Kapitel 24
Ethan
Erneut stieß meine Faust gegen den roten, festen Stoff des Boxsackes. Ein Knall und erneut. Immer und immer wieder. Den Schmerz ausgehend von meinen Fäusten spürte ich kaum. Es war nichts im Gegensatz zu dem, was ich verspürte, als ich Fay und diesen Bastard da sah.
Wie sie da standen, fest umschlungen. Wenn könnte, hätte er sie in irgendeine Ecke geschleppt.
Wieder ein Schlag.
Er hätte ihr die Kleider vom Leib gerissen.
Und wieder.
Sie geküsst. Ihre so vollen, weichen Lippen, die nur mir gehören sollten. Ich würde ihn umbringen.
Bevor ich erneut zuschlagen konnte, hielt eine Hand meine auf. Ein Knurren entkam mir und missbilligt sah ich mein Beta an. Was fiel ihm eigentlich ein?!
"Ethan, meine Fresse. Ich steh jetzt schon zehn Minuten hier und versuche deine Aufmerksamkeit zu bekommen, aber du Volldepp reagierst nicht", fuhr er mich genervt an. "Was zur Hölle ist los?"
"Was los ist? Du willst wissen was ist?" Wieder entkam mir lautes gefährliches Knurren. Ein letztes Mal Schlug ich voller Wucht gegen den Boxsack, ehe ich mit beiden Händen Lucas am Kragen packte. "Fay ist los. Sie ist ein Miststück, das uns alle von vorne bis hinten verarscht hat.".
War wirklich dies der Ursprung meiner Wut, wenn doch ein Teil von mir ihr glauben schenkte? Nein, nicht nur ein Teil. Alles. Ich glaubte ihr und ich hatte von Anfang an absolut keine Zweifel an ihr. Wäre ich jedoch nicht gegangen, wäre etwas ganz unschönes passiert. Unschön für Darian. Offensichtlich hatten wir beide absolut eine andere Vorstellung von schön.
"Bitte? Ethan, was ist in dich gefahren? Fay ist alles, aber kein Miststück." Genervt wandte er sich aus meinem Griff, strich seine Kleidung wieder glatt. "Lass mich raten, es hat etwas mit Lauren zu tun?"
"Fay hat uns alle bezüglich ihrer Herkunft angelogen. Sie hat ihre Erinnerungen nicht verloren und offensichtlich wurde sie nicht von ihrem Rudel verstoßen, wie Lauren es erzählt hat. Wir sind sogar auf einen ihrer ehemaligen Rudelmitglieder gestoßen und sie konnte sich bestens an ihn erinnern."
Zu gut. Viel zu gut. Scheiße, es schien als würde er ihr die Welt bedeuten, soweit ich ihre Reaktion beurteilen konnte. Sie sollte nur mich so ansehen, nur mich so anspringen.
Was war nur los mit mir?
"Und dir ist kein einziges mal in den Sinn gekommen, dass Lauren die ist, die gelogen hat? Seit wann ist dein Urteilsvermögen so beschissen?"
Mein Körper spannte sich an. Adern stachen sichtbar hervor und wieder war ich kurz vorm explodieren. Vielleicht wollte ich es auch nicht wahr haben. Vielleicht wollte ich nicht einsehen, dass Fay diejenige war, die ich als meins bezeichnen wollte. Sie war diejenige, die ich in meiner Nähe wissen wollte und nicht Lauren. Dieser Gedanke war so unglaublich falsch und doch fühlte es sich richtiger an als jede noch so kleine Sekunde, die ich mit Lauren verbrachte.
"Denkst du ich habe auch nur eine verdammte Sekunde daran gezweifelt?", begann ich gefährlich leise. Mein Blick vefinstert. "Denkst du das ist der Grund, warum ich völlig fertig auf ein Boxsack einschlage?" Meine Stimme gewann immer mehr an Lautstärke. "Du hättest sie sehen müssen, wie sie diesem anderen um den Hals gefallen ist. Wie er sie umarmt hat, als hätte er jedes Recht dazu."
Ich konnte deutlich spüren, wie mein innerer Wolf sich versuchte an die Oberfläche zu kämpfen. Würde ich es zulassen, würde ich für absolut nichts mehr garantieren können.
Während ich sprach nahmen meine Augen einen dunklen, roten Ton an - typisch für einen Alpha. Als ich zu Lucas sah, traf ich nur auf ein breites, schelmischen Grinsen. Er sah mich wissend an, stieß mir leicht in die Seite, was ich mit einem leichten Knurren quittierte. Ich konnte bereits erahnen, was jetzt kommen würde, schließlich war es doch offensichtlich.
"Duuuu bist eifersüchtig", stellte er langgezogen in einem leichten Singsang fest. Ich erwiderte nichts, was Lucas amüsiert glucksen ließ. Das war gerade das letzte, womit ich mich zusätzlich rumschlagen wollte.
"Ich glaub es nicht. Du bist tatsächlich eifersüchtig! Heilige Mondkönigin, dass ich das einmal erleben darf."
War ich tatsächlich Eifersüchtig? Nein, das war nicht möglich. Ich hatte schließlich keinen Grund dazu Eifersüchtig zu sein. Fay war eine eigenständige Person, die machen durfte, wonach sie sich gerade fühlte und ich war die letzte Person, die ein Recht darauf hatte unzufrieden damit zu sein, wenn sie einem anderen näher kam. Einer Person, die nicht ich war...
Und wieder gingen meine Gedanken in genau diese Richtung.
Sein Arm legte sich mit einem leichten Lachen um mich, was nicht lange hielt. Wenig später hatte ich mich genervt aus seinem Griff gelöst und Abstand kehrte wieder zwischen uns.
"Ich bin nicht Eifersüchtig", gab ich schnippisch von mir. "Lauren ist meine Mate. Fay bedeutet mir absolut nichts in dieser Hinsicht. Sie ist nicht mehr als eine Freundin."
Genau, nicht mehr sie eine Freundin. Eine verdammt gute Freundin, an die ich viel zu oft und viel zu lange dachte. Wann war Lauren mir jemals so im Gedächtnis geblieben, wie es bei Fay der Fall war?
Lucas verdrehte bei meinen Worten nur die Augen. Es lag eigentlich klar auf der Hand, dass absolut keiner von meinem Rudel eine besonders gute Meinung zu Lauren hatte. Sogar Blinder wäre in der Lage zu erkennen, dass niemand sie an meiner Seite sah und vielleicht sogar mit dem Gedanken spielten zu gehen. Ich könnte es verstehen, wenn ich ehrlich war. Sie hatte nicht diese liebliche Luna Art, die man von einer Luna eben erwartete.
Sie hatte nicht das, was Fay hatte.
Lauren war nicht ansatzweise so gut, wie sie es war und dennoch hatte die Mondkönigin sie als meine Mate bestimmt. Sie war es an die ich gebunden war. Sollten Seelenverwandte sich nicht gegenseitig ergänzen? Sollte man nicht bereit sein alles für diesen aufzugeben? All dieses Kitschzeug, von dem alle eben erzählten. All das, was ich bei Fay jedes Mal aufs neue verspürte, was jedes Mal immer intensiver und intensiver wurde. Ich konnte es nicht leugnen, in Fays Gegenwart war ich ein anderer Mensch, ein besserer und mit jedem bisschen Zeit, die wir miteinander vebrachten, wuchs das Verlangen sie bei mir zu wissen. Sie mein zu machen.
"Bevor dieser Dreck kam, warst du noch derselben Meinung wie ich, wie alle mit einem gesunden und normalen Verstand."
Was soll das jetzt heißen?
"Willst du mir damit sagen, dass ich nicht bei Verstand bin?", knurrte ich ihn an. "Nur mal so, ich bin nach wie vor dein Alpha. Dein Respekt lässt zu Wünschen übrig, Beta."
Lucas' Laune sank, während seine Unzufriedenheit und Wut stetig stieß. Es kam nicht oft vor, das Lucas die Fassung des fröhlichen Jungen verlor.
"Schau was aus dir geworden ist, wie Lauren dich verändert Ich erkenne meinen besten Freund nicht wieder, Alpha."
Lucas spuckte die Worte förmlich, die sich allesamt wie einzige Schläge anfühlten. Der Spott in der Stimme, mit der mein Beta sprach, drang kaum zu mir. Genau so wenig, wie sie Tatsache, dass er ging. Es war, als wäre ich fern der Realität, wie in Wasser getaucht, abgekapselt von der Welt. Wie die Geräusche um mich herum verstummten, mein Kopf wie leer schien. Doch leider schien dieser Zustand nicht lange zu halten. Eine Stimme drang zu mir. Wie sagte man noch gleich? Wenn man von Teufel redete.
Ich hob mein Blick, als ich Laurens Stimme vernahm und wie sie wenig später in das Zimmer trat, sofort ihre Arme um mich schlang und sich an mich schmiegte.
"Ich hab dich vermisst, Ethi. Du weißt gar nicht, wie scheiße mein Tag war", drang ihre absolur nervige Stimme erneut zu mir. Meine Arme legten sich um sie. Nicht weil ich es wollte, eher aus Reflex, weil ich wusste, dass ich es musste.
"Willst du darüber reden?", murmelte ich leise in ihr Haar, doch mein Vorschlag war nicht mehr als Teil eines Mechanismus'. Ich fragte, weil ich fragen musste, weil sie es von mir erwartete und nicht, weil ich es tatsächlich wissen wollte. Ihr markanter Duft stieg mir in die Nase und erneut erwischte ich mich, wie ich es mit Fays so lieblichen verglich, so wie alles andere an Lauren. Wie immer kam ich zu dem gleichen Entschluss, den ich so nicht haben dürfte: Fay war besser. Sie würde immer besser sein.
"Ach, eigentlich will ich das ganze einfach nur vergessen. Es ist eh nichts, nur alles stressig. Aber weißt du, eine Sache kannst du für mich tun." Leicht löste sie sich von mir, um mir ins Gesicht sehen zu können. "Mir ist zu Ohren gekommen, dass du dich mit Fay abgegeben hast. Das war das letzte mal, haben wir uns verstanden? Sonst sehe ich mich dazu gezwungen sie persönlich aus dem Weg zu schaffen. Du gehörst mir. Mir und keinem anderen."
Es war besser, redete ich mir immer wieder ein. Sie würde irgendwann ihren Mate finden und ich hatte meine. Es würde niemals funktionieren, in keiner Welt würde es das. Egal, wie sehr ich mich nach ihr verzerrte, ich würde sie vergessen müssen, um nach vorne zu sehen. Eine Beziehung zu ihr war zum scheitern verurteilt, das musste ich so langsam akzeptieren. Manchmal, da gingen Pflichten über das eigene Verlangen, die eigenen Wünsche.
"Keine Sorge, Babe. Mit ihr bin ich fertig."
War ich das denn wirklich?
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