Eisige Distanz

Beomgyu POV:

Es war endlich soweit. Ich hatte die letzten zwei Wochen vor dem heutigen Treffen mit Kang Taehyun öfter mal über die nächsten Schritte meines Plans per Text-Nachricht gesprochen. Er selbst warf ebenso einige Ideen in den Chat rein, als ich danach gefragt hatte, welche den Plan anschließend weiter ausbauten und perfektionierten.
Mir fiel beim Schreiben mit dem Studenten auf, dass er auf meine Nachrichten immer sofort antwortete, denn es brauchte keine fünf Minuten und schon ertönte der Benachrichtigungston meines Handys. Zudem schrieb er ganz anders als erwartet, denn er benutzte viel mehr Emojis, als ich gedacht hätte. Ich scherzte sogar ab und zu mit ihm, was der andere gut aufnahm und gelegentlich erwiderte. Etwas was ich mir vor ein paar Tagen überhaupt nicht hätte erträumen können. Ich glaubte, Taehyun und ich wurden langsam tatsächlich Freunde.
"Hey Beomgyu, soll ich die Chips in eine Schüssel umfüllen?", fragte mich Soobin rechts an meiner Seite und widmete mir einen abwartenden Blick. Ich nickte.

"Wer ist jetzt eigentlich der Besuch, Beomgyu? Ich wusste gar nicht, dass du noch andere Freunde außer uns hast.", äußerte sich jetzt Hueningkai neugierig hinter mir.

Ja, ich hatte den beiden nicht erzählt, dass es Yeonjun und Taehyun waren. Ich wusste einfach nicht wie ich das hätte ansprechen sollen. Ich entschied mich schließlich dazu es darauf ankommen zu lassen.
"Ich bin nur mit einem von denen befreundet.", korrigierte ich ihn nur schnell, "Außerdem, natürlich kann ich auch Freunde außerhalb von euch beiden haben.", verteidigte ich mich nun, beleidigt von seiner missverständlichen Aussage.
"Klar, nur wundern wir uns, dass wir diesen Freund von dir nicht kennen.", sagte Soobin anschließend in dem Versuch Hueninkais Worte weniger beleidigend klingen zu lassen. Ich presste die Lippen schuldbewusst aufeinander. Na ja, kennen tut ihr die schon... irgendwie, dachte ich.
Ich gab schon zu, dass ich mich etwas schlecht fühlte, weil Soobin wohl gleich den größten Schock seines Lebens erleben würde, aber ich wusste gleichzeitig, dass er mir anschließend dankbar dafür sein wird. Ein Klingen gewann unsere Aufmerksamkeit.

"Ich muss schon zugeben ich bin etwas nervös.", gestand Soobin und Hueningkai lachte, während er unserem Ältesten aufmunternd auf den Rücken klopfte.
"Ich gehe an die Tür.", informierte ich die Beiden und eilte kurzdarauf zur Haustür. Auf dem Weg dorthin bemerkte ich wie mein Herz begann wie wild zu pochen, aber ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und öffnete entschlossen die Tür. Als ich das Gesicht der beiden Besucher erblickte, musste ich lächeln, als mein Blick schließlich Taehyuns traf.
"Hi, ich hoffe du hast Alkohol und ganz viel Essen vorbereitet.", sagte Yeonjun mit einem frechen Grinsen zur Begrüßung und ich musste lachen.
"Natürlich, als Taehyun meinte, dass du ansonsten nicht lange bleiben würdest, habe ich sofort drei sechser Packungen Bier-Limo und Tonnen an Snacks besorgt.", antwortete ich dem Anderen gewagt, welcher Taehyun kurzdarauf mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte, aber dieser konterte nur mit einem Schulterzucken und einem "Was? Ich habe nur Fakten wiedergegeben."
"Kommt rein, die anderen warten schon.", sagte ich und unterbrach den Moment der Beiden.
Ich bedeutete ihnen, dass sie die Gäste Hausschuhe tragen konnten, wenn sie wollten und führte sie anschließend ins Wohnzimmer. Soobin und Hueningkai hatten sich aufgeregt unterhalten, aber als wir in den Raum traten verstummten Beide gleichzeitig. Ich erkannte puren Schock in ihren Augen, als ihre Blicke dann auf die Gäste hinter mir lagen. Wie in einem Film, fiel Soobin vor Entsetzen etwas aus der Hand, was ich schnell als ein Kartoffelchip identifizieren konnte, und Hueningkais Augen hatten für ihn untypischer Weise die doppelte Größe angenommen.
Den Beiden schien es die Sprache komplett verschlagen zu haben, denn sie starrten nur weiterhin wie versteinert auf den Besuch, welcher aufgrund der seltsamen Reaktion meiner Freunde verwirrt zu mir schaute. Es herrschte peinliche Stille, die mir eine unangenehme Gänsehaut verabreichte. Ich räusperte mich, bevor ich dann schnell begann die Anwesenden miteinander vorzustellen.
In der Zeit hatte sich wenigstens Hueningkai vom Schock erholt und begann mit Yeonjun ein freundliches Gespräch, während Soobin die beiden nur verblüfft beobachtete, immer noch fragend ob er richtig sah, aber ich hätte wohl nicht anders reagiert. Ich spürte an meiner Seite, dass Taehyun mir näher kam, um mir leicht irritiert ins Ohr zu flüstern.
"Wussten die Beiden nichts von unserem Besuch?'
Ich lächelte schief und flüsterte zurück: "Doch, ich sagte ihnen nur nicht wer uns besuchen kommen würde. Dachte es wäre besser so." Er nickte verstehend.
Nach wenigen Minuten begannen sich, zu meiner Überraschung, Heuningkai und Yeonjun unglaublich gut zu verstehen, während beide eine Flasche Bier-Limonade in der Hand hielten und sich angeregt über ihre Studiengänge unterhielten. Soobin war die meiste Zeit stumm, aber ich bemerkte wie er das Gespräch der Beiden aufmerksam verfolgte, mit lachte und Yeonjun mit seinen Augen insgeheim bewunderte. Seine leicht, roten Wangen verrieten ihn und ich musste bei seinem süßen Anblick schmunzeln. Mir wurde warm ums Herz.

"Was macht ihr denn an einem Spieleabend immer?", richtete Taehyun eine Frage an mich, die jedoch die Aufmerksamkeit im ganzen Raum erregte.
"Also meistens spielen wir ganz klassisch ein paar Karten-oder Brettspiele. Manchmal zocken wir etwas.", erklärte ich freundlich.
"Habt ihr Lust auf Uno?", fragte Hueningkai im Anschluss und alle schienen mit dieser Idee sofort einverstanden zu sein. Yeonjun warf sogar ein provokantes "Ich werde sowas von gewinnen" rein, was nicht kommentarlos von unserem Jüngsten und mir hingenommen wurde.
Wir spielten fünf Runden. Es wurde viel gelacht und auch Soobin war jetzt viel lockerer als vorher, tauschte sogar ein paar Worte mit seinem Crush aus, während der Stolz in mir immer weiter wuchs. Die Stimmung war gut, oft fiel ein Brüllen der leidenschaftlichen Spieler und unsere Gruppen-Dynamic war im Großen und Ganzen chaotisch, aber auf eine positive Art und Weise. Nach der letzten Runde, hatte schon das dritte mal nach Folge Yeonjun verloren und Hueningkai, Taehyun wie auch ich ließen es uns nicht nehmen, den Älteren aufgrund seiner vielen Niederlagen aufzuziehen. Soobin fragte dann, zum Schutz für Yeonjuns verletztes Ego, ob wir eine Pause einlegen und stattdessen etwas zocken sollen, was natürlich die Zustimmung des Verlierers dieser Runde ohne zu zögern gewann. Ich ergriff schnell die Chance, entschuldigte mich kurz und stand anschließend von meinem Platz auf, um mir was zu Trinken in der Küche zu holen und mir eine kleine Pause vom Spielen zu gönnen.
"Habt ihr vielleicht was anderes außer Cola und Wasser?",
Ich drehte mich um und sah in das Gesicht von Taehyun, der neben mir stand und seinen Blick in der Küche neugierig umher wandern ließ.
"Willst du Traubensaft?"
Der Andere nickte nur, was mir persönlich als Antwort ausreichte. Ich nahm den Karton aus dem Kühlschrank und füllte seinen Becher vorsichtig auf.
"Magst du keine Cola?", fragte ich dann interessiert, als mein Gegenüber einen Schluck aus seinem Becher nahm.
"Ne, bin kein Fan. Trinke viel lieber Sprite."
"Achso."
Diese Information notierte ich mir gedanklich. Ich beobachtete wie er den Becher an seine Lippen führte und hatte unbewusst die Bewegung seines Adamapfels verfolgt, als er die dunkle Flüssigkeit schluckte. Anschließend wanderte mein musternder Blick interessiert zu seinen vollen Lippen, danach zu seinen großen Augen, seinen Wangenknochen, seine markante Kieferline und schließlich zu seiner hohen Nase. Ist er eine Skulptur? Wie makellos kann ein Gesicht bitte sein?, dachte ich fasziniert. 

Als Kang Taehyun fertig mit Trinken war und sich gerade wieder mit seinem Gesicht zu mir wenden wollte, entriss ich schnell meine Augen von diesem fesselnden Anblick und nahm hektisch einen Schluck von meinem Wasser.
"So ein Spieleabend ist gar nicht so schlecht wie ich dachte.", begann er und ich blinzelte vorerst nur stumm, bevor ich ihm dann ein breites Lächeln schenkte.
"Yeonjun und ich waren anfangs zugegeben etwas skeptisch, aber er hat ja ganz offensichtlich Spaß."
Wie auf Kommando und als würde Yeonjun Kang Taehyuns Aussage damit unterstützen wollen, ertönte auch ein Siegesschrei von Besagtem, welcher Soobin euphorisch ein High-Five gab und die Röte des Anderen bei dieser Geste nicht zu bemerken schien, während sich Hueningkai hingegen aus anderen Gründen schreiend in die Haare packte. Es war offensichtlich wer diese Runde diesmal gewann.
Der Anblick brachte mich zum Lachen und ich sah instinktiv zu Taehyun, um seine Reaktion zu sehen. Ein sehr zartes Lächeln hatte sich auf seine Lippen gestohlen und ich war wieder wie verzaubert von dem was meine Augen einfingen. Taehyun hat ja Grübchen...

Diesmal wurde ich beim Starren erwischt und mein Atem stockte, als sich unsere Blicke ineinander verfingen, während das Lächeln von Taehyun zeitgleich verschwand. Seine Augen waren so klar und groß, ich konnte mich selbst in ihnen wiedersehen. Sie wirkten so eindringlich, dass ich mich aus unerklärlichen Gründen entblößt vor ihm fühlte. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht, so kam ich mir vor. Gleichzeitig musste ich erschrocken feststellen wie emotionslos und kalt sie zur selben Zeit wirkten, also senkte ich schnell meinen Blick und starrte stattdessen in meinen plötzlich sehr interessant gewordenen Becher rein, um vor diesen kühlen Augen zu flüchten. Wenn Taehyun meine Unbeholfenheit auffiel, dann ließ er sich das jedenfalls nicht anmerken, denn ohne ein weiteres Wort zu sagen bewegte er sich zu den anderen auf die Couch hin. Aber ich fühlte es bereits. Die eisige Distanz, die der Andere zwischen uns brachte. Der Vergleich, den er mir wenige Sekunden davor gab, als er Yeonjun mit einem warmen Lächeln angeschaut hatte, bestätigte dieses Gefühl in mir. Ich wusste ich bildete mir das nicht ein, dafür vertraute ich meiner Menschenkenntnis zu sehr. Verwirrung spiegelte sich aber in meinem Gesicht wieder, als ich an all die vorigen gemischten Signale von Taehyun dachte. Habe ich mir nur eingebildet, dass wir uns langsam näher kamen?
Ich war enorm irritiert. Kang Taehyun war nicht leicht zu lesen und das beunruhigte mich sehr. Ich wusste einfach nicht wie er zu mir stand und dass er immer diese ausdruckslose Miene trug vereinfachte das Ganze nicht für mich. Aber eins war sicher, er sah mich immer noch als Fremden. Das zeigte mir dieser Blick. Ein unangenehmer Druck in meiner Brust, ließ mich das Gesicht verziehen. Ich gab es nur ungern zu, immerhin kannten wir uns nicht lange, aber diese wortlose Ablehnung des Anderen saß tiefer als erwartet. Oder vielleicht waren es meine eigenen nicht erfüllten Erwartungen, die so schmerzten?

++++++

Author's Note:

Hey ;)

Hoffe ihr hattet bis jetzt alle schöne Feiertage.

Bleibt gesund und fühlt euch von mir gedrückt❤️

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