Kapitel 30
Marcos Sicht:
"Na, Großer, wie geht's dir?" frage ich meinen Sohn. Er zuckt mit den Schultern und seufzt. "Es geht. Ich fühle mich, als hätte nicht ein Zug überrollt." "Naja, stimmt ja auch fast. Nur, dass es kein Zug sondern ein Pferd war." Er beginnt zu grinsen. "Stimmt." "Wo ist deine Schwester?" "Zu Onkel Anthony gegangen. Sie wollte bei ihm und Anne frühstücken und dann mit Anne Kuchen für mich backen." grinst er zufrieden. "Dann hast du deine Schwester und deine Tante also sofort wieder um die Finger gewickelt?" Er nickt lachend. "Sieht wohl ganz danach aus." Ich setze mich neben seinem Bett auf den Stuhl und nehme seine Hand. "Ich bin so froh, dass du wieder wach bist, mein Junge." sage ich leise. Nick sieht mich traurig an. "Hast du Schmerzen?" "Naja, ich spüre meine Beine immer noch nicht." gesteht er. Oh nein, nicht auch das noch! "Hast du mit dem Arzt darüber geredet?" "Ja, aber er sagt, dass ich erstmal Geduld haben soll, weil sich das noch legen kann. Wenn es das nicht tut erklärt er, wie es dann weiter geht." Tränen sammeln sich in seinen Augen. Das letzte mal habe ich ihn weinen sehen, als er 6 war. "Nick, hör mir mal zu: wir bekommen das hin! Wir schaffen das. Du, Lilly und ich sind eine Familie und wir werden alle zusammen halten. Wenn es so bleiben sollte, dass du nicht mehr laufen kannst werden wir das ganze Haus umbauen und rund um die Uhr für dich da sein. Ich werde dafür sorgen, dass du kein schwereres Leben haben wirst als vorher. Ich werde dir das alles erleichtern. Nick, ich habe dich ganz doll lieb und ich bitte dich nicht den Kopf hängen zu lassen. Am wichtigsten ist jetzt erst einmal, dass du überhaupt lebst." Ich atme tief durch. Das alles hier fällt mir sehr schwer. "Ich hab dich auch lieb, Dad." nuschelt er. Ich lächle leicht und drücke seine Hand. Aber dann sehe ich, dass er Blut an der Hand hat. "Nick? Was ist das?" Aufgebracht hebe ich seine Decke an, um ihn nach blutenden Stellen abzusuchen. "Nichts, Dad, das Blut ist nicht von mir. Es ist von Mom." Ich halte inne. "Was redest du denn?" Er seufzt. "Ich bin aufgewacht und dann war Mom hier. Sie sah nicht mehr so jung aus wie auf den Bildern aber ich habe sie erkannt. Erst dachte ich, dass ich es geträumt hätte aber dann war das Blut an meiner Hand, welches ja nicht von mir ist. Es war nur noch keine Schwester oder so hier, die mir das abgemacht hat." Ich sehe ihn entsetzt an. Nicht er auch noch. Reicht doch schon, wenn ich meiner Frau hinterher trauere und Wahnvorstellungen habe. "Nick, deine Mom ist-" "Sie ist nicht tot! Sie war hier! Haltet mich alle für doof aber ich weiß, was ich gesehen habe!" Er wendet den Blick von mir ab und sieht aus dem Fenster. Ich seufze. So kann das echt nicht weiter gehen. "Nick. Es tut mir leid, aber so ist es nun einmal. Ich dachte dadurch, dass ihr eure Mutter gar nicht kenn würdet ihr nicht so sehr an ihr hängen und nicht so sehr um sie trauern aber ich habe mich offenbar geirrt. Wenn du willst, können wir zu ihrem Grab fahren, sobald du aus dem Krankenhaus entlassen wirst." Er schnaubt ungläubig. "Ja, vielleicht gibt es ein Grab. Aber ganz sicher liegt da nicht meine Mutter drin! Sie war hier!" Mein Gott, wie soll ich ihn denn davon wieder wegbekommen? "Wann kommt deine Schwester wieder?" lenke ich ab. "Keine Ahnung. Weiß ja nicht wie lange es dauert den Kuchen zu backen." Ich nicke. "Willst du etwas essen?" Er schüttelt den Kopf. Ach Nick. "Etwas trinken?" Wieder schüttelt er den Kopf. Na schön, dann eben nicht. Ich stehe auf und gehe in das kleine Bad hier im Zimmer. Ich mache den Waschlappen nass und gehe zurück zu Nick. "Was wird das?" "Ich will deine Hand sauber machen." "Nein!" sagt er laut. "Nick, die ist völlig dreckig und wahrscheinlich voller Bakterien." Er sieht mich grimmig an. "Willst du wegen solcher Bakterien sterben?" Er sieht mich erschrocken an. Scheinbar hat das jetzt geholfen. Er schüttelt den Kopf und hält mir seine Hand hin. Ich mache sie sauber und gehe dann den Waschlappen auswaschen. "Weißt du, Nick, ich möchte ja auch, dass deine Mama wieder hier ist, bei uns. Aber das geht nicht." "Rede nicht mit mir als wäre ich 5!" Ich seufze. Teenager können ziemlich launisch sein. "Na schön." brumme ich und stehe auf. "Wo willst du denn hin?" "Ich gehe nach Hause und kümmere mich um die Hunde. Dann komme ich wieder her, okay?" Er nickt erleichtert. Dachte er jetzt, dass ich deswegen jetzt einfach abhaue? Das wollte ich doch nicht! "Wann kommst du wieder?" "In zwei Stunden, okay?" "Okay." sagt er leise. Ich verlasse das Zimmer und gehe leise durch die Intensivstation. Wie ruhig es hier doch ist. Als ich auf dem Parkplatz ankomme suche ich nach meinem Auto und steige ein, um nach Hause zu fahren. Dort angekommen fahre ich in dir Garage und gehe dann ins Haus. "Helena?" rufe ich. "Ja?" ruft sie und kommt angelaufen. "Ist alles in Ordnung? Sie sehen so erschrocken aus." sage ich verwirrt. "Ja, ich war nur in ein Buch vertieft und habe mich erschrocken, als Sie plötzlich gerufen haben." "Ach Gott, das tut mir aber leid." entschuldige ich mich. "Was kann ich denn für sie tun?" "Würden sie mir eine Kleinigkeit zu essen machen, während ich mit den Hunden joggen gehe?" "Aber natürlich. Was hätten Sie denn gern?" "Ich nehme alles, was sie mir anbieten. Ich habe keinen speziellen Wunsch. Überraschen Sie mich." lächle ich. "Alles klar." lächelt sie und verschwindet in die Küche. Ich verstehe einfach nicht, weshalb die Kinder sie nicht leiden können. Ich gehe nach oben in mein Schlafzimmer und ziehe mich auf dem Weg zu meinem begehbaren Kleiderschrank aus und lege diese ordentlich hin. Schnell ziehe ich mir meine Sporsachen an und meine Laufschuhe und dann geht's wieder ab nach unten. "Ich bin dann so in einer halben Stunde wieder da." "Ja!" ruft Helena zurück. Ich gehe durch die Stube nach draußen, wo mich die Hunde bereits freudig erwartet. "Na ihr beiden? Dann lasst uns mal los." Ich leine die Zwei an ü d verlasse den Hof. Nachdem ich mich etwas aufgewärmt habe laufe ich dann los und die Hunde laufen wie so oft mit mir. Das ist definitiv sehr hilfreich, um abzuschalten. Nie war Jen so sehr Gesprächsthema wie jetzt. Wieso fangen die Kinder wieder so an? Wieso heißt diese Reitlehrerin so wie meine verstorbene Frau? Ich verstehe das alles verdammt nochmal nicht!
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