Kapitel 8
Heute ist Montag und ich muss wieder in die Schule. Samstag hatte Chris mich abends noch nach Hause gefahren und gestern haben wir auch den ganzen Tag miteinander verbracht. Es war richtig schön. Wir sind wieder den ganzen Tag am Strand gewesen und hatten alle zusammen Spaß. Chris und ich sind auch einmal in diese abgeschottete Ecke hinter den Büschen gegangen und haben uns dort gesonnt. Alleine. Wir haben die ganze Zeit geredet und ich habe viel von ihm erfahren. Zum Beispiel, dass seine Eltern vor ein paar Jahren ermordet wurden und er seitdem alleine klarkommen muss. Er hatte dann die anderen nach und nach kennen gelernt und sie sind dann eben diese »Gang« geworden. Meiner Meinung nach ist er viel zu nett für einen Badboy und Drogenhändler. Ich weiß nicht so recht wie ich ihn einschätzen soll aber erstmal kommt er mir total sympatisch vor. Ich habe ihm von meinem Bruder und meinem Dad erzählt. Auch von Mom habe ich erzählt und er scheint mich zu verstehen. Er hat schließlich selber seine geliebte Mutter verloren. Er hatte auch versucht mich zu küssen aber das habe ich gekonnt abgewehrt. Ich will es nicht. Noch nicht. Ich mag ihn, aber ich kenne ihn nicht gut genug, um ihn an meine Lippen zu lassen. Ich gehe heute zu Fuß zur Schule und überlege mir, was ich heute Nachmittag machen werde. Dies wird mir allerdings durch Chris abgenommen, der mir eine SMS schickt. »Hole dich von der Schule ab.« Ich lächle und antworte ihm »Okay. Ich habe halb 2 Schluss.« Schnell packe ich mein Handy in meine Schultasche und gehe über die Ampel, die gerade grün wird. "Wieso bist du zu Fuß?" fragt Nick, der plötzlich mit seinem Fahrrad neben mir auftaucht. "Hatte Lust dazu." antworte ich, ohne ihm anzusehen. Er runzelt die Stirn, lässt aber gut sein und hakt nicht weiter nach.
André hat es heute wieder sehr gut mit mir gemeint und mich durchgehend fertig gemacht. Nach der sechsten Stunde will ich gerade meine Sachen packen, als André kommt und mir meine gesamte Tasche wegnimmt und los läuft. Ich laufe ihm hinterher, flehe ihn an sie mir zu geben. Es ist wie im Kindergarten mit dem kleinen Unterschied, dass wir eine 11. Klasse sind und dass das mein Leben ist. Draußen vor der Tür lacht er sich schlapp, da er meine Sachen alle in der große Mülltonne verteilt hat. Alle stehen sie da und lachen mich aus. Angeekelt hole ich meine Schultasche raus und stelle sie auf dem Boden ab. Allerdings liegen noch all meine Bücher drin. Ich höre wie ein Motorrad angefahren kommt und dann stehen bleibt. "Was machst du?" Ich erschaudere, als ich die Stimme von Chris höre. Ich sehe ihn beschämt an und scheinbar scheint er sofort zu wissen was Sache ich. Er geht auf André zu, dessen Grinsen verblasst, als Chris vor ihm steht. "Warst du das?" "Seh ich so aus?" lacht André. "Ich frage dich ein letztes mal. Warst du das?" Chris baut sich auf ihm auf, wirkt somit gefährlich und einschüchternd. "Und was wenn?" knurrt André. Blitzschnell packt Chris André im Nacken und drückt ihn runter. "Hol ihre Sachen da raus!" brüllt er André an und stößt ihn hart Richtung Mülltonne. "Ganz sicher nicht." Chris knurrt und André scheint von ihm eingeschüchtert zu werden. "Wenn ich es noch einmal sagen muss wirst du aus dieser Mülltonne nicht mehr rauskommen." André schluckt schwer und klettert in dir Mülltonne. Er gibt mir meine Schulsachen und ich stecke sie in meine Tasche. "Geht doch." knurrt Chris ihn an und geht an ihm vorbei, dabei stößt er hart gegen Andrés Schulter. "Komm." sagt er sanft und nimmt meine Hand. Ich lasse mich von ihm zum Motorrad führen. Er gibt mir den Helm und ich setze ihn auf, ehe ich mich hinter Chris setze und mich an ihn klammere. Die Gesichter meiner Mitschüler, wie ich mit Chris wegfahre, werde ich nie mehr vergessen. Chris fährt irgendwo hin, wo ich noch nie war. In dem Stadtviertel war ich nie, weil Dad immer sagte, dass hier Kriminelle und so weiter wohnen. An einer Art kleinen Lagerhalle angekommen steigen wir von Motorrad und gehen rein. Ich staune nicht schlecht, als ich das Innere sehe. Überall sind Türen zu Zimme, in denen die Jungs schlafen und hier und da sind Boxsäcke und ein großer Tisch steht in der Mitte. Hier und da sehe ich ein Paar der Jungs, die mich freundlich begrüßen. "Das ist unser Quartier. Du kannst jederzeit herkommen, wenn du willst. Hast du zufällig Sportsachen mit?" Ich schüttle irritiert den Kopf. "Okay, habe ich mir gedacht. Hier, das kannst du anziehen." Er wirft mir ein paar Klamotten zu, die mir tatsächlich passen könnten. "Woher hast du die?" "Frag nicht." sagt er nur und geht direkt in die Richtung eines Zimmers. Er schmeißt sich auf das Bett und zieht sich seine Schuhe aus. "Wieso soll ich das anziehen?" "Naja, so wie das eben aussah hast du das Training dringend nötig. Du brauchst Selbstbewusstsein und musst dich verteidigen können, um immer in Sicherheit zu sein." Ich nicke, denn er hat recht. "Da ist ein Bad, da kannst du dich umziehen." Ich nicke wieder und laufe hin. Nachdem ich mich umgezogen habe mache ich mich mit Chris etwas warm und er zeigt mir hier und da etwas, was ich verbessern kann. "Komm mal mit." Sagt er und ich folge ihm. "Du bist ganz schön sportlich. Was machst du?" "Ich reite. Und eben Schulsport. Mehr nicht." erkläre ich. "Okay. Dieser Sack hier heißt André. André kann sich nicht wehren. Schlag zu. Einfach so drauf los." Ich sehe ihn mit großen Augen an. "Was soll ich?" "Diesen Boxsack hier schlagen und dir vorstellen es sei dieser André." Ich atme tief durch. Es ist mir peinlich hier so sport zu machen. Die anderen sehen mir zu. "Na los." sagt Chris etwas ungeduldig also stelle ich mich hin und sehe ihn etwas unsicher an. "Die Beine etwas weiter auseinander. Du brauchst einen festen Stand." Ich gehorche und stelle mich richtig hin. "So, und nun hau zu. So fest du kannst, lass alles raus." Ich sehe den Boxsack an und atme tief durch. In mir braut sich die Wut zusammen, welche sich mit der Zeit auf André entwickelt hat und schlage zu. Lasse alles raus, vergesse alles um mich herum. "Super! Weiter, Lilly, das ist gut so!" Ich steigere mich mehr rein und Tränen beginnen mir über die Wangen zu laufen. "Hör auf, Lilly." Ich höre nicht auf ihn. "Lilly! Hör auf!" Ich lasse mich fallen und lande in den armen von Chris, ehe ich den Boden berühre. Ich heule und drücke mich an ihn. "Sssch. Alles ist gut." flüstert er und ich spüre seine warmen, vollen Lippen an meiner Schläfe. "Ich passe auf dich auf. Er wird dir nicht mehr wehtun." Ich schluchze, da ich weiß, dass es nicht stimmt. Schon morgen wird er damit weiter machen und Chris kann dagegen überhaupt gar nichts unternehmen. Er nimmt mich hoch und trägt mich in sei. Zimmer, um mich auf sein Bett zu legen. Plötzlich komme ich mir dumm vor. Das was hier gerade passiert ist furchtbar peinlich. "Ich will nach Hause." schluchze ich. "Nein, du bleibst hier und wirst dich ausruhen. So aufgewühlt lasse ich dich nicht alleine." flüstert er und legt sich neben mich. Schnell kuschle ich mich an ihn und schließe die Augen. "Bei mir bist du sicher, Lilly. Du bist ein wundervolles Mädchen." Ich sage nichts. "Ich mag dich. Ich lasse dich nicht mehr gehen." Er vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren und atmet gierig meinen Geruch ein. "Nie mehr."
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