- Kapitel 8 -

Hilflos und alleine stand ich nun zwischen den Sanddünen. Zwar war der Sandsturm vorbei, doch Adeline wurde entführt und Benjamin konnte ich auch nirgends sehen. Hoffentlich ging es ihm wenigstens gut. Aber wenn nicht?

Ich musste den Zwerg finden, denn nur er wusste, wohin wir wandern mussten. Und ohne ihn würde ich auch Adeline vermutlich gar nicht finden und befreien können. Dieser geheimnisvolle Magier mit den stechend grünen Augen erschien wieder in meinen Gedanken. Wer war er? Wieso hatte er so eine starke magische Kraft? 

Plötzlich kam mir ein fürchterlicher Geistesblitz. Doch der war so unmöglich, dass ich lieber nicht weiter daran dachte. Es konnte gar nicht sein, dass man aus dem weissen Rat austritt. Jeder der einmal drin war, blieb Teil dieses mächtigen Bundes, bis zu seinem Lebensende. 

Aber woher hatte dieser Mann denn sonst so gewaltige Kräfte, dass er sogar einen Sandsturm heraufbeschwören konnte?

Meine Grübelei wurde abrupt unterbrochen, als ich über einen Stein stolperte. Ich konnte mich nicht richtig abfangen, weil mich mein Rucksack aus dem Gleichgewicht warf. Mit voller Wucht prallten meine Unterarme und Knie auf den rauen Boden. Ein scharfer Schmerz zog sich von meinen Armen bis in meine Schultern. 

Na super! Meiner eigenen Ungeschicktheit hatte ich es nun zu verdanken, dass meine Arme bluteten und meine Knie geschürft waren. Wasser um die Wunden zu säubern hatte ich keines mehr. Hoffentlich würde es sich nicht entzünden. 

Erst jetzt nach diesem unglücklichen Sturz bemerkte ich, wie müde und ausgelaugt ich mich eigentlich fühlte. Wir waren heute schon wieder weit gewandert und dann kam auch noch dieser Sandsturm dazu. Jetzt sass ich ganz alleine, durstig, erschöpft und verletzt auf einem Stein. Ich hätte aus Frust weinen können, aber ich riss mich zusammen.

Aus meinen Socken präparierte ich zwei Verbände für meine Unterarme. Barfuss schlüpfte ich wieder in die Stiefel, das würde Blasen geben! Aber im Moment war es mir egal. Alles was jetzt zählte, war weiterlaufen und nach Benjamin rufen. 

Eine Weile tat ich das auch, doch ohne Erfolg. Vielleicht war der Zwerg schon in die nahe Stadt gelaufen, um dort Wasser und Schutz vor dem Sandsturm zu suchen. Ja, so musste es sein! Mit neuer Zuversicht machte ich mich auf den Weg in Richtung der Stadt. 

Mit meinen letzten Kräften schleppte ich mich schliesslich eine Stunde später durch das Stadttor. Die Stadt war nicht so gross, wie ich von Weitem vermutet hatte. Es war eher ein kleines Wüstendorf. Aber trotzdem waren da überall Menschen und Wasser gab es bestimmt auch irgendwo. Meine Füsse schmerzten bei jedem Schritt und meine Kehle brannte vor Trockenheit. Der Schweiss lief in Bächen von meiner Stirn. Völlig am Ende stiess ich die Tür zur nächsten Gastwirtschaft auf.

Es war ein kleines aber sichtlich gemütliches Restaurant. Wie alle Häuser hier war es aus Sandstein gebaut. Dank den grossen offenen Fenstern war es im Innern hell, aber dafür auch fast genau so heiss, wie draussen. Es duftete nach frischem Essen. Nicht viele Leute sassen an den Tischen und zu meiner Enttäuschung war auch keiner davon Benjamin.

Unbeholfen platzierte ich mich auf der nächstbesten Bank. Als ein nettes junges Mädchen auf mich zukam, um meine Bestellung aufzunehmen, musste ich an Adeline denken. Ich wüsste gerne, wo sie jetzt wohl war. Was würde der unbekannte Magier mit ihr anstellen? 

Geduldig wählte ich ein Gericht aus der Speisekarte aus und das Mädchen dackelte zurück in die Küche. Dann machte ich es mir erst einmal, so weit das ging, auf der holzigen Bank gemütlich. Hoffentlich würde ich Benjamin so schnell es geht finden, denn ich hatte keine Ahnung, wo die Reise eigentlich hingehen sollte und ausserdem fühlte ich mich in dieser unbekannten Gegend ziemlich hilflos. 

Nach einer Weile kam mein Schaumtee und ein grosser Teller Couscous mit irgendwelchem mir unbekannten Gemüse darin. Höfflich bedankte ich mich bei der Kellnerin und begann dann gierig Löffel um Löffel zu verschlingen. Es schmeckte köstlich, aber wahrscheinlich würde in meinem verhungernden Zustand alles köstlich schmecken. Es dauerte nicht lange und mein Teller war leer gefegt. Ich hatte sogar schon einen zweiten Schaumtee bestellt. 

Plötzlich flitze mir einen Gedanken durch den Kopf und mir wurde sofort noch heisser als eh schon. Ich hatte kein Geld bei mir! Alles was ich an Münzen auf die Reise mitgenommen hatte, gab ich anfangs dem Zwerg. Wie dumm von mir! Obwohl, eigentlich ist es seine Schuld, er hatte es gefordert. Aber wieso? Jetzt würde ich bestimmt Probleme bekommen. 

Das Mädchen kam gerade wieder aus der Küche und mit Bangen musste ich feststellen, dass sie genau auf mein Tisch zusteuerte. Das alles war so peinlich. Ich schämte mich dafür, dass ich einfach in einem Lokal so gierig gegessen hatte, aber eigentlich keinen einzigen Silberbatzen dabei hatte. Es machte es auch nicht besser, dass das junge Kellnermädchen so freudig auf mich zu kam. 

Als sie schliesslich viel zu schnell vor meinem Tisch stehen blieb, suchte ich in meinem Kopf weiterhin für eine Lösung. Einfach nicht schuldig lugen, so tun, als wäre das extra, dachte ich mir. 

"Sind Sie Daly Whittel?", fragte das Mädchen mit einem viel zu braven Lächeln. Ich war verwirrt. Woher wusste dieses Kind, wie mein Name lautet? Sie hätte doch nach meiner Bezahlung fragen müssen. 

Nach dem ich plötzlich bemerkt hatte, dass ich das Mädchen ungläubig angestarrt, aber noch keine Antwort gegeben hatte, meinte ich schnell: "Ja, das bin ich." Ich wollte wissen, was sie mir zu sagen hatte. Vielleicht würde sie danach vergessen, dass ich gar noch nicht bezahlt hatte. 

Allerdings machte ihre nächste Aussage glücklicherweise einen grossen Strich durch meinen eh miserablen Plan: "Dann ist für Sie alles schon bezahlt. Benjamin Rune wartet oben im Zimmer auf Euch."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top