Das Spiel beginnt
Dann wollen wir doch mal sehen, was bei den anderen so los ist, während Seungmin in der Hölle chillt. 👀🔥
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Jisungs Pov:
Meinen Vormittag hatte ich heute nur mit Jeongin verbracht. Erstens weil Seungmin und Felix nicht ans Handy gingen, und zweitens wollte ich ohnehin etwas Zeit mit dem Jüngsten verbringen und ihn fragen, wie es ihm ging. Es bereitete mir Sorgen, dass er teilweise so still und abwesend wirkte, doch er wollte partout nicht sagen, weshalb er sich so verhielt. Manchmal befürchtete ich fast, er wusste es selbst nicht genau.
Jedenfalls waren Innie und ich noch einmal bei der alten Bibliothek gewesen, um Jungkook eine Notiz dazulassen, um mit ihm ein weiteres Treffen zu vereinbaren oder ihn vielleicht gleich zu treffen und ihm von den neuesten Vorkommnissen zu berichten. Nachdem wir zwei eine ganze Weile gewartet hatten und noch länger in seinen Notizen gestöbert hatten, machten wir uns auf den Rückweg zu mir.
Heute war es unglaublich warm und die Sonne hatte den heftigen Regen der letzten Woche schlagartig abgelöst. Nun war es wieder brütend heiß und selbst in meinen kurzen Sweatpants und dem lockeren Leinenhemd schwitzte ich. Ich löste den obersten Knopf und wischte mir die dunkelblauen Strähnen aus der Stirn. Der Asphalt auf der Straße, neben der wir liefen, flimmerte bereits und an einigen Stellen wurde der Teer schon dunkler, so als würde er gleich zerfließen. Die Zikaden, die sich in den langen Grashalmen am Straßenrand versteckten, zirpten leise vor sich hin und selbst ihnen schien der Elan zu fehlen.
So lief ich langsam mit dem Jüngsten die Straße entlang und konnte es kaum erwarten, in der klimatisierten Eingangshalle meines Elternhauses zu stehen. Wir hatten mittlerweile die Siedlung mit den Einfamilienhäusern erreicht und konnten durch die kleineren Seitenstraßen schneller zu meinem Zuhause gelangen. Innie kickte kleine Steinchen aus dem Weg und nutzte jeden Schattenplatz aus, den er auf unserem Weg fand.
„Ich bin tatsächlich froh, wenn einer von euch endlich mal den Führerschein macht. Dann müssen wir an solch heißen Tagen nicht mehr nach Hause laufen", murrte Innie und drückte seine Sonnenbrille etwas näher an seine Nase, sodass die Sonnenstrahlen ihn nicht mehr blendeten.
"Du könntest auch einfach selbst den Führerschein machen Innie", erinnerte ich ihn und dachte kurz an meine Ausflüge mit Minho und wie viel Spaß es machte, ein Auto zu steuern. Vermutlich sollte ich meine Eltern wirklich bitten, bald meinen Führerschein machen zu dürfen.
"Das würde aber noch so lange dauern", schmolle Jeongin und ging ein wenig zügiger. Irgendwie konnte ich ihn sogar verstehen und wollte direkt nach einer Abzweigung nach links wieder zu ihm aufschließen, als ich abrupt stoppte. Jeongin schaffte es leider nicht mehr so schnell und prallte ziemlich heftig gegen die Frau vor ihm auf dem Bürgersteig. Neben ihr stand ein ebenfalls sehr hübscher junger Mann und sah uns an.
"Oh, tut mir leid, das war ungeschickt von mir", entschuldigte sich Jeongin.
Er verbeugte sich und wollte bereits weiterlaufen, als die Frau uns auf einmal ansprach. Ihre Stimme war glockenhell und erschien mir so freundlich, dass ich mich für einen Moment fragte, wie ein Mensch eine so schöne Stimme haben konnte. „Bist du Yang Jeongin?", fragte sie und blickte dem weißhaarigen Jungen direkt in die braunen Augen.
„Ähm... ja, der bin ich. Woher kennen sie mich?" Nicht nur in Jeongins Stimme konnte ich das Misstrauen hören, auch in mir breitete es sich langsam aus.
Anstatt auf seine Frage einzugehen, wandte sich die Frau an mich und trat einen Schritt auf mich zu. Nun sah ich ihre klaren, beinahe schon durchscheinenden Augen und wusste nicht so recht, ob ich Angst bekommen sollte oder nicht. Mir war nur eines sofort klar.
Sie war kein Mensch.
„Und du bist Han Jisung, habe ich Recht?" Ihre Stimme war immer noch so hell und klar verständlich, doch jetzt hatte sie jede Freundlichkeit verloren. Ein kühler Schauer rann meinen Rücken herab. Ich stellte mich kerzengerad hin und blickte ihr selbstbewusst entgegen. Ich würde mich nicht von ihr einschüchtern lassen, egal was sie von mir verlangte.
„Ja, bin ich. Und wer sind sie?", fragte ich mit stolz erhobenem Kopf und bemüht gelassener Stimme.
„Das wirst du noch früh genug erfahren." Mit diesen Worten presste sie rasch Mittel- und Zeigefinger gegen meine Stirn und im nächsten Augenblick umfing mich die Dunkelheit.
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Leise drangen zwei Stimmen an mein Ohr, deren gesprochene Worte ich nicht gleich verstand. Je mehr ich zu Bewusstsein kam, desto mehr fühlte sich mein Kopf an, als hätte ihn jemand mit einem Baseballschläger bearbeitet.
„Bist du dir wirklich sicher, dass wir damit seine Aufmerksamkeit bekommen, Ituriel?"
„Aber ja doch Zephon, er wird sicher den ein oder anderen Dämon losschicken, um sein kleines Spielzeug wiederzubekommen. Wenn er dann erkennt, dass diese absolut nichts ausrichten können, schickt er uns vielleicht sogar den Leviathan, schließlich haben wir ja auch dessen kleinen Gefährten mitgenommen."
„Ja, da kannst du natürlich recht haben. Aber wenn unser Herr davon erfährt, dass wir einen Krieg provozieren, kann das Böse für uns enden."
Ich versuchte, mich so leise wie möglich ein Stück aufzurichten und sah mich suchend um. Zum Glück entdeckte ich schnell die gewünschte Person.
Jeongin. Er saß keine zwei Meter neben mir. Er war auf seinem Stuhl zusammengesunken und schien noch bewusstlos zu sein. Ich konnte keine sichtbaren Verletzungen an ihm erkennen und das ließ mich aufatmen. Seine Haltung erschien mir jedoch merkwürdig. Innie saß halbwegs aufrecht, aber offenbar war er nicht wach. Er hielt sich einfach so in dieser Position? Wie machte er das?
Schon Sekunden später hatte ich meine Antwort. Als ich versuchte, meine Arme zu heben, musste ich feststellen, dass mir dies nicht gelang. Es war fast so, als würde mich eine unsichtbare Kraft davon abhalten. Egal wie sehr ich mich bewegte, mich hin und her warf, ich war gefesselt und konnte nicht entkommen. In diesem Augenblick verfluchte ich, dass ich nur ein gewöhnlicher Mensch war. Hätte ich noch die Kräfte, die durch Minhos Blut in mir entstanden waren, könnte ich mich zumindest zur Wehr setzen. Doch so musste ich reglos ausharren und hatte keine Möglichkeit, Jeongin und mich zu verteidigen.
„Was denkst du, bedeutet ihm dieser Junge etwas? Ich meine, ist es ihm überhaupt möglich, etwas für ihn zu empfinden?"
„Die Beschwörung ist bindend... egal ob er ihn mag oder nicht. Er wird seine Entführung als Affront auffassen und darauf in irgendeiner Art und Weise reagieren. Diesmal kann er nicht nur zusehen, wenn er nicht schwach wirken will. Und das ist unsere Chance, den Dämonen eine Lektion zu erteilen. Und sollte er sich dann rächen, wird das unserem Herrn ganz sicher nicht gefallen."
Ich versuchte zu verstehen, um was es hier genau ging. Es schien etwas mit Jeongin und mir zu tun zu haben. Wer genau schickte sie und welche Absichten hatten sie mit uns?
Scheu blickte ich mich noch einmal um und stellte fest, dass wir uns in einem hohen Fabrikgebäude befanden, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Die Wände waren aus roten Ziegeln gefertigt und die Fenstergläser waren bereits trüb und so von Staub bedeckt, dass man kaum nach draußen sehen konnte.
„Wir sind nur zu dritt. Was ist, wenn er mehr Dämonen schickt, als wir erwarten?"
Die Stimmen wurden langsam lauter, was darauf schließen ließ, dass die beiden Sprechenden jeden Moment irgendwo zu sehen sein mussten.
„Er überschätzt sich und seine Macht kontinuierlich selbst. Und außerdem haben wir die beiden Jungen als Köder. Wir haben die besseren Aussichten auf Erfolg... vor allem gegen diese niederen, abscheulichen und verachtenswerten Kreaturen."
Endlich tauchte die Frau mit der hellen Stimme in meinem Blickfeld auf und drehte sich zu dem Mann um, der sie schon vorhin begleitet hatte. Doch dann tauchte noch ein zweiter Mann auf, der mit langen Schritten auf die beiden anderen zuging.
„Bis jetzt versucht niemand, unsere Schutzschilde zu durchbrechen. Ich habe nochmal alles überprüft, konnte aber keine Dämonen ausmachen."
Die Frau wandte sich daraufhin mir und Jeongin zu. Sie hatte sicherlich bemerkt, dass ich wach war, aber ihr Blick lag auf meinem Kumpel und sie musterte ihn abschätzig. „Dabei haben wir uns extra Mühe gegeben, ihnen ein Zeichen zu senden. Wenn sie sich nicht seinetwegen bequemen herzukommen, muss ich wohl den anderen benutzen." Sie seufzte und blickte in meine Richtung. „Dabei hatte ich gehofft, ihn als Trumpfkarte ausspielen zu können. Wenn er erfährt, dass wir gleich zwei der Jungen haben, müssen sie einfach handeln."
Jeongin neben mir regte sich und er blinzelte, so als habe er gehört, dass man von ihm spricht. Er schien langsam wach zu werden und nicht zu verstehen, was gerade vor sich ging. Seine Augen suchten ebenso ziellos den Raum ab, bevor er mich anstarrte und ich meine Sorgen nun gespiegelt sah.
Die Frau mit den hellen Augen und der anmutigen Gestalt trat auf mich zu und ihre Augen funkelten fast verächtlich. Als sie vor mir stand, hob sie mein Kinn an und betrachtete mein Gesicht. Ich bemühte mich, es von ihr wegzudrehen, doch sie packte nur fester zu und sprach mit ihrer schneidenden Stimme. „Wirklich jammerschade, dass du dich auf einen Dämonen eingelassen hast Kleiner. Du hast so viel Potenzial und vergeudest es an einen Diener der Hölle."
Ich blinzelte und wusste nicht so recht, was ich antworten sollte oder ob ich überhaupt reagieren sollte. Mir war inzwischen bewusst, dass sie Hyunjin herlocken wollte und vermutlich auch Minho. Aber das warum blieb für mich noch im Dunkeln.
Hatte sie noch eine Rechnung mit den Dämonen offen? Konnte sie einen von ihnen persönlich nicht leiden? Doch irgendwie klang das alles hier weitaus dramatischer. Außerdem hätte sie nicht einen solchen Aufwand betrieben, wäre dies keine wichtige Angelegenheit.
„Wieso geht ein so talentierter und reiner Mensch wie du einen Bund mit einem Dämon ein?" Ihre funkelnden Augen bohrten sich nahezu in meine und es war mir fast unerträglich, sie anzusehen. Auch wenn sie immer noch mein Kinn fest umschlossen hatte, schlug ich die Augen nieder.
„Willst du nicht lieber von diesem Bann befreit werden?"
Verwirrt blickte ich erneut zu ihr auf und konnte nicht ganz glauben, was ich da hörte. Jungkook, die Dämonen und auch Felix Vater hatten unabhängig voneinander bestätigt, dass es keinen Ausweg aus diesem Ritual gab. „A-aber es gibt doch gar keine Möglichkeit, das Ritual ungeschehen zu machen", stammelte ich und wusste nicht so recht, ob mich ein Hoffnungsschimmer überkam oder ob ich mich gleich weigern sollte.
„Oh... es gibt immer einen Weg." Die Frau beugte sich weiter nach vorn und eine ihrer goldenen Locken streifte meine Wange. Sie war mir unangenehm nahe und ihre Augen konnten nun jede noch so kleine Reaktion meiner Mimik mitverfolgen. „Ich könnte dich töten. Damit wärst du von deinem Leid befreit. Keiner sollte an einen Dämon gebunden sein. Schon gar nicht an diesen Dämon."
Mein Herz setzte für einen Schlag aus und ich bekam Angst. Schreckliche Angst. Ich fühlte mich ähnlich hilflos wie damals, als ich von der Kugel getroffen worden war. Allein und nicht imstande, mich selbst zu retten. Ich war schwach und das wusste die Frau vor mir auch. Denn sie zückte nun einen langen silbernen Dolch und richtete diesen genau auf meine Brust.
„Die Hoffnungen sind den Menschen zu eigen, das Schicksal aber teilt der Teufel zu." — Carlos Ruiz Zafón
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Und schon wieder trifft es Jisung. 🙃 Was meint ihr, wird ihn sein Dämon diesmal auch retten?
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