17| Falsches Spiel

Kurze Zeit später, Herrscher Palast

Caacrino befand sich in seinem Thronsaal. Er schaute sich den Bericht aus der Hölle an, während Asmodeus gelangweilt Löcher in die Luft starrte. Der Herrscher sah von dem Bericht auf, als unverhofft einer seiner Generäle herein platzte.

»Verzeiht mir die Störung mein Gebieter, aber wir haben Luzifer gefunden«, erklärte er außer Atem, während er vor Caacrino demütig nieder kniete. »Er befindet sich bei den Minotauren.«

»Konntet ihr ihn gefangen nehmen?« Die Stimme des Königs war gefährlich ruhig. 

»Wir konnten bedauerlicherweise nichts gegen ihn ausrichten«, gab er beschämt zu.

Der Herrscher blickte mit rot glühenden Augen finster auf seinen General. »Ihr nichtsnutzigen Versager! Wieso seid ihr dann zurück gekommen? Ich sagte doch, ihr sollt es nicht wagen ohne ihn hierher zu kommen!« Caacrino redete sich immer weiter in Rage. 

Erst als er sich allmählich beruhigt hatte, ergänzte der Dämon, »Wir konnten zwei Dämoninnen gefangen nehmen, die Luzifer wichtig zu sein scheinen, Herr.«

Nachdenklich blickte Caacrino ihn an. »Und wie kommst du darauf?«

»Ich habe ihn dabei beobachtet, wie er versucht hat, sie zu befreien.«

»Bist du dir da auch wirklich sicher?«

»Lasst es uns doch herausfinden«, mischte sich Asmodeus erstmals ein. 

»In Ordnung. Bringt die beiden zu mir.« Der General rief zwei seiner Soldaten rein, die bereits vor dem Thronsaal warteten. 

Der Erzdämon war schon sehr gespannt, wer dem Engel so wichtig sein könnte und staunte nicht schlecht, als er die Meeresdämonin sah. Dem König schien es nicht anders zu gehen. Diese Dämonen gehörten zu den schönsten von allen. Irgendwie kam Asmodeus die Meeresdämonin bekannt vor. Kam allerdings nicht darauf woher.

Der Herrscher fragte sie beide nach ihren Namen »Mein Name ist Mara und das ist Ninurta.« Selbstsicher stand Mara vor dem Herrscher. 

Ninurta bewunderte sie dafür. Sie selbst hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst. Das sie dies hier nicht überleben würden, daran gab es für Ninurta keinen Zweifel. Sie sah den gierigen Ausdruck in den Augen des Königs. Mir würde wohl noch schlimmeres bevor stehen als der Tod, dachte sie verbittert. Doch auch Hass regte sich in ihr. Traurig dachte sie an Luzifer, sie wünschte sich, wieder bei ihm zu sein. Sein verzweifelter Blick, als sie sich vor ihm in Luft auflöste, brach ihr das Herz. Die ganze Zeit über hatte sie sich gefragt, ob sie ihm etwas bedeutete und jetzt, wo es wohl zu spät war, wusste sie es. 

Ninurta kehrte in die Wirklichkeit zurück, als sie spürte, wie jemand ihr Kinn berührte und ihren Kopf anhob. Ihr stockte der Atem. Sie blickte direkt in die leuchtenden Augen von Asmodeus'. 

Der Blick des Herrschers ist auch dem Erzdämon nicht entgangen und er konnte sich denken, was dieser mit Ninurta vorhatte. Asmodeus musste sich schnell etwas einfallen lassen, um das zu verhindern. Er ging auf die schöne Dämonin zu und zwang sie ihn anzusehen. Tief blickte er ihr in die Augen. Langsam beugte er seinen Kopf runter zu ihr und flüsterte ihr leise etwas ins Ohr.

Ungläubig blickte Ninurta ihn an, bevor sie langsam nickte. Ein Lächeln stahl sich für den Bruchteil einer Sekunde auf seine Lippen, ehe er wieder den distanzierten Ausdruck annahm. Asmodeus drehte sich zu Caacrino um. »Es scheint, als hätte Euer Offizier recht. Sie ist offenbar Luzifers Gespielin und das bringt mich auf eine Idee.«

Der König forderte ihn auf weiter zu sprechen. Asmodeus schlug ihm vor, alle Gefangenen seiner Obhut zu übergeben und sie als Druckmittel einzusetzen. Nicht nur gegen Luzifer, sondern auch gegen die Stierdämonen. Der Herrscher wollte diese Dämonen schon immer als seine Leibwächter und so könne er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Als Caacrino fragte, warum die Gefangenen nicht in seinem eigenen Palast, sondern in Asmodeus' untergebracht werden sollen, antwortete er, dass er ihre Unversehrtheit eher versichern könne, da die Blutgier von den Wachen des Königs berüchtigt sei. Sie können sich kaum beherrschen. Dem konnte auch der König nicht widersprechen. Er willigte in Asmodeus' Vorschlag ein. 

Schlammseen, Stierdämonen

Der Kampf war vorüber, die Verletzten ruhten sich aus. Wie alle Dämonen, verfügten auch die Stierdämonen über starke Selbstheilungskräfte. Es hatte aber auch ein paar Tote gegeben, die gerade bestattet wurden. Die meisten Mitglieder des Clans hatten sich im Versammlungsraum eingefunden, wo lautstark diskutiert wurde. Es herrschte Panik und Unruhe. Nur Luzifer saß scheinbar ruhig in einer Ecke. Doch innerlich kochte er. Die ganze Zeit dachte er darüber nach, was er nun tun sollte. Keinesfalls durfte er unüberlegt Handeln. Er konzentrierte sich wieder auf das geschehen um ihn herum und lauschte der Diskussion. 

»Was sollen wir jetzt tun?«

»Wir müssen sofort zum Herrscher Palast und die Gefangenen befreien.«

»Ja, wir sollten uns sofort auf den Weg machen.«

Alle schrien durcheinander. Die meisten würden am liebsten sofort losstürmen und ihre Familien befreien. Die Verzweiflung war deutlich zu spüren. Schließlich wurde es Luzifer zu bunt, »RUHE!«, donnerte seine Stimme durch den Raum. Blitzartig wurde es Totenstill. Alle schauten gebannt zu ihm. »Es bringt nichts unüberlegt anzugreifen, dass würde nur unnötige Opfer fordern. Wir sollten ruhig bleiben, so schwer das auch fällt, und uns einen vernünftigen Plan überlegen. Alles andere wäre glatter Selbstmord.«

»Da hat Luzifer ganz Recht«, ertönte plötzlich eine düstere Stimme. Alle Anwesenden drehten sich ruckartig um und fielen sofort auf die Knie, als sie sahen wer da vor ihnen stand. 

Luzifer starrte den Dämon an, der langsam auf ihn zu kam. Er war groß, hatte schwarze glatte Haut, die funkelte, als würden Millionen Sterne auf ihr tanzen. Die enorme Macht die ihn umgab war erdrückend. »Asmodeus«, hauchte er. Es war schon sehr lange her, als er dem Dämon das letzte Mal gesehen hatte. 

»Es freut mich sehr Euch wiederzusehen.« Asmodeus verneigte sich knapp. Luzifer wusste nicht, was er davon halten sollte. 

»Warum seid Ihr hier?«

»Das hat zwei Gründe. Zum einen, um Euch zu sagen, dass ihr Euch um Ninurta und die anderen Gefangenen keine sorgen machen braucht. Ich konnte den König davon überzeugen, sie in meine Obhut zu geben. Ich werde ihnen kein Haar krümmen, allerdings kann ich sie euch auch nicht aushändigen, da das einem Verrat gleich käme.« Asmodeus machte eine kurze Pause. Da keiner der Anwesenden etwas erwiderte, fuhr er fort. »Zum anderen möchte ich euch nahelegen, so schnell wie möglich in die Hölle zurück zu kehren, es wird sich lohnen, denn es hat sich dort einiges getan. Natürlich sind das nur Gerüchte die ich gehört habe, da ich nicht zu hundertprozentig weiß, was dort vor sich geht und das ist auch gut so. Aber eines kann ich euch noch sagen. Die Erzdämonen, mich eingeschlossen, wären froh darüber, wenn Caacrino abdanken würde.«

»Kann man seinen Worten glauben schenken?«, fragte Luzifer leise an Belphegor und Andras gewandt. Die beiden nickten. 

Sie waren sich sicher, dass Asmodeus die Wahrheit gesagt hatte. Der Erzdämon bat Luzifer, mit ihm allein sprechen zu können. Der Engel war einverstanden. Gemeinsam verließen sie den Saal und entfernten sich einige Schritte vom Gebäude. Asmodeus ließ eine unsichtbare Kuppel um sie beide herum entstehen, die dafür sorgte, dass sie auch wirklich nicht belauscht wurden. 

Eindringlich musterte der Erzdämon Luzifer. »Ich will und darf nicht wissen was Ihr plant, aber wenn Ihr es auf den Thron abgesehen habt, gibt es etwas, dass Ihr wissen solltet.« Luzifer erwiderte nichts und sah seinen Gegenüber nur abwartend an. »Nur ein Dämon darf den Thron besetzen. Es würde bedeuten, dass Ihr Euer Engelsdasein komplett aufgeben müsstet und zu einem vollwertigen Dämon werden würdet.«

»Das interessiert mich nicht. Ich verliere dieses Dasein ohnehin schon«, antworte Luzifer gleichgültig. »Ich fühle mich ohnehin nicht mehr als solcher.«

»Wenn das so ist«, meinte der Erzdämon, »ich wollte Euch allerdings noch ein paar Informationen mitteilen. Ihr solltet wissen, dass Caacrino den Thron von seinem Vater übernommen hatte, nachdem dieser starb. Allerdings war dessen Tod kein natürlicher. Schon vorher hatte Caacrino seine Mutter und seinen älteren Bruder getötet. Zum Schluss hat er dann seinen Vater ermordet. Selbstverständlich hat er zwischen den Morden immer ein paar Jahre verstreichen lassen, um keinen Verdacht zu schöpfen. Außer uns Erzdämonen weiß niemand darüber Bescheid.«

Luzifer verschränkte die Arme vor der Brust. »Und woher wisst ihr es, wenn Ihr mir die Frage erlaubt?«

»Sein Vater hat es kurz vor seinem Ableben herausgefunden und uns die Beweise zukommen lassen. Allerdings mussten wir versprechen es geheim zu halten, weswegen ich Euch bitten würde ebenfalls mit niemandem darüber zu sprechen.«

»Keine Sorge, ich werde es für mich behalten«, versprach der Engel.

»Ich habe jedoch die Befürchtung, dass das nicht seine einzigen Vergehen waren. Denn kurz nach seiner Machtübernahme verschwand der schwarze Tempel und mit ihm meine Mutter.« Ein trauriger Ausdruck legte sich auf seine Züge.

»Ihr glaubt, dass er was damit zu tun hatte?«

»Nun ja, ihr verschwinden kam ihm sehr gelegen. Wäre das nicht passiert, hätte er diese Welt nicht so an den Abgrund führen können. Ich weiß nicht wie Ihr das seht, aber ich persönlich finde, dass es schon ein verdammt großer Zufall wäre.«

Dem konnte Luzifer nicht widersprechen. Auch wenn er sich fragte, wie der König das geschafft haben könnte. Doch undenkbar war es nicht. Während er nachdachte, kam ihm eine Idee, die er dem Erzdämon mitteilte. 

Ein böses Grinsen zeigte sich in dessen Gesicht. »Genau deswegen wollte ich mit Euch sprechen, ich wusste, Ihr könnt etwas damit anfangen.« Asmodeus verabschiedete sich und wollte gerade verschwinden, als Luzifer ihn zurückhielt.

»Eine Sache wäre da noch«, sprach er und blickte den Erzdämon durchdringend an. »Das mit eurem Treueeid entspricht nicht der Wahrheit, hab ich Recht?«

»Bemerkenswerte Auffassungsgabe«, lachte er. »Ihr habt Recht. Dennoch können wir uns nicht selbst gegen den König stellen, denn Tatsache ist, dass wir einen Eid geschworen haben.«

»Ihr werdet mir aber nicht verraten, was ihr geschworen habt nehme ich an.«

»Wer weiß, irgendwann erzähle ich es Euch vielleicht« Und mit diesen Worten verschwand Asmodeus.

Luzifer blieb allein zurück. In Gedanken vertieft ging er zu den anderen zurück.

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