Die Beschwörung des Dämonen

Direkt vor meinem Zimmer, ich war gerade dabei die Tür zu öffnen, strich etwas Weiches um meine Beine und ich zuckte aufgrund der unerwarteten Berührung zusammen.

Doch schnell erkannte ich, wer mir da einen Schreck eingejagt hatte. Denn fast sofort hörte ich ein leises, begrüßendes Maunzen.

„Soonie. Hallo meine Süße. Du hast mir für einen Moment wirklich Angst gemacht. Du musst aufhören, dich so anzuschleichen", maßregelte ich meine Katze eher liebevoll und sah zu ihr herab. Als würde sie mich verstehen, drückte sie ihren Kopf gegen mein Bein und schien sich mit einem leisen Schnurren zu entschuldigen. Ihre großen gelben Augen sahen mir neugierig dabei zu, wie ich die Tür einen Spalt breit öffnete und dabei die Teelichter auf einer Hand balancierte.

„Willst du mit ins Zimmer kommen? Naja, obwohl... ich denke es ist besser, wenn du nicht in der Nähe des Feuers bist." Fast schon entschuldigend, lächelte ich meine Katze an und zog dann die Tür meines Zimmers schnell hinter mir zu, damit sie nicht doch noch mit hineinschlüpfen konnte. Kurz glaubte ich, ihren entrüsteten Blick auf mir zu spüren, der mich wahrscheinlich aufs Höchste verurteilte, da ich sie so einfach im Flur zurückließ. Doch ich wollte nicht, dass sie den Kerzen zu nahe kam oder diese ganzen Düfte nicht gut vertrug. Kurz gesagt, meine Katze sollte nicht auch noch in meine experimentierfreudige und vielleicht etwas leichtsinnige Lebensphase hineingezogen werden. Möglicherweise mochten Dämonen ja Katzen gar nicht. Naja, sehr abwegig. Denn wer mochte diese weichen, schnurrenden Fellbälle bitte nicht?

„Soooo, da bin ich wieder." Ich grinste und drehte mich zu meinen drei Freunden um. Erstaunt stellte ich fest, dass Jeongin und Felix sich die Mühe gemacht hatten, die Couch nach hinten zu schieben. So entstand eine recht große Freifläche zwischen Fernseher und Bett und der gegenüberliegenden Glasfront. Auch die großen Kerzen waren schon auf den nackten Holzfußboden gestellt worden und sobald ich eintrat wurden mir auch die Teelichter abgenommen.

„Kommt, die müssen auch noch verteilt werden", beauftragte uns Jeongin und stupste mich mit einem niedlichen Lächeln in die Seite. Beinahe fachmännisch wurden die erbeuteten Kerzen nun in einem Kreis aufgestellt, sodass wir uns in dessen Mitte platzieren konnten. In der Zwischenzeit gab ich den Weihrauch in eine kleine Schale und zündete ihn an. Sogleich verströmte er einen eher herben Geruch und ich trat einige Schritte zurück, um nicht zu viel davon auf einmal einzuatmen. Dann machte ich mich daran, auch die Kerzen und Teelichter anzuzünden und eine fast schon romantische Atmosphäre im Raum zu erzeugen.

Als ein richtiges kleines Lichtermeer vor mir entstanden war, erhob ich mich wieder vom Boden und nickte Felix zu, der neben dem Lichtschalter nur auf dieses Signal gewartet hatte. Er tippte kurz auf den Schalter und die Lampen erloschen. Nur das warme Licht des Feuers blieb und wir standen kurz vollkommen fasziniert und stumm da.

„Ok, wollen wir anfangen?", fragte Felix beinahe ehrfürchtig, stieg in den Kreis und ließ sich im Schneidersitz nieder. Ich folgte seinem Beispiel und machte es mir in genau der gleichen Position gemütlich. Da der entstandene Kreis nicht allzu groß war, berührten sich unsere Knie leicht und als endlich alle saßen, rutschten wir noch näher aneinander. Mit einer eleganten Geste strich sich Felix sein kupferrotes Haar zurück und knöpfte sein Hemd noch etwas weiter auf, während er mir verschwörerisch zuzwinkerte. Er nahm das hier genauso wenig ernst wie ich und dennoch spürte ich ein aufgeregtes Kribbeln und den Hauch von Spannung über unserer kleinen Runde.

Seungmin sah noch immer nicht ganz überzeugt von unserem Vorschlag aus und schüttelte sogar leicht den Kopf, während er vor sich hin murmelte. Ich glaubte, so etwas wie: „Könnten wir nicht einmal etwas Normales machen?" zu verstehen und ein noch breiteres Grinsen schlich sich auf meine Züge.

Ausgeschlossen. An einem Freitagabend etwas vollkommen Gewöhnliches zu machen, das konnte jeder. Aber jetzt gerade war der Moment alles andere als gewöhnlich und das wollte ich unbedingt ausnutzen. Ich griff nach dem ledernen Buch und strich die aufgeschlagene Seite noch einmal sorgfältig glatt. Dann hielt ich es Seungmin auffordernd entgegen.

„Da du der am wenigsten Gläubige bist, fängst du auch an." Mit einem kecken Zwinkern überreichte ich ihm das fragliche Werk und sah zu, wie Seungmin es auf seinem Schoß platzierte. Seine Finger glitten über die Zeichnung und er beugte sich etwas tiefer über diese, vermutlich um die Schrift im schwachen Licht der Flammen besser lesen zu können.

Just in dem Moment, als er die Worte aussprechen wollte, fiel mir noch etwas Wichtiges ein und ich unterbrach ihn. „Ach und denk daran, du musst am Ende des Spruches noch deinen eigenen Namen anfügen. Nur dann ist die Anrufung des Dämons gültig."

Schon interessant, dass ich mir gerade dieses Detail aus dem Kapitel mit den Anweisungen gemerkt hatte. Vielleicht war es aber auch einfach ziemlich logisch.

Nun doch ganz zufrieden, lehnte ich mich ein Stück zurück und beobachtete den Jungen mit dem hellbraunen Haar aufmerksam.

Dieser nickte und schluckte leicht unsicher, doch dann sprach er mit fester und lieblicher Stimme die Formel. „Passion conjungat duas animas in aeternum. Kim Seungmin."

Alle hielten die Luft an und warteten auf ein Zeichen. Darauf, dass Rauch aufzog und ein gehörnter Teufel auftauchen würde. Dass ein Wind die Fenster aufstieß und alle Kerzen verlöschen ließ.

Doch nichts von alledem geschah.

„Vielleicht müssen wir erst alle unsere Beschwörung abschließen." Jeongins Stimme war auch leicht belegt. Offenbar fühlte er eine ähnliche Anspannung wie ich. Er nahm das Buch und räusperte sich. „Passion conjungat duas animas in aeternum. Yang Jeongin." Kurz schien es so, als würde der Kleine erzittern, doch vielleicht war auch die Stimmung in diesem Raum momentan ein wenig unheimlich. Aufmerksam beobachtete ich ihn, um ganz sicher zu gehen dass mit ihm alles in Ordnung war.

Auch diesmal geschah rein gar nichts. Alles war leise und nach kurzer Zeit nahm Felix die Schrift entgegen und kicherte vergnügt. Mein bester Freund schien diese Beschwörung locker zu sehen und sich einen kleinen Spaß daraus zu machen, was mich ebenfalls wieder entspannte. Fast schon theatralisch hob er die Stimme und gestikulierte dabei wild mit der Hand, die nicht das Buch hielt. „Passion conjungat duas animas in aeternum. Lee Felix. Lee Felix Yongbok."

Dann wurde die Abhandlung schon an mich weitergereicht und auch wenn ich nicht an diesen Schwachsinn glaubte, so bekam ich doch eine kleine Gänsehaut. Schon allein die Atmosphäre mit den vielen Kerzen und der sonst so dunkle Raum war ein Nervenkitzel für sich. Ich straffe meine Körperhaltung und befeuchtete meine Lippen mit der Zungenspitze.

Zögerlich strich ich über die Zeichnung, sah den Dämon an, der gerade den Menschen küsste und konzentrierte mich dann auf die Worte, die ich sprechen musste. „Passion conjungat duas animas in aeternum. Han Jisung." Für eine Millisekunde hatte ich den Eindruck mir würde unglaublich warm werden. Doch so schnell wie das Gefühl aufgetaucht war, so schnell ließ es nach und ich sah fragend in die Runde. Es schien als hätte ich mir die Wärme nur eingebildet. Keiner meiner Freunde zeigte eine außergewöhnliche Reaktion. Auch sonst blieb es still im Raum. Kein Dämon und keine andere Kreatur tauchte plötzlich auf, keine paranormalen Dinge geschahen.

Es vergingen zehn Sekunden, dann dreißig und schließlich saßen wir eine ganze Minute reglos da und warteten auf irgendein Zeichen. Doch es passierte gar nichts, nicht einmal eine Kerze erlosch oder flackerte verdächtig.

Rein gar nichts.

Fast schon frustriert streckte ich mich und erhob mich vom Boden. Auch in die anderen drei kam nach und nach Bewegung. Sie standen auf, traten aus dem Kreis heraus und starrten ähnlich enttäuscht auf das Buch, das noch immer aufgeschlagen inmitten der Kerzen lag. Schließlich drehte ich mich einfach um, lief zum Lichtschalter und ließ die Lampen mein Zimmer wieder ausleuchten. Sofort verflog die eben noch vorherrschende mystische Stimmung gänzlich und ich konnte durchatmen.

„Na das war ja wirklich ein toller Versuch. Aber ganz ehrlich, was habt ihr erwartet?" Seungmin schüttelte nun wieder vollkommen unbeeindruckt den Kopf und pustete die Kerzen aus. Währenddessen öffnete Felix eines der Fenster, um den starken Geruch des Weihrauchs und der Duftkerzen zu vertreiben und Jeongin zuckte kurz mit den Schultern. „Es war trotzdem irgendwie lustig. Jetzt wissen wir wenigstens, dass es wirklich keine Dämonen gibt und können beruhigt schlafen gehen." Wie auf Kommando gähnte er herzhaft.

Wir blickten alle zu dem Maknae, sahen ihn an und dann prusteten wir auf einmal los. Ein belustigtes Kichern entrang sich meiner Kehle und Felix lachte so laut, dass sogar Seungmin sich eine kleine Freudenträne aus dem Augenwinkel wischte. An solchen Momenten erkannte ich wieder, wie unglaublich nahe wir uns doch standen und dass wir uns blind vertrauten.

„Na wenigstens eine schlaue Erkenntnis an diesem Abend", witzelte Seungmin und griff nach einer der Decken, die auf meinem Bett bereitlagen.

Schnell verteilten wir auch die übrigen Decken und einige Kissen und klappten das Sofa aus, sodass zwei Personen darauf übernachten konnten. Einer würde mit mir im Bett schlafen und wie so üblich fiel das Los auf Felix, der mit einem anzüglichen Lächeln zu mir trat und es sich dann dicht neben mir gemütlich machte.

Schon fast aus Gewohnheit zog ich ihn näher zu mir und drückte einen sanften Kuss auf seine weichen Lippen, die sich mir bereits entgegenstreckten.

„Gute Nacht ihr Spinner", murmelte Minnie und wickelte sich direkt neben Jeongin in seine Decke ein.

„Gute Nacht", kam es unisono von uns drei übrigen.

„Die schönste List des Teufels ist es, uns zu überzeugen, dass es ihn nicht gibt." - Charles Baudelaire

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Soll ich euch einen kleinen Spoiler geben? 🌚 Euch erwartet nächten Freitag ein bisschen Smut.

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