- Kapitel 3 -
Wir waren nun schon einige Tage zu dritt unterwegs, da kamen wir zu einer grossen Stadt. Es war an einem wunderschönen Frühlingstag und die Sonne schien vom blauen Himmel herab auf die grossen Türme. Je mehr wir in den Süden kamen, desto wärmer wurde es, und vom Winter konnte man hier nicht mehr viel spüren.
Der Name dieser Stadt war weit umher bekannt. Denn Nolasko war eine gosse Handelsstadt, wo Händler, Kaufleute und Reisende aus ganz Orlion unterwegs waren. Schon weit vor den Stadttoren kamen uns Händler auf ihren Eselskarren entgegen. Adeline hüpfte freudig umher, sie schien die Stadt zu kennen. Auch ich freute mich auf eine Herberge mit einem schon lang ersehnten Bett, das nicht nur aus einem Strohsack bestand. Nur Benjamin stampfte missmutig hinter uns her. Er mochte die Anwesenheit so vieler Leute nicht. Schon auf dem Weg hier her verschwand er immer sehr schnell, wenn wir mal in einer vollen Gaststätte halt machten.
Und hier in Nolasko hatte es Menschen, wo man auch hinblickte. In den schmaleren Gassen am Stadtrand hing Wäsche auf Schnüren, die hoch über unseren Köpfen zwischen den Häusern gespannt waren. Wir kamen auf eine grössere Strasse, die überladen war mit den verschiedensten Geschöpfen. Händler hatten am Strassenrand dicht an dicht ihre Stände errichtet. Ein Mann zog ein Karren hinter sich her, mit Hühnern darauf, zwei kleine Jungen rannten einander nach und grölten dabei laut. Eine Marktfrau schrie laut, um ihr Gemüse besser zu verkaufen und ein alter Mann fluchte direkt neben mir. Ausserdem hing der Duft von frisch gebackenem Brot in der Luft.
Ich blieb stehen und musste erst einmal all diese Eindrücke verdauen. Noch nie zuvor war ich in solch einer lebhaften Stadt, denn in meiner Heimat gab es sowas nicht. Dort waren die Städte klein und Markttage fanden an den meisten Orten nur einmal im Jahr statt.
Doch es machte den Anschein, dass Adeline sich solche Umstände gewohnt war. Sie rannte zu einem Brunnen in der Mitte des Marktplatzes und setzte sich auf den breiten Rand.
"Hier hat Onkel Luis mich immer baden lassen, wenn ich zu Besuch kam!", rief sie und streckte ihre kleinen Finger ins Wasser. Adeline lächelte, doch dann wurde ihr Gesichtsausdruck sofort wieder traurig und verschlossen. Sie dachte wohl schon wieder an ihren Vater, da auch dieser viel mit ihr gereist war.
Schnell griff ich sie am Arm und zog sie vom Brunnen weg. Ich erkundigte mich bei einem alten Mann nach dem Weg zur nächsten Herberge, schaute mich noch einmal nach Benjamin um, damit er uns auch wirklich folgte und marschierte durch die beschriebenen Strassen, immer mit Adeline an der Hand. Wir hatten jetzt alle einmal eine Pause nötig!
Nach kurzer Zeit erreichten wir tatsächlich eine hübsche kleine Herberge, die auch nicht mehr so im Trubel der Stadtmitte stand. An der Theke stand eine junge Frau mit feuerroten Haaren, die sicher einmal zum Reich der Feen gehört hatte. Ich nannte ihr unsere Namen, aber bei der Aussage "... ich bin Daly Whittel.", zog sie scharf die Luft ein. Sie langte in eine Schublade und reichte uns fast schon ehrfürchtig einen Schlüssel in Form eines Rehkopfes. Ich wunderte mich über ihr Verhalten.
Die Gänge des Hauses waren düster und die Einrichtung dunkel. Doch als ich unsere Zimmertür aufschloss, stiess ich einen kleinen Freudenschrei aus. Auch Benjamins Augen leuchten und Adeline rannte an mir vorbei auf eines der drei riesigen Betten zu. Überhaupt war das ganze Zimmer unglaublich gross und die hohen Fenster liessen die eleganten Möbel hell aufleuchten. Es gab drei Betten, drei Schränke und an einer Wand stand ein komfortables Sofa. Dieser Luxus war enorm. Nach dem wir nun so viele Monde lang oft nicht einmal ein Dach über dem Kopf gehabt hatten, verschlug es mir bei diesem Anblick die Sprache. Der neugierige Zwerg hat hinter einer unauffälligen Tür sogar noch ein abschliessbares Badezimmer gefunden. Ich konnte mir also nach so langer Zeit endlich mal wieder richtig waschen, ohne Angst, dass plötzlich Benjamin hinter irgendeinem Busch auftaucht, während ich nackt im Fluss badete.
Später am Abend, ich hatte inzwischen ein entspanntes Bad genossen, sassen Benjamin und ich im Lokal der Herberge bei einem köstlichen Schweinebraten mit Kartoffeln. Adeline schlief schon, sie war müde von den ganzen Anstrengungen. Bis gerade eben hatte der alte Zwerg auf der Reise selten etwas gesagt. Manchmal hatte er gesungen, manchmal auch nur herumgemurrt. Das letzte Mal, als er wirklich mit mir geredet hatte, war in dieser Nacht in meinem alten Zuhause, als er mich in meiner Hütte so erschreckt hatte. Als er sich mir vorgestellt hatte, und schliesslich mit ein paar einfachen Sätzen mein Leben auf den Kopf stellte.
Vielleicht konnte ich es deshalb erst nicht fassen, als er mich in dieser Herberge wieder ansprach: "Daly!", wisperte er, und obwohl so viel leere Bierflaschen auf dem Tisch standen, stank sein Atem nicht. "Wir sind schon sehr nahe an der Stadt, in der er lebt. Wenn wir hier einen Tag rasten, dann aber in gleichem Tempo weiterwandern, werden wir in einer Woche bei seinem Palast ankommen. Denke daran!"
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