Am Ende der Weisheit
Jisungs Pov:
Perplex starrte ich noch immer auf den Fleck, an dem Felix, seine Mama und auch Changbin gerade verschwunden waren. Mir war selbst noch schwindelig wenn ich versuchte alle Gefühle zu sortieren, die ich in der letzten Stunde durchlebt hatte. Von Schmerz bis Schock war wohl alles dabei gewesen. Felix halbtot in den Armen zu halten, hatte an meinen Nerven gezehrt und dann auch noch zu erfahren, dass er offenbar schon immer ein halber Engel war, machte das Chaos perfekt.
Und jetzt mischte sich wieder die Bitterkeit dazu, als ich zu dem Dämon mit dem fluffig braunen Haar sah. Ich war aus einem mir unerfindlichen Grund immer noch verletzt von den Worten gestern und wollte meine Wut irgendwo rauslassen. Und da alles schlussendlich mit ihm zu tun hatte, war er eben auch der Böse. Gut, das war er so oder so. Aber gerade mehr denn je. Es nagte an mir, dass er mich nicht mal ein kleines Bisschen zu mögen schien. Dass er mir gegenüber nichts empfand. Zumindest konnte ich seine Worte nur so deuten. Und es hatte mehr geschmerzt als erwartet.
Verdammt, dabei hatte ich mich doch gar nicht in ihn verlieben wollen. War ich überhaupt verliebt? Alles was ich wusste war, dass es mir tierisch auf die Nieren schlug, dass ich ihm so egal zu sein schien. Immerhin hatte er scheinbar auch andere Liebhaber neben mir. Wie viele es wohl insgesamt waren?
Mit einem leisen Zischen stieß ich die angehaltene Luft aus und begegnete sogleich Minhos Blick, der mir fragend entgegensah. Ich jedoch schnaubte verdrossen und drehte mich dann auf dem Absatz um.
"Ich denke, ihr findet selbst die Tür", sagte ich noch sarkastisch in Richtung der verbleibenden teuflischen Wesen und rauschte dann hinaus auf die Terrasse, um mich selbst erstmal zu akklimatisieren und nicht vor allen die Nerven zu verlieren.
Hastig atmete ich die noch kühle Morgenluft ein und strich mir angespannt durchs Haar. Ich war mir sicher, dass Seungmin und Jeongin kurz allein klarkommen würden. Irgendwie hoffte ich, dass sie bleiben würden und dieser Zwischenfall nicht unser gemeinsames Wochenende ruiniert hatte. Grimmig starrte ich auf das spiegelglatte Wasser des Pools und knurrte leise, da ich mir eingestand, dass es wohl kaum ein schlimmeres Wochenende geben konnte.
"Jisung."
Dieses eine Wort ließ mich zeitgleich zusammenzucken und mich zu dem Sprechenden umdrehen. Dann verschränkte ich meine Arme schützend vor der Brust und fragte kühl. "Was genau war denn nicht deutlich genug an meinen letzten Worten? Oder versteht ihr Dämonen keine höfliche Ablehnung?"
Mein Gegenüber zeigte nur ein beinahe verspieltes Lächeln und tat so, als würde er es erst jetzt verstehen. "Achso... Du wolltest mich loswerden." Er kam noch einige Schritte näher, woraufhin ich ebenso viele Schritte zurückwich und ihn wütend anfunkelte. Zumindest versuchte ich es. "Das hättest du wohl deutlicher sagen müssen Kätzchen. Außerdem wird man mich wirklich schlecht wieder los..." Der letzte Satz hatte etwas von einer Androhung und ich fauchte leicht gereizt.
"Das ist mir gerade scheißegal! Verschwinde aus meinem Haus und halt dich von mir fern! Ich habe echt Wichtigeres zu tun, als mich von dir wie ein Spielzeug behandeln zu lassen und mich dann mit dem Rest deiner Liebhaber rumschlagen zu müssen. Darauf kann ich echt gut verzichten."
Für einen Moment weiteten sich die braunen Augen und die so wunderschönen, ebenmäßigen Züge des Dämonen wirkten angenehm überrascht von meinem Ausbruch. Dann trat ein zufriedenes Grinsen auf seine Lippen und er kam noch einige Schritte näher. Ich konnte leider kaum noch ausweichen, da ich mich aus eigener Dummheit genau in eine Ecke zurückgezogen hatte und nun mehr oder weniger festsaß. Als ich ihn nur wütend anfauchte, wurde sein Grinsen mehr als süffisant und er blieb einen halben Meter vor mir stehen.
"Ich stehe ja total drauf, wenn du versuchst mich zurechtzuweisen, Jisung. Du bist wirklich heiß, wenn du eifersüchtig bist." Seine Augen wurden dunkler und er sah mich unter halb geschlossenen Lidern an, was leider ein warmes Kribbeln in meinem Bauch auslöste.
"Hör auf damit. Du bist ein verdammter Dämon. Such dir jemand anderen, den du mit deinen Worten einlullen kannst. Geh am Besten zurück zu dieser perfekten Elbenkönigin und steck ihr deinen Schwanz sonst wohin."
Ich selbst regte mich so sehr auf, dass ich meine Furcht und Vorsicht vergaß und einfach unflätig fluchte.
Minho hingegen stand vollkommen gelassen da und lauschte mit milder Bewunderung meiner Schimpftirade. Es schien ihn eher zu erheitern und das machte mich noch wütender. Gerade als ich ihn hysterisch anschreien wollte, nahm er mir mit einem Satz den Wind aus den Segeln und ich sah ihn mehr als sprachlos an.
"Ich ficke dich aber viel lieber, Kätzchen. Auch wenn ich dir im Augenblick eher deinen frechen Mund stopfen würde."
Besagter Mund stand nun offen und mit geweiteten Augen starrte ich ihn fassungslos an.
"Ernsthaft?"
Minho kicherte und schloss dann die Lücke zwischen unseren Körpern. Er griff bestimmt um meine Taille und zog mich dann näher zu sich. "Lass uns diesen Tag nicht mit noch mehr Ärger beginnen."
Schlagartig erinnerte ich mich an Felix und den Rest der Ereignisse, die mich heute schon genug in Atem gehalten hatten. Inbrünstig tief seufzte ich und gestattete mir selbst, mich in die Arme des Dämons sinken zu lassen. Ich beobachtete ihn zwar genau aber musste mir eingestehen, dass ich es angenehm fand so dicht bei ihm zu sein.
Doch dann stellte ich die Frage, die mich vorhin schon beschäftigt hatte.
"Warum warst du so wütend über Felix Kräfte?" Ich fröstelte, als ich daran dachte was Minho tun wollte. Und hätte sich Changbin ihm nicht zuerst in den Weg gestellt hätte wohl ich es getan. Nur wären meine Erfolgsaussichten wohl weitaus geringer gewesen.
Auch jetzt spannten sich die Muskeln unter meiner Berührung an und der Dämon sah mir ausdruckslos entgegen.
"Du kannst es nicht wissen aber Nephilim sind mächtige Wesen. Selbst wenn sie meistens nicht an die Stärke eines Engels herankommen, kann ihre menschliche Seite ihre Emotionen mit der himmlischen Magie verbinden. Deshalb sind sie so unberechenbar... Selbst für uns Dämonen. Ich hasse ihn nicht. Ich weiß nur nicht wozu er im Stande ist und eine Gefahr nicht kalkulieren zu können ist nie gut." Er musterte mich und fügte dann hinzu.
"Und sollte er sich dazu entscheiden gegen uns zu rebellieren, dann werde ich ihn aufhalten."
Ich schüttelte vehement den Kopf. Ich wollte Minho unbedingt davon überzeugen, dass mein bester Freund keine Gefahr darstellte. Nicht für sie, nicht für uns, nicht für sich selbst. Ich kannte ihn, er wusste schon immer was gut für alle war und er würde nie zulassen, dass jemand Schaden nahm. Dazu war sein Gewissen zu rein.
"Er wird nichts tun, was euch schadet. Da bin ich sicher. Für ihn lege ich meine Hand ins Feuer." murmelte ich leise und erntete ein belustigtes Schnauben.
"Das lässt sich sicher einrichten.. Pass nur auf, dass du dich nicht verbrennst."
„Als ob dich das wirklich stören würde", nuschelte ich immer noch etwas angepisst und ignorierte dabei gekonnt, wie schnell mein Herz wieder gegen meine Brust schlug. Schließlich drückte ich mich auch von ihm weg und sah flüchtig in sein Gesicht. Es war immer noch so wunderschön. Es zeigte zwar kaum eine emotionale Regung, doch es war perfekt. Die kleine, schmale Nase, die wohlgeformten rosigen Lippen, die ausdrucksstarken Augen... es passte einfach alles zusammen. Wahrscheinlich war es gar nicht möglich ihm nicht zu verfallen.
Ich merkte erst viel zu spät, dass er etwas gesagt hatte. Also natürlich hatte ich bemerkt, dass sich seine Lippen bewegten, doch ich war zu tief in meiner Betrachtung für ihn versunken und auch die damit einhergehenden Gedanken ließen mich nicht los. Deshalb blickte ich ihn nur verwirrt an, da die letzten Silben für mich keinen Zusammenhang ergaben.
„Mhm?" Ich legte den Kopf schief und versuchte nicht zu auffällig auf seine Lippen zu starren.
„Ich habe gesagt, dass ich jetzt wohl besser gehen sollte. Die anderen haben sich auch schon verabschiedet."
Kurz runzelte ich die Stirn, dann wurde mir bewusst, dass er schon wieder verschwinden würde und ich nickte leicht geknickt. „Ähm, ja klar. Ich will dich nicht aufhalten." Rasch rückte ich weiter von ihm ab, verschränkte die Arme vor der Brust und sah dann zur offenen Balkontür. „Woher weißt du, dass die anderen weg sind?"
Ein fast schon tadelndes Lächeln legte sich um Minhos Lippen. Er hob eine Augenbraue, als wolle er fragen ob das eine ernst gemeinte Frage sein. Doch dann beantwortete er sie mir.
„Ist so ein Dämonending... wir spüren die Präsenz anderer übernatürlicher Kräfte.
Verstehend nickte ich wieder und wusste nicht so recht wie ich mich verabschieden sollte. Deshalb wollte ich ihm die Entscheidung überlassen. Ich stand nur da, sah ihn an, wartete und befürchtete beinahe schon, dass es richtig peinlich werden würde. Glücklicherweise war Minho weniger verwirrt und grinste diabolisch.
„Ich wollte eigentlich noch anmerken, dass mir der gestrige Abend mit dir gefallen hat. Das sollten wir wiederholen." Dann zwinkerte er frech und winkte mir noch einmal zu, bevor er sich direkt vor mir in den Flammen auflöste.
Ein warmer Luftstrom zog über meiner Haut, doch ich fröstelte viel eher als ich diesen spürte. Eilig legte ich meine Arme fester um meinen Körper und brummte leise vor mich hin. Nach einem tiefen Luftholen entschied ich mich, zurück ins Haus zu gehen und mit Jeongin und Seungmin zu beraten, wie es nun weitergehen sollte.
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„Wir müssen uns unbedingt mit Jungkook treffen. Er sollte erfahren was alles passiert ist..."
Seungmin hatte die Arme um den Oberkörper geschlungen und starrte abwesend auf den Boden direkt vor der Couch. Dank seiner Haltung hätte man meinen können, er würde gar nicht richtig zuhören, doch seine scharfsinnigen Worte bewiesen einmal mehr das Gegenteil.
„Ja, das wäre gut. Vielleicht kann er uns auch einiges erklären", stimmte ich ihm zu und sah zu unserem Jüngsten, der noch immer etwas mitgenommen wirkte. Ich seufzte und rutschte näher zu ihm. „Hey, Innie. Was hältst du davon, wenn wir zur Bibliothek gehen und nachsehen ob Jungkook da ist?", fragte ich ihn vorsichtig und legte einen Arm um ihn. Endlich blickte Jeongin auf und nickte langsam.
„Ich will nicht nur hier herumsitzen und warten." Seine Stimme war ungewohnt entschlossen und ich konnte nur zu gut nachvollziehen was er meinte. Sogleich stand ich auf, streckte ihm meine Hand entgegen, um ihn nach oben zu ziehen und bemerkte, dass auch Seungmin sich erhob und mir folgte.
„Ich schreibe Felix noch eine Nachricht wo wir sind." Informierte mich Minnie und tippte auf seinem Handy herum.
„Gut, dann weiß er, wo er uns finden kann." Ich trat in die Eingangshalle und schnappte mir meine Schuhe. „Dann... auf geht's. Hoffentlich haben wir Glück und er ist da."
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Dann starten wir doch mal unsere Lesenacht. 🥰
Ihr bekommt heute von mir insgesamt 8 Kapitel. Also macht es euch bequem, besorgt euch eine Kuscheldecke, Schoki und/oder Kekse und genießt die Show. 💕
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