Der Todesort... und das Gerät (1)

"Das ist eine blöde Idee!"
Die junge Erddämonin schob ihren massigen Körper durch das Portal, das ihre kleinere Geisterfreundin geöffnet hatte. Sie hatte grüne, Gras-artige Haare, die wild von ihrem Kopf abstanden, schwarze, glänzende Hörner, und einen schuppigen Rattenschwanz and dessen Ende auch ein Büschel solcher Haare wuchs.
"Wieso? Das wird lustig!", trällerte Marianne, ein pummeliges Mädchen mit runder Kupferbrille, genauso übermotiviert wie immer. Ihre rostroten Zottelhaare dopsten um ihr rundes Gesicht, während sie durch das Haus schoss, wie eine Flipper-Kugel auf gefährlichen Substanzen. Ihr blauweißes Nachthemd, in dem sie gestorben war, flatterte um sie herum.

Edres verdrehte die leuchtend grünen Augen. "Wieso? Wieso?! Erstens: es ist total verboten. Zweitens: es ist sinnlos. Drittens: es ist gefährlich. Viertens: du bist seit über hundert Jahren tot, du kennst dich hier gar nicht mehr aus. Ich könnte ewig so weiter reden! Wieso musst du so was immer wieder machen? Das ist mega unnötig! Gieb es zu, du willst doch nur mit deinen neuen Portalfähigkeiten angeben! Okay! Ich hab es verstanden! Du bist extrem gut in Dämonenmagie. Können wir jetzt gehen?", jammerte sie.

Marianne drehte sich um, stämmte die Hände in die Hüften und schwebte grinsend auf ihre beste Freundin zu. "Hast du etwa Angst?", fragte sie neckend. Immer musste sie provozieren.
"Was? Angst? Ich? Niemals!", entgegnete Edres trotzig und verschränkte ihre Arme, die ungefähr so dick waren wie Mariannes Kopf, vor der Brust. "Gut.", meinte der Geist und ihre blauen Augen funkelten vor Schalk, "Dann können wir ja auch ein bisschen hierbleiben."
Wieder verdrehte Edres die Augen, aber sie folgte ihrer Freundin trotzdem in das nächste Zimmer des alten Hauses, in dem diese 1918 gestorben war.

Das besuchen seines Todesortes war in Nebel, dem Kontinent auf dem die meisten Geister in der Welt hinter der Welt, der Welt der Dämonen, lebten momentan total modern, obwohl die Regierung des öfteren davon abgeraten hatte.
Edres stöhnte genervt und sah sich nochmals um. Ihr Schwanz zuckte nervös hinter ihr her.
Es war ein hübsches Haus, das musste die 14 jährige Dämonin sich schon eingestehen, aber das hieß noch lange nicht, dass sie hierbleiben wollte.
Es war für junge Dämonen nicht grundlos verboten die Welt hinter der Welt zu verlassen und, um ehrlich zu sein, hatte Edres schon ein bisschen Schiss.

"Muss das wirklich sein? Was wenn die Menschen wieder kommen? Ich kann mich, im Vergleich zu dir, nicht unsichtbar machen!", versuchte die Erddämonin Marianne zu überzeugen.
"Ha!", rief die kleinere Dämonin triumphierend,"Ich wusste doch, dass du Angst hast!"
"Nein, hab ich nicht. Ich zähle nur Fakten auf!", log Edres.
"Och Eeeeedres! Komm schon! Ich zeig dir wo ich gestorben bin, wir schauen uns ein bisschen um und dann sind wir weg, bevor die Menschen kommen. Die kommen eh nicht.", moserte Marianne und strubbelte Edres durch das Gras, das auf ihrem Kopf, zwischen ihren glänzenden, schwarzen Hörnern, wuchs. Edres stöhnte genervt und murmelte: "Immer noch eine blöde Idee."
Dann tappste sie weiter hinter Marianne her.

"Hier ist es!", verkündete das Geistermädchen feierlich. Auch wenn Edres sich größte Mühe gab es vor Marianne zu verstecken, wäre es gelogen gewesen, wenn sie gesagt hätte, dass sie nicht aufgeregt war. Sie spähte durch den Türrahmen und erblickte das warscheinlich langweiligste Treppenhaus aller Zeiten. "Hier bist du gestorben?"
"Ja."
"Hier?"
"Ja."
"Dein Ernst?"
"Jaaaa."
"Wie?", fragte Edres verwirrt, "Bist du ermordet worden?"

Sie starte das Treppenhaus an, und versuchte sich vorzustellen wie darin ein Mord stattfand. Das wäre, zumindest Edres Meinung nach, auch wirklich das einzigste, was diesen absolut langweiligen Ort irgendwie interessant machen könnte. Das Treppenhaus beinhaltete eine graue Treppe, graue Wände, an denen nicht einmal ein Foto hing, und einen hässlichen, braunen Teppich, der roch, als hätte jemand mit viel Parfum und Waschmittel verzweifelt versucht einen penetranten Kohl-und-Katze-Geruch heraus zu waschen, nur um kläglich daran zu scheitern. Es war praktisch die Definition von langweilig.

"Nein, ich bin die Treppe runter gefallen und hab mir das Genick gebrochen.", erklärte Marianne, aus irgendeinem Grund breit grinsend.
"Ja, macht Sinn. Das passt zu dir. Ich wette, wenn du nicht schweben würdest, würdest du ständig über Sachen fallen.", meinte Edres resigniert. "Heeeeey, Eeeedres! Das ist gemeeeeeeiiiiiiiiin.", jaulte Marianne immer noch grinsend und flog einen Looping bei dem sie gegen das Treppengeländer dozte. "Aber wahr.", gab Edres trocken zurück. "Okay, ich habe gesehen, wo du deinen epischen Kopfklatscher des Todes hingelegt hast, können wir jetzt gehen?", fragte die Erddämonin, die von Sekunde zu Sekunde nervöser wurde.

Das pummelige Geistermädchen hing immer noch auf Höhe des Geländers in der Luft und rieb sich die Stelle ihres Kopfes, die gerade Dopsball gespielt hatte. "Was issn das fürn Ding.", nuschelte sie, sichtlich benommen. "Ist egal! Lass uns nach Hause gehen!", quengelte Edres.
Marianne ignorierte die Bitte ihrer Freundin und schoss auf den Boden zu, um sich den Gegenstand zu holen, verschätzte sich in der Entfernung und schrammte mit dem Kopf über den hässlichen Teppich, wobei sie eine Wolke, sehr nach Kohl und Katze riechenden, Staubes aufwirbelte.
"Aua!", rief sie und hob ihren Kopf aus den Fransen.

Ihre Kupferbrille hieng schief in ihrem Gesicht und ihre Haare sahen aus, als hätte sie einen Kampf gegen ein Stromkabel verloren. "Autschi! So ein Mist!", jammerte sie. Edres konnte ihr Lachen gerade so noch als husten tarnen. "Das hast du von deiner Hibbeligkeit.", kicherte sie. Marianne schüttelte sich, wobei der Staub in alle Richtungen flog, und hielt grinsend den Gegenstand hoch, für den sie die Bruchlandung auf dem Teppich gemacht hatte. Es war eine kleine, flache, glänzende, schwarz-weiße Box.

"Tada!", rief sie. "Was ist das?", fragte Edres verwirrt. "Kein Plan, sieht aber cool aus.", antwortete Marianne.
"Bestimmt irgendwelches Menschenzeugs, leg es zurück.", sagte Edres und trat nervös von einem Bein auf das andere.
"Es glänzt... und es lag in meinem Haus... ich glaube ich behalte es.", murmelte der Geist.
"Nein."
"Doch."
"Nein!"
"Doch!"
"Neeeeeiiiiiinnn!"
"Dooooooooooch!"

"NEIN!", rief Edres, packte die Box und versuchte sie aus Mariannes Hand zu reißen, wobei sie ihre schwächere Freundin einfach mitriss.
"Es ist nicht einmal dein Haus. War es auch nie! Du bist mit dreizehn gestorben!", rief Edres und versuchte Marianne abzuschütteln, die sich mit aller Kraft an dem Gegenstand festkrallte, "Lass das liegen, die Menschen suchen das bestimmt!"

Bevor Marianne noch etwas, sicherlich nerviges und motziges, von sich geben konnte rutschte Edres' Finger über eine Erhebung am Rand der Box und das Teil begann zu leuchten. Erschrocken ließen die beiden Dämoninen den Gegenstand los, der auf den Teppich zurück fiel und erneut einen Atompilz aus nach Kohl und Katze riechendem Staub erzeugte. "Bei Malus und Malitia, was war das denn? Warst du das?", rief Marianne erschrocken.
"Ich hab dir gesagt, du sollst deine toten, kalten, Drecksgriffel davon lassen!", tobte Edres.

Sie hatte es gewusst! Es war ein Fehler gewesen hier her zu kommen. Ein riesiger Fehler, so groß, dass das eine Mal, als Marianne beschlossen hatte bei ihrer Nachbarin einzubrechen, dagegen geradezu harmlos wirkte.
Marianne schwebte näher an den Gegenstand heran und deutete darauf.

"Guck mal! Da ist ein Bild drauf. Ich glaube das ist so eine Art Gefäß für Kommunkationsmagie, das Menschen benutzen! Ein Telefon! Nur in neu. Ich wollte ja immer ein Telefon...", meinte sie und hob das Gerät wieder auf.
Edres wollte sich das moderne Telefon nicht anschauen. Sie wollte Marianne sagen, dass sie es weglegen sollte und sie nach Hause schleifen, bevor sie sich in noch mehr Schwierigkeiten brachte. Edres holte Luft um zu ihrer Moralpredigt anzusetzen, die sie eigentlich gar nicht halten wollte, weil sie selbst neugierig war...

"Eeeedres! Guck her! Die haben einen Hund! Da ist ein Hund auf dem Bild! Und eine Katze! Ich frage mich, ob das Telefon dem Mädchen auf dem Bild gehört."
Damit hatte Marianne gewonnen. Edres liebte Tiere. "Zeig.", rief sie aufgeregt und schnappte sich das Telefon. Das Geistermädchen hatte recht. Da war ein Bild von einem Menschen, einem jungen, weiblichen, mit langen Haaren und einer Katze auf dem Schoß. Neben ihr saß ein großer, zottiger Hund. "Wie süß! Was das wohl für ein Hund ist?", hauchte die Erddämonin. "Keine Ahnung. Wir könnten ja meine Nachbarin fragen. Dann können wir auch gleich fragen, ob das wirklich ein Telefon ist. Die ist doch Professorin für Kultur... oder?", rief Marianne übermotiviert.

Edres schnaubte. "Ja klar! Lass uns die super strenge Professorin fragen, bei der wir letztes Jahr eingestiegen sind! Das wird lustig! 'Hi Luri, ich wieß, Sie können uns nicht leiden, weil wir Ihre Forschungen besudelt haben, als wir bei Ihnen eingebrochen sind, aber wir hätten ein paar Fragen zu dem Menschengerät, das wir geklaut haben, als wir illegalerweiße die Erde besucht haben, um bei einem Trend mitzumachen, den Sie für total hirnverbrannt halten. Bitte seien Sie so gut und sagen sie es ihrem super guten Freund, dem König, nicht!' Echt Marianne? Geht's noch? Wir sagen deiner Nachbarin gar nichts von dem Teil! Oder davon, dass wir hier waren. So schlau wie die ist, haben wir Glück, wenn sie es nicht von alleine rausfindet! Und ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich kann die Stelle immer noch spüren, an der mich die Kreide getroffen hat. Ich schwöre: Die Frau ist ein Sniper!", rief Edres und warf die Hände in die Luft.

Marianne ihrerseits schien einmal wieder nur das gehört zu haben, das sie hören wollte. "Das heißt wir behalten es?", fragte sie, nun noch breiter grinsend. "Ja... vorerst...", gab Edres nach und starrte mit glitzernden Augen den Hund an.
Plötzlich ertönte ein Quietschen. "Oh Nein! Das ist die Tür! Die Menschen kommen!", rief Marianne entsetzt. Die Dämoninen sahen sich panisch um und rannten zu ihrem Portal zurück. "Habs dir gleich gesagt!", zischte Edres als sie hindurchsprangen. Das Smartphone hatte sie immer noch ferst umklammert.

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