24| Ruhe Kehrt Ein
Ein paar Tage waren nun vergangen, seit sich der Tempel wieder in Iscaeria befand. Viele Reisende kamen seitdem jeden Tag an, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, dass er wirklich wieder zurück war. Sie blieben teilweise stundenlang im Tempel. Dämonen beteten aber nicht. Sie verharrten einfach still und sich gekehrt. Man könnte es mit einer Art Meditation vergleichen. Nur dass sie auf diese weise versuchten Kontakt zu ihrer Göttin herzustellen. Dafür musste man sich aber intensiv auf sie und seinen eigenen Geist konzentrieren. Nur dann konnte man sie hören. Manche wenige schafften es sogar, sie zu sehen. Sartana zeigte sich nie persönlich. Es sei denn, der Dämon oder die Dämonin hatten sich diese Ehre verdient. Außer aber, das Problem oder Anliegen, dass der jenige hatte, war so komplex oder herzergreifend, dass sie bereit war, sich persönlich der Sache anzunehmen. Dabei war der Göttin völlig egal, wie viel Macht oder Ansehen man hatte. Für sie waren alle Dämonen gleich.
Sharon hatte die letzten Tage jedoch damit verbracht, die Zweisamkeit mit Thelia zu genießen. Es waren die schönsten Tage seiner bisherigen Existenz. Aber er wusste, dass die Zeit mit ihr noch sehr viel schönes bereithalten würde. Eine Sache ging ihm dennoch nicht aus dem Kopf.
Während Thelia nun zum ersten Mal Zeit mit seiner Mutter verbrachte, suchte er seinen Vater auf. Er fand ihn in seinem Gemach. Ohne anzuklopfen trat er ein. Sein Vater stand vor einem der vielen bodentiefen Fenster und blickte nachdenklich hinaus. Erst als Sharon sich räusperte, drehte er sich um.
»Können wir kurz reden Vater?«, fragte der junge Prinz fast schon bittend.
»Natürlich, setz dich doch«, erwiderte Luzifer und zeigte dabei auf einen der Sessel vor dem großen Kamin. Das Feuer darin strahlte eine wohlige wärme aus und das knistern Klang beruhigend in Sharons Ohren. »Was kann ich für dich tun?«, lenkte sein Vater ihn wieder zu dem Grund seines geforderten Gesprächs.
»Ich mache mir sorgen wegen Astaroth«, begann Sharon zögerlich. Luzifer sah ihn nur fragend an. Seufzend erzählte der junge Prinz ihm von seiner Vision, die er im Land der Prüfungen hatte. Nachdem er geendet hatte, hing der König einige Zeit seinen Gedanken nach.
»Das ist in der Tat beunruhigend«, meinte Luzifer. »Wenn wir wenigstens wüssten, welche Art Wesen seine zukünftige Gefährtin ist. Denn in einem gebe ich dir Recht; sein ausrasten muss mit ihr zusammenhängen. Astaroth würde sich sonst nie so gehen lassen.«
»Im Grunde kann sie nur ein Mensch oder ein Engel sein«, erwiderte Sharon.
»Wenn ich so darüber nachdenke, könnte sie auch etwas anderes sein. Aber um das wirklich in betracht ziehen zu können, müsste ich wissen, wann er ihr begegnet.«
»Aber etwas anderes gibt es doch nicht, oder?« Sharon hatte zumindest bisher noch nie davon gehört, dass es in der Welt der Menschen noch etwas anderes geben sollte.
»Mir ist vor kurzem zu Ohren gekommen, dass es Menschen gibt, die der Magie mächtig sind. Ob sich daraus eine eigene Spezies entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Aber davon abgesehen arbeite ich gerade an einem speziellen Projekt, aus dem sich ein neues Wesen entwickeln wird. Allerdings kann ich selbst noch nicht sagen, wann ich das Wesen soweit habe, um es auf die Menschheit loszulassen zu können. Du siehst also, dass es durchaus noch andere Möglichkeiten gibt.«
Das sein Vater versuchte ein Neues Wesen zu erschaffen, war Sharon neu. Gerne hätte er mehr darüber erfahren, aber er fragte nicht weiter nach. Dennoch musste er seinem Vater zustimmen. Die Gefährtin seines Bruders könnte alles sein. Streng genommen könnte sie sogar eine der vielen Götter sein. Doch Sharon hoffte, das letzteres nicht zutraf. Denn soweit er wusste, waren Göttinnen überaus impulsiv und besitzergreifend. Wobei das sicher nicht auf alle zutreffend war.
»Sollen wir Astaroth davon erzählen?«, stellte der junge Prinz endlich die Frage, die ihn wirklich beschäftigte.
»Nein, dass würde nichts ändern. Wenn dies sein Schicksal ist, dann müssen wir und vor allem er es akzeptieren. Außerdem sind die vorher bestimmten Wege endlos. Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten, wie es am Ende für uns endet. Mit jeder Entscheidung die wir treffen, kann sich unsere Bestimmung ändern. Es kann also durchaus sein, dass deine Vision nicht zutrifft. Und wenn das der Fall sein sollte und wir ihm dennoch davon erzählen, könnten wir schlussendlich an seinem Ausbruch Schuld sein«, erklärte Luzifer.
Das leuchtete Sharon ein. Andererseits könnte es auch genau umgekehrt sein. Wenn sie es ihm nicht sagen und die Vision trotzdem eintrifft, wären sie in diesem Fall auch Mitschuld daran. Man konnte es drehen und wenden wie man wollte. Diese Sache war eine typische Patt Situation. Sie wären so oder so Schuld. Auch wenn es dem jungen Prinzen nicht gefiel, er vertraute dem Urteil seines Vaters.
Ziellos irrte er durch die Gänge, nachdem er sich von seinem Vater verabschiedet hatte. Schlussendlich hielt er vor Thelias Schlafgemach. Er konnte spüren, dass sie da war. Entschlossen klopfte er an ihre Tür. Sie war die einzige, die ihm seine innere Unruhe nehmen konnte.
Thelia öffnete und fiel ihm sofort freudig um den Hals, ehe sie ihn an der Hand hinein zog. Sharon setzte sich aufs Bett, wo sie es sich sofort auf seinem Schoß gemütlich machte. Sie war so glücklich, wie noch nie in ihrem Leben. Zufrieden lehnte sie sich an ihn. Seine Hände glitten zärtlich über ihren Körper. Sharon konnte noch immer nicht ganz fassen, dass Thelia wirklich ihm gehörte. Behutsam zog er sich mit ihr weiter ins Bett, sodass sie nebeneinander liegen konnten. Die junge Lamia kuschelte sich tiefer in seine Arme. Sein Duft benebelte ihre Sinne. Sie wollte ewig so in seinem Armen liegen. Sharon ging es nicht anders.
»Lia?«, fragte Sharon. Thelia gab nur ein unverständliches brummen zur Antwort. »Ich würde unsere Bindung gern offiziell machen.«
Die junge Lamia richtete sich auf und sah ihren Liebsten fragend an. »Offiziell?«
»Ja, es sei denn natürlich, du willst nicht meine Frau werden«, erwiderte er schmunzelnd.
»Was? – Nein – Ja, natürlich möchte ich deine Frau werden«, stammelte sie völlig überrumpelt, aber doch strahlend.
»Was denn nun? Nein, ja, du verwirrst mich«, lachte Sharon, was ihm einen gespielten Schlag von Thelia einfing.
»Selbst Schuld, wenn du mich so überrumpelst«, erwiderte sie.
»Gut, dann können wir ja direkt morgen heiraten.«
»Was?! Auf gar keinen Fall!«,rief sie nun aufgebracht. »Da bleibt ja dann gar keine Zeit mehr für die Vorbereitungen. Immerhin brauche ich ja auch ein Kleid und Gäste müssen eingeladen werden. Dann noch die Auswahl des Essens...«
»Beruhig dich«, unterbrach Sharon sie lachend. »Das war ein Scherz.« Wieder wollte sie ihn hauen, aber diesmal fing er ihre Hand hab. Sie alberten noch eine ganze Zeit lang herum.
Den ganzen restlichen Tag und die ganze Nacht verbrachten sie im Bett. Sie machten schon Pläne für die bevorstehende Hochzeit und auch für die Zeit danach.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top