36
Damien stand vor mir aufgebaut und mein Gehirn wollte nicht realisieren, dass er wirklich aufgetaucht war.
Wo war er die letzten sechs Monate geblieben, die ich alleine ohne ihn verbracht hatte ?
Seine Mundwinkel waren zu einer geraden Linie verzogen und seine farbigen Augen strahlten auf.
Ich schwankte einen Schritt zurück und fing an wie verrückt am ganzen Körper zu zittern.
Damien ließ sich nicht von meiner Schock starre beirren und trat einen weiteren Schritt auf mich zu.
Sein betörender Duft kam mir entgegen und erweckte unendlich viele Erinnerungen in meinem Gedächtnis auf.
Wie sehr ich diesen männlichen Duft doch vermisst hatte.
„Was... machst du hier?" fragte ich ihn nach einer Ewigkeit und war überrascht, dass ich diesen Satz überhaupt richtig formuliert hatte.
In meinem inneren herrschte nämlich ein einziges Chaos und ich konnte kaum rational denken.
Damiens Präsenz nahm jede einzelne Faser meines Kopfes ein und die Realisation fiel mir schwer.
Es fühlte sich an als hätte ich erst gestern Nacht in seinen Armen gelegen und mir die Augen ausgeweint, während er mich tröstete und sagte, dass er bald wieder zurück sein würde.
Die Zeit war schneller vergangen als gedacht. Warum hatte es so kommen müssen?
Ich wollte wissen wo wir beiden heute gewesen wären, wenn Sophia nicht zwischen uns existiert hätte.
Mein Herz raste wie verrückt und ich blinzelte um Damiens Illusion zu entkommen, aber er stand in Haut und Fleisch vor mir.
Er war keine Einbildung meiner Fantasie, sondern die reale Wahrheit.
Trotzdem konnte ich es nicht glauben. Ich musste ihn anfassen, um mich zu vergewissern, dass er wirklich keine Illusion war.
„Die Frage ist, was du hier machst" sagte er schließlich mit seiner kehligen Stimme und seine Gesichtszüge verhärteten sich noch mehr.
Seine Stimme klang so rau und kehlig...
Er schaute mich durch feurige Augen an und wirkte dominanter denn je.
„Hilf mir bitte auf die Sprünge. Was denkt man sich dabei, mitten in der Nacht die Koffer zu packen und die Stadt zu verlassen ohne jemanden etwas ahnen zu lassen?" knurrte er und trat einen weiteren Schritt auf mich zu.
Reflexhaft machte ich einen Schritt zurück und hörte mein Herz in den Ohren klopfen.
Es war so laut und schnell, dass es mir Sorge bereitete.
Nur dieser Mann hatte den Effekt auf mein Herz. Er war der einzige, der mein Herz innerhalb von einer Sekunde so schnell klopfen ließ.
Damien stand mir mittlerweile gefährlich nah und in seinen schönen Augen loderte das Feuer, welches alles nieder brennen würde.
Ich biss mir auf die Zunge und überlegte mir fieberhaft was ich sagen sollte.
Nicht mal in meinen Träumen war ich auf diesen Moment gefasst.
Ich wusste nicht weshalb er wieder vor mir stand oder wie er mich überhaupt gefunden hatte, aber er musste wieder aus meinem Leben verschwinden.
Seine Präsenz wird mich stärker leiden lassen. Denn mein Körper sehnte sich nach ihm, während mein Verstand es mir nicht erlaubte mich ihm hinzugeben.
Aber du hast dich doch so lange nach ihm gesehnt...
„Das ist meine Wohnung und ich wohne hier" beantwortete ich ihm ruhig seine Frage und versuchte ihm keinen Einblick in meine Gefühlswelt zu ermöglichen.
Damien zog seine Augenbrauen fester zusammen und spannte seinen Kiefer stärker an.
Dieser Mann war selbst in seiner Wut wunderschön.
Während ich von außen ruhig und ernst wirkte, war ein Sturm durch mein Inneres gezogen. Dieser Sturm hatte alles durcheinander geworfen.
Umarme ihn endlich und lass ihn nie wieder los flüsterte mir mein Herz zu.
Niemals. Er hat dir zu viel angetan sprach mein Verstand dagegen an.
Ohne weiteres abzuwarten lief ich mit zittrigen Beinen in mein Badezimmer rein und ließ Damien in meinem Flur stehen.
Ich wusch mir schnell mein Gesicht mit eiskaltem Wasser, um mein verschlafenes Gesicht aufzufrischen.
Nachdem ich mir mein Gesicht mit zitternden Händen gewaschen hatte, stützte ich mich atemlos am Waschbecken ab und versuchte meinen Herzschlag zu regulieren.
Ich zitterte so stark, dass ich beim Gesicht waschen ordentlich viel Wasser auf den Boden gespritzt hatte.
Ich hörte schwere Schritte hinter mir und schloss meine Augen.
Er brachte mich total aus dem Konzept und hatte einen starken Effekt auf meinen Körper.
Wie hatte er mich gefunden? Warum war er erst jetzt gekommen? Warum nicht schon viel früher ?
„Beantworte mir meine zweite Frage" sagte Damien, der sich plötzlich ebenfalls mit den Händen an dem Waschbecken anlehnte und mich in seinen Armen einkesselte.
Ich schlug meine Augen auf und sah auf seine großen Hände herunter, die neben meinen kleinen lagen.
Langsam sah ich hinauf in den Spiegel und unsere Blicke kreuzten sich.
Während ich in einem Nachtkleid mit Spagettiträgern steckte, stand er formell in einem Anzug gekleidet hinter mir.
Er stand mir viel zu nah, aber Gottseidank berührte er mich nicht. Seine Nähe war Qual genug für mich, denn ich hatte Angst nachzugeben.
Ich sah katastrophal aus und meine Haare standen in allen Richtungen ab.
Wie kam dieser Mann auf die Idee mich um diese Uhrzeit besuchen zu kommen?
Er hatte mich aus dem Schlaf gerissen und stand fertig gekleidet vor mir, während ich aussah wie eine Vogelscheuche.
„Antworte mir Madison".
Seine Stimme klang hart und verlangend.
Ich schloss meine Augen, um die aufkommenden Tränen zu stoppen.
Die Härte in seinem Tonfall gefiel mir nicht.
Ob bewusst oder unbewusst, aber Damien hatte genug in mir zerstört. Mehr durfte ich nicht zulassen.
Ich kann und werde niemals so einen kalten, aggressiven und emotionslosen Mann wie Damien Adams lieben.
„Antworte mir, Prinzessin" drang seine tiefe Stimme in meinen Ohren, welches beinahe wie ein tiefes Flüstern klang.
Ich zog scharf die Luft ein und die Anspannung zwischen uns war beinahe zu ergreifen.
Sein heißer Atem prallte gegen meinen Nacken und eine Gänsehaut überfuhr meine nackten Arme.
Bei dem Satz schlug ich meine Augen auf und hatte erfolgreich die Tränen unterdrückt.
„Ich habe vor sechs Monaten eine Entscheidung für mich getroffen. Dementsprechend stehe ich heute hier in meiner Wohnung" sagte ich schließlich leise und er spannte seinen markanten Kiefer an.
Plötzlich griff er nach meinen schmalen Schultern und wirbelte mich grob zu sich um, sodass ich gezwungen war ihm gegenüber zu stehen.
Ich schluckte hart und riss meine Augen leicht auf.
Mein Körper gab sich seiner Berührung nach. Es zuckte wie verrückt in meinem Körper danach, mich in seine Arme zu werfen und mich an ihn zu klammern.
Wie hatte es dieser Mann geschafft mich so abhängig von sich zu machen?
Die viel wichtigere Frage war jedoch die ich es geschafft hatte sechs Monate ohne ihn zu überstehen.
„Wie bist du darauf gekommen so eine bescheuerte Entscheidung zu treffen ?" fragte er wütend und sein Griff um meine Schultern verstärkte sich.
Damien drückte mich unbewusst zurück gegen das Waschbecken, sodass es sich in meinen Rücken bohrte. Er überragte mich mit seiner großen Statur und den breiten Schultern.
Nach alldem was er mir angetan hatte, fand er meine Entscheidung bescheuert?
Er war wohl nicht mehr bei Sinnen!
„Hast du ein einziges Mal an mich gedacht, bevor du deine tolle Entscheidung getroffen hast?"
Sein Tonfall klang sarkastisch und wütend zugleich.
Nun überkam mich ebenfalls die Wut und ich hielt mich schwer davon zurück ihn anzuschreien.
Ich wollte ihm nicht zeigen, dass er immer noch einen großen Einfluss auf mich und meine Laune hatte.
Denn ich hatte in den vergangenen Monaten vieles dazugelernt.
„Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, Damien Adams" sprach ich den Satz kühl aus, aber zitterte wie verrückt vor Nervosität und Wut.
„Du bist mir wohl eine Rechenschaft schuldig, Madison Adams" knurrte er und zog seine Augenbrauen tief zusammen.
Madison Adams.
Er sollte bloß aufhören mich so zu nennen, sonst würde ich schwach werden. Das wollte ich aber nicht.
Ich wollte stark sein und zu meinen Entscheidungen stehen.
„Nicht bevor du mir erklären kannst weshalb du mich bezüglich Sophia angelogen hast. Sie war bei dir als ich dich bei deinem Meeting im Ausland angerufen hatte, stimmt's? Obwohl du der Meinung warst, dass nur du und Ashar dort präsent sein werdet. Was hatte Sophia dort verloren?" sprach ich die bitteren Worte aus, die mich seit Monaten verfolgten und störten.
In dem Moment wich die Wut aus Damiens Augen und er sah mich etwas perplex an.
Er öffnete seinen Mund um etwas zu sagen, aber schloss ihn wieder.
Damit hatte er wohl nicht gerechnet.
Er sollte sich gefälligst rechtfertigen und mir erklären weshalb sie bei ihm war.
„Ich kann das erklären" sagte er endlich nach einer Weile, die sich wie Ewigkeiten angefühlt hatte.
Würde er nun erzählen, dass er mich benutzt hatte um Sophia eifersüchtig zu machen?
Dieser Gedanke trieb einen tiefen Stich in meine Brust an, sodass es wehtat.
„Auf diese Erklärung bin ich sehr gespannt" sagte ich aufgebracht und massierte mir meine Schläfen.
Mein Kopf würde gleich vor lauter Schmerzen explodieren.
Damien atmete hörbar aus und verließ mit schweren Schritten mein Badezimmer.
Während er das Bad verlassen hatte, schloss ich die Tür hinter mir und wusch mir erneut mein übermüdetes Gesicht mit kaltem Wasser. Danach putze ich mir die Zähne und band mir meine Haare zu einem hohen Zopf.
Ich war gespannt auf seine Erklärung.
Mein Herz schlug immer noch viel zu überdurchschnittlich schnell und mit zitternden Beinen lief ich ins Wohnzimmer.
Ich war nervös und wusste nicht was in den kommenden Minuten auf mich zukommen würde.
Damien stand vor dem Sofa in meinem Wohnzimmer und hatte sich bereits das dunkelblaue Jackett ausgezogen.
Es lag irgendwo auf dem Sofa herum, während er sich die dunkelblaue Krawatte um den Hals lockerte.
Mit verschränkten Armen stand ich im Türrahmen angelehnt und betrachtete den Mann, nach dem mein Herz verrückt war.
Warum mein Herz unbedingt an so einem kalten und emotionslosen Mann gefallen finden musste, war mir ein Rätsel.
Es gab so viele gute Männer auf der Welt, aber ich musste ausgerechnet jemanden wie Damien Adams über den Weg laufen.
Weglaufen war zwar eine Option gewesen, aber nun stand er schon wieder vor mir.
„Du bist damals weder an meine Anrufe rangegangen noch hast du auf meine Nachrichten geantwortet" sprach ich und brach endlich die Stille, die mein Wohnzimmer hüllte.
Ich hatte mich so sehr nach ihm gesehnt, während er mich wegen Sophia ignoriert hatte.
„Ich hatte dir gesagt, dass ich zurück rufen werde Madison" sprach Damien endlich und lief einen Schritt in meine Richtung zu.
„Ja, nachdem ich dich 100 mal angerufen und mit Nachrichten bombardiert hatte" brachte ich brüchig aus meinem Mund heraus und betrachtete den Mann, dessen Augen mich verzaubert hatten.
„Du weißt, dass ich nicht sehr gesprächig am Telefon bin" sagte er nun ruhiger und die Härte war aus seinen Augen gewichen.
„Nicht gesprächig?"
Ich lächelte ironisch und blinzelte aufkommende Tränen in meinen Augen weg.
Damien stand mittlerweile bereits direkt vor mir.
„Das ist eine schöne Ausrede, um zu verheimlichen, dass du Sophias Anwesenheit ohne Störungen genießen wolltest" hauchte ich und lief einen Schritt zurück, weil er mir zu nah stand.
Er sollte mich bloß nicht schwach machen mit seiner körperlichen Nähe.
Ich wollte sich nicht seinen schönen Duft inhalieren, denn dies machte mich ebenfalls schwach.
Alles an ihm war so vertraut.
„Ich hatte dich später zurückgerufen, aber du warst danach nicht mehr erreichbar" sagte Damien und lief weiter auf mich zu, bis ich etwas hartes gegen meinen Rücken spürte.
Die Flur Wand.
„Ich habe wie ein verrückter nach dir gesucht" raunte er mir ins Ohr und stützte seinen Arm rechts neben mir gegen die Wand ab.
Sein heißer Atem prallte gegen mein Ohr und ich schluckte schwer.
„Lüg mich nicht an" flüsterte ich und fragte mich wie er meinen Standort herausgefunden hatte.
„Ich lüge nicht" flüsterte er und erhob seine freie Hand.
Ich beobachtete wie er die Hand langsam auf meine rechte Gesichtshälfte legte.
Ich schloss meine Augen und gab mich seiner sanften Berührung in meinem Gesicht hin.
Mein Herz schlug wieder schneller und mein Körper fühlte sich geborgen zu ihm.
„Doch" flüsterte ich zurück und hielt meine Tränen sehr schwer zurück.
Ich werde nicht vor ihm weinen.
„Du hast mich damals angelogen, bevor du verreist bist" flüsterte ich, während er mit seinen Fingerspitzen sanft meinen Kiefer entlang fuhr.
Sein Atem prallte auf meinem Gesicht und er roch minimal nach Nikotin. Rauchte er immer noch ?
„Komm wieder zurück nach Hause".
Von welchem Zuhause sprach er? Ich hatte kein Zuhause mehr mit ihm. Er hatte es selbst zerstört.
„Unter einer Bedingungen" sagte ich und öffnete meine Augen.
Er hatte keine Chance mehr. Die Bedingungen, die ich ihm stellen werde, wird er niemals erfüllen können.
„Welche Bedingungen?"
„Wenn du zwei meiner Frage mit jeweils einem Nein beantworten kannst, werde ich wieder mitkommen".
Er entfernte seine Hand von meinem Gesicht und stützte sie ebenfalls neben mir an der Wand ab.
Ich war in seinen Armen gefangen.
Er war mir verdammt nah, aber dennoch so weit entfernt.
Ich wollte in seine Arme springen und mich in seinen Armen ausheulen, weil er mir so schrecklich fehlte.
Aber mein gesunder Menschenverstand ließ dies nicht zu. Ich musste mich von diesem Mann fern halten. Er würde mir niemals gut tun. Wir waren nicht füreinander gemacht.
„Hast du Ashar von unserem Deal erzählt? Von dem Deal, der nur zwischen uns beiden bleiben sollte."
Stille.
Damien stand aufgebaut vor mir, aber gab keine Antwort.
Die Basis ein jener Beziehung war vertrauen. Wir hatten nicht mal mehr das zwischen uns.
Wie sollte ich ihm vertrauen, wenn er unseren Deal weiter erzählen konnte.
Dieser Deal war etwas sehr geheimes und persönliches zwischen uns beiden gewesen.
Damien hatte mein Vertrauen gebrochen, indem er Ashar davon erzählt hatte.
„Ja ich habe ihm davon erzählt" sagte er ruhig und sah mir nicht mehr in die Augen.
Ich wusste es. Er hatte es wirklich getan.
Warum blickte er weg? Er sollte mir gefälligst in die Augen schauen, wenn er sprach!
„War Sophia damals bei dir, als ich dich in Italien angerufen hatte?" zwang ich mich dazu die Worte aus meinem Mund heraus zu bringen.
Dies war die schwierigste Frage für mich gewesen.
Seine grünen Augen strahlten Verzweiflung aus und er leckte sich gestresst über die Lippen.
Schnaufend entfernte er sich von mir und fuhr sich mit der Hand durch seine pechschwarzen Haare.
„Ja, aber-„
„Kein aber, Damien" unterbrach ich ihn schroffer als gedacht.
Ich werde niemals mit ihm zurück gehen. Er hatte meine Bedingungen nicht erfüllt.
„Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe Prinzessin" sagte er plötzlich und sah mich aufdringlich durch seine schönen Augen an.
Als er diesen Satz aussprach wünschte ich, ich hätte diesen Mann niemals in meinem Leben kennengelernt.
Er hatte so vieles zwischen uns kaputt gemacht, was wir uns unbewusst zusammen aufgebaut hatten.
„Verzeih mir" sagte er kehlig und umfasste mein Gesicht mit seinen großen Händen.
„Wie kann ich einem Mann verzeihen, der mich anlügt und obendrein auch noch mit meiner Schwester betrügt ?" zischte ich zwischen den Tränen und wischte sie mir aus dem Gesicht, bevor er es machen konnte.
Ich wollte keinen Trost von diesem Betrüger.
„Ich soll was getan haben?" fragte er plötzlich hellhörig und sah verwirrt auf mich herab.
„Tu nicht so als wüsstest du nicht, worüber ich rede" sagte ich aufgebracht und wollte von ihm weglaufen, denn er hatte bereits genug von meinen Tränen gesehen.
Jedoch machte er mir einen Strich durch die Rechnung, indem er meine Oberarme packte und mich mit Leichtigkeit an seine Brust zurück zog.
Schwankend befand ich mich in seinen Armen wieder und sah überrascht hoch in seine feurigen Augen.
Lass mich nie wieder los Damien...
Halt die Klappe Herz!
„Ich habe dich mit niemanden betrogen. Wie kommst du auf so einen Unsinn?" fragte er irritiert nach.
Ich verstand nicht was für ein Spiel er spielte, aber er konnte verdammt gut Schauspielern.
„Wie lange willst du es noch leugnen? Du warst ständig mit Sophia unterwegs und sie ist immer um dich herum geschwirrt! Dort wo du warst, war auch immer sie" sagte ich schnippisch.
„Vielleicht weil sie mit mir gearbeitet hat? Du und ich haben auch zusammengearbeitet und dadurch viel Zeit miteinander verbracht. Ich arbeite auch mit vielen weiteren Kolleginnen zusammen. Werde ich dadurch zum Betrüger?" gab er verwirrt als Antwort zurück, als wäre es das natürlichste der Welt.
„Du willst mir sagen, dass du nicht Sophia heiraten wolltest? Und dass du nicht mit ihr ins Ausland geflogen bist? Dass du nicht wegen ihr meinen Anruf weggedrückt hast?" sagte ich Zähne knirschend.
Wie konnte er es wagen die Sache so leicht hinzunehmen.
„Mein Onkel wollte gerne, dass ich heirate und an Familie gründen denke. Deswegen hatte er mir damals vorgeschlagen Sophia zur Frau zu nehmen, weil sie die einzige Frau war mit der ich durch die Arbeit viel zu tun hatte. Ich weiß nicht was du gehörst hast, aber dahinter steckt nichts weiter als ein einfacher Vorschlag von meinem Onkel, den ich damals abgelehnt hatte" erklärte er.
Ich schloss kurz meine Augen und schnaufte.
Was war nun die Wahrheit und was die Lüge ?
„Ich habe dir damals über Sophias Anwesenheit in Italien nicht Bescheid gegeben, weil ich dich damit nicht eifersüchtig machen wollte. Ich wusste, dass du sie nicht magst " sprach er weiter.
Sollte das ein schlechter Versuch sein, die aufgedeckte Lüge mit Sophia zu vertuschen? Als ob er jemals so weit für mich nachgedacht hätte.
Er war Damien Adams und dachte ganz sicher nicht so emphatisch ins kleine Detail für seine Mitmenschen.
„Du bist nicht nur ein guter Geschäftsmann, sondern auch ein sehr guter Schauspieler" sagte ich bitter und lief an ihm vorbei.
Alles Lügen. Lügen über Lügen.
„Renn nicht schon wieder weg, verdammt!" sagte Damien etwas lauter und ich zuckte leicht zurück, während er mich am Arm ergriff.
Es war das erste mal, dass er heute so laut wurde.
Ich sah ihn stumm an und schluckte.
„Bleib verflucht nochmal hier, damit ich die Uneinigkeiten zwischen uns beseitigen kann!" knurrte er.
Ich schwieg ihn an und suchte in seinen Augen nach der Wahrheit.
Er wollte die Probleme zwischen uns beseitigen? Nicht dass ich lache.
„Wie willst du ein gebrochenes Vertrauen wieder aufbauen?" stellte ich ihm die Frage, die uns auseinander gebracht hatte.
Ich musste zugeben, dass ich angefangen hatte Damien zu vertrauen, aber es wurde leider gebrochen weil ich so naiv gewesen bin.
Er schwieg und sah mich durch seine grünen Smaragde an.
„Wie willst du ein gebrochenes Herz wieder zusammen fügen?" flüsterte ich und blinzelte meine glasigen Augen weg.
Sein Griff um meinen Arm lockerte sich und er ließ mich endlich los.
Er hatte so schnell aufgegeben?
Ein bitteres Lachen lag mir auf der Zunge, aber ich lachte nicht.
Eben stand er noch vor mir aufgebaut und prahlte von seinen Konfliktbewältigungsstrategien.
Aber sobald ich ihn mit der Realität konfrontiert hatte, machte er einen Rückzieher.
Er warf einen Blick auf seine goldene Armbanduhr, bevor er sich mit großen Schritten von mir entfernte.
Damien schnappte sich sein Jackett von meinem Sofa und währenddessen sah er mich kein einziges Mal an.
Mein Herz zog sich bei seinem Anblick zusammen und schrie danach, dass er mich endlich in seine Arme nehmen sollte.
Warum hatte er so schnell aufgegeben? Ich dachte Damien Adams sei ehrgeizig und zielorientiert.
Er blieb im Türrahmen meines Wohnzimmers stehen und warf mir einen seitlichen Blick zu.
Wir sahen uns lange in die Augen.
Ich musste stark bleiben. Ein Lügner wie er verdiente meine Aufmerksamkeit und Zuneigung nicht.
Wie ich seine grünen Augen vermisst hatte.
Genau wie seine körperliche Nähe und sein schöner und vertrauter Duft.
„Ich habe dich mit niemanden betrogen, Madison" unterbrach Damien die angespannte Stille um uns herum und sah mich intensiv durch seine grünen Smaragde an.
Es hatte den Anschein als würde er mir durch die Seele blicken.
„Ich biege alles wieder in Ordnung. Versprochen, Prinzessin" sagte er ernst und seine tiefe Stimme hallte in meinen Ohren.
Mein Herz machte zwei Sprünge hintereinander und die Schmetterlinge tanzten aufeinmal wie verrückt in meinem Bauch herum.
Mit diesen Worten verließ Damien meine Wohnung.
Ich brauchte eine gefühlte Weile, bis ich verstand was er gesagt hatte.
Ich fasste mir fluchend an meine Schläfen und massierte diese. Meine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Ich musste dringend eine Tablette nehmen.
„Wie gehst dir Madison?" fragte mich Jasmin, als ich sie auf dem Außengelände des Horts endlich fand.
„Gut und dir?" fragte ich sie zurück und würde warten bis sie Feierabend machte.
In 20 Minuten hatte sie sowieso Feierabend, danach fahren wir zu mir.
Die Geschehnisse vom heutigen Morgen spukten in meinen Kopf herum und ich konnte Damiens Worte nicht vergessen.
„Es geht. Die Kinder haben mich heute beinahe verrückt gemacht" seufzte sie und man sah ihr die Müdigkeit an.
Ich hörte ihr gespannt zu, während sie mir von den verrückten Geschichten aus dem heutigen Hort Alltag erzählte.
„Was ist dann passiert?" fragte ich mit einem leichten grinsen um den Lippen.
Es war viel zu amüsant.
„Sie wollte meine Hilfe bei den Hausaufgaben nicht haben, weil ihr Vater es ja sowieso besser erklären kann als ich" sagte sie Augenverdrehend und zeigte auf das kleine Mädchen mit den braunen Haaren.
„Sie ist so goldig" schwärmte ich von dem kleinen Mädchen, welches in einer weisen Strumpfhose und einem rosa Kleidchen steckte.
„Ja, aber sie ist so ein verwöhnt und verzogen. Sie nimmt mich einfach nicht ernst-„
Jasmin brach mitten im Satz ab und riss ihre Augen auf.
„Sarah bleib stehen!" schrie Jasmin plötzlich und rannte hinter dem kleinen Mädchen mit den braunen Haaren hinter her, über welches wir uns eben unterhalten hatten.
„Mein Papa ist da!" kreischte das Mädchen aufgeregt und war über die Absperrung gerannt, die die Erzieher aufgestellt hatten.
Sie hatten die Hälfte des Außengeländes abgesperrt, weil das Tor für die Eltern offen stand.
Die Absicht dahinter war bestimmt, dass kein Kind raus rennen konnte.
Genau das war aber passiert.
Es fiel Jasmin schwer sie einzuholen.
„Papa!" lachte das kleine Mädchen und rannte aus dem Tor raus.
Ich sah schon bereits die Gefängnis Gitter hinter denen Jasmin stehen würde, wenn dem Mädchen etwas zustoßen sollte dachte ich leicht grinsend.
Aufsichtspflichtverletzung.
„Bleib stehen Sarah!" rief Jasmin und hatte sie beinahe eingeholt.
Sie wollte das kleine Mädchen am Arm zurück ziehen, aber scheiterte.
Ehe ich mich versah, sah ich wie Jasmin auf die Knie flog und das süße Mädchen in die Arme eines Mannes sprang.
Lächelnd betrachtete ich die Freude des kleinen Mädchens und wie sie sich an ihren Vater klammerte.
Es war sehr süß wie sie an ihm hing.
Der Mann hatte sich runter gebückt, um das Mädchen in die Arme zu nehmen, deshalb sah ich nicht viel von seinem Gesicht.
Das Kind war in seiner Umarmung kaum noch zu sehen, weil er so groß und breit war.
Erleichtert atmete ich aus und war froh, dass das Kind nicht auf die Straße gerannt war.
„Jasmin, alles in Ordnung?" fragte ich Jasmin lachend und lief auf sie zu.
Sie bewegte sich aber nicht mal einen einzigen Millimeter und sah verträumt gerade aus, während sie immer noch auf dem Boden kniete
Ich wirbelte herum, aber erstarrte ebenfalls als ich den großen Mann erblickte, in dessen Arme das Mädchen gesprungen war.
Er hatte sich mittlerweile vom Boden erhoben und stand in voller Größe vor mir, während er sich seiner Tochter zuwandte.
„Du darfst nicht aus dem Tor raus rennen, Sarah" sagte er zu dem kleinen Mädchen in seinen Armen und küsste sie auf die Wange.
Diese tiefe Stimme.
Das Mädchen umfasste seinen Nacken mit ihren Händen und drückte sich fest an ihn.
Mittlerweile trug er nur noch die blaue Stoffhose und das weiße Hemd darüber.
Es fehlte jegliche Spur von Krawatte und Jackett.
Als er endlich seine Augen von dem Mädchen nahm und sie auf mich legte, blieb die Welt ein weiteres Mal für mich stehen.
Meinungen? (:
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