Sleepover
Seufzend lehnte er sich zurück und rieb sich den Nacken. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es schon langsam auf Mitternacht zu ging. Mist. Dabei hatte er sich vorgenommen, diesmal pünktlich ins Bett zu kommen. Wobei, wer genau definierte schon, was eine angemessene Zeit für das zu Bett gehen war? Die Eltern taten das für ihre Kinder, aber sobald man erwachsen war, handelte man im eigenen Ermessen. Mal ganz außer Acht gelassen, dass man als Kind ohnehin ständig unzufrieden mit den Schlafenszeiten war. Vermutlich würde er, wenn er jetzt ins Wohnheim seiner Schüler ging, auch noch ein paar Nachteulen finden. Tatsächlich wäre es schrecklich amüsant, ein paar von ihnen zur Rechenschaft für ihre schlechten Hausaufgaben zu ziehen. Doch Aizawa verwarf den Gedanken wieder und tippte mit dem roten Kugelschreiber auf die Tischplatte.
Während er kurz darüber nachdachte, wie lange er für die verbleibenden fünf Arbeiten wohl noch brauchen würde, klopfte es zögerlich an seiner Tür, ehe sie sich langsam einen Spaltbreit öffnete und ein grauhaariger Haarschopf auftauchte. Schüchtern sah sich Eri suchend im Zimmer um, ehe sie den Gesuchten entdeckte und die Tür komplett öffnete, um einzutreten.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Shota sofort besorgt nach, und legte den Kuli weg. Dass Eri so betreten zu Boden sah, gefiel ihm gar nicht. Vor allem war er der Meinung, dass er sie längst vor Stunden ins Bett geschickt hatte. Wieso war sie also noch wach? Sie würde sich doch wohl nicht zu einem dieser Kinder entwickeln, die nichts von Schlafenszeiten hielten? Im perfekten Alter für eine Trotzphase wäre sie ja, zumindest hatte er das flüchtig in einem Elternratgeber aufgeschnappt, den er auf Toshinoris Tisch liegen gesehen hatte.
Das kleine Mädchen schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht schlafen. Es tut mir leid!", entschuldigte sie sich sofort. Bisher hatte sie sich ja an alle Regeln gehalten, die man ihr erklärt hatte, umso nervöser war sie da, wenn sie nun plötzlich dagegen verstieß.
Aizawa erhob sich von seinem Schreibtischstuhl und ging auf das Mädchen zu, um vor ihr in die Hocke zu gehen. „Das ist doch nicht schlimm. Manchmal hat man einfach solche Phasen. Möchtest du bei mir bleiben?" Vielleicht wollte sie auch einfach nicht alleine bleiben. Ihm war nicht entgangen, dass sie manchmal an Albträumen litt, genauso wie er selbst. Daher verstand er nur zu gut, wenn man manchmal nicht schlafen konnte, oder wollte.
Eri dachte gar nicht lange nach, sondern nickte sofort. Also hob Eraser sie hoch und setzte sie auf sein Bett, ehe er seinen Laptop ausschaltete und ebenso das Licht ausmachte, bevor er sich selbst ebenfalls hinlegte. Die anderen Hausaufgaben konnte er auch noch morgen korrigieren. Bisher hatte er die Schüler ohnehin ständig damit verwöhnt, ihre Aufgaben gleich am nächsten Tag zurück zu geben. Eigentlich war das ja nicht seine Pflicht und Eri ging eindeutig vor. Er legte einen Arm um sie, um ihr Geborgenheit zu vermitteln.
~*~
Der Zeiger der Uhr wanderte weiter, bis es schließlich nach Mitternacht war. Noch immer lag Aizawa mit offenen Augen im Bett und starrte an die Decke. Irgendwie wollte ihn der Schlaf heute nicht übermannen, was er gewiss spätestens in der ersten Unterrichtsstunde bereuen würde. Doch neben ihm kam jemand ebenfalls nicht zur Ruhe. Schließlich seufzte Eri irgendwann. „Irgendwie können wir beide nicht schlafen, was?", flüsterte Shota daher und lächelte leicht.
Eri setzte sich neben ihm auf und sah auf ihn hinab. „Es tut mir leid", entschuldigte sie sich erneut und sah schuldbewusst zur Seite.
„Du kannst doch nichts dafür!", versicherte er ihr und setzte sich ebenso auf. Vermutlich wäre er ohnehin bis jetzt an den Korrekturen gesessen und hätte nicht geschlafen. „Vielleicht hilft es ja, wenn ich dir etwas vorlese?", schlug er vor und schlug die Bettdecke zur Seite. Leider hatte er keine Kinderbücher in seinem Zimmer und die Hausaufgaben der 1-A eigneten sich ganz gewiss nicht dafür, einer siebenjährigen in den Schlaf zu verhelfen, auch wenn manche wirklich grottenschlecht waren. Aus diesem Grund entschuldigte er sich kurz, um ein Buch aus Eris Zimmer zu holen.
Auf dem Rückweg begegnete er einer anderen Nachteule. Tatsächlich sah Hizashi aus, wie ein zerzauster Kauz. „Noch wach? Hast du noch gearbeitet?", fragte der Blonde und entdeckte kurz darauf das Kinderbuch in den Händen seines Freundes. „Brauchst du Lektüre?"
„Nein, Eri kann nicht schlafen, deswegen wollte ich ihr etwas vorlesen", erklärte Shota und warf Mic sofort einen strengen Blick zu, als er sah wie breit das Grinsen seines Gegenüber wurde.
„Oh, das arme Kind. Wenn du willst, kann ich ein Glas Milch mit Honig warm machen, vielleicht hilft das ja." Yamada wartete gar nicht erst auf eine Antwort, sondern machte sofort kehrt, um in die Küche des Wohnheims zu gehen. Eigentlich war er selbst auch erst grade von seinem Drittjob zurückgekehrt, aber er war noch zu aufgekratzt davon, um nun ins Bett gehen zu können.
Kurz darauf saß Aizawa auf seinem Bett, Eri an ihn gekuschelt, während er ihr aus dem Buch vorlas. Es dauerte nicht lange, bis auch Hizashi in den Raum kam und dem Mädchen einen Becher reichte. „Versuch das mal, mir hilft das immer nach einem langen Tag", versicherte er dem Kind lächelnd und setzte sich an die Bettkante um dabei zuzuhören, wie Shota weiter aus dem Buch vorlas.
Zunächst ein bisschen skeptisch nippend, merkte Eri schnell, dass das Getränk, dass ihr Onkel Hizashi gegeben hatte, wirklich lecker schmeckte. Die Tasse war bald leer und sie gähnte. Auch den beiden Männern fiel es zunehmend schwer, ein Gähnen zu unterdrücken. Der Blonde lag sogar schon leicht zusammengerollt am Fußende des Bettes und hatte seine Augen geschlossen. Eri grinste leicht, als Aizawa ebenso aufhörte zu lesen und das Buch aus seinen Fingern rutschte. Sie stellte den Tasse ab, und legte das Buch etwas weiter weg, damit es nicht störte, ehe sie sich nah an den Dunkelhaarigen ankuschelte und ebenfalls einschlief.
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