Kapitel 28
"Wie geht's dir?" frage ich leise. "Ziemlich beschissen. Dad hat mir erzählt, dass du zusammen gebrochen bist." Ich schüttle den Kopf. "Das ist egal. Hauptsache du bist wieder wach." Nick lächelt schwach. "Du siehst müde aus, großer Bruder." Er zuckt mit den Schultern. "Magst du mir was zu trinken geben?" "Aber natürlich." Ich stehe vom Stuhl auf und gieße Wasser in sein Glas. "Aber durch den Strohhalm trinken und nur kleine Schlucke, okay?" "Ja, Mama." Er verdreht schmunzelnd dir Augen, runzelt dann aber die Stirn. "Was ist?" Er sieht mich an wie ein scheues Reh. "Ich habe geträumt, dass Mom hier ist." sagt er ganz leise. Ich kann es kaum hören. "Was?" "Ja, ich habe geträumt, dass sie hier ist und meine Hand hält." Wow. Er muss echt weg gewesen sein. "Ja. Sie hat gesagt ich soll ruhig weiter schlafen, weil ich müde aussehe." Ich lege den Kopf schief. Mein großer Bruder und seine wirre Fantasie. Na gut, ich habe auch immer so eine blühende Fantasie gehabt. Sowohl er als auch ich hatte früher einen imaginären Freund. Bescheuert, oder? "Nick, Mom ist tot. Schon seit 16 Jahren. Wir kennen sie doch gar nicht." Er verdreht die Augen. Draußen ist es schon hell. Jetzt ist es schon 9 Uhr morgens. Eigentlich sollte ich gestern zurück in mein Zimmer aber ich habe mich geweigert und Nick wollte auch nicht, dass ich gehe, weshalb ich ein Bett bei ihm im Zimmer bekommen habe und hier bei ihm schlafen durfte. "Lilly, ich weiß doch wie Mom aussieht." "Es diese Bilder, die wir kennen, sind viele Jahre alt! So sieht sie doch gar nicht mehr aus." "Ja, die Frau, die hier war, war auch nicht mehr so jung. Vielleicht ein paar Jahre jünger als Dad." "Nick, ich bin ständig an Moms Grab. Sie ist gestorben, als wir noch Babys waren. Du hast sicher geträumt." Er schüttelt den Kopf. "Hier, schau." flüstert er und halt seine gesunde Hand hoch. Ich sehe sie an. "Oh Gott! Nick, das ist Blut! Wo kommt das her? Wo blutest du denn?" Er schüttelt den Kopf. "Das muss von ihr sein. Ich blute nirgendwo, habe schon nachgesehen." Ich lasse mich seufzend auf mein Bett fallen. "Okay, es war also eine ältere Version unserer verstorbenen Mutter hier, ja?" Er nickt. Mein Gott, wie weit ist sein Horizont denn? "Bitte glaub mir doch, Lilly." Ich überlege kurz, nicke dann. "Du glaubst mir?" "Ja." antworte ich ernst. Er lächelt. "Hast du es Dad erzählt?" "Nein, wenn ich dem sage, dass ich unsere Mutter gesehen hätte, hätte er dich nur wieder geweint bei der Erinnerung an sie." Ja, da hat er wohl recht. Dad liebt Mom sehr. "Willst du mit jemandem darüber reden?" Er zuckt mit den Schultern. "Mit Onkel Anthony vielleicht? Oder mit Tante Melli oder Tante Yvonne?" "Wir könnten alle drei anrufen." Ich nicke. "Da ist ja eh schon entlassen wurde kann ich auch persönlich hingehen. Wo ist Dad eigentlich hingegangen?" "Der wollte nach Hause und sich frisch machen." "Okay. Dann werde ich jetzt zu Onkel Anthony gehen und dann frag ich unsere liebe Tante gleich, ob sie deinen Lieblingskuchen für dich backen kann." Nick grinst mich an. "Ich sehe wir verstehen uns." Ich lache und ziehe mir meine Schuhe an. "Wenn du wieder Späße machen kannst, geht es dir ja offensichtlich besser." "Müde bin ich." "Sieht man dir an. Dann schlaf du jetzt ich werde bei Onkel Anthony ein geiles Frühstück schnurren und dafür sorgen, dass du deinen Kuchen bekommst." Er hebt grinsend den Daumen. "Bis nachher, großer Bruder." zwinker ich. Er winkt leicht und ich verlasse das Zimmer.
Auf dem Weg zu meinem Onkel halte ich noch am Bäcker an, um frische Brötchen zu holen. "Was darf es denn sein?" "Ich hätte gerne... Hm... 6 einfache Brötchen und 2 Croissants." Die Frau nickt und packt alles zusammen. Ich gebe ihr das Geld und führe dann meinen Weg fort. Als ich in die Straße einbiege, in der Mein Onkel wohnt, fällt mir ein tiefschwarzer Van auf, der ziemlich doll getönte Scheiben hat. Ich lege den Kopf schief und sehe den Van an. Ich gehe vorsichtig weiter, lasse ihn dabei nicht aus den Augen. An der Tür klingel ich und warte nervös. Der Van ist ein Stück weiter gefahren und dann aber wieder stehen geblieben. Ich habe das Gefühl beobachtet zu werden. Anthony öffnet die Tür und sieht mich mit großen Augen an. "Hallo Onkel. Ich habe Brötchen und einen Wunsch." grinse ich und halte die Tüte mit den Brötchen hoch. "Äh." stottert er. "Alles gut?" Er nickt. "Ich hab nur keine Zeit." "Kann ich trotzdem reinkommen? Da ist ein Van der mir er was Angst macht." sage ich leise und deute unauffällig hinter mich." Anthony sieht hin, zieht mich daraufhin sofort ins Innere des Hauses. Ich ziehe Schuhe aus und drehe mich dann um, um in die Küche zu gehen, laufe dann aber mit jemandem zusammen. "Oh, Entschuldigung." sage ich verwirrt und sehe diese Frau an. "Du gehst doch nicht fremd, oder?" frage ich meinen Onkel entsetzt. Er schüttelt den Kopf. "Anne ist in der Küche." fügt er hinzu. Ich nicke und beäuge die mir fremde Frau. Dann macht es klick. "Sie! Wer sind sie? Zeigen sie mir ihre Hände!" sage ich aufgebracht. "Was redest du denn, Lilly?" "Los!" fordere ich. Zögernd zeigt die Frau mir ihre Hände. Schnitte. "Sie waren bei meinem Bruder! Was hatten sie da zu suchen? Wer sind Sie?" schreie ich schon fast. "Lilly!" Ich zucke zusammen und sehe Anthony an. "Was redest du?" fragt er ruhiger. "Nick hat mir erzählt, dass er bei sich eine Frau gesehen hat, die aussieht wie eine ältere Version unserer Mutter. Ich habe ihn für völlig bescheuert gehalten aber dann hat er mir seine Hand gezeigt. Da war Blut dran, welches nicht von ihm stammt." Anthony sieht die Frau an. "Sie sehen ihr nämlich ziemlich ähnlich. Nur eben 10 Jahre älter." erkläre ich der Frau. Ich sieht mich traurig an. Sie mustert mich intensiv und ich sie. "Ihr habt die gleichen Augen. Mom hatte sie auch. Also, deine Oma." sagt Anthony leise. Ich sehe ihn an. "Was meinst du?" "Lilly, darf ich vorstellen? Jennifer Elisabeth Reus. Deine Mutter." Ich halte die Luft an...
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