Kapitel 37

Kapitel 37

Am nächsten Tag war Janette wieder soweit in Ordnung, dass sie ihrer Arbeit nachgehen konnte. Die Nacht bei Lucien im Bett hatte sie fast vollständig mit schlafen verbracht, doch zwischendrin war sie manchmal aufgewacht und hatte gespürt, dass der Engel sie streichelte.

Nun stand sie am Mikroskop und untersuchte den Inhalt einer Flasche, die wohl zur Gestaltswandlung benutzt worden war. Die Ruhe im Labor tat gut, nachdem Leandra nicht da war, sondern nur Lucien, der wie immer an der Wand lehnte.

Eigentlich war es schade, denn Raphaels Forscherin hätte sicherlich einen wertvollen Beitrag leisten können.

Ein Geräusch erklang und kündigte den Fahrstuhl an, der auf dem Weg zum Labor war und kurz darauf trat der Krieger Adair auf Lucien zu, um mit ihm zu sprechen.

Janette bemerkte ihn zwar, war aber auf ihre Tests zu konzentriert, um mitzuhören.

Zudem zogen sich Lucien und Adair etwas zurück. Allerdings nur so weit, dass Lucien Janette noch immer sehen konnte, sie aber nicht gestört wurde. "Was gibt es?", wollte Lucien wissen.

Mit kurzen Sätzen informierte Adair Raphaels Stellvertreter, dass Gino dem Clubbesitzer gefolgt war. Dieser hielt sich zurzeit in Afrika auf und sie hatten dort eine heiße Spur, denn anscheinend flog Marco öfters dorthin.

"Sehr gut. Haltet mich auf den Laufenden", bat Lucien.

Der Krieger warf einen kurzen Blick auf Janette, die fleißig ihre Ergebnisse studierte. „Raphael und ich werden in kürze ebenfalls nach Afrika fliegen. Er möchte, dass ihr hier bleibt und weitere Tests macht. Sobald er seinen Befehl gibt, dass ihr kommen sollt, dürft ihr euch in das nächste Flugzeug setzen", sagte Adair ernst und fügte hinzu, keine Dummheiten zu machen.

Lucien nickte. "Wenn ihr einer Spur folgt, ist das sehr gut. Ich bleibe hier und passe auf Janette auf. Wir wissen nicht, wie viele da mit drinhängen."

„Wohl genügend", seufzte Adair und richtete seine Flügel. „Raphael wird noch ein paar Krieger mitnehmen, doch er meinte, er würde euch zwei bestimmt bald brauchen. Dennoch möchte er euch nicht unnötig dort haben, nachdem das ... mit Janette passiert ist", fuhr er fort, als die Ärztin erfreut in die Hände klatschte.

Lucien nickte. "Wir richten uns ein, dass wir sofort losfliegen, sobald er uns braucht."

Damit war Adair zufrieden. Er wusste, dass man sich auf Lucien verlassen konnte.

„Ich habe etwas herausgefunden", verkündete Janette plötzlich und unterbrach damit die beiden.

Lucien gab ein Zeichen, das Adair ruhig warten konnte, wenn er die Zeit hatte, bevor er Janette fragte, was sie gefunden hatte.

Diese setzte ihre Schutzbrille ab und fuhr sich über ihre dunklen Haare. „Ich habe Blutspuren in dem Trank herausgefunden. Von einem Blut ist einiges vorhanden, doch es sind noch andere darin, die ich nicht genau zuordnen kann", erklärte Janette. Es war zwar nicht viel, was sie herausgefunden hatte, doch es war besser als nichts.

"Das heißt unsere Theorie, dass er Blut eines Engels oder Dämons nutzt, um andere zu wandeln könnte richtig sein?", fragte Lucien. Er hatte diese Theorie bereits mit Raphael geteilt.

„Sieht so aus. Aber von wem, das kann ich nicht feststellen. Das meiste kommt jedoch von Marco selbst", meinte sie selbstzufrieden. An dem einen Abend hatte sie es geschafft, von ihm und dem einen Mann, mit dem sie sich vergnügt hatte, winzige Zellproben zu bekommen. Den Mann hatte sie gekratzt und somit seine DNA unter ihrem Fingernagel gehabt. Ein Haar von Marco hatte sie mit ihrem Schwanz bekommen, indem sie seinen Kopf gestreichelt hatte.

"Das sind interessante Neuigkeiten", meinte Lucien und bat Adair das sofort Raphael zu melden.

Mit einem Kopfnicken versprach Adair das und drückte den Knopf des Fahrstuhls, damit sich die Tür öffnete. Endlich hatten sie Spuren und jeder hoffte, dass es bald vorbei war und alles wieder seinen gewohnten Gang nehmen konnte.

Sie hofften alle, dass sie das Ganze bald in den Griff bekommen würden.

Sobald Adair verschwunden war, streckte sich Janette und quietschte. Wenigstens hatten sie kleine Erfolge, auch wenn es noch unklar war, wie so etwas überhaupt möglich war. „Gab es etwas Wichtiges von Adair?", fragte sie Lucien, während sie gründlich ihre Hände wusch.

"Raphael wird bald mit Adair nach Afrika fliegen", erklärte Lucien. "Und es kann sein, dass er will, dass wir nachkommen."

„Nach Afrika?", fragte sie verblüfft. Das Gebiet stand unter der Engelsfrau Michaela und sie wunderte sich, dass diese wohl noch gar nichts von dem ganzen wirklich wusste. Oder sie wusste etwas, konnte jedoch nichts herausfinden.

Bisher hatte sie Michaela noch nie getroffen oder war in dem Land gewesen. Was sie dort wohl erwarten würde?

"Ja. Marco ist wohl dorthin auf den Weg", erklärte Lucien, der ihr durch die Haare fuhr.

Gründlich trocknete sich Janette ihre Hände ab und sah zu dem Engel hinauf. „Ob er dort seine Experimente gefangen hält?", fragte sie nachdenklich. „Vielleicht sind die in einem Dschungel oder in der Wüste, wo sie sonst nicht gefunden werden", mutmaßte sie grübelnd.

"Das könnte durchaus möglich sein", murmelte Lucien, der ihr einen Kuss auf die Stirn gab.

Irgendwie machte sich Janette Sorgen darum, dass Raphael sogar von Marco entführt werden würde, um sich vielleicht an ihm zu rächen. Der Clubbesitzer war schwer einzuschätzen, ob das alles sein Plan war und Raphael geradewegs in eine Falle lief.

Aber wie sollte ein einfacher Mensch einen Erzengel in eine Falle locken? Das war so gut wie unmöglich und Selbstmord.

Doch Marco schien nicht mehr ganz normal zu sein. Er war hinterhältig und eine Gefahr.

Wenn er als Mensch andere Menschen wandeln konnte, war das ein sehr großer Schritt. Niemand konnte sagen, wieso und woher er das konnte.

Und wie er überhaupt dazu gekommen war, andere Menschen für seine Machenschaften einzusetzen. Viele Menschenleben hatte er seitdem auf dem Gewissen.

"Bist du für heute fertig?", fragte Lucien.

"Leider nicht", antwortete die Ärztin und strich sich eine Strähne hinter ihr Ohr. Die Ergebnisse mussten noch in die Datenbank, die sie für den Fall angelegt hatte, eingetragen werden und sie musste noch aufräumen.

"Kann ich dir bei irgendwas helfen?", wollte Lucien wissen, den es langweilte, einfach nur rumzustehen. Zudem wollte er Hautkontakt mit Janette.

Diese schüttelte den Kopf, während sie den Stapel an Papieren nahm und diese auf den Schreibtisch legte. „Eigentlich nicht", meinte sie und begann, das Labor zuerst aufzuräumen. Das war einfach, bevor sie sich auf die Daten konzentrierte, die korrekt eingetragen werden mussten.

Lucien blieb bei ihr und trat schließlich hinter sie, als sie auf dem Stuhl saß, um Papiere zu bearbeiten.

Mit einem Lineal hatte sie einen Teil der Daten zugedeckt, um nichts aus einer falschen Reihe einzutragen. Mehrmals verglich sie das Eingetragene, bevor sie das Lineal ein Stück weiter schob. Es war eine Menge, die sie eintragen musste, doch das brauchte sie, um Vergleiche ziehen zu können.

Das, was auf den Blättern stand, war für Außenstehende nicht zu entziffern. Dazu waren die Buchstaben und Zahlen zu seltsam.

Janette spürte den Engel hinter sich stehen, doch sie reagierte nicht. Allen voran, weil sie hochkonzentriert war.

Das kannte Lucien bereits und störte sie nicht. Er folgte einem eigenen Drang, weil er wissen wollte, dass es ihr gut ging. Das ging am besten durch Körperkontakt.

Nicht wie sonst spürte er, dass sie sich regte. Es schien, als wäre sie in Gedanken nur noch bei der Arbeit.

Er nahm es so hin, denn er wollte sie nicht drängen. Es reichte ihm, wenn er sie spüren konnte, damit er wusste, dass es ihr gut ging.

Solange er nur hinter ihr stand, sagte Janette nichts, sondern schrieb, tippte und legte die fertigen Blätter zur Seite. Im Moment schien es, als würde sie Ewigkeiten dazu brauchen, denn der Stapel, der sich seit dem Vortag angesammelt hatte, war beachtlich für die Zeit.

"Wenn du fertig bist, würdest du dann mit mir fliegen?", fragte Lucien. Er wollte sie etwas ablenken.

Kurz hielt sie mit dem Abhaken inne und hob den Kopf. „Ich weiß nicht. Vielleicht wäre mir ein Bad lieber. Ich möchte gerade nicht raus", murmelte sie.

"Nicht einmal mit mir?", fragte Lucien und streichelte ihren Rücken.

Zu seinem Erstaunen rückte sie ein winziges Stück nach vorne, sodass der Abstand zwischen ihr und dem Tisch geringer wurde. „Ich weiß nicht. Vielleicht ein anderes Mal", erwiderte Janette, die krampfhafter als sonst wirkte.

Lucien ließ von ihr ab, weil er nicht wollte, dass sie sich unwohl fühlte, blieb aber hinter ihr stehen. "Dann solltest du eine Runde baden und dich entspannen. Möchtest du in die Schwimmhalle?"

Janette schüttelte den Kopf und ließ leise ihre Luft entweichen. Warum sie diese angehalten hatte, wusste sie nicht einmal. „Ich möchte nur ein normales Bad und dann schlafen", sagte sie leise.

"In Ordnung. Soll ich bei dir bleiben?", fragte er und küsste ihre Haare.

„Wie du möchtest", wich Janette der eigentlichen Frage aus. Im Moment wusste sie wirklich nicht, was sie wollte. Einerseits wollte sie, dass das mit Marco ein Ende hatte. Jedoch bedeutete das gleichzeitig auch, dass ihre Zeit mit Lucien immer weniger wurde.

Ein Gedanke blitzte in ihr auf, den sie sogleich wieder verwarf, denn das würde sie nicht fertig bringen, weil sie dafür zu ehrlich war.

Allerdings wurde sie bei dem Gedanken, Lucien bald verlassen zu müssen, traurig. Und mit dieser Art von Traurigkeit kam sie nicht klar.

"Es ist deine Entscheidung", sagte er und küsste erneut ihre Haare. "Es ist ja dein Zimmer."

„Lass mich die Dinge fertig machen, vielleicht habe ich mich bis dahin entschieden", bat Janette und schloss für einen Moment die Augen. Tief atmete sie ein und flüsterte dann, dass sie vielleicht doch fliegen sollten. Ablenkung würde ihr hoffentlich guttun, anstatt im Zimmer zu sitzen und Trübsal zu blasen.

"Es ist deine Entscheidung. Ich bin bei dir und passe auf dich auf", versicherte er. "Zudem könnte dir der Ort gefallen."

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