Träume

Hey ihr!
Heute habe ich mal wieder einen neuen OS am Start, der ein bisschen eskaliert ist! Diesmal geht es darum, wie Shota Shinsou nach dem Sportfest das Angebot macht, ihn zu trainieren. ^__^ Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob der OS wirklich hier bei den Dadzawa Moments gut aufgehoben ist, weil er ziemlich lange nur von Aizawa handelt, aber da er ja dann doch irgendwie so Dadvibes abgibt, hab ichs doch hierhin gepackt. :D
Dieser OS hängt quasi mit meiner FF "DeAged Troubles" zusammen, allerdings ist es kein Muss, die FF zu kennen, weil dieser OS eigenständig betrachtet werden kann und er ohnehin nur ein Rückblick für besagte FF wäre. (Der OS nimmt Bezug auf das Gespräch, dass Shota und Shinsou in Kapitel 38 führen (werden).)

Viel Spaß beim Lesen!
LG Tina ^___^

PS: Triggerwarung: Andeutung von Selbstverletzung.

~*~*~*~

Die Jubelrufe und lauten Glückwunschbekundungen waren noch immer nicht komplett verstummt. Wer sollte es den Schülern auch Übel nehmen? Nicht einmal Aizawa konnte ihnen vorschreiben, ihre Klappe zu halten, obwohl sein Kopf seit Stunden dröhnte. Das Sportfest war jedes Jahr ein riesengroßes Spektakel an der UA und gerade nach der letzten Tragödie brauchten die Schüler ein bisschen Ablenkung und normalen Schulalltag um etwas zur Ruhe und Normalität zurück zu kehren. Wenn man so einen sportlichen Wettbewerb überhaupt als normal für eine Schule bezeichnen könnte, vor allem wenn er im gesamten Land übertragen wurde. Schließlich war an der renommiertesten Heldenschule Japans nichts wirklich normal.

Besagtes Sportfest war erst am Tag zuvor zu Ende gegangen und hinterließ natürlich seine Spuren. Viele Gemüter waren noch angeheizt von Erfolgen oder Niederlagen der vergangenen Disziplinen. Shota hatte noch nie verstanden, wie man so viel Wert auf Anerkennung legen konnte. Aber das lag vermutlich daran, dass er beim Sportfest meist bei den Wettbewerben ausgeschieden war, bei denen es darum ging, seine Macke bestmöglich einzusetzen. Bei solchen Disziplinen konnten nur jene gewinnen, die die meiste Macht und die beste Macke besaßen. Er selbst konnte mit seiner Löschung da kaum mithalten und gegen Mutanten hatte er ohnehin nie auch nur den Hauch einer Chance.

Der Gedanke ließ ihn schmerzvoll aufstöhnen. Es war noch nicht einmal eine Woche her, dass seine Klasse von einer Horde Schurken angegriffen wurde, und Eraserhead von einem seltsamen Monster, dass sich Nomu nannte, zu Brei geschlagen wurde. Nomu. Seine Löschung hatte nichts gegen die enorme Muskelkraft dieses Wesens bewirkt. Das Ergebnis aus diesem Kampf trug er nun seit Tagen zur Schau. Eine Niederlage, die er einfahren musste, um dafür zu sorgen, dass die Schüler zeitgewannen, bis seine Kollegen eintrafen und sie retten konnten.

Shota kannte sich also damit aus, was es hieß zu verlieren. Er wusste es seit seiner Schulzeit und hatte es erst vor kurzem wieder erleben müssen. Jeder ging anders mit einer Niederlage um, und er wäre der letzte, der den Schülern, die gestern verloren hatten oder gar nicht erst weit im Wettstreit gekommen waren, einen Vortrag darüber halten wollte, dass es doch nur eine dämliche Schulveranstaltung war und nicht das Ende der Welt. Dabei würde dieser Vortrag wohl gerade im Moment eine große Wirkung haben, wo er doch immer noch komplett einbandagiert durch die Schulflure schlich und die Blicke aller auf sich zog. Sehr zu seine Leidwesen.

Die Mumie – wie einige Schüler ihn seit seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus nannten – war jedoch nicht zu seinem Vergnügen in den Gängen des Schulgebäudes unterwegs. Immerhin nutzte er Freistunden vor allem in seiner momentanen Verfassung gerne dazu, sich auszuruhen. Nein. Er hatte etwas vor. Seit sein Blick zum ersten Mal während des Sportfests auf Shinsou Hitoshi gefallen war, ging der Schüler ihm nicht mehr aus dem Kopf. Tatsächlich war es auch schwer gewesen, seinen Namen zu vergessen, nachdem Hizashi seit dem Auftritt des violetthaarigen Jugendlichen ständig davon sprach, wie sehr er ihn doch an einen jungen Shota erinnerte. Am Ende des Wettkampfes hatte Aizawa schließlich die Akte des Jungen in seine Tasche gepackt und zu Hause in Ruhe durchstudiert. Immerhin hatte Yamada, so nervtötend er auch war, recht. Er sah sich selbst ein wenig in dem Jungen. Dabei wusste er nicht einmal, ob es etwas Gutes, oder nicht eher sehr Schlechtes war.

Shotas Kindheit war keine besonders einfache. Er hatte keine Bilderbucherinnerungen vorzuweisen, was zum einen an seinen Eltern lag und zum anderen ebenso an seiner Macke. Letzteres war der Kern all seiner Probleme, mit denen er als Kind und später als Jugendlicher zu kämpfen hatte und dennoch hatte er stets den Traum verfolgt, eines Tages ein Held zu werden, um anderen Kindern, die ähnliches erleben mussten, zu helfen. Tatsächlich hatte er in seiner Karriere als Undergroundhero schon das ein oder andere Kind vor schrecklichen Situationen bewahrt, und sie gerettet. Er stand schließlich zu seinem Wort. Doch gerade weil er in jungen Tagen so viel durchmachen musste, war es in seinen Augen kein Kompliment für den Jungen, wenn Shinsou mit ihm verglichen wurde.

Aus diesem Grund war er nun auf dem Weg zum Klassenzimmer der 1-C. Hitoshi hatte ebenso einen Traum. Zumindest hatte Izuku davon gesprochen und es war auch klar aus dem Gespräch hervorgegangen, dass das Problemkind mit Shinsou während des Wettkampfes geführt hatte. Der Junge wollte ein Held werden und hatte gehofft, das Sportfest als Sprungbrett in die Heldenklasse zu nutzen. Wie so viele war er bei der Aufnahmeprüfung durchgefallen, weil seine Macke nicht dafür geeignet war, gegen Roboter zu kämpfen. Aizawa schüttelte im Gedanken den Kopf, wenn er an diese dämliche Prüfung dachte. So vielen jungen Menschen mit Potential wurde der Zutritt zum Heldenkurs verweigert, nur weil sie keine mächtige Macke hatten, die im Kampf hilfreich waren. Stattdessen kamen meist nur die Schwachköpfe weiter, die sich mit ihren großen Kräften durch alles durchboxen konnten. Shota hatte damals selbst nur mit viel Glück die Aufnahmeprüfung bestanden und war, zu seiner eigenen Überraschung, in der A-Klasse gelandet.

Langsam, aber stetig, war er dem Klassenraum der 1-C näher gekommen. Eigentlich hätte er auf Yamada warten sollen, da sie beide eine Freistunde hatten und diese dazu nutzen wollten, Hitoshi einmal kurz zur Seite zu nehmen, um mit ihm zu reden. Doch Shota hatte es langsam satt, dass der Blondschopf ständig an seiner Backe klebte und den Besorgten spielte. Seit der Dunkelhaarige sich selbst aus dem Krankenhaus entlassen hatte, war Hizashi ihm nicht von der Seite gewichen. Auch wenn Aizawa dankbar für die Hilfe war, die der andere ihm zuteilwerden ließ, war es doch zu viel sozialer Kontakt für Shotas Geschmack. Daher hatte er sich allein auf den Weg gemacht und bereute seine Entscheidung nur ein klein wenig. Da er sich kaum bewegen konnte, war sein Ausflug hierher ziemlich schmerzhaft und er verfluchte sich selbst dafür, dass er nicht daran gedacht hatte, ein paar Schmerztabletten einzustecken. Wobei sich die Frage ebenso stellte, wie er diese hätte nehmen sollen, da beide Arme immer noch einbandagiert waren.

Glücklicherweise waren die großen Türen der Klassenräume leicht zu öffnen, sodass er keine Probleme damit hatte, einzutreten. Die Schüler der allgemeinen Fakultät verstummten allesamt, als sich die Tür aufschob. Alle Blicke lagen auf dem Mumienmann, der langsam eintrat und einen Blick in die Runde warf. „Ich würde gerne mit Shinsou Hitoshi sprechen", erklärte er, als er bemerkte, dass der Klassenlehrer der 1-C den Mund aufmachte. Auch wenn die Bandagen ihm ein wenig die Sicht versperrten und die Ärzte meinten, dass sein Augenlicht generell etwas Schlechter geworden war, nach dem Angriff, versuchte er Hitoshi zu entdecken, doch der auffällige violette Haarschopf war nicht ausfindig zu machen. So schlecht konnten seine Augen nun auch nicht geworden sein. Vielleicht war der Junge auch gar nicht hier.

Keine Sekunde später bestätigte sich seine Beobachtung. „Shinsou ist nicht hier. Wenn Sie ihn finden, dann würde ich auch gern ein Wort mit ihm wechseln", murrte sein Lehrerkollege, was Shota unter seinem Verband die Augenbraue nach oben ziehen ließ. Eine Bewegung, die ebenso wehtat wie der Rest seiner Gliedmaßen. „Laut Klassenbuch war er heute Morgen hier, aber anscheinend war ihm der restliche Unterricht nicht sehr wichtig oder zu langweilig." Diese barschen Worte machten den Undergroundhero doch recht stutzig und er war froh, dass die Bandagen seinen Gesichtsausdruck verbargen.

„Was wollen Sie denn überhaupt von dem? Wird der Freak der Schule verwiesen?", fragte ein Junge aus der letzten Sitzreihe schelmisch grinsend. Gemurmel wurde laut, das sehr nach Zustimmung klang. „Der ist sowieso gruselig ...", flüsterte ein Mädchen ihrem Sitznachbar zu.

Shotas Kopf nahm langsam eine leicht schiefgelegte Haltung ein. „Gestern habt ihr ihm noch zugejubelt und heute ist er ein Freak", stellte mit monotonklingender Stimme fest. Eigentlich sollte er wütend darüber sein, dass die Jugendlichen so über ihren Mitschüler dachten, doch er kannte diese Haltung der Jugendlichen nur zu gut. Hitoshi erging es tatsächlich wie ihm selbst damals. „Der einzige Freak, der der Schule verwiesen werden sollte, ist der Knirps, der das gerade gesagt hat", gab er von sich und versuchte sich unter seinem Verband an einem breiten Grinsen, das die anderen jedoch kaum sahen und ihm unglaubliche Schmerzen bereiteten. „Ihr seid Schüler der besten Heldenschule Japans. Auch wenn ihr nicht in der Heldenfakultät seid, solltet ihr euch besser benehmen als das. Immerhin seid ihr ebenso ein Aushängeschild für diese Schule." Nur zu gerne hätte er seine Lieblingsworte angefügt und diesem Jugendlichen gesagt, dass er seine Sachen packen und verschwinden sollte. Doch hier hatte er keine Befugnis und durfte somit niemanden rauswerfen.

Also wandte er sich nur um, damit er den Unterricht nicht weiter störte. Dieser Ort erinnerte ihn zu sehr an seine eigene Schulzeit und an diese wollte er nicht wirklich denken. Schlimm genug, dass vor nicht einmal einer Woche sein gesamtes Leben vor seinem inneren Auge hatte vorbei ziehen sehen. Vielleicht war er deswegen im Moment so versessen darauf, Shinsou zu finden und ihm eine Möglichkeit zu bieten, seinen Traum doch noch zu erfüllen. Der Junge hatte schließlich Potential und das sollte nicht in so einem Klassenzimmer verkommen. Aber wo war der Jugendliche nur abgeblieben?

Ehe er sich Gedanken darüber machen konnte, klingelte sein Handy. Da es ein kleines Problem für ihn darstellte, an das kleine Gerät heranzukommen und es aus der Tasche zu fummeln, versuchte er das Geräusch zu ignorieren, während er seinen Weg zurück zum Lehrerzimmer, fortsetzte. Vielleicht schaffte er es noch während seiner Freistunde dorthin zurückzukehren, damit er sich kurz etwas Ruhe gönnen konnte vor seiner nächsten Stunde.

Leider vergaß er dabei jedoch stets, dass ihm so etwas wie Ruhe und Entspannung nie bzw. kaum gegönnt wurde. Nicht, solange es eine bestimmte Person ins einem Leben gab. „ERASER!", schallte es durch die Gänge, was Shota genervt aufstöhnen ließ. Selbst wenn Aizawa gewollt hätte, konnte er nicht schnell genug um eine Ecke verschwinden, um dem drohenden Unheil auf zwei Beinen zu entkommen. Die Bandagen und Schmerzen beeinträchtigten sein Vorankommen gewaltig. Daher holte ihn schon bald jemand ein. „Yo, Buddy! Du solltest doch warten!", klang Present Mic vorwurfsvoll, obwohl er seinem Kumpel freundschaftlich einen Arm um die Schulter legte, „quälst dich allein hierher. Aber wo ist der kleine Eraser Junior?" Verwirrt sah der Blondschopf sich um.

„Halt die Klappe und nenn ihn nicht so", zischte Shota wütend und versuchte Hizashi abzuschütteln, was allerdings unmöglich war. Ebenso konnte er ihn nur halb so wütend ansehen, wie er es gerne würde. „Shinsou war nicht in seiner Klasse. Anscheinend ist er seit heut Morgen wie vom Erdboden verschluckt", erklärte er weiter.

„Strange", gab Yamada von sich, „in der ersten Stunde war er da. Immerhin hab ich ihn gesehen, weil ich seine Klasse unterrichtet habe." Aus diesem Grund hatte der Blondschopf auch sofort zugestimmt, dass sie mit dem Schüler reden sollten, als Aizawa und er darüber gesprochen hatten. „Und jetzt?"

Da er selbst nicht weiterwusste, zuckte Shota kurz mit den Schultern. Da der Klassenlehrer der 1-C keinen blassen Schimmer hatte, wo sein Schüler steckte, war es wohl auszuschließen, dass Shinsou die heilende Heldin aufgesucht hatte. Jeder, der in die Krankenstation kam, wurde sofort beim entsprechenden Lehrer gemeldet. Also musste Hitoshi entweder das Gelände verlassen haben und schwänzte, oder er trieb sich sonst wo herum. Auch wenn er nur zu gerne mit dem Schüler sprechen wollte, wollte er ihm auch nicht unbedingt nachlaufen. Irgendwann würde sich eine Möglichkeit für ein Gespräch ergeben.

Hizashi zog eine Augenbraue nach oben, während er Aizawa musterte. Zuvor hatte er doch noch so euphorisch über ihren Plan gewirkt. Wenn man überhaupt je von Euphorie bei Shota sprechen konnte. Nun allerdings wirkte er eher desinteressiert. Dabei war gerade jetzt Yamadas Neugierde geweckt. „Wir könnten die Maus anrufen, und fragen, ob Hitoshi das Gelände verlassen hat", fiel dem Blondschopf ein. Noch ehe der andere protestieren konnte, zückte er sein Smartphone und wählte die Nummer des Schulleiters. „Yo, Nedzu! Eraser und ich wollten dich fragen ob du kurz mal checken kannst, ob Shinsou Hitoshi das Schulgelände frühzeitig verlassen hat", sprach er sofort seine Bitte aus.

Keine drei Minuten später hatte er auch eine Antwort. „Der Schüler der 1-C befindet sich nach wie vor auf dem Gelände", erklärte Nedzu, „seine Karte wurde nur heute Morgen beim Betreten des Geländes benutzt, seither nicht mehr. Und wie ich den Überwachungskameras entnehmen kann, wurde er zuletzt bei den Spinden gesehen. Ich nehme an, ihr wollt mit ihm über seine Ambitionen ein Held zu werden, sprechen?" Der Schulleiter war intelligent, und es war ihm ebenso nicht entgangen, dass Hitoshi zum einen dem Undergroundhero ähnelte und zum anderen eine Menge Potential hatte, das man fördern konnte.

„That's right", antwortete der Blondschopf, „and thanks!" Da er seine Zeit nun nicht weiter vergeuden wollte, beendete Hizashi das Gespräch, ehe die Maus noch mehr von sich geben konnte. Denn eines war sicher: Nedzu war weitaus mitteilungsbedürftiger als Yamada. Für ein ausführliches Gespräch mit dem Schulleiter war im Moment einfach keine Zeit, da die Freistunde der beiden Kollegen bald vorbei war und sie noch immer etwas zu erledigen hatten. „Shinsou sollte noch am Gelände der UA sein und war zuletzt bei den Spinden", gab der Voicehero die Erkenntnisse seiner Ermittlungen an Shota weiter.

Dem Dunkelhaarigen entwich ein Seufzer. „Du willst jetzt ernsthaft nachgucken, ob es dort eine Spur von ihm gibt?", fragte der Einbandagierte, obwohl er die Antwort längst kannte. Immerhin sprach er mit einer Person, die er bereits seit 15 Jahren kannte. Hizashi war ziemlich berechenbar. Daher überraschte es Shota auch nicht, als der andere nickte und seine dämliche Frisur auf und ab wippte. Ein gutes altes Detektivspiel konnte sich Yamada kaum entgehen lassen.

~*~*~*~

„Fuck", entfuhr es Aizawa nach einer Weile. Sie hatten den gesamten Spindraum abgesucht und nichts gefunden. Nicht der kleinste Hinweis deutete darauf hin, wohin es den Violetthaarigen verschlagen haben könnte. Sie hatten jeden Winkel abgesucht und jede Ritze überprüft. Nun sank Shota außer Atem auf eine der Sitzbänke und versuchte die Schmerzen zu ignorieren. In Augenblicken wie diesen verfluchte er sich selbst dafür, dass er Recovery Girls Ratschläge stets in den Wind schoss. Immerhin hatte sie ihn davor gewarnt es gleich zu übertreiben und ihm geraten, sich noch ein paar Tage freizunehmen oder zumindest die Freistunden dazu zu nutzen, sich auszuruhen. Damit hatte sie ganz bestimmt nicht gemeint, dass er mit Hizashi die halbe Schule absuchen sollte, um einen Schüler zu finden.

Besorgt wandte Yamada sich um, und musterte Shota besorgt. „Sorry Buddy. Du solltest dich ausruhen", seufzte er. Natürlich hatte er nicht vergessen, in welch schlechter Verfassung sich der Undergroundhero befand, doch da Aizawa gerne so tat, als wäre alles in Ordnung, spielte der Blondschopf dabei mit, solange bis er die Notbremse ziehen musste. So wie im Moment. Sofort kam er näher und ging vor dem Mumienmann in die Hocke, um ihm ins Gesicht zu sehen, in der Hoffnung, den Gesichtsausdruck des anderen erkennen zu können. „Hast du Schmerzen?"

„Mir ... geht's ... gut", schnaufte Shota genervt vor sich hin und verzog seine Miene, als er versuchte sich aufzurichten. Ein Hoch auf die Bandagen, dass sein schmerzverzerrtes Gesicht ungesehen blieb.

Doch Hizashi kannte seinen Freund bereits seit unzähligen Jahren und er wusste, wann dieser versuchte ihn zu belügen. „Bleib hier sitzen. I get some water und eine Schmerztablette für dich!" Bevor Shota etwas erwidern oder es ihm ausreden konnte, war der Blondschopf längst wieder aufgesprungen und eilte davon. Auch wenn er es nicht für nötig hielt, dass Yamada sich unnötig darum bemühte, war er ihm dennoch insgeheim dankbar. Was er natürlich niemals laut zugeben würde.

Während er nun auf die Rückkehr des Voiceheros wartete, krümmte er sich ein wenig zusammen und versuchte normal zu atmen. Mittlerweile konnte er es kaum erwarten, dass ihm die Bandagen abgenommen wurden, die Schmerzen endlich vorbei gingen und er wieder mit seinem Training beginnen konnte. Er war so furchtbar außer Form. Wieso sonst sollte er nun nach ein paar Schritten so verdammt außer Atem sein. Doch die Worte der Ärzte waren ihm noch genau in Erinnerung. Wenn er Pech hatte, blieben die Schmerzen weiterhin ein Bestandteil seines Lebens, da seine Nerven beschädigt wurden. Vor allem sein Arm würde ihm weiterhin Probleme machen.

Damit beschäftigt, die Schmerzen zu ignorieren und ruhig zu atmen, entging ihm zunächst etwas. Doch da es im nächsten Augenblick kurz etwas lauter wurde, spitzte er plötzlich die Ohren. Ein seltsames Geräusch, das ihnen zuvor nicht aufgefallen war , erfüllte den Raum. Vielleicht war es auch nicht zu hören gewesen, weil Hizashi so laut war, Shota im Moment ziemlich laut schnaufte bei jeder Bewegung und ihre Schritte es leicht übertönen konnte. Denn wirklich laut war das Geräusch nicht. Angespannt versuchte Shota herauszufinden, aus welcher Richtung es kam. Es musste ganz in der Nähe sein. Es kam ihm sogar recht bekannt vor. War das ein Schluchzen?

Vorsichtig richtete Shota sich auf und versuchte sich darauf zu konzentrieren. Darauf bedacht, keinen Laut zu verursachen, erhob er sich und begann damit, die Quelle des Geräusch ausfindig zu machen. Tatsächlich schien es aus einem Spind zu seiner Linken zu kommen. Als er vor dem entsprechenden Blechkasten stand, sah er erst einmal kurz zu dem Schloss und dann zu seinen einbandagierten Armen. Mist. Er müsste erst einmal die Verbände abstreifen, ehe er sich daran machen könnte, das Schloss zu knacken.

Doch gerade, als er sich daran machen wollte, seinen linken Arm unter seinen rechten zu stecken, um den Verband ruckartig abzuziehen, stand Hizashi neben ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Erschrocken zuckte der Dunkelhaarige zusammen, ehe er sich umwandte. Sich innerlich darauf wappnend, nun einen Vortrag vorgetragen zu bekommen, öffnete Aizawa den Mund, doch ganz anders als erwartet schüttelte Yamada nur den Kopf und deutete ihm, leise zu sein. Überrascht darüber, dass der Voicehero seinen Finger an seine Lippen gelegt hatte, nahm Shota die Wasserflasche, die er ihm reichte entgegen. Währenddessen griff der Blondschopf nach dem Schloss und drehte daran herum. Erst da wurde dem Undergroundhero bewusst, dass der andere Profiheld die Geräusche wohl ebenso gehört haben musste und sein sensibles Gehör nun dafür nutzte, um das Schloss zu knacken.

Es dauerte auch nicht lange, bis es soweit war und er das kleine Metallteil abnehmen konnte. Manchmal war Shota fasziniert von den Fertigkeiten, die Hizashi besaß. Anstatt seine Fähigkeiten offen zur Schau zu tragen, versteckte der Voicehero sich nur zu gerne hinter der Heldenpersona Present Mic, die für viele eine Witzfigur war. Auch für Aizawa, der seinen Freund zu wenig wissen ließ, wie viel er doch von ihm hielt. Nun war dafür allerdings ein schlechter Zeitpunkt. Denn als der Blonde die Spindtür öffnete, fanden sie endlich den verschwundenen Schüler.

~*~

Überrascht darüber, dass die Tür seines Gefängnisses sich plötzlich öffnete, sah Hitoshi auf und unterdrückte ein Schluchzen. Er wusste gar nicht, wie lange er schon festsaß, da er aufgegeben hatte auf die Uhr zu sehen. Irgendwie wäre er schon wieder aus seiner misslichen Lage befreit worden. Irgendwann. Im Prinzip war es Shinsou auch egal. Seiner Meinung nach hätte er auch hier drin verrotten können. Spätestens der Geruchs einer verwesenden Leiche hätte dann endlich dazu geführt, dass man ihn entdeckt hätte. Immerhin vertraute er nicht darauf, dass seine Peiniger ihn am Ende des Schultages wieder aus seinem Spind befreit hätten. Er hatte es auch nicht gewagt, einen Mucks von sich zu geben, als er Geräusche hörte, nur damit niemand bemerkte, in welcher Lage er sich befand.

Nun allerdings seinen Englischlehrer und einen Lehrer des Heldenkurses vor sich zu sehen, war einfach nur peinlich. Der Violetthaarige konnte es sich nicht erklären, wieso er sich so dafür schämte, dass man ihn befreit hatte. Obwohl die Miene des Voiceheros nicht böse wirkte – und man das Gesicht des Mumienmanns nicht sehen konnte – spürte er den Scham in sich aufsteigen. Schnell wich er den Blicken der beiden Erwachsenen aus und biss sich auf die Zunge.

Für die beiden Lehrer ergab der Anblick ein seltsames Bild. Der Schüler, den bis eben gesucht hatten, saß in dem Spind zusammengekauert und wich ihren Blicken aus. Seine Wangen waren rot gefärbt, als ob er sich dafür schämte und seine Haut glänzte nass. Er musste geweint haben. Aber wer konnte es ihm schon verübeln? Shota erinnerte sich noch gut daran, dass es ihm damals nicht besser ergangen war.

Unangenehme Stille machte sich für einen kurzen Augenblick breit, ehe sich Hizashi räusperte, Shota einen Schritt zur Seite trat, ehe der Blondschopf eine Hand ausstreckte, um Shinsou aus dem Spind zu helfen. Doch Hitoshi kletterte von alleine aus seinem kleinen Versteck. „Little Listener, da bist du!", stellte er unnötiger Weise erstaunt fest, während er ebenso etwas zur Seite ging, damit der Jugendliche Platz hatte, „wer war das?" Auch wenn er die Frage so neutral wie möglich klingen ließ, konnte Aizawa spüren, wie die Worte die Luft leicht zum Vibrieren brachte. Yamada war wütend. Schon früher in ihrer eigenen Schulzeit hatte der Dunkelhaarige oft genug erlebt, wie die Frohnatur plötzlich rot gesehen und um sich geschlagen hatte, wenn er mitbekam, wenn jemand Shota piesackte. Da er in Shinsou ein Ebenbild von Aizawa sah, war es kaum verwunderlich, dass er nun unbewusst ebenso aufbrausend reagierte.

„Niemand", antwortete Hitoshi viel zu schnell, während er weiterhin den Blicken der beiden Männer auswich und auf seine Schuhspitzen blickte. Der Junge konnte ebenso spüren, dass sein Lehrer wütend wurde, allerdings nahm er an, dass es wegen ihm war. „Es tut mir leid, dass ich den Unterricht verpasst habe, ich wollte nicht schwänzen und ...", versuchte er rasch anzufügen. Schließlich musste das doch der Grund für seine Wut sein. Wieso sollte ein Lehrer sonst sauer auf ihn sein? Natürlich bestand immer noch die Möglichkeit, dass seine Schüler Mist über ihn erzählt und den Lehrern vorgelogen hatten, Hitoshi hätte seine Macke gegen sie verwendet. Es wäre nicht das erste Mal, das so etwas passieren würde.

Als plötzlich ein einbandagierter Arm auf seiner Schulter lag, zuckte Shinsou kurz zusammen, doch er wagte es nicht aufzusehen. „Vergiss die Fehlstunden, Junge", murrte Aizawa, „wer waren diese Idioten, die dir das angetan haben?" Eigentlich hatte Shota das Gefühl, dass er die Schuldigen längst kannte. Es war ihm schon zuvor seltsam vorgekommen, dass seine Klassenkameraden sich keinerlei Sorgen darum machten, dass einer ihrer Mitschüler vermisst wurde. Zuvor hatte er es noch auf den mangelnden Zusammenhalt der Klasse geschoben, doch nun dachte er anders. „Waren es deine Klassenkameraden?"

Obwohl er versuchte, sich nichts weiter anmerken zu lassen, zuckte Hitoshi kaum merklich bei der Erwähnung seiner Klasse leicht zusammen. Die Blicke der beiden Helden trafen sich. Es war eindeutig, dass die 1-C sich hiermit eine Menge Ärger eingehandelt hatte, doch das konnte warten. Zuerst mussten sie sicher gehen, dass es dem Jungen gut ging, der leicht zitterte und weiterhin schwieg.

Da er wohl weiterhin seine Peiniger in Schutz nehmen wollte, seufzte Hizashi kurz, ehe er den Jungen musterte. „Vielleicht sollten wir dich zu Recovery Girl bringen, um dich durchchecken zu lassen. Wie lange warst du da drin?", wollte der Blonde in Erfahrung bringen.

Diesmal schnellte Shinous Kopf nach oben und er sah seinen Englischlehrer kopfschüttelnd an. „Nur ein paar Stunden, aber es geht mir gut, ich muss nicht zur Krankenstation!", versicherte er sofort. Irgendetwas an seiner Miene wirkte schuldbewusst und panisch, doch Shota konnte es im ersten Moment nicht wirklich einordnen.

„Aber du zitterst ...", merkte der Voicehero an.

„Vielleicht ist das nur die Aufregung und der abgesunkene Blutzucker", warf Aizawa ein, ehe er kurz aufsah und Hizashi in die Augen blickte. Auch wenn Shota eine Vermutung hatte, wieso der Junge nicht zur Alten wollte, vermied er es, sie vor dem Englischlehrer laut anzusprechen. Viel eher versuchte er, den anderen dazu zu bewegen, sie kurz alleine zu lassen.

„Gut, dann hol ich ihm mal ne Limo ... und sag Midnight und All Might Bescheid, dass sie unsre Klassen übernehmen sollen." Kaum hatte Yamada zu Ende gesprochen, entfernte er sich. Dabei wollte Hitoshi ihm erklären, dass sie wegen ihm ihren Job nicht sausen lassen mussten. Er würde schon zurecht kommen. Tat er schließlich immer. Irgendwie.

Erst als Shota sich sicher war, dass Yamada sich außer Hörweite befand, wandte er sich an Shinsou. „Was hast du da drin gemacht?", fragte er unverblümt und warf einen Blick hinter den Jungen in den Spind. Obwohl es dunkel darin war, konnte er eindeutig ein paar kleine dunkle Tropfen auf dem Boden erkennen. Ebenso konnte er endlich den Laut einordnen, denn er zuvor gehört hatte. Es war ein schmerzerfülltes Stöhnen gewesen, das er zwischen den Schluchzen ausmachen konnte. Da er in letzter Zeit sehr oft selbst diese Geräusche von sich gab, fiel es ihm gar nicht schwer, es zu erkennen.

„Nichts", schoss es erneut ziemlich schnell aus Hitoshi heraus. Der Junge vermied es weiterhin, den Lehrer anzusehen. Nur zu gerne hätte er sich verabschiedet, und wäre verschwunden. Aizawa nicht gerade für seine nette und freundliche Art bekannt, viel eher hatten viele Schüler Angst vor ihm, auch wenn die meisten nicht einmal das Vergnügen hatten, von ihm unterrichtet zu werden. Er galt als kalt, unfreundlich und seltsam. Ebenso hieß es, dass er sich wenig für seine Schüler interessierte und knallhart war. Wieso also stellte er Hitoshi so viele Fragen? Tausende Vermutungen schossen durch seine Gedanken und bereitete dem Jungen Kopfschmerzen.

Shota unterdrückte ein Seufzen auf die erhaltene Antwort hin. Natürlich hatte der Dunkelhaarige nicht damit gerechnet sofort eine ehrliche Antwort zu erhalten. Wer gab schon gerne zu einen Fehler begangen zu haben? Er war der letzte, der das tun würde. Dennoch war es ihm im Moment wichtig zu erfahren, ob es dem Jugendlichen gut ging. „Da drin sind Flecken, die wie Blutstropfen aussehen und du wolltest nicht, dass Mic dir aus dem Spind hilft und wir dich zur Alten bringen. Außerdem habe ich eindeutig ein schmerzerfülltes Geräusch gehört. Bist du dir sicher, dass es nichts war?" Shota klang nicht wütend, und auch nicht drängend. Er wollte einfach nur die Wahrheit hören.

Obwohl es kaum möglich war, ließ Shinsou seine Schultern noch mehr hängen als zuvor. Wieso war dieser Lehrer nur so gut darin Dinge zu beobachten? Natürlich wusste der Junge, dass man als Undergroundhero solche Fertigkeiten besitzen musste, damit man nicht draufging und die Überhand behielt, allerdings war es in diesem Augenblick eher weniger hilfreich. Zumindest für ihn. Seufzend ließ er sich auf die Sitzbank fallen und sah auf seine Schuhspitzen. „Es war Teil meiner Bestrafung", murmelte er leise vor sich hin.

Da Aizawa eingegipst und bandagiert von oben bis unten ohnehin nicht lange stehen konnte, ließ er sich ebenso nieder und war froh darüber, weil er sonst das Gemurmel des Jugendlichen bestimmt überhört hätte. „Bestrafung, hm?", wiederholte er und gluckste einmal kurz, „wofür denn?" Schließlich hatte er sich wohl kaum selbst in den Spind gesperrt, oder darum gebeten, dass sie ihn darein packten.

Hitoshi seufzte, während er auf seine Handflächen starrte. „Weil ich nicht am Sportfest hätte teilnehmen dürfen ... ich hätte mich weiterhin bedeckt halten sollen. Nicht auffallen", erklärte der Junge und begann kurz auf seiner Unterlippe herumzukauen, „dann wüssten sie nun nicht von meiner Macke ..." Es war immer seine Macke, die dafür sorgte, dass Menschen sich von ihm abwandten und ihn mieden, als ob er eine Krankheit hätte, die ansteckend und tödlich war. Alle hatten Angst vor ihm, weil sie dachten, er würde sie einer Gehirnwäsche unterziehen und sie unter seinen Bann stellen. Schon von klein auf wollte niemand mit ihm reden und er hatte gelernt zu schweigen und nur zu sprechen, wenn es ihm erlaubt wurde.

„Aber gestern haben sie dir doch zugejubelt." Der Dunkelhaarige wusste selbst nicht, wieso er das sagte. Immerhin hatte er zuvor mit eigenen Ohren gehört, wie sie den Jugendlichen nannten. Es war erstaunlich, wie schnell die Gemüter von Jugendlichen umschlagen konnten.

„Sobald das Sportfest vorbei war und ich verloren hatte, hat sich das geändert", seufzte Hitoshi, „jetzt bin ich nur mehr der Freak vor dem sie Angst haben, weil ich mit meiner Schurkenmacke alle zu etwas zwingen und sie mir unterwerfen könnte ... es war ein Fehler." Kopfschüttelnd sank er ein wenig mehr zusammen. Nur wegen seinem dummen, kindlichen Traum, hatte er sich dazu hinreißen lassen, die Möglichkeit des Sportfestes zu nutzen, um vielleicht in eine der Heldenklasse zu wechseln. Dabei hatte er mittlerweile so etwas wie Freunde gefunden, die ihm nun natürlich den Rücken gekehrt hatten.

Erneut an diesem Tag verfluchte der Undergroundhero seine Verbände, da er sich damit nicht richtig bewegen konnte. Außerdem war es unnatürlich, jemanden einen einbandagierten Arm auf die Schulter zu legen. Dennoch gab es im Augenblick keine Alternative. „Sieh mich an Junge", forderte er Hitoshi auf, während er einen Arm auf dessen Schulter platziert hatte. Natürlich kam es ihm ebenso dämlich vor, so etwas zu sagen, da Shinsou nicht mehr als die Bandagen in seinem Gesicht sehen konnte, doch es war wichtig Augenkontakt zu halten. Erst als der Jugendliche wirklich zu ihm aufsah, fuhr Shota fort. „Ich weiß, was du durchmachst", versicherte er ihm. Es waren keine leeren Worte, die er hier von sich geben wollte. „Mit meiner Macke ging es mir früher nicht anders. Ständig wurde mir vorgeworfen, dass ich später nur ein Schurke werden kann, weil ich mit meiner Macke alle andren blockiere und schwach bin. Sie haben mich herumgeschubst und mich in meinen Spind oder einen Schrank gesperrt. Sogar meine Eltern haben sich für meine Macke geschämt und mir eingebläut, dass ich mich bedeckt halten soll um nicht aufzufallen." Er sprach wirklich ungern über seine Kindheit und Jugend. Doch gerade weil er wusste, was Hitoshi durchmachte, wollte er den Jungen wissen lassen, dass es nicht immer so weiterging. Er konnte seine Lage verbessern. Was allerdings nur klappte, wenn er etwas dagegen unternahm und es nicht so hinnahm. „Aber das hat mich nicht aufgehalten. Es hat die Sache zwar sehr schwierig gemacht und mir Steine in den Weg gelegt, aber ich wollte ein Held werden und habe es durch harte Arbeit auch geschafft. In dir sehe ich ebenso das Potential deinen Traum zu verwirklichen. Oder lässt du dich weiterhin von diesen Idioten zurückhalten?" Gespannt studierte er das Gesicht des Jugendlichen.

Aufmerksam hörte Hitoshi den Worten des Lehrer der Heldenfakultät zu. Er wusste welche Macke Eraserhead besaß. Insgeheim sah der Violetthaarige sogar ein wenig zu dem anderen auf. Immerhin kämpfte der Undergroundhero vollkommen allein und konnte seine Macke nur dazu nutzen, um die Chancen auszugleichen, indem er die Macken seiner Gegner unterdrückte. Da die meisten Schurken sich nur auf ihre Fähigkeiten verließen, waren die meisten ohne ihre Macken verloren. Shinsou bewunderte die Kampftechniken seines Gegenüber und war erstaunt darüber, als er hörte, dass es ihm ähnlich ergangen war in seiner Jugend. Mit großen Augen sah er den Mann an, während er nachdachte. Wollte er wirklich zulassen, dass seine Mitschüler seinen Traum zerstörten? Nein. Noch während er seinen Kopf schütteln wollte, kam ihm etwas anderes in den Sinn. Wie sollte er diesen Traum eigentlich verfolgen? Er hatte keine Möglichkeit mehr in die Heldenklasse zu kommen, zumindest nicht bis zum nächsten Sportfest, bei dem er bestimmt noch schlechter abschneiden würde als dieses Jahr. Unsicher ließ er seinen Kopf hängen.

Das leichte Kopfschütteln war Shota zum Glück nicht entgangen, er spürte jedoch ebenso die Unsicherheit, die Hitoshi ausstrahlte. „Wenn du deinen Traum wirklich verfolgen möchtest, werde ich dir helfen, dich trainieren, und mit Nedzu über eine Möglichkeit sprechen, dich in einer der Heldenklassen unterzubringen, sobald du soweit bist." Hoffentlich war dem Jungen klar, dass Aizawa so ein Angebot nicht jedem machte. Er sah wirklich viel von sich selbst in Shinsou. Zu viel, für seinen Geschmack.

Verwirrt über das Angebot sah der Junge zu ihm hoch. „Wie... wieso wollen Sie gerade mir helfen?", fragte er verwundert, „Sie haben genug mit ihrer Klasse zu tun ... und sind verletzt worden! Eigentlich sollten Sie sich erholen, anstatt ihre Zeit mit mir zu vergeuden." Ebenso gab es doch beim Sportfest so viele andere, die eher dafür geeignet waren, einen Platz in der Heldenfakultät zu bekommen und Eraserhead hatte ohnehin schon viel zu tun. Immerhin erholte er sich doch gerade erst davon, dass die 1-A von einer Horde Schurken angegriffen wurde und er sie alle beschützt hatte. Er sollte sich wirklich besser ausruhen und sich nicht noch mehr aufbürden. Vor allem sollte er nicht seine Zeit damit verschwenden, eine unmögliche Aufgabe anzunehmen und zu versuchen, Hitoshi zu einem Helden zu machen.

„Weil du Potential hast, Hitoshi", antwortete Shota ehrlich, „und weil Menschen wie wir zusammenhalten müssen. Wir haben es genauso verdient Helden zu werden, wie alle anderen, auch wenn wir viel härter dafür arbeiten müssen." Für gewöhnlich war Aizawa kein sentimentaler Mensch. Man konnte fast behaupten, dass der Nomu doch bleibende Schäden an seinem Kopf hinterlassen haben könnte und er verweichlicht war. Doch er meinte, was er sagte. Er wollte Shinsou helfen seinen Traum zu verwirklichen. Der Junge hatte es verdient. „Ich werde dir beibringen zu kämpfen. Der Nahkampf ist sehr wichtig, da wir uns nicht wie andere nur auf unsere Macke verlassen können", fuhr er fort, ehe er seinen Kopf neigte und auf die Arme des Jungen sah, „aber dafür musst du mir versprechen, dass du damit aufhörst." Bei diesen Worten deutete er auf die Arme des Schülers. Wenn er sich weiter selbst verletzte, würden sie nicht richtig trainieren können. Shota wusste aus Erfahrung, wie schmerzhaft das werden konnte und wie abgelenkt man dadurch war.

Ertappt zog Shinsou seine Arme weg und sah zu Aizawa. „Woher wollen Sie überhaupt wissen, dass ich ... dass ich ...", versuchte der Jugendliche sich rauszureden. Als ihm allerdings bewusst wurde, dass er nicht wusste, wie, brach er ab. „Ich meine ich bin ihnen unglaublich dankbar, wenn Sie mir helfen wollen, aber Sie sollten sich im Moment lieber ausruhen!", gab der Junge vorwurfsvoll von sich. Es war immer einfacher anderen einen Spiegel vorzuhalten, als selbst zuzugeben, dass man Fehler beging. Außerdem war er es einfach nicht wert, sich mit ihm abzugeben. Wenn die anderen davon erfuhren, dass er mit Eraserhead trainierte, würde man bestimmt behaupten, er hätte ihn durch seine Gehirnwäsche dazu gezwungen.

Diesmal gluckste Aizawa etwas länger. „Ehrlich, Junge. Ich sagte doch, ich weiß was du durchmachst", wiederholte er seine Worte von zuvor, „dazu zählt auch diese Dummheit. Aber ich hatte damals zwei sehr gute Freunde, die mich dabei erwischt haben und denen ich danach versprechen musste, es nie wieder zu tun. Und das erwarte ich auch von dir. Sobald ich diese Dinger hier los bin" – dabei hielt er kurz seine einbandagierten Arme hoch – „legen wir mit dem Training los, aber nur, wenn du das in Zukunft sein lässt. Bis dahin überleg ich mir einen Trainingsplan, um dich auf Vordermann zu bringen. Also. Haben wir einen Deal?" Abwartend sah er Hitoshi zwischen zwei Bandagen hindurch an.

Vollkommen überrumpelt sah Shinosu ihn mit aufgeklappten Mund an. Niemals hätte er angenommen, dass ein Erwachsener einst in seiner Position gesteckt hatte und ebenso dieselben Dinge durchmachen musste, wie er selbst. Vor allem hätte er niemals damit gerechnet, dass Aizawa so offen darüber sprach. Obwohl das hier das erste Gespräch überhaupt zwischen den beiden war, schien der Einbandagierte ihm bereits so weit zu vertrauen, dass er ihm all das erzählte. Hitoshi schluckte. Auch wenn er noch einmal darüber nachdenken wollte, kannte er seine Antwort längst. Wem machte er schließlich etwas vor? Das hier war sein Traum und er war dabei, in Erfüllung zu gehen! „Ja", platzte es also endlich aus ihm heraus. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Ich verspreche, dass ich es nicht mehr machen werde und ich möchte sehr gerne mit ihnen trainieren! Ich möchte ein Held werden!"

„Gut." Shota nickte zur Bestätigung. „Wann auch immer du Probleme hast, komm damit sofort zu mir. Von nun an bist du mein Schüler und ich bin für dich verantwortlich", erklärte Shota, „außerdem möchte ich, dass du dir meine Nummer einspeicherst. Sollte so etwas wie heute noch einmal vorkommen, kannst du mich sofort anrufen und ich hole dich da raus." Auch die Schüler seiner Klasse hatten alle die Nummer seines privaten Smartphones. Allen hatte er eingetrichtert, die Nummer nur im Notfall zu benutzen. Dennoch kam es immer wieder vor, dass jemand unbedacht ein Bildchen in den Klassenchat schickte, weil man annahm, es wäre amüsant.

Als Hitoshi das hörte, machte er etwas, was er normalerweise nie tun würde. Er war so euphorisch wegen des kommenden Trainings und der Aussicht, seinen Traum zu verwirklichen, dass er unbewusst seine Arme um Aizawa schlang, um ihn zu umarmen. Er war so glücklich darüber. Der Undergroundhero war der erste Erwachsene, wenn nicht sogar Mensch, der mehr ihn Shinsou sah, als einen zukünftigen Schurken. Endlich sah jemand etwas anderes ihn ihm und gab ihm Hoffnung.

Natürlich überraschte diese plötzliche Bewegung und körperliche Nähe den Dunkelhaarigen, sodass er sich im ersten Moment versteifte. Als er jedoch merkte, wie wichtig es dem Jugendlichen schien und wie glücklich es ihn machte, entspannte er sich etwas und versuchte die Umarmung so gut es ging zu erwidern, obwohl es ihm ein paar Schmerzen bereitete. Vielleicht hätte er die Schmerztablette, die Hizashi ihm vorhin zugeschoben hatte, doch nehmen sollen.

„Ich bin ihnen so dankbar", murmelte Hitoshi in Aizawas dunkles T-Shirt, ehe er ihn losließ.

„Ha ... hoffentlich bereust du diese Worte nicht irgendwann", scherzte der Undergroundhero und setzte sein breites gruseliges Grinsen auf, das Hitoshi jedoch nur zum Lachen brachte. Dabei meinte der Dunkelhaarige es furchtbar ernst. Das Training würde kein Zuckerschlecken werden. Immerhin musste Hitoshi eine Menge aufholen, bevor man überhaupt nachdenken konnte, ihn in einer der Heldenklassen unter zu bringen. Es wartete ein ganzes Stück Arbeit auf die beiden und Shota hoffte, dass sie nicht noch mehr Zeit vertrödelten, nur weil er weiterhin als Mumie herumlaufen musste.

„Sorry, Listener, für die lange Unterbrechung, aber jetzt ist euer Lieblings-DJ wieder für euch da!", erklang es plötzlich, ehe Hizashi auf sie zukam. Ins einen Armen hatte er nicht nur eine Flasche Limonade, sondern auch eine Tüte Süßigkeiten. Shota bezweifelte jedoch, dass der Blondschopf für die Besorgungen so lange gebraucht hatte. Viel eher nahm er an, dass der Voicehero das Gespräch der beiden aus sicherer Entfernung belauscht hatte und nicht stören wollte. Dafür war der Dunkelhaarige ihm sehr dankbar. Immerhin wusste Yamada, das solche Gespräche nie einfach waren. Schließlich war es damals der Blondschopf und ein anderer Freund gewesen, die Shota davor bewahrt hatten, sich weiter selbst zu verletzen und ihm dabei halfen, seinen Weg zu finden. Nun würde Shota dasselbe für Shinsou tun. Immerhin war er es der Welt schuldig, etwas zurückzugeben und Hitoshi hatte es verdient, seinen Traum zu verwirklichen. Immerhin war nichts grausamer, als einen Traum auf halbem Weg enden zu lassen.

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