Die innere Stimme
Felix Pov:
Jedenfalls halfen die Beruhigungsversuche. Zumindest solange, bis sich der Wohnraum erhellte und gleich zwei Gestalten aus den Flammen traten.
Sogleich erkannte ich Changbin, der mit einem kühlen Gesichtsausdruck sofort den Raum scannte, bis seine Augen an mir haften blieben. Und das was ich dann auf seinem Gesicht lesen konnte, bereitete mir tatsächlich Sorge.
Denn es war echte Überraschung und dann etwas, dass nach unliebsamer Erkenntnis aussah. Dann wurde seine Miene wieder unleserlich und ich erschauderte leicht, als seine Augen eine Kälte spiegelten, die ich nicht von ihm kannte.
Kurz schoss mir auch der gestrige Abend in den Sinn und wie ich ihm versprochen hatte, bei ihm zu bleiben. Dass ich ihm und somit auch mir eingestanden hatte, dass wir eine Verbindung aufgebaut hatten. Ich erinnerte mich an die brodelnde Hitze zwischen uns, an die heißen Küsse und die hingebungsvollen Berührungen. Und alles was ich jetzt wahrnahm war Kälte. Gleichzeitig prickelte mein Körper irgendwie unangenehm, so als wüsste selbst mein Unterbewusstsein, dass Changbins Reaktion kein gutes Zeichen sein konnte.
„Felix." Das war das erste Wort was seine Lippen verließ. Dann trat er näher und musterte mich durchdringend.
Chan war gleich mit ihm aufgetaucht und schien die Situation ebenso zu durchschauen wie Changbin. Seine Miene blieb ähnlich emotionslos. Nur ein kurzer Blick in Seungmins Richtung zeigte, dass er nicht alles vernachlässigte.
Ich hingegen wusste nicht so recht, ob ich nun irgendwas sagen sollte oder doch lieber schwieg. Zunächst wich ich also den stechend hellen Augen meines Dämonen aus und betrachtete meine eigenen Hände. Dabei erkannte ich, dass das Leuchten noch nicht ganz aufgehört hatte. Es war wesentlich schwächer geworden und dennoch durchströmte mich das beruhigende Gefühl aufs Neue und versuchte, meine unruhigen Gedanken zurückzudrängen. Deshalb bekam ich wohl auch keine Panik, als die beiden Wesen nun einen längeren Blick tauschten.
Allerdings hatte nicht jeder so viel Geduld.
„Könnt ihr uns sagen was mit ihm passiert ist? Habt ihr etwas damit zu tun?"
Jisung, der gerade noch neben dem großen Esstisch gestanden hatte, trat nun näher zu mir und legte eine Hand auf meine Schulter, um deutlich zu zeigen, dass er eine Antwort verlangte.
Doch bevor einer der Dämonen auch nur zu einer Erklärung oder möglicherweise auch einer Gegenfrage ansetzen konnte, erhellte sich das Zimmer erneut und Minho und Hyunjin tauchten in der Flamme auf. Beide verschafften sich recht schnell einen Überblick, der damit endete, dass sie mich ebenfalls anstarrten. Ein beklemmendes Gefühl der Bedrohung stieg in mir auf und was dann passierte, ließ mich zusammenzucken.
Minho hob seine Hand und so flammend wie seine Augen leuchteten, so tat es nun auch seine Handfläche. Er schritt entschlossen auf mich zu und schlagartig spannte sich mein Körper an. So als würde ich von allein in eine Art Verteidigungsmodus wechseln. Doch bei Minhos zerstörerischer und dunkler Kraft, die sich schon mit züngelnden Flammen in meine Richtung neigte, hatte ich wenig Aussicht auf Erfolg.
Noch bevor Minho mich erreichte, trat ihm Changbin in den Weg und schüttelte mit viel Nachdruck den Kopf. „Tu das nicht. Ich werde das regeln."
„Regeln? Wie genau willst du das regeln? Er ist eine Bedrohung." Minhos Worte lösten Übelkeit in mir aus. Nicht nur weil sie so unbarmherzig und endgültig klangen, sondern weil ich ja selbst merkte, dass etwas ganz und gar nicht mit mir stimmte. Ich war anders als sonst. Und wenn ich wirklich eine Bedrohung für meine Freunde darstellte? Das konnte ich nicht zulassen.
„Ich hatte noch keine Zeit darüber nachzudenken", brummte Changbin und drehte sich zu Chan und Hyunjin.
Während der Höllenprinz nacheinander meine Freunde und dann auch mich musterte, hatte sich Hyunjin lässig gegen die Wand gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt und ein teuflisches Grinsen auf den Lippen. Als würde er einfach abwarten, wer mich nun zerfetzen dürfte.
„Was ist hier los? Könnt ihr uns sagen was mit ihm passiert? Was meint ihr mit Bedrohung?" Mein bester Freund schien zunehmend verunsichert dadurch, dass ihm niemand antwortete. Stattdessen hob er erneut die Stimme, um den Anstarrwettbewerb von Minho und Changbin zu unterbrechen.
„Seid ihr dafür verantwortlich?"
Nun trat auch Chan näher, doch da setzte Minho schon zu einer Erwiderung an, die jedoch nicht mit einem Wort erklärte was hier vor sich ging.
„Du weißt was das heißt. Wenn Fürst Baal davon erfährt dann haben wir ein großes Problem. Das könnte alles ruinieren B- Binnie."
„Das werde ich verhindern. Hab Vertrauen in mich. Dieses Mal weiß ich was ich tue." Changbins Augen strahlten nun weiß und ich glaubte einen Hauch von Trotz und sehr viel Überzeugung aus seiner Stimme zu hören. „Er ist an mich gebunden. Ich kann das geheimhalten."
Die bedrohliche Haltung seines Gegenüber lockerte sich und schmolz bis zu einer angespannten Geste, die darin mündete, dass Minho an ihm vorbeitrat und dann mit wenigen Schritten bei mir war. Er beugte sich nach vorn und schenkte mir ein frostiges Lächeln.
Alles in mir schrie danach, mich zu verteidigen und wie von allein schnellte meine Hand nach vorn. Bevor ich es selbst wusste, ballte sie sich zur Faust und eine kalte Energie ummantelte diese Faust. Als wäre sie nun viel stärker, verletzender und bereit Schaden anzurichten.
Kurz sah man, dass Minho dieser Angriff unvorbereitet traf. Doch das änderte nicht viel am Ausgang der Situation. Mit einem hastigen Stoß seines Armes blockte er die Attacke und schon wurde meine Hand nutzlos auf die Couch gedrückt, während sich die Finger der anderen Hand in mein Haar krallten und meinen Kopf schmerzhaft nach oben rissen.
„So hübsch und doch so kratzbürstig... ich sehe schon, deine Herkunft hat einen ganz schlechten Einfluss." Ich wand mich in seinem Griff und versuchte mich loszureißen, doch schaffte es natürlich nicht. Meine Kopfhaut kribbelte unangenehm und es tat mehr weh als erwartet.
„Minho. Du solltest ihn loslassen. Der Junge hat gerade keine Kontrolle über sich selbst."
Komischerweise kam dieser Einwand von Chan und nicht von Changbin. Kurz huschten die roten Augen des Dämons hinüber zu dem Höllenprinzen und ein rebellisches Knurren drang über seine Lippen. Doch Asmodeus räusperte sich und warf meinem Widersacher einen mahnenden Blick zu. Für einige Sekunden verstärkte sich der Griff um mein Haar und ich rechnete mit einer Auseinandersetzung, dann ließ Minho aber tatsächlich los und trat einen Schritt zurück. Erst jetzt konnte ich wieder meine Freunde erkennen, die halb schockiert, halb eingeschüchtert neben oder hinter der Couch standen.
„Ich meine, ich habe ja absolut nichts gegen Chaos und Verwirrung. Aber das was er auslösen könnte, wäre ein unvorstellbares Unheil." Ein letztes Mal sah Minho fast schon ruhig zu mir, lief dann zu Changbin und klopfte diesem auf die Schulter. „Aber du wirst dich ja darum kümmern."
Mir schwirrte der Kopf und es machte mich nervös und unsicher, dass keiner mir sagte was mit mir geschah. Also blickte ich nun zu Changbin auf und versuchte die Angst nicht in meinem Blick oder meinem ganzen Verhalten zu zeigen.
„Was passiert hier mit mir?", fragte ich leise und schluckte den Kloß in meinem Hals mühevoll hinunter. Mein Dämon trat nun zu mir und seine Augen hatten etwas von der Strenge und der Abneigung verloren, die sie vorhin noch ausgestrahlt hatten.
„Beruhige dich Felix. Du solltest dich nicht aufregen... das ist in deinem Zustand tatsächlich gefährlich." Changbin hatte sich nun neben mich gesetzt und hob meine Hand an, die kurz kribbelte, als er meine Haut berührte. Im ersten Moment wollte ich zurückzucken aber unterdrückte den Impuls.
Das solltest du nicht tun. Du solltest diesem Dämon nicht vertrauen.
Erschrocken riss ich die Augen auf und starrte den Schwarzhaarigen an. Die Gedanken waren klar und präsent in meinem Kopf. So als würden sie mein inneres Denken bestimmen. Jedoch hielt ich mich gerade noch so davon ab, meine Finger aus seinen zu ziehen. Er schien das Zögern ohnehin bemerkt zu haben und seine Miene verriet, dass ihm das nicht behagte.
„Was genau ist passiert, Felix?"
Die Frage kam unerwartet. Auf eine seltsame Art war sie jedoch logisch und ich wollte ihm erzählen, wie ich mich gefühlt hatte. Zumindest so gut ich konnte.
„I-ich hatte in letzter Zeit öfter Kopfschmerzen. Und naja, ich habe mir nichts dabei gedacht. Aber heute Morgen sind sie so schlimm gewesen, dass ich nicht mehr klar denken konnte. Es war als würden sie mein Gehirn mit Messerstichen malträtieren und mich alles bei vollem Bewusstsein erleben lassen." „Er hat sich vor Schmerzen gekrümmt und hat uns sogar gebeten, sein Leiden zu beenden", ergänzte Seungmin und warf mir einen traurigen Blick zu. Ich nickte. „E-es war schrecklich.... Irgendwann wurde es unerträglich und dann war da plötzlich nichts mehr. Der Schmerz hat schlagartig aufgehört. Schließlich bin ich hier aufgewacht."
Kurz sah ich auf meine sanft glühende Haut und versuchte mir nochmal ins Gedächtnis zu rufen, dass auch meine Haare und die Augen verändert waren.
„Als du nicht bei Bewusstsein warst. Was ist da passiert?" Es hörte sich fast so an, als wüsste Changbin etwas und vermutlich war es auch so. Nur ob er mir sagen würde was er wusste, konnte ich nicht mit Bestimmtheit sagen.
„Es... es war alles weiß. Ich habe nichts gesehen oder gefühlt. A-aber da war eine Stimme." Ich stockte. Erinnerte mich an die Worte und wusste nicht, wie ich sie nun aussprechen sollte. Verdammt, ich hatte ja noch nicht einmal selbst Ahnung von dem, was sie bedeuten sollten. „Sie hat irgendwas von erwachen gesagt und Sekunden später war ich wieder hier", wisperte ich, in der Hoffnung dass es keiner gehört hatte. Doch natürlich hatten die Dämonen mich verstanden.
„Da haben wir es doch schwarz auf weiß." Diesmal war es Hyunjin, der intervenierte und sein schalkhaftes Lächeln ließ das unangenehme Bedürfnis in mir aufsteigen, ihn anzugreifen.
Was war nur los mit mir? Das wäre glatter Selbstmord. Warum wollte ich das?
„Habt ihr ihm das angetan?", fragte Jisung bitter und wollte schon zu mir kommen, als Minho ihn zurückhielt.
„Tut mir leid dich zu enttäuschen... das können wir uns wohl nicht auf die Fahnen schreiben. Aber jemand anderes hat damit zu tun. Und sollten wir ihm begegnen, dann werden wir ein ernstes Wörtchen reden müssen."
Verwirrt sah ich zwischen Minho, Changbin und dem Rest meiner Freunde und den Dämonen hin und her.
„Was genau meint er damit?"
Changbin griff stärker nach meinen Fingern. Seine Augen fixierten mich und das strahlende Weiß wurde noch etwas heller.
„Deine Veränderung hat mit deinen Eltern zu tun... Oder besser gesagt nur mit einem Elternteil. Du bist nicht menschlich, Felix. Das was Minho sagen will ist, dass du himmlischer Abstammung bist."
Ich wollte schockiert sein und ein Teil von mir war es definitiv. Mein Herz schlug plötzlich viel schneller, setzte kurz aus und mein Atem kam stoßweise und irgendwie mischte sich ein ungläubiger Laut hinzu. Die andere Reaktion war, dass diese Art der Selbstsicherheit und der Bestätigung meinen Körper flutete. Als würde mein Geist es bereits wissen und anerkennen.
„Bitte was?"
Das war eindeutig Seungmin. Jisung stieß ein ebenso komisches Geräusch aus, während der Rest stumm herumstand.
„Es-es gibt den Himmel?" Mein bester Freund lief heute zu Höchstleistungen auf in seinen Fragen.
Minho nickte nur knapp, so als wäre diese Tatsache ohnehin offensichtlich. „Jop, und dein kleiner Freund hier ist ein Kind dieser geflügelten Friedensstifter..." Brachte er mit einem verächtlichen Blick in meine Richtung hervor.
Hatte ich gedacht, dass es vorher schon leise war, so hätte man nun eine Stecknadel fallen hören können.
„Er hat recht, Felix." Changbin drückte meinen Kopf sanft nach links, sodass ich ihn ansehen musste. Das stechende Weiß seiner Iris schien mich gefangenzunehmen.
„Du bist ein Naphil. Das Kind eines Menschen und eines Engels."
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An all diejenigen, die meine kleinen Anspielungen schon richtig gedeutet haben und ahnten, dass Felix besonders ist, Chapeau! 😄Und keine Sorge... nur weil das jetzt nur ein halber "dark turn" in der Geschichte war, heißt es noch lange nicht, dass die anderen Charaktere sicher sind. 😈
I love you Stay. 💕
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