Kapitel 12
Meine Hand wird von Wärme umhüllt, wird gehalten. Verschlafen öffne ich die Augen und sehe mich um. "Wo bin ich?" flüstere ich. "Im Krankenhaus." Stimmt. Ich drehe meinen Kopf und sehe in wunderschöne Augen. "Hey." flüstert Chris. Sein Gesicht wird vom Licht des Mondes erhellt. "Was machst du hier?" "Ich wollte nach dir sehen und habe mich her geschlichen." Ich lächle. "Wie geht's dir?" "Nicht gut." sage ich ehrlich. "Habe ich mir gedacht." nickt er. "Ich bin dir so dankbar. Ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte." Er schüttelt den Kopf. "Hör auf darab zu denken." "Bleib bitte bei mir. Mir ist so kalt." "Okay." haucht er ganz leise und steht auf. Ich mache ihm Platz und sofort legt er sich zu mir unter die Decke. "Du bist doch aber ganz warm." stellt er fest. "Habe Fieber." sage ich nur und kuschle mich an ihn. Mein Kopf liegt auf seiner Brust und seine Hand fährt vorsichtig durch meine Haare. "Das ist schön." An seiner Atmung höre ich, dass er lächelt oder sogar grinst. "Wie spät ist es?" frage ich. "Als ich gekommen bin war es Mitternacht. Das dürfte aber schon ein oder zwei Stunden her sein." "Oh." sage ich und gähne. "Versuch weiterzuschlafen. Du brauchst Ruhe." Ich nicke. "Was passiert jetzt?" "Weswegen?" "Na wegen André. Wirst du eine Anzeige bekommen?" Er schnaubt. "Wenn er mich anzeigt bekommt er noch eine drauf." Ich verdrehe die Augen. "Nimm das nicht AIF die leichte Schulter. Eins steht fest ich werde André anzeigen." "Das klingt doch mal vernünftig." Chris streift sich die Schuhe ab und lässt sie auf den Boden plumpsen. "Schlaf gut." "Du auch." Er küsst meine Stirn und schon schlafe ich wieder ein.
"Was machen sie denn hier?" kreischt eine Frau. Ich schrecke hoch und kneife vor Schmerzen die Augen zusammen. Und fasse mir an die schmerzende Stelle an meinem Kopf. "Haben sie hier geschlafen? Das dürfen sie nicht!" Ich verdrehe die Augen und Chris neben mir stöhnt völlig übermüdet. "Ich habe ihn darum gebeten." maule ich und lasse mich wieder nach hinten fallen. "Ihr Frühstück." knurrt die Schwester und stellt es auf den Beistelltisch. "Danke." sage ich und sie geht wieder. "Mein Gott! Was die immer für Probleme haben." stöhnt Chris. "Mhm." mache ich und kuschle mich wieder an ihn. "Guten Morgen, Süße." "Morgen." lächle ich. Wenn er weiter so zu mir ist verliebe ich mich noch in ihn! Es klopft und ohne auf eine Antwort zu warten öffnet sich die Tür. Ömer grinst mich an, doch als er Chris neben mir sieht, an den ich mich gekuschelt habe verblasst sein Grinsen sofort wieder. "Wer bist du denn?" "Chris." sagt er und reicht Ömer die Hand. "Aha. Nick hat bereits von dir erzählt." knurrt er und setzt sich. "Wir geht's dir, Süße?" Chris verkrampft sich spürbar, hält sogar die Luft an. Ich greife unter der Decke nach seiner Hand und drücke sie leicht. "Schon besser." antworte ich und Ömer nickt. "Es tut mir leid, dass dir das passieren musste. Ich wünschte ich wäre da gewesen, um dich zu beschützen." "Ich habe sie beschützt." sagt Chris und versucht scheinbar so locker wie möglich zu wirken. "Ja, das hast du." War das Sarkasmus? Ömer sieht chris prüfend an, wendet sich dann aber wieder mir zu. "Wann darfst du nach Hause? Ich hole dich ab." "Ich weiß nicht genau. Ich muss eh auf Dad warten also brauchst du mich nicht extra abholen." Ich lächle ihn an und er erwiderte es sofort. Ich mag sein Lächeln. Dabei wird einem immer sofort warm ums Herz. Die Tür fliegt auf und ein Arzt mit zwei Schwestern kommt rein. "Guten Morgen, Miss Reus. Ich möchte sie jetzt untersuchen. Würden sie beide bitte das Zimmer verlassen?" Ömer und Chris nicken und stehen auf. "Gut, wie geht es ihnen?" "Besser als gestern." Der Arzt nickt und untersucht meine Wunde, misst Fieber und so weiter. "Na gut. Mit ihrem Vater habe ich bereits gesprochen. Er hat die Entlassungspapiere unterschrieben." Ich nicke. "Also kann ich nach Hause?" "Nur, wenn sie versprechen sich noch weiter auszuruhen." "Aber natürlich." "Gut." Er verabschiedet sich und kaum ist er raus kommt Ron in mein Zimmer. "Guten Morgen, Lilly. Dein Vater hat angewiesen dich zu ihm zu bringen." "Guten Morgen, Ron. Ich werde mich anziehen und meine Sachen zusammen suchen. Ich bin dann gleich unten." "Ich fürchte, dass ich darauf bestehen muss bei dir zu bleiben." "Was? Warum denn?" "Dein Vater hat seine Gründe, weshalb er mir dies aufgetragen hat." Ich runzle die Stirn, gebe mich aber geschlagen. Ich habe keine Kraft zum diskutieren. "Wo sind Chris und Ömer?" "Ich habe beide nach Hause geschickt. Ich habe hier etwas für sie zum anziehen." Er hält mir ein kleid entgegen. Wenn ich es mir so ansehe weiß ich, wieso ich zu meinem Vater gebracht werde. Er wird Nick und mich wieder zu einem Geachäftsessen mitnehmen. Ich mag das nicht. Diese abgehobenen Leute. Dad ist ein hoch angesehener Mann, vor dem man größten Respekt hat. "Danke." sage ich leise und nehme es an mich. Ich mache mich fertig und sehe in den Spiegel. Ich sehe scheiße aus. Auch mit diesem Kleid, welches überhaupt nicht mein Stil ist. Es lässt mich zu alt aussehen. Eher wie eine von Dads Angestellten und nicht wie seine Tochter. Und dann noch dieser Verband am Kopf. Ich könnte heulen. Ich sehe einfach nur schrecklich aus. "Können wir los? Mister Reus erwartet uns bereits." "Ja." sage ich und er nimmt meine Tasche. Ich hasse es so zu leben. Wir verlasssen das Krankenhaus und Ron hält mir die Tür des schwarzen Porsche Cayenne auf. Ich mag das Auto aber es passt ebenfalls nicht zu mir. Es zeigt Reichtum und Macht. Ich bin aber nur die Tochter eines ehemaligen Fußballers, der es geschafft hat die Welt zu erobern. Allerdings nicht mit Fußball. Ich weiß nicht wie er das gemacht hat, immerhin musste er Nick und mich großziehen. Ron ist Dads Chauffeur und Bodyguard. Einer von 4. Allerdings mag ich die anderen 3 nicht und deswegen ist immer Ron der jenige, der mich abholt und mich irgendwo hinfährt. "Warum fahren wir zu ihm? Wieso ist er im Büro?" "Er hat ein Geschäftsessen, an dem seine Kinder teilnehmen sollen." "Na super. Der Arzt hat gesagt ich soll mich ausruhen!" "Es tut mir leid, Lilly, aber ich habe meine Anweisungen und ich wollte meinen Job noch eine ganze Weile behalten." "Ja, ich weiß." seufze ich. "Und wieso solltest du nicht von meiner Seite weichen?" "Ich fürchte, dass ich dir nichts sagen darf." "Natürlich nicht." Dad hat viele Feinde. Ehemalige Angestellte, Konkurrenten. Alles mögliche. Vor einem Jahr mussten Nick und ich rund um die Uhr bewacht werden, weil Dad bedroht wurde. Ich hasse es einfach! Ich sehe aus dem Fenster. Erst vor kurzem habe ich gesehen, wie es hier vor 16 Jahren ausgesehen hatte. Deutschland hat sich verändert, ebenso wie diese kleine Stadt. Die ganze Welt eignet sich den amerikanischen Stil an. Überall ragen mächtige Wolkenkratzer in die Höhe. Es ist erschreckend und wird immer schlimmer. Ich kann es nicht verstehen. Dieser Stil ist hässlich. Das einzige was ich an diesen Wolkenkratzern Wahnsinn finde ist die Aussicht. Dad hat sein Büro ganz oben und der Panoramablick der sich einem bietet ist atemberaubend. "Wir sind da. Ich bringe dich noch nach oben." "Okay." sage ich. Ron öffnet mir wie immer die Tür und begleitet mich dann nach oben. Der Aufzug ist wahnsinnig schnell. "So, weiter weist du ja. Ich muss wieder runter." Ich nicke und Ron bleibt im Aufzug stehen, während ich durch die Glastür gehe. "Hallo, Lilly." begrüßt mich Judie. Sie sitzt am Empfang und ist sehr hübsch. Sie hat einen streng nach hinten gebundenen Zopf und trägt ein enges Etuikleid. "Hallo." "Was hast du denn gemacht?" "Kleiner Unfall in der Stube. Kann ich rein?" frage ich und deute auf das Büro meines Vaters. "Äh, ich weiß nicht." sagt Judie. Die Büros haben alle Glas als Scheiben, doch das meines Vaters hat rund herum Milchglas. Ich zucke mit den Schultern und gehe einfach rein. Das bereue ich jedoch zutiefst. "Mein Gott! Lilly!" Ich sehe ihn mit großen Augen an. Er steht an seinem Schreibtisch, vor ihm auf seinem Schreibtisch liegt eine Frau, die Beine gespreizt. Seine Hose ist heruntergezogen. "Ach du scheiße!" kreische ich und gehe raus, die Tür knalle ich zu. "Ist alles okay?" fragt Judie. "Nein." schluchze ich und lasse mich auf den Boden fallen. Meine Knie schlagen auf dem harten Fliesenboden auf. "Lilly!" Judie kommt angelaufen und zieht mich wieder auf die Beine. Das war jetzt zu viel. "Komm mal mit." Wir gehen in einen Konferenzraum, der gerade leer ist und setzen uns an den riesigen Tisch. "Was ist passiert?" Ich schüttle den Kopf. Ich kann ja wohl schlecht raushauen, dass ich gerade meinen Vater beim Sex gesehen habe. Ich dachte immer, er hätte keinen. Zumal er sich seit Moms Tod von sämtlichen Frauen ferngehalten hat. "Möchtest du einen Tee?" Ich nicke. Ich hätte noch im Krankenhaus bleiben sollen. Mein Kopf schmerzt und schlecht ist mir dank meines Vaters auch. Judie macht mir einen Tee und lächelt mich lieb an. "Du siehst sehr hübsch aus in diesem Kleid." "Es gefällt mir nicht." sage ich ehrlich. "Und weshalb trägst du es dann?" "Dad möchte, dass Nick und ich schick aussehen, wenn wir seine Kollegen oder was auch immer treffen." sie seufzt. "Vielleicht musst du deinem Vater mal einen Denkzettel verpassen. Du hast doch deine Tasche mit Anziehsachen hier. Zieh dich doch um." "Meinst du wirklich?" "Aber natürlich. Mister Reus ist ein sehr eleganter Mann, der sich elegant und sehr geschäftlich kleidet aber du bist seine Tochter und du bist wie du bist, okay?" Ich nicke. "Na also. Los, zieh dich um." Ich lächle sie dankbar an und wische mir noch einmal über meine nassen Augen, um sie zu trocknen und die Tränen zu entfernen. Schnell ziehe ich mich aus und schlüpfe dann in eine niedlich aussehende Jeans Hotpant und ein lockeres rosanes Top. Das bin ich. Die Jeans ist nicht sexy. Sie ist eher süß und strahlt aus, dass sie von den klassischen netten Mädchen von nebenan getragen wird. "Na siehst du. Das bist du." grinst Judie. "Judie?" "Ja?" sie sieht mich fragend an. "Wieso gehst du nicht mal mit Dad aus? Du kennst ihn nun schon seit Jahren." "Lilly, ich bin Empfangsdame und Assistentin deines Vaters. Ich kann ihn doch nicht fragen, ob er mit mir ausgeht." Ich seufze. Sie hat ja recht. "Tut mir leid, ich wollte nicht..." "Schon gut." lächelt sie. "Wer ist die Frau die da bei Dad ist?" "Das ist Miss Lions. Eine Geschäftspartnerin deines Vaters. Sie kommt aus New York und ist wegen des Essens hier." Ich sehe sie mit großen Augen an. "Sie wird am Essen teilnehmen?" Sie nickt verwirrt. "Dad und sie haben doch keine Beziehung, oder?" Judie lacht auf. "Wie kommst du denn darauf?" "Sie schlafen miteinander." flüstere ich. "Was?" Ich nicke. "Ach herrje. Mein Gott, Kind! Du musst ja jetzt völlig verstört sein." Ich nicke wieder und Tränen laufen mir über die Wangen. "Ich wünschte meine Mom wäre noch da. Ich wünschte sie könnte hier bei mir sein." Judie sieht mich traurig an und nimmt mich in die Arme. Es kommen Leute in den Raum und bereiten alles für das Essen vor. "Geh dich etwas frisch machen, okay? Atme tief durch und komm dann wieder her." Ich nicke und sehe Judie dankbar an. Schnell laufe ich ins Bad, welches sich am Empfang befindet und mache mich frisch. Als ich dann fertig bin steht Nick im Anzug bei Judie und unterhält sich mit ihr. "Hey Lil, alles kla-" er stoppt und mustert mich von oben bis unten. "Wie siehst du denn aus? Wieso hast du das Kleid nicht an?" "Weil ich so bin wie ich bin. Und mit dem Kleid bin ich es nicht und das weißt du. Als ob du diesen Anzug freiwillig anziehst." "Ich ziehe ihn schon freiwillig an, weil ich mich selber geil darin finde." "Du bist schrecklich." murmel ich vor mich hin und er lacht. "Was los mit dir? Hat ER gesagt er will dich nicht wieder sehen?" Ich verdrehe die Augen. Wir gehen in den Konferenzraum, wo sich bereits alle gesetzt haben. "Das sind meine Kinder. Nick und Lilly." stellt Dad uns vor. Ich sehe Dad mit enttäuschtem Gesichtsausdruck an und dann die anderen Leute. Diese Miss Lions mustere ich intensiv. Sie ist hässlich! Nicht optisch. Aber hässlich, dass sie meinen Vater nimmt. Auf seinem Schreibtisch. Elende Schlampe. Ich bin erschrocken über mich selbst, dass ich so rede aber ich fühle gerade so. Dad und sie sollen das nicht tun! Nick und ich setzen uns an den Tisch und während Nick sich mit allen unterhält sitze ich nur dumm rum. Der Mann, der mir gegenüber sitzt lächelt mich freundlich an. "Und sie? Was machen sie?" Na gut, dann eben doch eine Unterhaltung. "Fachgymnasium. Wirtschaft." antworte ich knapp. "Interessant. Wirst du die gleiche Richtung wie dein Vater einschlagen?" "Nein. Ich mag Wirtschaft eigentlich nicht besonders. Ich bin zwar gut darin aber es ich möchte beruflich damit nichts zu tun haben." "So?" "Ja. Nach meinem Abitur möchte ich gern nach Redefin. Ich möchte mit reiten und Pferden mein Geld verdienen." der Mann sieht mich überrascht an. "Interessant. Wie kommen sie zu diesem Hobby?" "Ich weiß nicht genau. Ist Mom früher geritten, Dad?" Papa verharrt in seiner Bewegung. "Was?" fragt er leise. "Ob Mom früher geritten ist? Haben Nick und ich daher unser Interesse für Pferde?" Er schluckt schwer. "Nein. Sie ist nicht geritten." Ich nicke und sehe Miss Lions an. "Dann muss es wohl so ein Zwillingsding sein. Nick und ich haben eine eigenartige Verbindung. Vermutlich habe ich einfach angefangen Pferde toll zu finden und habe meinen Bruder gleich mit hineingezogen." Nick neben mir lacht. "Ich glaube so könnte es gewesen sein." Ich lächle ihn an. "Tja, manchmal haben wir uns eben doch lieb." Nun lächelt er mich auch an. "Aber nur manchmal." grinst er. Ich verdrehe die Augen. Das Essen wird serviert und alle beginnen zu essen. Ich hingegen stocher nur drin herum. Diese Frau wird meinen Vater nicht noch einmal anrühren!
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