Kapitel 1

Kapitel 1

Fröhliche Musik erklang hinter der sterilen, weißen Tür zum hochtechnischen Labor. Aber nicht nur das war zu vernehmen, sondern auch eine liebliche Stimme, die mit summte oder sogar sang. Allerdings traf diese nicht unbedingt immer den Ton, weshalb es besser war, dem Quietschen schnellstmöglich zu entgehen, indem man flüchtete.

Deshalb war es auch kein Wunder, dass dieser Bereich sehr ruhig war. Gähnend leere Flure erwarteten einen, doch hinter den zahlreichen Türen des Krankenhauses erklangen Stimmen oder sogar Klirren. Dieser Bereich hier war gut geschützt, denn hier wurden auch Forschungen betrieben. Daher hatten lediglich bestimmte Personen Zutritt, die sich stets ausweisen mussten, bevor sie einen Fuß in den Korridor setzen durften.

Das Singen der lieblichen Stimme wurde lauter und hallte sogar ein bisschen in dem Flur, doch keiner schien es zu stören. Wohl auch, weil die Räume teilweise schalldicht ausgelegt waren, damit keine neuesten Informationen in die Außenwelt gelangen, bevor es nicht ausdrücklich erwünscht war.

Gerade hier in dieser Sektion mussten die Geheimnisse strengstens gewahrt bleiben. Deshalb musste jeder, der hier arbeitete, auch einen Vertrag unterschreiben. Wer sich nicht daran hielt, konnte mit schrecklichen Konsequenzen rechnen.

Das hatte Janette Hikasawa keineswegs vor. Nichts auf der Welt würde sie dazu bringen, ihre geliebte Arbeit durch Klatsch und Tratsch zu gefährden. Sie war, gelinde gesagt, mustergültig, diszipliniert und stets wissbegierig.

Die Sukkubus mit ihrem weißen Arztkittel wirkte sehr brav und freundlich. Zumindest war das der erste Eindruck. Doch hinter ihrer Fassade steckte noch viel mehr. Wer sie richtig kannte, würde sie nicht mehr unbedingt als brav bezeichnen.

Jetzt bewegte sich ihr schwarzer Dämonenschwanz im Takt der Musik mit, während sie einige Reagenzgläser genauestens beobachtete, bis sie etwas von ihnen ablesen konnte. Dazu hatte sie eines davon in die Hand genommen und hielt es gegen das Licht.

Sie freute sich schon auf die Ergebnisse und hoffte, etwas Bewegendes entdeckt zu haben. Ihre Freude darüber, wieder hier sein zu dürfen, war bemerkbar, indem sie hart dafür arbeitete, um ihren Ruf als beste Ärztin gerecht zu werden.

Es erklang ein leises Piepen, das ankündigte, dass jemand ihre Aufmerksamkeit wollte. Die Musik wurde automatisch leiser, damit man hören konnte, was gesagt wurde. Durch den Lautsprecher erklang die Stimme der Frau, die sich darum kümmerte, Besucher und andere Leute anzumelden.

"Janette, Lady Luxuria ist hier, um mit Euch zu sprechen. Sie ist bereits auf den Weg zu Euch", erklärte die Frau durch den Lautsprecher höflich. Dann hörte Janette, dass sie wieder auflegte und die Musik wurde lauter.

Überrascht von dieser Ankündigung hätte Janette beinahe ihr Reagenzglas vergessen. In diesem veränderte sich die durchsichtige Substanz leicht grünlich. Das brachte die Ärztin zum Strahlen. Damit war Schritt eins des Versuchs abgeschlossen. Schritt zwei würde sich verzögern, wenn Luxuria sie sprechen wollte.

Was bewegte sie dazu, hierher zu kommen? Nachdenklich schrieb Janette die Reaktion im Reagenzglas auf ein Klemmbrett, bevor sie dieses so hinstellte, dass es nicht umfallen konnte.

Mit Sicherheit würde Luxuria in den nächsten Minuten auftauchen, weshalb sie den nächsten Schritt nicht mehr anfangen würde. Einmal mit ihr im Gespräch, vergaß Janette ab und an, was sie eigentlich tun wollte.

Statt sich mit einen Klopfen anzukündigen, öffnete Luxuria einfach die Tür.

Sie war eine wunderschöne Frau, die immer gern sehr viel ihrer schokoladenfarbenen Haut zeigte. Das rote Haar fiel ihr in leichten Wellen über die Schulter und wirkte bis in die violetten Spitzen gepflegt. Ihre hellvioletten Augen richteten sich auf Janette und ein Lächeln erschien auf den fein geschwungenen, blutroten Lippen.

Die Fledermausflügel auf ihren Rücken falteten sich zusammen, damit sie durch die Tür gehen konnte. Diese war groß genug, dass sie nicht anstieß. Mit ihrem Teufelsschwanz schob sie die Tür wieder zu. "Janette", sagte sie mit lieblicher Stimm als Begrüßung.

Freudig kam die Angesprochene näher und umarmte Luxuria kurz. Mit ihr verstand sie sich sehr gut und durch ihre lange Freundschaft war sie so etwas wie Luxurias Vertraute geworden.

Janettes schwarzer Dämonenschwanz tippte ihren leicht zur Begrüßung an. Das war etwas, was sie nicht kontrollieren konnte. Seit einiger Zeit geschah das, wenn sie Luxuria gegenüberstand. „Ich freue mich, dass du gekommen bist, Luxuria", sagte die Ärztin freudig und schob die Dämonin ein kleines Stück von sich, um sie mit ihren gelblichen Augen zu mustern.

Die junge Frau schmunzelte. Obwohl sie die Herrscherin von Asien war, war sie über diese kleine Geste sehr erfreut. Vor allem hier unten, wo niemand sie stören würde, konnten sie ungezwungen miteinander umgehen, ohne dass es Konsequenzen hatte.

"Leider ist der Grund für mein Auftauchen nicht so freudig", sagte sie entschuldigend und ließ ihren eigenen Dämonenschwanz verführerisch über Janettes Seiten wandern. Fast schon auffordernd verführerisch.

Diese kicherte, um ein Stöhnen zu verstecken. Luxuria wusste sehr gut, dass Janette nicht nur kitzelig war, sondern auch jegliche Arten von Berührungen liebte. Es war ihr egal, ob es eine Frau oder ein Mann war, der sie anfasste. Hauptsache, sie konnte sich der Verführung hingeben. Dabei verführte sie selbst sehr gerne, hatte aber nichts dagegen, wenn andere das übernahmen.

„Was für ein Grund bringt dich hierher?", fragte Janette, die unbewusst ihre Finger über Luxurias Schokoladenhaut fahren ließ. Dabei lag ihr Blick auf dem wunderschönen Gesicht der Dämonin.

Als Höllendämonin stand Luxuria weit über Janette, doch das hinderte beide nicht daran, so miteinander umzugehen. Luxuria trug nicht umsonst den Titel 'Sünde der Wollust'.

"Der Erzengel Raphael bittet mich, ihm bei einem Problem zu helfen", erklärte Luxuria mit ruhigem Ton.

Sofort wurde Janette ernster und vergaß die lieblichen Streicheleinheiten von Luxuria. Das klang nach einem sehr ernsten Problem. Nicht umsonst würde der Engel, der über Europa herrschte, die Dämonin um Hilfe bitten. Meist konnte er Probleme allein bewältigen.

Janette nickte in die Richtung des Tisches, an dem zwei Stühle standen. Das Labor war schön kühl und durch ihren Hang zum Perfektionismus war alles blitzblank, wenn sie hier war. Im Gegensatz zu anderen, die manchmal sogar ein Chaos hinterließen. Das brachte Janette in Rage, wenn sie dann wieder hierher kam.

„Erzähl mir bei einer Tasse Tee mehr davon", bat die Ärztin und holte sogleich zwei Tassen aus einem Schrank, bevor sie die Thermosflasche öffnete, um einen heißen Jasmintee einzuschenken. Dieses Zeug konnte sie zu jeder Tageszeit trinken.

Luxuria ging es da nicht anders, weshalb sie sofort einen Schluck nahm, bevor sie begann zu sprechen. "Im Grunde hat er nicht viel geschrieben. Es geht um ein gesundheitliches Problem und er bittet mich um meine beste Ärztin, die ich ihm ausleihen kann", fasste sie möglichst ohne Wertung zusammen. Ihr war sofort Janette in den Sinn gekommen, denn diese machte ihre Arbeit tadellos.

Prompt verschluckte sich diese und hustete. Dabei verschüttete sie etwas von ihrem Tee auf ihrem makellosen Arztkittel, den sie daraufhin seufzend auszog. Zum Vorschein kam eine hübsche Figur, die ausgeprägte Kurven an den richtigen Stellen besaß. Das schwarze kurze Kleid, welches in einem Faltenrock endete, schmiegte sich perfekt an ihren Körper. Es ließ ihre Schultern frei, doch über ihrem Dekolleté gingen zwei lederne Bänder, die sich überkreuzte und an ihrem Hals endeten. Unter ihrem schwarzen Kleid war pinkene Reizwäsche zu sehen.

"Und du willst mich tatsächlich hinschicken?", quietschte sie überrascht, als sie die Sauerrei auf dem Tisch mit einem Tuch wegwischte.

"Du bist die Erste, die mir eingefallen ist", gestand Luxuria. "Ich bin mir sicher, dass die Reise in ein anderes Territorium dir sehr viel Wissenswertes beschert", sagte sie und wurde ernst. "Zudem grenzt Raphaels Territorium an unseren und sollte es sich um eine gefährliche Krankheit handeln, kann sie sehr leicht zu uns überlaufen", erklärte sie, damit Janette sich dem Ernst der Lage klar wurde.

Diese nickte bei ihren Worten zustimmend und warf anschließend die schmutzigen Tücher in den Mülleimer. "Du hast vollkommen Recht. Weißt du mehr darüber Bescheid? Wann soll es losgehen?", fragte sie neugierig und nickte in die Richtung des Tisches, auf dem die Reagenzgläser standen. Sie war mittendrin in dem Versuch und hoffte, wenigstens dazu noch Zeit zu haben.

"Sobald du zugestimmt hast", sagte Luxuria ernst. "Solltest du ablehnen, werde ich jemand anderen finden müssen", gestand sie, denn sie ließ Janette die Entscheidung. "Trotzdem wäre es mir lieber, wenn du gehen würdest. Ich kann dir jedoch nicht mehr dazu sagen. Der Brief war sehr ... vage."

Sofort konnte Luxuria dieses Leuchten in Janettes Augen sehen. Dieses bekam sie immer, wenn etwas Unbekanntes auf sie wartete. Von Natur aus war sie sehr neugierig und wollte alles lernen, um den Menschen helfen zu können.

Deshalb stimmte sie Luxuria auch zu. „Wenn du mich schon auserkoren hast, werde ich natürlich nicht ablehnen. Du weißt, dass ich helfen möchte", sagte sie mit eindringlicher Stimme und nippte an ihrem Tee.

"Sehr gut. Dann hast du ein paar Tage Zeit, um dich vorzubereiten. Sobald du soweit bist, geht die Reise los", erklärte sie. "Ich bringe dich persönlich hin." Sie wollte sichergehen, dass Janette auf der Reise nichts passierte und sie auch heil bei Raphael ankam. Obwohl dieser ein Engel war, wusste Luxuria, dass er ihre Leute gut behandeln würde.

Das hatte er in der Vergangenheit bereits bewiesen und sie konnte stets darauf vertrauen.

„Dann mache ich diesen Versuch noch fertig und werde mich dann vorbereiten", erwiderte Janette und stand auf, um sich Luxuria zu nähern. „Da ich davon ausgehe, dass ich dich einige Zeit nicht mehr sehen werde ... wie wäre es mit Hingabe?", fragte sie verführerisch an ihrem Ohr und biss neckisch dort hinein.

Luxuria stieß ein fast kindliches Kichern aus, bevor sie ihren Kopf so legte, dass Janette leichter an ihr Ohr und ihren Hals kam. "Als könnte ich das ablehnen", sagte sie mit ebenso verführerischer Stimme.

Janettes Augen strahlten und sie wischte die Dinge auf dem Tisch zur Seite, bevor sie ihre Arme öffnete. „Dann komm und lass das Spiel beginnen ...", hauchte sie der Höllendämonin entgegen.

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