27| Glückseligkeit

Drei Jahre später

Luzifer stand in seinem Gemach vor dem Fenster und schaute hinaus in den Garten. Er dachte an seine Frau Ninurta, die schon seit Tagen in ihrem Gemach lag. Seine Sorge um sie wuchs. Einzig die Gewissheit, dass sie nicht sterben konnte, tröstete ihn ein wenig. Denn schon kurz nach seiner Krönung, nachdem er seine neuen Kräfte ausgetestet und gelernt hatte mit ihnen umzugehen, belegte er Ninurta und auch Belphegor mit einem starken Unsterblichkeit Zauber. Niemand außer Luzifer war nun in der Lage sie zu töten.

»Es ist soweit, Meister« , erklang Belphegors Stimme hinter ihm und riss ihn aus seinen Gedanken.

Luzifer drehte sich zu ihm um, »Dann sollten wir keine Zeit verlieren.«

Sie verließen sein Gemach und liefen eilig die Flure des Palastes entlang. Vieles hatte sich hier verändert. Der Palast war nun vollkommen nach Luzifers Geschmack eingerichtet. Die Wände und Decken waren nach wie vor schwarz, nur das sie nun kunstvoll verziert waren und Lampen aus Gold an den Wänden hingen.

Doch auch im Reich hatte sich einiges getan. Die Dörfer und Städten waren zum Teil wieder aufgebaut, auch die Inseln im Kristallmeer waren nun wieder bewohnt. Es herrschte überall Frieden. Ab und zu kam es zwar manchmal zu Revierkämpfen, aber das war unter Dämonen normal. Luzifer und die zehn Fürsten sorgten nur dafür, dass diese Kämpfe keine größeren Ausmaße annahmen.

Viele seiner Verbündeten sind nach dem Krieg in ihre Heimat zurückgekehrt. Neben den Stierdämonen sind jedoch noch welche geblieben und dienen nun in seinem Palast. Gusion hatte Luzifer inzwischen auch mit dem unbrechbaren Eid die Treue geschworen und machte sich momentan hervorragend als Ninurtas Leibwächter. Er war zwar normalerweise Luzifers Wächter, doch dieser meinte, dass seine Frau in ihrem jetzigen Zustand besondere Bewachung brauchte. Auch war Luzifer der Meinung, dass er eigentlich keinen Schutz bräuchte, denn so gut wie jeder Dämon war mit der Führung des neuen Königs zufrieden. Aber Vorsicht war bekanntlich besser als Nachsicht.

Anfangs gab es tatsächlich Dämonen, die seine Herrschaft nicht anerkennen wollten, aber da hatte er hart durchgegriffen, durchgreifen müssen. Er durfte als König keinen Verrat dulden, da man ihm dies als Schwäche auslegen könnte und dass würde nur weitere Probleme nach sich ziehen.

Luzifer und Belphegor blieben nach einigen Minuten vor einer großen Tür stehen. Schmerzensschreie ertönten aus dem geschlossen Raum. Laut hämmerte Luzifer gegen die Tür.

Eine Dienerin öffnete sie. »Verzeiht Herr, aber ihr könnt jetzt nicht...«

»Ich will sofort zu meiner Gefährtin!«, unterbrach er sie barsch. Seine Augen glühten blutrot auf. Ein sicheres Zeichen, dass man ihm lieber gehorchen sollte. Die Dämonin ließ ihn ein. »Du wartest hier draußen«, meinte er an Belphegor gewandt.

Mit großen Schritten trat Luzifer in den großen Raum ein und hörte, wie hinter ihm die Tür geschlossen wurde. Vor dem großen Himmelbett, am anderen Ende des Raumes, blieb er stehen. Ninurta lächelte gequält, als sie ihn sah und winkte ihn zu sich. Langsam ging er auf sie zu. Sie wirkte schwach. Ihr Körper war schweißgebadet und ihre Haut blasser als sonst, doch ihre Augen leuchteten glücklich. Sanft legte Luzifer eine Hand auf ihren Kopf und strich ihr ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Dann verkrampfte Ninurta sich plötzlich. Sie schrie vor Schmerzen auf.

»Es ist bald geschafft«, versuchte eine Dienerin sie zu beruhigen.

Luzifer griff nach Ninurtas Hand und hielt sie fest. Selbst als sie so fest drückte, dass er das Gefühl hatte sie würde ihm die Hand brechen, ließ er nicht los. Immer wieder wand sie sich unter schmerzen. Man sah ihr an, wie erschöpft sie war. Gerne hätte Luzifer ihr die Schmerzen genommen, doch er konnte nichts tun.

Minuten vergingen, die sich wie Stunden anfühlten. »Nur noch ein, zweimal dann habt Ihr es hinter Euch, Herrin.« Die Dienerin hielt ihre Hände zwischen Ninurtas Schenkeln.

Luzifer wagte es einen Blick zu riskieren und konnte den kleinen Kopf sehen, der zwischen ihren Beinen heraus guckte. Nach sieben weiteren Minuten war auch der Rest des winzigen Körpers draußen.

Die Dienerin machte das kleine Baby sauber, wickelte es in Tücher und übergab es Luzifer. »Glückwunsch zu Eurem Sohn«, sagte sie lächelnd.

Sachte nahm er das kleine Bündel in den Arm. Die Haut des Jungen war blau. Seine Haare und die winzigen Hörner dagegen schwarz. Die Augen hatte er geschlossen, sodass man ihre Farbe nicht erkennen konnte. »Astaroth«, flüsterte er leise, während er stolz seinen Sohn betrachtete.

»Das ist ein schöner Name.« Ninurtas Stimme klang rau, doch sie sah glücklich aus, trotz ihrer Erschöpfung. Er legte ihr das Baby auf den Bauch. Sofort nahm sie es in ihre Arme.

»Macht hier sauber und lasst uns dann allein«, befahl er den Dienerinnen.

Er hob Ninurta auf seine Arme, damit sie das Bett neu beziehen konnten. Während er sie im Arm hielt, heilte er sie. Ihre Haut bekam wieder mehr Farbe und sie wirkte nicht mehr so schwach. Sanft legte er sie zurück auf das Bett, nachdem es frisch bezogen war. Die Dienerinnen verließen das Gemach. Belphegor kam herein und schaute sich den kleinen Prinzen an. Doch er verweilte nicht lange, da sein Meister ihn schon nach ein paar Minuten wieder hinauswarf. Er wollte mit Ninurta und seinem Sohn alleine sein. Luzifer legte sich zu ihnen auf das Bett. Behutsam zog er sie in seine Arme.

Den ganzen restlichen Tag und die ganze Nacht blieben sie zusammen liegen. Nie hätte Luzifer gedacht, dass er sich mal so glücklich fühlen würde. Zum ersten Mal fühlte er sich vollkommen. Nichts könnte und würde dieses Glück zerstören, dafür würde er sorgen. Er würde sie beide bis in alle Ewigkeit beschützen.

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