Kapitel 4

Kapitel 4

"Nicht viel. Es scheint ansteckend zu sein und die Menschen ... explodieren", murmelte Lucien, der nicht genau wusste, wie er die Dinge beschreiben sollte.

„E-Explodieren?", fragte Janette tonlos und schauderte. Es war neu, dass Menschen explodierten. Umso interessanter für sie, denn das war unbekanntes Gebiet. Sie trat neben die beiden Männer an die Scheibe und beobachtete den Patienten. Seine Wangen waren eingefallen und seine Augen waren seltsam verfärbt. Welche normale Augenfarbe er sonst hatte, konnte man nicht feststellen. Was Janette am meisten irritierte, waren schwarze Flecken, die sich auf der blassen Haut des Menschen ausgebreitet hatten. Ungleichmäßig und an manchen Körperstellen mehr ausgeprägt als an anderen. „Es sieht beinahe aus wie eine Pest", murmelte Janette nachdenklich.

"Das haben unsere Heiler auch gesagt", meinte Lucien und verschwieg Janette, dass sie bei den Dämonen um Hilfe gebeten hatten, da anscheinend auch die Engel befallen werden konnten.

„Habt Ihr Berichte, Protokolle und etwas, was ich bereits lesen kann?", fragte sie geistesabwesend und spürte, wie sie zur Tür gezogen wurde. Beinahe magisch, als würde der Kranke sie rufen. Dennoch wusste sie, dass sie nicht ohne Schutzkleidung hineingehen würde. Sie als Dämon würde wohl nicht angesteckt werden, doch sie wollte auch kein Risiko eingehen.

"Liegt alles für dich bereit", meinte Lucien und deutete auf einen Tisch. "Du solltest hier alles haben, was du brauchst", bemerkte er.

Fast schon begeistert stürzte sich Janette auf die Klemmbretter, Ordner und die Kleidung, die bereit lagen. Aufmerksam las sie die Berichte durch, während sie sich die Schutzkleidung anzog.

Das Gemurmel der Männer überhörte sie, denn sie war eigentlich nicht da, um ein Schwätzchen zu halten.

„Sie scheint ernst zu sein", bemerkte Adair zu Lucien und klang leicht spöttisch. Mit solche Ärzten, allen voran Dämonen, war er nicht ganz vertraut.

"Sie wird ihre Arbeit machen", bemerkte Lucien schulterzuckend und behielt sie im Auge, auch wenn man das durch seine Sonnenbrille nicht sehen konnte.

Der Krieger warf Lucien einen fragenden Blick zu. Woher nahm er diese Sicherheit? Sie kannten Janette nicht und konnten sie nicht einschätzen.

Allerdings sollte er Raphaels Entscheidungen nicht in Frage stellen. Er hatte sich bestimmt etwas dabei gedacht, Luxuria zu beauftragen.

Gino fuhr sich über seine schwarzen Haare und wirkte ebenfalls skeptisch. „Ich muss zurück", sagte er mit dunkler Stimme, die einem Knurren glich.

Erschrocken hob Janette den Kopf, aber da es nicht an sie gerichtet war, ignorierte sie es und las weiter.

"Dann will ich dich nicht aufhalten", meinte Lucien, der Gino mit einem Klopfen auf die Schulter verabschiedete. Er selbst hatte die Aufgabe auf Janette aufzupassen. Nicht nur, damit sie ihre Arbeit gut machte, sondern auch, dass niemand ihr etwas tat.

Mit einem für ihn typischen Kopfnicken ließ er die drei allein. Dennoch warf er ihnen noch einen kurzen Blick zu, bevor sich die Fahrstuhltür schloss.

Lucien lehnte sich an die Wand neben dem Glas und beobachtete Janette. Sie schien zu wissen, was sie tat. Das war gut.

Der Kriegerengel kam nah an Lucien heran und fragte ihn flüsternd, ob Luxuria noch bei Raphael war. Er hatte etwas mit ihm zu besprechen.

Lucien nickte. "Ja, du solltest die beiden sicherlich nicht stören", murmelte der Engel und betrachtete Janette weiterhin interessiert.

Wenn das so war, konnte Adair auch hierbleiben. Es eilte nicht, zu Raphael zu gehen, obwohl er etwas mit ihm besprechen wollte.

Deshalb blieb der Krieger auch am Fenster stehen und beobachtete den Kranken hinter der Glasscheibe.

Dieser lag gekrümmt in seinem Bett und atmete schwer, was Janette dazu bewegte, sich den Mundschutz aufzusetzen und schließlich in den Raum zu gehen.

Sie hatte ihn gerade erreicht, da begannen die schwarzen Venen zu pulsieren.

Lucien fluchte und rannte Janette hinterher, kam aber nicht mehr rechtzeitig.

Der Mann bäumte sich auf und eine seiner Venen platzte, was dafür sorgte, dass schwarzes Blut im Raum verteilt wurde. Ein erstes Anzeichen dafür, dass er bald nicht mehr unter den Lebenden weilen würde.

Verblüfft blieb die Ärztin stehen und sah an sich herunter. Ihre einst strahlend weiße Kleidung war mit schwarzem Blut bespritzt.

Was um sie herum geschah, bemerkte sie nicht, denn sie war völlig auf den Patienten konzentriert. Ihr war sofort klar, dass sie ihm nicht mehr helfen konnte. Dennoch wollte sie es versuchen. Jeder verdiente es, dass um ihn gekämpft wird.

Daher trat sie auf ihn zu, nahm den Arm, an dem die Vene geplatzt war und drückte sie ab. Jedoch kam lediglich noch mehr Blut herausgespritzt und verteilte sich an den Wänden. Mit Sicherheit würde sie davon Proben nehmen, denn Blut gab mehr Informationen als alles andere.

Lucien kam, ohne sich zu schützen, in den Raum und zog Janette von dem Mann weg. Gerade rechtzeitig, denn der Mann begann dicker und dicker zu werden, bevor es wirkte, als hätte er Auswüchse, die plötzlich explodierten. Nicht nur spritzend, sondern mit einer Macht, die Luciens und Janettes Haut leicht versenkte.

"Hey, was soll das?", protestierte die Ärztin und funkelte Lucien wütend an, als die Explosion vorbei war. Sie hatte Proben nehmen wollen, doch der Engel hatte ihr die Möglichkeit versemmelt.

"Es ist wichtiger, dass du nicht ausfällst", sagte er nüchtern und ließ sie wieder los.

Mit verengten Augen sah sie den Engel, der ebenfalls mit dem Blut bespritzt war, an. Seine Augen konnte sie nicht sehen, aber das war egal. "Seht Euch doch nur an. Ihr seid verletzt", grummelte sie. Ihre eigenen Verletzungen waren nicht schlimm. Schließlich war Janette ein Dämon, der immun gegen Viren und Bakterien war.

"Ist nichts Schlimmes", versicherte Lucien, der seinen Arm musterte. Dieser heilte bereits wieder.

Missmutig sah Janette auf ihre Kleidung und dann auf die Bescherung, welche die Explosion hinterlassen hatte. Die Wände des Raumes waren schwarz gefärbt und sahen aus, als hätte hier jemand gezündelt.

"Jetzt kann ich keine frischen Blutproben mehr nehmen", murrte Janette mit einem missbilligenden Blick auf Lucien. Mit ihrem Finger zeigte sie auf ihn. "Mischt Euch nicht in meine Arbeit ein", verlangte sie streng.

"Dann lass dich nicht in die Luft sprengen", antwortete der Engel nüchtern und schien sich keiner Schuld bewusst. "Wenn du stirbst, erklärt Luxuria uns den Krieg. Außerdem gibt es noch genug weitere Opfer."

Die Ärztin stemmte ihre Hände in die Hüften und wirkte wie eine Amazone, die angreifen würde. "Ich bin ein Dämon, der Experimente am laufenden Band durchführt", erwiderte Janette ernst. "Im Laufe der Zeit habe ich so viele Explosionen erlebt und überlebt", behauptete sie. Anfangs hatte sie einige Verletzungen davon getragen, doch es war nicht mehr so schlimm. Dennoch wollte sie gerne das Blut abwischen, denn es war nicht angenehm.

"Wir wissen nicht, ob dieses Blut dich vielleicht ansteckt. Nicht alle Engel sind immun dagegen, das könnte auch heißen, dass Dämonen befallen werden. Wir können es uns nicht leisten, wenn du uns weg explodierst", erklärte er nüchtern, wobei seine Wortwahl etwas an sich hatte, das ihr das Gefühl gab, er machte sich über die gesamte Situation lustig.

Abfällig schnaubte Janette und machte eine Handbewegung, die ihm bedeuten sollte, zu gehen. "Ich habe zu tun", sagte sie in einem Ton, der deutlich machte, dass sie besseres zu tun hatte, als sich mit ihm zu unterhalten. Wenigstens ein paar Fetzen, die vom Gestorbenen noch übrig waren, sollten eingesammelt und untersucht werden. Genauso wie ein paar Blutspritzer, von denen Janette allerdings ausging, dass sie mittlerweile wertlos waren.

Lucien seufzte. "Ich nehme an, du bekommst demnächst einen neuen Infizierten. Wir versuchen sie von anderen fernzuhalten", murmelte er und zog sich erst einmal zurück. Aber nicht so weit, dass er sie nicht mehr sehen konnte.

Sobald er außer Sichtweite war, beugte sich die Ärztin hinab und nahm mit einer Pinzette ein paar kleine Fetzen, die sie in Reagenzgläser verstaute. Ebenso nahm sie mit einer Pipette herunterlaufendes Blut von den Wänden und war danach erst einmal fertig.

Janette verließ das ruinierte Zimmer und zog sich erst einmal die schmutzige Kleidung aus. Wenigstens hatte ihre richtige unten darunter nichts abbekommen.

Mit einem umherschweifenden Blick suchte sie nach einer Stelle, wo sie die Kleidung entsorgen konnte. In den Krankenhäusern und bei Luxuria gab es Klappen, in die solche Wäsche geworfen wurden.

Sie fand eine eben solche und entsorgte dort die Kleidung.

Dabei wurde sie die ganze Zeit von Lucien beobachtet. Dieser hatte die Augen noch auf sie gerichtet, als er an das Handy ging, das in seiner Tasche vibrierte. Es war einer seiner Leute, der ihn informierte, dass sie einen weiteren Infizierten gefunden hatten. "Einfangen und herbringen", befahl er ruhig.

Hellhörig geworden warf die Ärztin ihm einen Blick zu und ihre Nasenflügel bebten. Vielleicht hatte sie jetzt die Chance, das zu bekommen, was sie wollte. Dabei taten ihr die Menschen leid, die betroffen waren und einen wohl qualvollen Tod starben.

Mit den Proben in der Hand machte sie Lucien ein Zeichen, dass sie solange anfangen würde, diese zu untersuchen.

Der Engel steckte das Handy wieder weg. "Willst du mitkommen, die Person fangen?"

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