16| Zurück Zur Realität
Astaroth sah sich inzwischen einer ihm unbekannten Frau gegenüber. Sie war wunderschön. Seidiges gewelltes Haar fiel ihr offen über den gesamten Rücken. Ihre liebliche Stimme eine Wohltat für seine Seele. Der Prinz wusste nicht wer sie war. Konnte nicht einmal sagen, was sie war, denn er spürte ihre Aura nicht. War sie seine Seelenverwandte? Er hoffte es zutiefst. Sie nahm seine Hand und führte ihn durch einen wunderschönen Wald. Ihre Hand, so warm und weich. Sonnenlicht drang durch das dichte Blätterdach gedämpft zu ihnen herab. Doch unzählige kleine Irrlichter spendeten zusätzliches Licht. Aber Astaroth beachtete sie nicht. Er hatte nur Augen für die Schönheit vor ihm. Der Prinz war wie verzaubert.
Allerdings gab es etwas das ihn irritierte, als sie ihn ansah. Auf ihren Lippen lag ein glückliches Lächeln. Nur ihre Augen wirkten kalt und beinahe schon bösartig und schienen gar nicht zu ihr zu passen. Nach zwei weiteren Schritte blieb er plötzlich stehen und entzog ihr seine Hand. Er wusste, dass hier etwas nicht stimmte. Eine Erinnerung kroch in ihm hoch. Er sah seinen Bruder wie er Thelia in den Armen hielt. Und dann wusste er wieder, wo er sich wirklich befand. Er bemühte sich in die Realität zurück zu kehren.
Mit einem mal verblasste die Landschaft. Die Unbekannte verschwand. Er sah das vertraute schwarze Gestein unter seinen Füßen. Nach und nach verschwand auch der Nebel um ihn herum. Astaroth sah sich um und entdeckte nicht weit von ihm entfernt Gusion auf dem Boden knien. Sofort lief er zu ihm und rüttelte an ihm. Der Schattendämon riss erschrocken die Augen auf. »Bitte sagt mir, dass Ihr nicht wieder ein Trugbild seid.«
»Keine Sorge«, lachte Astaroth. »Ich bin so echt wie du.«
Gusion stand auf und sie sahen sich gemeinsam nach den Anderen um. Astaroth entdeckte Dialen, der geradewegs auf den Abgrund zurannte und auch Sharon, der ebenfalls bald abstürzen würde. »Wo ist Thelia?«, wollte der Prinz wissen, während er versuchte seinen Bruder von der Schlucht fernzuhalten. Dasselbe versuchte Gusion bei Dialen.
'Ich passe auf sie auf', erklang Diabolos lautlose Stimme. Tatsächlich lief die junge Lamia direkt vor ihm. Mit seinen roten Augen konnte er das Wesen sehen, das Thelia in die Irre führte. Es hatte Sharons Gestalt angenommen. Kurz darauf tauchte Astaroth neben dem Dämonenhund auf. »Gusion passt auf die Anderen beiden auf«, erklärte der Prinz knapp. Auch er konnte durch den Nebel sehen, was dort vor sich ging, aber leider hörte er nichts von dem, was besprochen wurde.
Thelia war gerade so glücklich wie noch nie. Sie streichelte immer wieder über die kleine Wölbung an ihrem Bauch. Gemeinsam mit Sharon überlegte sie sich Namen für ihr ungeborenes Kind. Sie spazierten durch den riesigen Garten von ihrem Anwesen in den hängenden Gärten. Als Sharon sie in den Arm nahm, beschleunigte sich ihr Herzschlag. Er legte seine Lippen auf ihre. Doch dieses Mal schien etwas anders. Thelia konnte es sich nicht erklären, aber es fühlte sich falsch an. Sharon schien nicht Sharon zu sein. Bevor sie wusste was sie tat, schubste sie ihn barsch von sich.
Sein gehässiges Lächeln war das Letzte was sie von ihm sah, bevor er sich in Luft auflöste. Mit ihm verschwand auch die Umgebung. Sie drehte sich um und blickte direkt in Astaroth Augen. Er sah sie fast schon anerkennend an, was sie irritierte.
»Komm mit, du musst meinen Bruder aus seiner Illusion rausholen«, befahl er, nun wieder kalt und distanziert, wie sie es von ihm gewohnt war. Als ihre Augen sich auf Diabolo legten, schien dieser zu lächeln. Aber vielleicht hatte sie sich auch geirrt.
Astaroth machte mit Dialen kurzen Prozess. Er packte ihn und verpasste ihm mit seiner Faust einen festen schlag ins Gesicht. Dialen kehrte in die Wirklichkeit zurück. Perplex hielt er eine Hand an seine schmerzhafte Wange. Es brannte höllisch.
»Worauf wartest du?«, sprach der Prinz an Thelia gewandt. Stocksteif stand sie da. Sie rührte sich nicht einen Millimeter vom Fleck. Wollte er etwa, dass sie dasselbe bei Sharon tat? Das konnte er unmöglich von ihr Verlangen. »Wenn du nicht willst, dass ich ihm auch eine verpasse, dann Küss ihn endlich. Wäre ja nicht das erste Mal.« Astaroth grinste fast schon diabolisch, als er sah wie ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht wich, nur um kurz darauf rot anzulaufen. »Wir lassen euch natürlich auch eure Privatsphäre.« Lachend ging er mit den anderen Drei schonmal voraus. Es war fast schon niedlich wie sehr sie sich schämte.
Thelia stand unschlüssig dort. Sollte sie ihn wirklich einfach so küssen? Was wenn er das gar nicht wollte? Sharon lief währenddessen wieder auf den Abgrund zu. Die junge Lamia musste handeln, wenn sie ihn nicht verlieren wollte. Also lief sie zu ihm, nahm seinen Arm und drehte ihn, sodass sie ihm ins Gesicht schauen konnte. Nach kurzem zögern tat sie es endlich. Sie küsste ihn.
Zuerst reagierte er nicht. Aber dann schlangen sich seine Arme besitzergreifend um sie und er erwiderte den Kuss. Seine Hände streichelten über ihren Körper. Ihre Haut fühlte sich so warm und weich an. Er wollte gar nicht mehr aufhören. Das Verlangen in ihm drohte die Oberhand zu gewinnen. Keuchend löste er sich von ihr. Auch Thelia schien etwas außer Atem zu sein. Sie strahlte ihn glücklich an.
Plötzlich tastete er jedoch hektisch seinen Körper ab. Doch seine Wunden, sowie das Blut waren verschwunden. Auf Thelias irritierten Blick hin, erklärte Sharon ihr, was er erlebt hatte und sie verstand.
Nachdem der Prinz wissen wollte, wo der Rest war, gingen sie ihnen hinterher. Bevor sie jedoch los gingen, hauchte der junge Prinz ihr noch einen kleinen Kuss auf die Lippen. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrem Inneren aus.
Sie beeilten sich, um die Anderen einzuholen. Der Weg schien kein Ende zu nehmen. Lia wusste nicht wieso, aber im Gegensatz zur letzten Prüfung war diese hier beinahe schon ein Klacks gewesen. Oder kam vielleicht noch eine Überraschung? Nach einer Weile sahen sie vor sich ein Tor. Als Astaroth sie sah, kam er auf sie zugelaufen. »Wie ich sehe hast du dich doch noch überwunden«, lachte er.
Während Thelia am liebsten im Nichts verschwunden wäre, schaute Sharon seinen Bruder misstrauisch an. Beließ es aber dabei. »Sehr freundlich, dass ihr auf uns gewartet habt«, meinte der junge Prinz sarkastisch.
»Haben wir nicht, wir bekommen nur die Tür nicht auf. Die muss irgendeinen speziellen Mechanismus haben, die wir nicht verstehen«, antwortete Astaroth nachdenklich.
Die Lamia ging zu dem großen Tor und schaute es sich an. Darauf prangten viele verschiedene Glyphen. Doch es waren nicht genau die selben Glyphen die man überall in der Welt sah, sondern schienen eine uralte Form zu sein, was kaum verwunderlich war. Immerhin gab es dieses Land genauso lange wie die Unterwelt selbst. Dennoch konnte Lia sie zum Teil entschlüsseln. Jedoch nicht weit genug um es vollständig zu verstehen. Während die übrigen hitzig diskutierten, gesellte sich Diabolo zu Thelia. 'Die Lösung ist einfacher als du denkst, du musst nur nachdenken und darfst dich nicht ablenken lassen', erklang es in ihrem Kopf.
Sie legte den Kopf schief und betrachtete den großen schwarzen Hund nachdenklich. Wie meint er das wohl?, fragte sie sich. Sie dachte intensiv über die Prüfung nach. Die Worte des unsichtbaren Wesens hallte in ihrem Kopf.
"Ihr habt die Prüfung der Kraft und des zusammenhalts gemeistert"
Sie konnte sich nur verschwommen an diese Worte erinnern, Dennoch lösten sie etwas in ihr aus. Wenn jede Prüfung etwas anderes testen sollte, was könnte dann mit den Illusionen bezweckt worden sein. Im nächsten Moment schlug ihr die Antwort förmlich ins Gesicht. Eine Prüfung des Geistes und Verstandes. Vermutlich waren die Glyphen zur Ablenkung um einen zu verwirren und von der Lösung abzubringen. Thelia ließ ihre Hände über die Oberfläche gleiten. Sie tastete auch die Wände daneben ab, die von dicken Ranken verdeckt waren. Auf der linken Seite erfühlte sie etwas.
Sie nahm eines ihrer Schwerte und legte es Frei. Es war eine Art Drehknopf. Sie entdeckte noch drei weitere davon. Auf jedem waren vier verschiedene Symbole eingraviert. Eine Art Code. Thelia drehte den ersten einmal komplett herum, sodass er auf dem Symbol, welches für die Göttin stand, zeigte. Die restlichen drehte sie auf die Symbole für Licht, Dunkelheit und Gleichgewicht. Die Lehre der Göttin selbst. Bei jeder Drehung ertönten laute klick Geräusche. Sie hoffte inständig, dass dies die richtige Lösung war.
Als die mechanismen im Inneren der Wand anfingen zu Arbeiten, atmete sie erleichtert aus. Verwundert schauten die anderen dabei zu, wie sich das Tor öffnete. Das war leichter als gedacht, staunte Thelia. Wobei sie ohne Diabolo's Hilfe nicht darauf gekommen wäre. Gusions große Hand legte sich auf ihre Schulter und er raunte ihr anerkennend ein »Gut gemacht« zu.
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