit einem tiefen Luftholen versuchte ich mich selbst zu beruhigen.

Also beschloss ich, mich lieber mit meiner weichen Kuscheldecke auf die Couch zu legen. Natürlich ganz vorsichtig und immer darauf bedacht, mir nicht selbst wehzutun. Dann schaltete ich irgendeine Netflix Serie ein, die mir noch nicht bekannt war und ließ mich von den halblauten Stimmen der Schauspieler berieseln.

Einige Minuten später sprang auch Soonie auf das Sofa, rollte sich an meinem Bauch zu einem kleinen Ball zusammen und schnurrte leise, als ich sie sanft streichelte. Ihre Anwesenheit schenkte mir wie immer eine ganz eigene Art von Geborgenheit. Allein diese Katze vermittelte mir ein Gefühl der Vertrautheit, von Heimat und Ruhe. Gemächlich glitten meine Fingerspitzen über ihr weiches, rot getigertes Fell und nahmen die sanften Vibrationen ihres Schnurrens wahr.

Ich versuchte mich tatsächlich auf die Serie zu konzentrieren, doch je mehr ich mich bemühte, desto öfter blinzelte ich und immer wieder schlossen sich meine Augen, nur um dann kurz wieder aufzuschrecken und auf den Bildschirm vor mir zu starren. Schlussendlich fiel ich dennoch in einen unruhigen Schlaf, der von wirren Bildern geprägt wurde.

Immer wieder sah ich Minho. Es waren wie kleine Erinnerungsfetzen an letzte Nacht.

Ich sah seinen nackten Körper über mir, die dunklen braunen Haare, das verschlagene Lächeln. Ich erinnerte mich an das Gefühl, als er in mir war, an seine ungestüme und gleichzeitig so fesselnde Art, an seine heiße Stimme und an all die Empfindungen, die er alleine mit seiner puren Anwesenheit in mir ausgelöst hatte.

Über allem lag das Glühen seiner Augen, es schien sich wie ein helles rotes Band durch alle Bilder und Erinnerungen zu ziehen und ich fühlte mich fast schon beobachtet.

Doch als ich schließlich wieder erwachte, stellte ich lediglich fest, wie spät es bereits war. Draußen wurde es langsam dunkel und ein breiter, tiefroter Streifen zog sich am Himmel entlang, da die Sonne gerade versank und alles in ein gespenstisch schönes Licht tauchte.

Immer noch ziemlich erschöpft setzte ich mich auf, strich meiner Katze behutsam über das weiche Fell und erhob mich dann, um endlich mein Bett frisch zu beziehen und anschließend gleich nochmal Duschen zu gehen.

.....................

Erst als ich mit frisch gewaschenen Haaren und jetzt wieder etwas wacher in meinem Zimmer stand, merkte ich, dass es Sonntagabend war und ich morgen wieder in die Schule musste. Ich seufzte und packte meinen Rucksack, ließ mich dann wieder aufs Bett gleiten und wusste nicht so recht, was ich von alldem halten sollte.

Konnte ich wirklich noch auf meinen klaren Verstand zählen? Hatte ich jetzt irgendeine Art von Trauma oder war ich schlicht und ergreifend verrückt geworden? Konnte das überhaupt so einfach passieren?

Je mehr ich darüber nachgrübelte, desto absurder erschienen mir meine eigenen Gedanken, aber auch die Erinnerungen an Minho.

Tia, wer würde mir schon glauben, dass ich Sex mit einem Dämon hatte?

Richtig.

Niemand. 

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