Kapitel 47

Kapitel 47

Hatte sie jemals einen Schmetterling in ihrer Nähe gesehen? Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie grübelte und anschließend den Kopf schüttelte. Daran konnte sie sich nicht erinnern. Oder sie hatte einfach nicht genug aufgepasst. „Wie war das eigentlich mit dem Halsband. Was war darin versteckt?", fragte sie, um abzulenken.

"Es waren meine Federn dabei und ein paar elektrische Geräte", erklärte er und deutete nach draußen.

Sie folgte mit ihrem Blick seinem Finger und nickte. Es war gut gewesen, dass Lucien ihr das Halsband geschenkt hatte. Sonst wäre nicht viel Schlimmeres geschehen.

Sollten sie Marco nun hinterher schleichen oder fliegen? Was würde sie eher verraten?

"So langsam sollten wir ihm folgen", murmelte Lucien leise, der bereits auf den Weg war, die Hütte zu verlassen.

Die Ärztin folgte dem Engel und hielt sich dicht an ihm, ließ ihm jedoch auch gleichzeitig genügend Platz, falls er anhielt, damit sie nicht gegen ihn stolperte.

Lucien bewegte sich leise und fast lautlos, während er Marco folgte, obwohl man ihn kaum noch sehen konnte.

Die Ärztin blieb dicht bei ihm, sah sich aber immer wieder in der Gegend um, ob etwas Auffälliges zu sehen war. Jedoch wurde das langsam schwer, denn der Himmel wurde dunkel.

"Er ist angehalten", erklärte Lucien leise und runzelte die Stirn. "Wir beobachten ihn aus dem Gebüsch heraus."

"Wo sind wir hier überhaupt?", fragte Janette leise. Sie hatten sich von den Zelten ziemlich weit wegbewegt, sodass diese nicht einmal in Sichtweite waren. Hier draußen lauerten Löwen und sonstige Raubtiere, weshalb sie nicht verstand, was Marco hier tat.

Außerdem war nirgendwo Zivilisation zu sehen. Es war einer der Teile von Afrika, der kaum bewohnt war.

"In der Wildnis", murmelte Lucien, da er es selbst nicht genau wusste. "Was tut er da?", fragte er, denn es sah aus, als würde Marco nach irgendwas graben.

"Keine Ahnung. Er scheint verrückt geworden zu sein", murmelte Janette, die ihre Augen verengte, um besser sehen zu können. "Warum gräbt man hier? Hat er einen Schatz verbuddelt?"

"Er könnte seine Kräuter oder was auch immer versteckt haben", schlug Lucien unsicher vor. Ihm war der Mann ein Rätsel.

"Hier in der Wildnis?", fragte Janette stirnrunzelnd. Kräuter brauchten Wasser und das gab es hier nicht. Außer die waren bereits getrocknet, was möglich war. Dann konnten sie in Päckchen verpackt werden.

Sie beobachtete Marco weiterhin genau, lauschte aber auch gleichzeitig auf die Geräusche der Wildnis.

Es wirkte nicht, als würde er etwas ausgraben wollen. Er hatte lediglich eine kleine Kuhle gemacht und seine Hände auf den Boden gelegt. Dabei wirkte er sehr entspannt.

Leider brachte das keinerlei Hinweise, was genau er da eigentlich tat. "Sollten wir näher an ihn heran?", fragte Janette leise.

"Ja, versuchen wir es", flüsterte Lucien, der die Augen zusammengekniffen hatte.

Nur langsam kamen die beiden voran, denn sie mussten sich von Busch zu Busch bewegen, was gar nicht so einfach war. Hier in der Wildnis gab es nicht so viele Büsche, die einem ausreichend Schutz bieten würde.

Zudem war Lucien mit seinen Flügeln recht auffällig. Trotzdem schafften sie es irgendwie, näher an den Mann heranzukommen.

Plötzlich glitzerte etwas leicht violettes in der Luft. "Was ist das?", fragte die Ärztin, die so etwas noch nie gesehen hatte. War das vielleicht von der Wildnis? So etwas wie Käfer? Das Glitzern konnte sie mit nichts in Verbindung bringen, was sie bisher gesehen hatte.

"Als würde irgendwas aus dem Boden aufsteigen", flüsterte Lucien. "Aber was ist das?"

Diese Frage konnte Janette ihm nicht beantworten. In ihr stieg ein unruhiges Gefühl auf, als sie Marco gedämpft Stöhnen hörte. Was machte er da? Das violette Glitzern war nicht sehr gut sichtbar, daher konnte sie nicht sagen, was das war.

"Er atmet es ein", flüsterte Lucien. "Was ist das für ein Zeug?"

"Vielleicht eine Droge? Aber dazu bräuchte er ein Feuer, um das einzuatmen. Ist es so etwas wie Rauch?", fragte sie stirnrunzelnd und flüsternd. Sich zu verraten, würde den ganzen Plan zerstören.

"Können wir Rauchproben nehmen?", wollte Lucien wissen, der irgendwie ein seltsames, kribbelndes Gefühl verspürte.

Wenn sie nahe genug dran waren, sollte es möglich sein. Aber auch vom Boden ringsherum sollten sie einige Proben nehmen. Ein Kribbeln machte sich in Janettes Körper breit. Sie ging davon aus, dass die Anspannung und Aufregung dafür verantwortlich waren. "Wir müssen aber nahe genug ran", flüsterte sie.

"Ich denke wir wissen alles, was wir brauchen", sagte Lucien, der mit einer leichten Bewegung seiner Hand den Vogel, der Marco gefolgt war, zu diesem nach unten bewegte. Er wandelte sich und plötzlich schlangen sich Ketten um den Menschen.

Dieser reagierte kaum. Es wirkte, als wäre er in einer Art Rausch gefangen.

Erschrocken keuchte Janette auf, die im ersten Moment gar nicht verstand, was geschah. Wie konnte Marco nur so ruhig sein. Von ihm ging keine Gefahr mehr aus, seit Lucien ihn gefesselt hatte. Daher war sie auch mutig genug, sich aufzurichten. "Sollen wir zu ihm gehen?", fragte sie freudig. Bestimmt gab es dort einen Anhaltspunkt und sie freute sich darauf, endlich etwas untersuchen zu können. Zwar war ihr Marcos Gegenwart unheimlich, doch Lucien war da.

Lucien erhob sich ebenfalls und hielt sie davon ab, näherzugehen. "Irgendwas stimmt nicht", bemerkte er, als sich Marco erhob. Er richtete seinen Blick auf sie. Seine Augen waren komplett schwarz gefärbt und als er sich bewegte, zerriss er Luciens Fesseln, als wären es Schnüre.

Trotz der Dunkelheit waren seine schwarzen Augen sehr gut zu erkennen. Marco wirkte, als sei er ein Zombie, der sich nach Nahrung umsah. Ob er sie erkannte? Oder war es lediglich Zufall, dass er in ihre Richtung starrte?

Janette hielt die Luft an und es war, als hörte sie ein Knistern. Unheimliche Spannung lag in der Luft und sie wusste nicht, woher das kam.

Plötzlich begann Marco laut zu lachen. "Ihr Narren", sagte er und seine Stimme klang seltsam verzerrt. "Jetzt wird mich nichts mehr aufhalten können", rief er mit dieser seltsamen Lachen, die bei Lucien dafür sorgte, dass sich seine Nackenhaare aufstellten.

Marcos Stimme klang metallisch, als wäre er nicht mehr von dieser Welt. Sicher war, dass er sie gesehen hatte. Also brauchten sie sich auch nicht mehr verstecken.

Die Ärztin sah Marco mitleidig an und seufzte. "Was ist nur mit dir geschehen, Marco?", fragte sie vorsichtig. Er war so ... anders.

Ein böses Lächeln erschien auf seinen Lippen. "Ich bin dabei, aufzusteigen", sagte er ernst, aber doch irgendwie durchgeknallt.

Aufsteigen war ein Wort, mit dem man das beschrieb, was Engel durchmachten, bevor sie zu Erzengeln wurden. Oder auch Dämonen, die zu Höllendämonen wurden. Eine Kraft durchströmte sie und sorgte dafür, dass sie so mächtig wurden, dass nicht einmal die Engel mehr mit ihnen mithalten konnten.

"Du redest wirres Zeug", behauptete Janette, die ihre Hände in die Hüfte stemmte. "Was hast du hier gesucht, du kleiner Zwerg?"

Marco lachte und hob die Hand. Dort zuckten schwarze Blitze, die so gar nicht natürlich wirkten.

Janette zuckte zurück und blickte zu Lucien. "Was ist das?", fragte sie in der Hoffnung, dass er mehr darüber sagen konnte. So etwas hatte sie bisher noch nie gesehen.

"Normalerweise eine Fähigkeit, die nur wenige Engel haben", flüsterte er und wirkte angespannt.

Marco war jedoch kein Engel. War er vielleicht irgendwie ein Gestaltswandler geworden, der seltsame Fähigkeiten besaß? Aufgeregt sah Janette zu dem Clubbesitzer und fragte sich, was er wohl vorhatte.

Dann schleuderte er die Blitze plötzlich auf sie. Lucien riss sie zu Boden und es knisterte seltsam, als der weiße Flügel getroffen wurde und die schwarzen Blitze ein Loch hineinrissen.

"Lucien!", keuchte Janette erschrocken und sah sofort nach seinem Flügel. Zu Marco sah sie nur einen kurzen Augenblick und war sich sicher, dass er wohl einen Vogel hatte. "Spinnst du? Lass Lucien in Ruhe", herrschte sie den Clubbesitzer an, während sie Luciens Flügel abtastete. Hoffentlich war er nicht schwer verletzt.

Marco lachte. "Jetzt ist die Zeit gekommen, in der ich mich an euch räche", sagte er säuselnd. "Mit dieser Kraft kann nicht einmal ein Erzengel gegen mich bestehen", behauptete er und formte erneut diese blitzartigen Kugeln in seiner Hand.

"Vorsicht!", rief Janette, als er diese auf Lucien und sie warf. Mit ihrer gesamten Kraft schubste sie Lucien zur Seite, sodass er nicht getroffen wurde.

Sie spürte das Knistern der Macht und Schmerzen an ihren Flügeln breiteten sich aus. Blut lief ihre Schläfe hinab und in ihr Auge.

Doch dazu hatte sie gerade keine Zeit. Es gab Wichtigeres und das war ganz klar Lucien. Leicht taumelnd richtete sich Janette wieder auf und starrte auf Marco. "Hör auf damit, du Verrückter!", schrie sie ihn wütend an. Ihre Stimme wurde durch die karge Wildnis von Afrika getragen und schreckte wohl mehrere Wildtiere auf, doch das interessierte Janette nicht im Geringsten.

Marcos Umrisse waren in der Dämmerung gerade noch so erkennbar und sie wusste nicht, was als nächstes passieren würde.

Lucien neben ihr erhob sich und stellte sich schützend vor Janette, bevor auch er in seinen Händen Energiebälle erschienen ließ. 

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