Kapitel 16

Fay

"ICH BRING DICH UM, DU MONSTER!", hörte ich sofort die mir bekannte Stimme von Lucas, als ich die Tür etwas schuldbewusst öffnete. Keine Sekunde später stürmte der Beta raus und stürzte sich regelrecht auf mich. Als Resultat flogen wir beide etwas unsanft zu Boden, was mir ein schmerzerfülltes Aufstöhnen entlockte. Ich hatte es ja irgendwie verdient, also würde ich mich auch nicht groß beschweren.

Der Tag mit Ethan war mehr als nur schön gewesen. Nach dem Essen waren wir noch etwas herumgelaufen, haben geredet, doch gerade weil es so unglaublich wundervoll war, ließ es mich vergessen, dass sich zwei gewisse Personen noch immer in einem abgeschlossenen Raum befanden und darauf warteten, dass ich sie wieder frei ließ. Ganze drei Stunden mussten sie dementsprechend in dem Raum sitzen und warten. Oh man, ich war so eine Idiotin... Hoffentlich hat es wenigstens geholfen. Dass sowohl Caleb, der gemütlich herausspaziert kam, als auch Lucas noch lebten, war doch schon mal ein gutes Zeichen  und dies meinte ich ernst, ich rechnete mit allem. Dass ihre Heilfähigkeit so übertrieben ausgeprägt waren, dass alle Spuren bereits verheilt waren, bezweifelte ich. Dies war doch eigentlich ein ganz gutes Zeichen, oder nicht?

"Wo warst du die ganze Zeit?! Hättest du mir nicht wenigstens was zu Essen dalassen können?!" Bockig verschränke er seine Arme, während sein zorniger Blick auf mir ruhte. Wie immer erinnerte Lucas mich ein Stück weit an ein kleines Kind, das seinen Willen nicht bekommen hatte. Eine Eigenschaft, die ihn irgendwie ausmachte. "Ich weiß, dass ich sauer sein sollte, weil du mich überhaupt eingeschlossen hast und das mit Caleb, aber wenn ich ehrlich bin, finde ich die Tatsache, dass ich kein Mittagessen habe schlimmer."

Ob mich dies wunderte? Nein.

"Lucas, es tut mir leid, es tut mir wirklich, wirklich Leid. Ich lade dich irgendwann zum Essen ein als Wiedergutmachung, versprochen", versuchte ich ihn etwas zweifelnd zu besänftigen. Klar, es war pure Übertreibung, aber was sollte ich sagen, es war eben einfach Lucas und dass er dazu neigte zu einer kleinen Dramaqueen zu mutieren, das kannten wir alle bereits zu gut. Doch auch wenn ich wusste, dass er all dies gar nicht so meinte, fühlte ich mich schuldig, weswegen ich nur sehr unsicher den Blick anhob, um zu ihm zu sehen.

"Hat es wenigstens etwas gebracht?", fragte ich dann leise, was Caleb nur grinsend quittierte. Mit einem Mal hatte er Lucas dann am Arm gepackt, hochgezogen und ehe ich mich versah küsste er ihn. Lucas' Mimik wurde sofort weicher, ehe er erwiderte und wenn ich mich nicht täuschte, lag ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Sie hatten zueinander gefunden, konnten nun endlich glücklich miteinander sein. Die Tatsache ließ mich augenblicklich Lächeln, auch wenn ich das kleine Stechen in meiner Brust nicht ignorieren konnte. Versteht mich nicht falsch, ich freute mich für die beiden, sehr sogar. Nur wünschte ich mir, dass ich auch die Möglichkeit hätte, glücklich mit meinem Mate zu sein, auch wenn dies nur ein ferner Traum bleiben würde. Ein Traum.. Nicht mehr und nicht weniger.

Langsam lösten sich die beiden voneinander, wobei die Nähe zwischen ihnen vorhanden blieb. Sie konnten ja nicht einmal von einander ablassen, selbst wenn sie es wollten. Man sah ihnen nur zu deutlich an, wie widerwillig sie diesen einen kurzen Kuss unterbrochen  haben. Am liebsten würden sie wohl für immer hier stehen, sich in den Arm nehmen und einander genießen. Wer konnte es ihnen Übel nehmen? Sie waren Mates, vom Geburt an füreinander bestimmt. Es war ein Gefühl, das mit nichts zu vergleichen war. Dieses Gefühl, Das Gefühl von seinem Mate geliebt zu werden, würde mir wohl niemals gegönnt sein. Ich versank vollends in meinen Gedanken, in Selbstmitleid, wie es doch eigentlich immer der Fall war. Ethan würde alles, was für uns bestimmt war, mit Lauren tun. Er würde sich ein Leben gemeinsam mit ihr aufbauen, sie mit Liebe und Zärtlichkeit verwöhnen, während ich nicht mehr als eine Bekannte in seinem Leben sein würde, die Teil des Freundschaftskreises war. Ich nahm kaum war, wie meine Augen glasiger wurden, wie sich immer mehr ein Kloß in meinem Hals bildete und mir somit die Luft zum Atmen raubte. Erst, als ich ein leises "Alles in Ordnung?" von Lucas vernahm, der mich besorgt musterte, bemerkte ich, dass ich doch tatsächlich kurz davor war erneut in Tränen auszubrechen.

"Oh..", hauchte ich leise und wusch mir sofort mit dem Ärmel über die Augen. Vergebens. Die ersten Tränen bannten sich ihren Weg über meine Wange, bis es immer mehr und mehr Tränen waren, die es ungehalten ihren Vorgängern gleich taten. Unaufhaltsam, egal, wie sehr ich es doch versuchte. Wieder wurde mir und anderen vor Augen geführt, wie erbärmlich ich doch war, doch so sehr ich es hasste, es würde immer und immer dazu kommen, aus dem einfachen Grund, dass ich einfach ich war. 

"E-entschuldigung...Ich sollte gehen." Wohl eher flüchten, das Wort würde mein Verhalzten wohl viel eher auf den Punkt bringen. Mal wieder. Doch Lucas hatte andere Pläne. Stumm zog er mich in seine Arme, drückte fest zu, als wollte er alles Böse herausdrücken oder mir einfach die Chance stehlen zu fliehen. Spätestens am diesen Moment war es unmöglich gewesen die Beherrschung wieder zu fassen. Meine Tränen  nahmen eine immer unaufhaltsamere Gestalt und auch die ersten Schluchzer machten sich nun bemerkbar. Tief vergrub ich mein Gesicht in Lucas Shirt, ließ alles raus, was ich gerade rauslassen musste, um nicht völlig den Verstand zu verlieren. Caleb schien es wohl für das beste zu finden zu gehen, jedenfalls war von ihm keine Spur mehr. Sanft fuhr Lucas meinen Rücken auf und ab. Ich wusste, dass er wusste, dass ich meinen Mate bereits gefunden hatte, dies aber kein glückliches Ende genommen hatte. Immerhin hatte ich es ihm auf seiner Geburtstagsparty erzählt, auch wenn dies längst nicht reichte, um das volle Ausmaß meines Kummers nachvollziehen zu können. Lucas wusste keine Details, nicht wann, nicht was passiert war und schon gar wer mein Mate war. Er würde mich für verrückt erklären, würde ich ihm davon erzählen. Jeder, der das nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, würde das.

"Er ist ein blindes Arschloch, wenn er dich nicht will", hörte ich Lucas Stimme leise in mein Ohr flüstern. Ich schätzte seine Versuche sehr mich zu brüchigen, doch diesen Kampf musste ich alleine durchziehen, wenn ich ihn nicht schon verloren hatte.

"Er ist kein Arschloch und schon gar nicht blind", brachte ich mühevoll unter Schluchzen hervor. Ethan war kein Arschloch. Er war wundervoll. Doch auch er war am Ende nur ein Opfer der Situation auch wenn es für ihn keine direkten Nachteile gab.

"Er hat dich abgelehnt, Fay, und dann willst du mir sagen, dass er kein Arschloch ist. Wenn ich nicht nur auf Jungs stehen würde und es Caleb nicht gebe, fuck ich würde so was von auf dich stehen."

Seine Worte ließen mich leicht auflachen. Es war einfach Lucas besondere, herzliche Art, die ihn zu das machte, was er war. Eine wundervolle Person, die es in jeder noch so aussichtslosen Lage schafften mir ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Es dauerte nicht lange, da hatte ich mich irgendwie beruhigt. Meine letzten Tränen wusch mir Lucas sanft mit seinem Ärmel weg, lächelte mich aufmunternd an.

"Heute schläfst du bei mir okay? Wir lenken dich ab und glaube mir, ich hab dir sooo viel zu erzählen. Wir bestellen Pizza und oh, natürlich zahlst du." Erneut musste ich leicht auflachen. Ich hatte ihm schließlich vorhin gesagt, dass ich ihn einladen würde. Zustimmend nickte ich dann.

"Kann ich mir was von dir zum schlafen ausleihen, es ist schon so spät und ich hab ehrlich gesagt keine Lust noch mal nach Hause zu gehen", murmelte ich. "Morgen bevor ich in die Schule muss kann ich meine  Sachen ja holen." Ich war einfach nicht scharf darauf auf Lauren zu treffen, was ich nicht würde, wenn ich nicht dahin zurückkehren würde, zumindest für heute. Dieses Mädchen war alles Hinterhältige in einem vereint und wie sie all dies verwenden konnte, um allen anderen das Leben zu einer einzigen Hölle zu machen, wusste sie zu gut.

"Natürlich, und jetzt komm. Ich hab wegen einem gewissen Jemand unglaublich großen Hunger." Lucas konnte es nicht lassen, mir erneut einen vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen. Ich war froh, dass er mich ablenkte, denn Ablenkung war das, was ich gerade am meisten brauchte. Vergessen konnte ich nicht und ignorieren schon gar nicht.

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