Kapitel 23

Ich wollte gerade das Wohnzimmer verlassen, als vor meinem Gesicht die Tür zu geknallt wurde und ich erschrocken zu Matt sah. ,,Sorry, das war etwas zu dolle", entschuldigte er sich und lächelte mich an. Kaden stand immer noch an seinem Platz am Fenster. Ich sah Matt irritiert an. Mich welcher Hiobsbotschaft kommt er denn jetzt bitte um die Ecke? Er führte mich wieder zurück zu den Sofas, wo er sich nun auch fallen ließ. ,,Ihr beide seid meine Beta Wölfe. Von euch wird also Anwesenheit erwartet...und naja ein kleines Protokoll muss eingehalten werden", erklärte Matt etwas gezwungen und kratzte sich am Hinterkopf. ,,Du weißt, dass wir dich bei jeder Sache unterstützen würden...aber du kannst nicht verlangen, dass ich den Schein für die anderen Rudel über mein eigenes Wohl stelle...oder das unseres Rudels", sagte Kaden. Es war glaube das erste, was er heute überhaupt gesagt hatte. Auch in der Schule war er ziemlich schweigsam gewesen, nicht das ich unbedingt mit ihm reden wollte. ,,Das verlange ich auch nicht von dir, aber ihr müsst am Empfang teilnehmen und euch unter die anderen Rudel mischen. Zusätzlich solltet ihr endlich euer Kriegsbeil begraben und wenigstens versuchen normal miteinander zu reden", sagte Matt und ich wusste, dass es nie gehen würde. 

Ich trug die Energie von Kadens Schwester in mir...wahrscheinlich sah er mich sogar noch als unwürdig an, was die Sache nicht einfacher macht. ,,Wird von mir erwartet, dass ich bei der Jagd mitmache?", fragte ich vorsichtig, auch wenn ich die Antwort schon längst wusste, aber ich wollte es nochmal aus Matts Mund hören. ,,Ja, aber wir könnten uns eine Ausrede überlegen, wieso du verhindert bist. Sawyer, ich will nicht, dass du wegen dem hier, deine Wünsche und deine Werte zurückstellst...ich weiß, dass du das hier alles verabscheust", sagte Matt und griff unerwartet nach meiner Hand, um sie kurz zu drücken. ,,Das ist zwar nett von dir, Matt, aber glaubst du nicht, dass zu viele Lügen irgendwann auffliegen?", warf Kaden ein und warf mir einen...entschuldigenden Blick zu. Warte, hatte er wirklich Mitleid? Er? ,,Darüber denken wir erstmal nicht nach. Wir richten das Anwesen her und dann müssen wir erstmal den Empfang überstehen. Ich hoffe ihr habt schöne Klamotten daheim im Schrank", sagte Matt und lächelte uns kurz an. Er versuchte sogar diese angespannte Situation irgendwie aufzuheitern.

Den restlichen Tag waren wir damit beschäftigt vergilbte Laken von den Möbeln runterzuziehen und sauber machen. Matt holte sogar die alten Bilder aus dem Keller hoch. Das Anwesen füllte sich langsam mit alten Erinnerungen und am liebsten würde ich zu allen die Geschichte erfahren, aber Matt schien so in sich gekehrt, dass ich mich nicht wagte zu fragen. Kaden war im Eingangsbereich auf eine Leiter geklettert und versuchte den Kronleuchter wieder in Stand zusetzen. Die Stromleitungen waren ziemlich alt und funktionierten nicht in jedem Bereich des Hauses perfekt. Ich sah etwas skeptisch nach oben und legte meinen Kopf schief. Der Kronleuchter wackelte gefährlich und irgendwie hatte ich die Befürchtung, dass er jede Minute runterkrachen würde. ,,Kannst du mir mal den Schraubenziehen hoch werfen? Den kleinsten, den du finden kannst am besten", rief mir Kaden herunter. Ich bückte mich zu dem Werkzeugkasten und wühlte darin herum, bis ich den blauen Griff sah und ihn aus dem Chaos herauszog. Ich warf ihn hoch und Kaden fing ihn mit einer Eleganz, die ich bisher noch nie gesehen hatte. Der Typ wusste, was er mit seiner Kraft anstellen konnte und wie er sie zu nutzen hatte.  Er hantierte mit dem Schraubenzieher  herum und ich wollte mich wieder den Kisten zuwenden, die ich gerade aus dem Keller geschleppt habe. Für mich war es auch nicht einfach. Ich sehe das Gen immer noch als einen Fluch und habe mich genauso gehasst wie du dich... Ich zuckte zusammen und sah hoch zu Kaden, der unschuldig weiter am Kronleuchter schraubte, als wäre nichts gewesen. 

Mit meinem Fuß stieß ich die Tür zum Wohnzimmer auf und quetschte mich beladen mit zwei schweren Karton durch den Spalt. ,,Wo muss das hin?", fragte ich etwas außer Atem und lugte an den Kartons vorbei und suchte Matt. Er wollte sich eigentlich ums Wohnzimmer kümmern und wenn wir Fragen hatten, sollten wir uns an ihn wenden. Matt stand vor dem Kamin und starrte ein Bild an. Es war riesig und fühlte die halbe Wand über dem Kamin ein. Ich stellte die Kartons auf einer Kommode ab und stellte mich neben Matt, um das Bild zu betrachten. Es zeigte eine Familie. Matts Großeltern, Matts Eltern und ihn, wie er vielleicht gerade mal fünf war. Er stand neben seinem Vater, welcher eine Hand auf seiner Schulter gelegt hatte. Auf dem Schoß seiner Mutter lag ein Baby, was vielleicht gerade mal ein paar Wochen alt war. ,,Das war meine Schwester", sagte Matt, als er meinen fragenden Blick sah. Sein Blick schien traurig und war immer noch total in Gedanken versunken. Was für Erinnerungen rief dieser Ort nur in ihm hervor...? Matts ganze Familie war tot. Wieso wusste niemand so wirklich. Ein tragischer Unfall, so stand es zumindest damals in der Zeitung. Aber langsam glaubte ich rein gar nichts mehr. Wir schwiegen, während unser Blick auf das Bild gerichtet war. Ich konnte ihn verstehen, wieso er die ganzen Bilder nicht hier haben wollte, er wollte nicht ständig daran erinnert werden, was er verloren hat. 

Wir standen draußen im Garten des Anwesens, während mich Matt und Kaden erwartungsvoll musterten. Kaden hatte sich auf einen der umgestürzten Bäume gesetzt und ein Knie ran gezogen. ,,Ihr müsst nicht dabei sein...ich schaffe das auch allein", sagte ich etwas unsicher und Matt zog die Augenbraue hoch, jedoch bevor er was sagen konnte, sprang Kaden ein. ,,Wir wollen lediglich dafür sorgen, dass du nichts Dummes anstellst." Ich funkelte ihn böse an. Es war seine Idee gewesen, dass ich mich nochmal verwandeln würde...auch wenn sich jeder Muskel in meinem Körper sich weigerte. ,,So ist es das Beste, wenn die Rudel da sind, dürfen wir uns keine Schwachstellen erlauben", erklärte Matt vorsichtig und ich verschränkte fast schon beleidigt die Arme vor der Brust. ,,Wenn du damit andeuten willst, dass ich eine Schwachstelle bin, kann mich Elijah auch einfach mit nach Vancouver nehmen und dann habt ihr ein Problem weniger", fuhr ich ihn an und Kaden stöhnte genervt auf. ,,Sawyer, konzentrier dich bitte einfach und bring es hinter dich", sagte er genervt und sah mich an. Ich musste mir ein Augendrehen verkneifen, jedoch schloss ich meine Augen und atmete tief ein. Meine Krallen bildeten sich und ein Schauer lief mir über den Rücken. Es ging erstaunlich leicht...

Plötzlich erzitterte ein lautes Heulen den Wald und ich fuhr zusammen. Sofort öffnete ich die Augen und sah panisch zu Matt und Kaden. Weder von dem einen noch von dem Anderen stammte das Heulen...es war von jemanden anderen gelöst wurden. ,,Sie sind viel zu früh da", meinte Matt und Kaden sprang von seinem Baumstamm. ,,Wenn sie genauso früh gehen, wie sie gekommen sind, soll mir das recht sein", kommentierte er das und ich schluckte. Es war soweit. Wir waren noch nicht mal ansatzweise bereit dafür. Natürlich würde Matt das nicht wahrhaben wollen, weswegen auch wir uns ganz normal verhalten mussten.

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