Kapitel 8

Der Rest des Schultages zog sich ziemlich in die Länge und so dauerte es, bis ich hier in Lucas' Auto saß, der mich singend zurück zum Rudel nach Hause fuhr. Ja, er fuhr mich, aber auch nur weil er mich mehr oder weniger dazu gezwungen hat. Mittlerweile müsste ich mich wohl daran gewöhnt haben, dass er nunmal einfach diese Art hatte. Und ja er sang. Er meinte, er konnte dem Drang des Radios nicht widerstehen. Es sei zu verlockend, zu hypnotisierend.

"I'M IN LOVE WITH THE SHAPE OF YOU. WE PUSH AND PULL LIKE A MAGNET DO!"

"Du bist so ein Spinner", lachte ich, woraufhin er sich gespielt verletzt eine Hand auf die Brust legte.

Irgendwie erinnerte er mich an Caleb. Die zwei könnten definitiv gute Freunde werden.

"Fay, wie kannst du es wagen. Das schmerzt in der Seele, meine Liebe."

Ja, die beiden waren fast schon Seelenverwandte.

"Bevor ich es vergesse, am Samstag habe ich Geburtstag und du bist gezwungen zu kommen." Was denn auch sonst? Ihm stand das Grinsen förmlich ins Gesicht geschrieben und unbewusst musste ich ebenfalls leicht lächeln. Lucas hatte einfach diese eine Art andere mit seiner guten Laune anzustecken, was ich herzlich begrüßte.

"Ich komme gerne.", stimmte ich trotz meiner nicht vorhandenen Wahl zu, bevor ich die Autotür öffnete und ausstieg. Nachdem er mir kurz gewunken hat, fuhr er los und ließ mich alleine in meiner eigenen Hölle stehen.

"Was meinst du damit? Wohin willst du gehen und wann?", fragte mich jemand. Erschrocken drehte ich mich um und sah direkt in Calebs Augen, die mich forschend musterten.

"Caleb", sagte ich etwas perplex, wobei mir die Verwunderung förmlich ins Gesicht geschrieben war. Es machte für mich nunmal absolut keinen Sinn, warum er sich groß dafür interessieren sollte, was ich vorhabe. Am Endes des Tages war ich doch eine bedeutungslose Person in seinem Leben. Niemand, um den er sich zu sorgen hatte.

"Nirgends."

"Komm schon, Fay. Ich habe nicht ewig Zeit. Sag Onkel Caleb, was los ist und er versohlt dir nicht den Hintern, weil du Böses Mädchen mir etwas verschweigst." Abwartend sah er mich mit hochgezogener Augenbraue an.

Was zur Hölle?

Einige Sekunden nahm ich mir, um die Bedeutung hinter seinen Worten zu realisieren. Dann aber rief ich mir in Gedanken, dass es schließlich einfach Caleb war und dies mehr oder weniger sein Humor ausmachte.

"Lucas hat Geburtstag und ich würde gerne hingehen", antwortete ich ihm knapp. Ich rechnete gar nicht wirklich mit einer richtigen Reaktion, doch offenbar irrte ich mich da.

"Lucas? Lucas Donsen?" Sein kurzes Stocken irritierte mich etwas. So schnell er aus der Fassung fiel, fand er sie jedoch auch wieder. "Etwa der Beta von Alpha Ethan? Auf keinen Fall."

Ein empörtes Schnauben entkam mir. Ich lies mir doch nichts von einem Fremden verbieten! Das letzte, was mir blieb war mein Stolz, und den würden sie ganz sicher nicht bekommen. Nicht nachdem sie mir alles was ich noch hatte nahmen.

"Warum denn? Mein Leben läuft gerade alles andere als gut und du wirst ganz sicher nicht Diktator darin spielen", fuhr ich ihn an.

Vielleicht hatte mir der Schultag doch ganz gut getan. Gerade Lucas hatte mir zumindest ein Stück Sicherheit zurückgebracht.

"Es tut mir ja leid, aber ich habe keinen Einfluss darauf. Der Befehl kommt von ganz Oben. Anordnung des Alphas. Ich denke du weißt, warum."

Mein Blick verdunkelte sich, während sich Kälte in mir ausbreitete. Natürlich, wusste ich warum. Wie könnte ich das nur vergessen, wenn mein Herz mich jedes Mal in Form von Schmerz daran erinnerte.

"Ich weiß genau was ihr mir angetan habt und glaubt mir das werde ich euch niemals verzeihen. Hörst du? Niemals. Aber im Moment kann ich nichts daran ändern. Egal, wie sehr ich es will. Egal, wie sehr ich mich danach sehne. Wenn ich aber eins in dieser Zeit gelernt habe, ist es die Tatsache, dass es immer schlimmer geht. Immer wenn ich dachte, ich habe bereits das Limit erreicht, passiert etwas und alles, mein Leben, wird schlimmer. Ich werde weder nach Laurens oder nach Blaines Pfeife tanzen. Ob du willst oder nicht, ich werde dahin gehen. Versuch doch mich abzuhalten."

Meine Stimme wurde mit jedem Wort stärker und sicherer. Ich verspürte so etwas wie Stärke, ein Gefühl, das ich in letzter Zeit vermisst hatte.

Ich würde mich keinem Unterwerfen, keine Schwäche zeigen. Meine Verzweiflungsphase ist um. Hier stehe nur noch ich, ein Mädchen, das alles verlor und nun das zurückgewinnen will, was man ihr als letztes nahm. Egal, wie, ich würde einen Weg finden den Fluch zu brechen. Eine Lösung gab es immer. Man musste sie nur finden.

"Okay", sagte plötzlich Caleb und riss mich aus meinen Gedanken.

"Okay?" Hieß das jetzt er akzeptiert meine Entscheidung?

"Du darfst hingehen, aber nur unter einer Bedingung. Ich begleite dich."

~●~

Ein letztes Mal strich ich mein schwarzes Kleid glatt und zog meine Jacke drüber.

Nachdem Carly erfuhr, dass ich auf den Geburtstag gehen würde, zog sie mich begeistert in ihr Zimmer und suchte mir bereist drei Tage davor ein Outfit raus. Nach vielen, wirklich sehr vielen Versuchen, entschied sie sich dann für das. Auch um Haare und Make up hat sie dich gekümmert und ich könnte schwören, dass ich Tränen ihren Augen gesehen habe, als sie fertig mit mir war.

Meiner Meinung nach war ich viel zu overdressed, aber als Carly erfuhr, dass ich ursprünglich vorhatte einfach in Jeans und T-shirt zu kommen, hatte sie mich fassungslos angeschaut und dabei ihrem Leben geschworen, dass sie dies nicht zulassen würde. In gewisser Weise erkannte man doch, dass Caleb und sie dieselbe Gene hatten, sogar Zwillinge waren.

In den drei Tagen ist nicht wirklich viel passiert. In der Schule hing ich die ganze Zeit mit Lucas rum und bin Ethan so gut ich es konnte aus dem Weg gegangen. Leider, konnte ich Lauren und ihrem Gefolge nicht immer entkommen und so kam es, dass ich gestern mit einem nassen Shirt bei den Carsons ankam.

Außer dass ich meine neuen "Eltern", Mr. und Mrs. Carson traf, passierte dann eigentlich nichts nennenswertes. Einen Weg um den Fluch zu brechen, habe ich auch nicht gefunden. Nicht einmal durch Carly oder Caleb.

"Bist du so weit?", ertönte plötzlich Calebs Stimme. Er lehnte lässig am Türramen, und ich muss zugeben, so schlecht sah er garnicht aus. Zwar war sein Outfit schlicht, aber dennoch gut.

Er musterte mich erst kurz, ehe er eine Augenbraue hoch zog und mich fragend ansah.

"Carly?"

Als Antwort seufzte ich nur, woraufhin er mich nur bemitleidend anschaute. Anscheinend war ich nicht die einzige, die von Carly gerne als Puppe missbraucht wurde.

"Komm jetzt. Wir haben keine Zeit", drängelte er, ehe er mich an den Schultern packte und zum Auto schob. Warum hat er es nur so unglaublich eilig? So kannte ich ihn gar nicht.

Die Fahrt verlief relativ still und schnell, denn Caleb fuhr viel schneller, als erlaubt war und beachtete Verkehrsschilder sowie Ampeln erst gar nicht. Ich war verdammt erleichtert, als wir endlich ankamen und das auch noch ohne Verletzungen, überhaupt, dass wir lebten.

Anders als gedacht war es ziemlich laut. Der Bass dröhnte und man konnte überall betrunkene Leute sehen, die naja... eben eine andere Beschäftigung hatten. Blain würde niemals eine Party für seinen Beta veranstalten und auch noch im Haus des Alphas.

Was aber viel wichtiger war: Überall roch es nach ihm.

"Was ist denn los mit dir?!", fuhr ich Caleb an nachdem wir ausstiegen. Er beachtete mich jedoch nicht und zog mich am Arm rein.

Der spinnt doch!

Im Inneren des Hauses sah es noch viel schlimmer aus. Überall tanzende betrunkene Menschen und Lucas, der auf mich zukam.

"Faaaayy", rief er und umarmte mich. Sein Lächeln verschwand aber blitzartig als er Caleb sah. Beide sahen sich ernst, aber gleichzeitig auch traurig an. Es war als hätten soe vergessen, wo genau sie waren.

"Alles Gute zum Geburtstag, Lucas", versuchte ich die Stimmung zu lockern. Jedoch machte keiner der beiden Anstalten mich zu beachten. Als wäre ich nicht da, würde nicht unmittelbar neben ihnen stehen. Nein, alles, was gerade in den Bereich ihrer Wahrnehmung fiel, waren sie.

"Was willst du hier, Caleb?", unterbrach er mit kalter Stimme die Stille.

Calebs Blick glitt auf den Boden ehe er sanft Lucas Hand in seine nahm.

Wie von einer Tarantel gestochen zog Lucas seine Hand weg und ging einige Schritte zurück.

"Hör mir zu, ich weiß ich habe Scheiße gebaut. Ich hab das damals nicht so gemeint." Verzweifelt sah Caleb Lucas in die Augen, während ich weiterhin verzweifelt zwischen den beiden Stand. Anstatt Caleb aber irgendwie zu antworten oder eine Reaktion zu zeigen, packte Lucas mich am Handgelenk und zog mich von ihm weg.

"Lucas, langsamer." Überfordert versuchte ich ihm meine hand zu entziehen, jedoch wurde Lucas' Griff nur noch fester, woraufhin ich ihm einfach nur hinterherlief.

Draußen ließ er mich dann endlich los. Verzweifelt vergrub er sein Gesicht in seine Hände und rutschte die Wand runter. Sein Körper bebte, während einige Schluchzter ertönte

Was zur Hölle ist da gerade passiert?

Die Überforderung war mir weiterhin zu Gesicht geschrieben, als ich nur sehr unsicher einige Schritte zu ihm Schritt und mich letztlich neben ihn kniete. Von der Situation verstand ich nicht viel, um genauer zu sein, verstand ich nichts. Dennoch lag es klar es auf der Hand, dass etwas zwischen ihnen vorgefallen sein muss. Etwas, das Schmerz und Reue verursachte. Weiterhin nicht im Wissen, was ich zu tun hatte, legte ich meine Hand auf Lucas' Schulter. Dieser zog mich kurz darauf an sich, um mich mit aller verbleibenden Kraft zu ausklammern.

"Fay... Es tut so weh..", schluchzte er und drückte mich näher an sich. Sein Gesicht landete an meiner Schulter, wo er verweilte und seinen Tränen freien Lauf lies.

Normalerweise würde mich so viel Körperkontakt stören und ich würde ihn von mir wegstoßen, aber jetzt gerade verspürte ich das Bedürfnis für ihn da zu sein, was ich auch tun würde

"Erzähl mir doch was passiert ist. Warum habt ihr so aufeinander reagiert?", fragte ich ihn vorsichtig  und strich ihm beruhigend über den Rücken.

"Ich bin schwul... Und Caleb ist mein Mate..."

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