Kapitel 8


Kapitel 8

Das musste wohl einer sein, der noch untersucht werden würden. Bisher hatte sie noch nie viel mit der Polizei zu tun gehabt. Deshalb ging sie nicht näher heran, obwohl sie so gern wissen wollte, was sich darin befand.

Während sie weiter durch die Container wanderte, bemerkte sie, dass Lucien und Gino ihr in einigem Abstand folgten, ab und an an den Containern Halt machten und sich unterhielten.

Wenn sie ehrlich war, störte es oft, wenn sie nicht einmal allein sein konnte. Außer in ihrem Zimmer und Bad war Lucien immer in der Nähe. Wie ihr Aufpasser, als würde Raphael Angst haben, dass Janette etwas verbrach. Einerseits konnte sie diese Vorsichtsmaßnahme verstehen, andererseits auch nicht, denn wenn er und Luxuria sich schon länger kannten, sollten sie sich etwas vertrauen.

Außerdem spürte Janette immer dieses Kribbeln im Bauch, was sie schier wahnsinnig machte. Sie sehnte sich nach Zärtlichkeit und Geborgenheit, die sie sich zuvor immer geholt hatte. Doch hier ging das nicht.

Und es war auch nicht möglich, einen anderen Weg zu finden, solange Lucien in ihrer Nähe war. Ob sie vielleicht einfach einmal einen Club aufsuchen und sich dort das holen sollte, was sie brauchte?

Wahrscheinlich würde er sie auch dorthin begleiten. Janette ging sogar davon aus, dass er es schaffen würde, sie privat zu erwischen. Bei dem Gedanken verdrehte sie die Augen. Eigentlich war sie hier eine Gefangene, die für Raphael arbeitete. Nichts weiter.

Wie die beiden Männer hinter ihr herliefen, machte das Gefühl nur noch schlimmer.

Es gab ihr ein Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen. Wie in einem Gefängnis.

Gino unterhielt sich leise mit Lucien und erkundigte sich, wie sich Janette bisher machte. Sehr viel bekam er als Spion nicht mit, da er die meiste Zeit nicht da war.

Und dafür hatte er Lucien. Im Grunde besaß Gino ein ganzes Spionagenetzwerk und sah keinen Grund seine Möglichkeiten auf Janette zu verschwenden, wenn doch Lucien die ganze Zeit bei ihr war. Was nicht hieß, dass Gino keine Nachforschungen über die Dämonin angestellt hatte.

"Sie arbeitet fleißig", meinte Lucien kurz angebunden.

„Bringt sie etwas oder glaubst du, sie spielt nur herum?", fragte er nachdenklich. Er vertraute Dämonen nicht unbedingt, respektierte aber Raphaels Anweisung.

"Ich denke schon, dass sie uns hilfreich sein wird", bemerkte Lucien nüchtern. Im Grunde war sie wie jede andere Forscherin auch. Schien aber verbissener zu sein.

Eigentlich nichts besonderes. Es gab viele Forscher, die so waren, doch nur wenige brachten auch wirklich Erfolg. „Hoffentlich bringt sie schnell genug was, bevor noch mehr Menschen ihr Leben lassen", grummelte der Spion und fuhr sich über die schwarzen, zusammengebundenen Haare. Wie immer trug er enge Hosen und ein Shirt, das geöffnet war und seinen Waschbrettbauch freiließ.

Lucien rückte seine Sonnenbrille zurecht. "Sie wird schon hilfreich sein", meinte er fast schon desinteressiert. "Sie braucht aber trotzdem Zeit und Proben."

Diese Worte ließen Gino nur die Schultern zucken. Er war davon ausgegangen, dass sie schneller etwas finden konnte, aber wahrscheinlich hatte Lucien Recht. „Ich werde mich wieder an die Arbeit machen. Man sieht sich", meinte er und salutierte vor Lucien mit einem Grinsen, bevor er in der Dunkelheit verschwand.

Ein Schmunzeln breitete sich auf den Lippen des Stellvertreters aus. Ginos Geste war etwas, was sie verband. Es war nicht ernst gemeint, sondern etwas, mit dem er Lucien gern aufzog. Eine Art Zeichen ihrer Verbundenheit und Freundschaft.

So ernst beide auch wirkten, sie verstanden sich gut und ab und zu warfen sie sich kleinere Scherze, die wohl nicht jeder verstand, an den Kopf.

Dennoch respektierten sie sich gegenseitig und ihre Arbeit.

Von Ginos Verschwinden hatte Janette gar nichts mitbekommen. Sie war an den Pier getreten und starrte in die dunkle Nacht hinaus. Beinahe sehnsüchtig waren ihre Augen auf den Schaum gerichtet, den die Wellen vor sich hertrugen. Als würde sie das mit etwas verbinden.

Lucien trat hinter sie. "Wie wäre es, wenn du einen Tag frei nimmst", sagte er. "Im Moment können wir nicht viel machen."

Erschrocken drehte sich Janette zu ihm um, denn sie hatte den Engel nicht kommen hören. Zu sehr war sie in ihren Gedanken weit weg gewesen. Sie schüttelte den Kopf und meinte, dass sie genügend zu tun hatte. Wenn sie nicht gerade an den Dingen für Raphael arbeitete, machte sie Versuche und Experimente.

"Sicher, dass du nicht auch einmal einen Tag brauchst, um den Kopf frei zu bekommen?", fragte Lucien und klang noch immer uninteressiert.

„Ich", begann Janette und wusste nicht genau, wie sie es am besten ausdrücken sollte. Die Arbeit war ihr Leben. Sie liebte es, Neues zu entdecken und herauszufinden, um den anderen zu helfen. Einen Tag frei würde für sie dazu bewegen, sich mit so vielen wie möglich zu vergnügen. Aber sie ging davon aus, dass Lucien sie nicht einmal an ihrem freien Tag in Ruhe ließ. „Ich vermisse es lediglich, mich hinzugeben", gestand sie ehrlich. Das ließ ihre Gedanken fliegen.

"Deswegen ja auch der Vorschlag", meinte er nüchtern. "Immerhin kenne ich Luxuria und dachte mir, dass du vielleicht auch Zeit mit Männern verbringen willst."

„Sie lassen mich keine Minute aus den Augen", warf Janette ihm im vorwurfsvollen Ton vor. Glaubte er tatsächlich, dass sie sich hingeben konnte, wenn sie wusste, dass er in der Nähe war?

Lucien machte eine wegwerfende Handbewegung. "Glaubst du wirklich, dass ich dich beobachten würde?", fragte er überrascht.

Langsam drehte sich die Ärztin zu ihm um und lehnte am Geländer des Piers. „Genau das glaube ich. Seitdem ich hier bin, habe ich keine Minute für mich, außer im Badezimmer und Schlafzimmer. Es wundert mich, dass Sie dort nicht auch noch ständig herumlungern", sagte Janette ehrlich. Sicherlich hatte sie im Krankenhaus auch wenig Privatsphäre, doch hier war sie in einem Engelsgebiet. Auf einem anderen Kontinent, von dem sie bisher nicht viel außer Fotografien gesehen hatte. Es war schwer zu erklären, doch sie spürte, dass ihr auch Misstrauen entgegengebracht wurde.

"Das liegt daran, dass wir nicht wissen, ob uns vielleicht jemand diese Seuche als Angriff geschickt hat und derjenige es nun auf dich abgesehen hast, weil du uns hilfst sie zu entschlüsseln", erklärte Lucien. "Zudem weiß ich nicht, wie die Engel reagieren, wenn sie erfahren, dass du hier bist."

Diese Sorgen waren verständlich, doch noch war sie nicht bereit, klein bei zu geben. „Ich bin beinahe die meiste Zeit im Labor. Allein", bemerkte die Ärztin mit hochgezogenen Augenbrauen. Der Einzige, der eigentlich immer da war, war Lucien. Das war auch ein Problem. Janette fühlte sich einsam. Sie sprachen nie wirklich. Und wenn, dann nur über die Arbeit. Zuhause und in den Krankenhäusern hatte sie wenigstens Kontakt gehabt.

"Dort kann dir auch einiges passieren", bemerkte er. "Du experimentierst mit gefährlichen Dingen herum."

„Ich bitte Sie!", sagte Janette leicht verärgert. „Sie benehmen sich, als wäre ich eine Schülerin in einem Chemielabor, die jederzeit alles in die Luft jagt", murmelte sie verstimmt und wandte sich von ihm ab, um sich wieder der Dunkelheit zu widmen.

"Wir wissen nicht, ob diese Dinge ansteckend sind", sagte er nüchtern. "Wenn du dich damit ansteckst, kann das eine Katastrophe in Gang setzen."

„Ich habe der Pest und jeglicher Art von Virus getrotzt", bemerkte Janette missmutig. Sie hätte wohl schon längst Anzeichen gezeigt, wenn es ihr nicht gut gehen würde. Doch sie fühlte sich so fit wie ein Turnschuh.

Lucien schnaubte. "Mag sein, aber wir wissen nicht, was hier alles passiert", beharrte er.

„Das weiß ich auch nicht. Aber wissen Sie was? Ich nehme mir einen Tag frei. Von Ihnen", meinte die Ärztin schließlich. Schon jetzt war ihr Körper heiß und hungrig, wenn sie nur daran dachte. Sie bemerkte nicht einmal, wie ihre Augen bei dem Gedanken strahlten und sich ihre Brustwarzen aufstellten.

"Sehr gut", meinte Lucien nüchtern. "Auch ich brauche einen Tag Ruhe."

Erleichtert, dass er sie wohl einen Tag lang in Ruhe lassen würde, nickte Janette und meinte, dass sie zurückfliegen wollte. Der Wunsch, sich hinzugeben, war zu groß, weshalb sie den freien Tag gleich in Anspruch nehmen wollte.

Gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg, um sich schließlich vor Janettes Zimmertür zu trennen.

Der Abschied von Lucien war kühl und sachlich. Schon allein, weil sie es eilig hatte. Ihr Plan für diese Nacht und den morgigen Tag stand fest: Zuerst würde sie ausgiebig baden, sich dann hübsch machen und dann losziehen, um genügend Männer zu finden.

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