Kapitel 5

Philipps POV

Vier Stunden ist es jetzt her, dass ich die Wohnung verlassen habe.

Vier Stunden voller Gedankenkarussell.

Vier Stunden, in denen ich versucht habe, Dinge ins Reine zu bringen.

Ich bin zuerst zu Linda gegangen und habe die Sache mit ihr beendet. Es gab eigentlich nichts zu beenden, da es von Anfang an locker laufen sollte. Mir war aber wichtig, jetzt reinen Tisch zu machen, damit es keine bösen Überraschungen gibt. Linda hat es nicht gut aufgefasst. Sie hat geschrieen, geweint und gebettelt. Wollte nicht verstehen, warum ich es beende. Meine Güte, es waren doch nur ein paar Tage. Nach dem Gespräch habe ich Ryder angerufen und ihm davon erzählt. Er hat mich ausgelacht. Ihm scheint klargewesen zu sein was passiert, wenn ich zu Linda gehe.

Danach habe ich mich mit Alec getroffen. Der hat mir mit seinen Connections einige Sachen besorgen können, schnell und unkompliziert. Gerade jetzt ist er unterwegs und kümmert sich um alles weitere. Hoffentlich klappt auch alles so wie geplant.

Ryder hat Hunter dann aus unserer WG gelotst, damit ich ihm nicht über den Weg laufen muss. Ich hab jetzt keine Zeit für einen Streit mit ihm. Schon alleine bei dem Gedanken an ihn, werde ich rasend vor Wut und ja, auch vor Eifersucht. Aber jetzt muss ich mich auf den Rest fokussieren und als erstes sollte ich duschen gehen. Unter der Dusche kann ich dann kurz abschalten und mich sammeln. Ich fühle mich aufgewühlt, erleichtert, bin nervös und habe das Bedürfnis, mir den Schmutz abzuwaschen. Die letzten Wochen haben mich so sehr gestresst, ich bin zum Umfallen erschöpft. Aber das habe ich mir selbst zuzuschreiben. Was habe ich nur für einen Mist gebaut. Wie konnte ich aus den Augen verlieren, warum ich eigentlich hier bin?

Zu gerne würde ich jetzt wissen, was Lisa macht. Wie es ihr geht, ob sie gerade an mich denkt. Oder, ob sie bei Hunter ist. Denkt sie an ihn? An den Kuss? Unser letzter Kuss ist viel zu lange her und ich weiß nicht, ob er in ihrer Erinnerung verblasst. Ich kann mich noch daran erinnern. Aber am besten kann ich mich an unseren ersten Kuss erinnern. In diesem kleinen Wald auf der Koppel, am Abend vor ihrem Geburtstag. Alles stimmte in dem Moment. Es war magisch. Ich glaube, sie hat nie schöner ausgesehen, ihre Augen haben geleuchtet, ihre Lippen waren etwas geschwollen und ihre Haare glänzten im Mondschein. Verdammt Philipp, was ist los mit dir? Ich kann mir nicht erklären, warum ich so romantisches Zeug denke. Ich bin nicht romantisch und Lisa ist es auch nicht.

Nach meiner Dusche geht es mir nicht wirklich besser, ich werde jetzt zunehmend nervös. Schnell checke ich mein Handy, aber es scheint alles nach Plan zu laufen. Ob der Plan gut ist, sehe ich in nicht allzu langer Zeit.

Lisas POV

Ally wartet nach der Boxeinheit schon in der Umkleide auf mich. Ich bin nass geschwitzt, meine Arme sind schwer und mein Kopf ist frei von allen negativen Gedanken. Genau das habe ich gebraucht.

„Ab unter die Dusche und dann haben wir was vor" kommt es auch direkt von ihr und schon drückt sie mir ein großes Duschtusch, Duschgel und frische Unterwäsche in die Hand.

„Moment mal, wo kommt die Unterwäsche her?" frage ich sie überrascht.

„Das ist keine Unterwäsche, dass sind Dessous. Und da noch Preisschilder dran hängen, hab ich sie wohl grad erst gekauft" zuckt Ally mit den Schultern.

„Ally, was zum Teufel..." will ich grad loslegen, als ihr Handy klingelt. Ally schaut aufs Display und gibt mir mit der Hand zu verstehen, dass ich mich unter die Dusche verziehen soll. Na super, dann führen wir das Gespräch also später weiter. Sie ist nämlich schon auf dem Weg aus der Umkleide raus und somit bleibt mir nichts anderes übrig, als mich zu beeilen. Ich bin schon neugierig, was wir gleich vorhaben und was dieses Unterwäsche-Dessous-Ding soll.

Nach der Dusche stehe ich in genau diesen Dessous vor dem Spiegel, der über den Waschbecken hängt und betrachte mich. Ja, dass gefällt mir. Schwarze Spitze ist wirklich hübsch und sie trägt sich so wunderbar. Vielleicht sollte ich meine Unterwäsche-Schublade umbenennen und ein paar Dessous shoppen gehen. Auch wenn du sie niemandem vorführen kannst, du fühlst dich einfach gut in ihnen und sie verleihen dir eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein. Ich sollte mich jetzt etwas sputen und zu Ally gehen, damit sie mir endlich erklären kann, was das alles soll. Gesagt, getan mache ich mir einen Zopf und schlüpfe in meine Klamotten. Was soll ich sagen, die hat sie auch ausgetauscht, aber zum Glück sind es meine eigenen Sachen und keine Neuen. Ryder hat sie somit in mein Zimmer gelassen, ich hab wohl nicht abgeschlossen... Sie hat mir eine ziemlich kurze Jeans und ein rotes Top mitgebracht. Ok, damit werden wir auf jeden Fall nicht in irgendwelche Clubs abtauchen, dass ist dafür nicht das richtige Outfit. Ach ja, Ally wollte mit mir zum See. Es hilft nichts. Ich werde nur Antworten bekommen, wenn ich jetzt nach oben gehe und sie frage.

Ally sitzt vor der Halle unter einem Baum, die Sonne geht so langsam unter und ich bin überrascht, wie schnell die Zeit heute verflogen ist. Als sie mich sieht, kommt sie direkt auf mich zu. „So, meine Liebe. Wir gehen jetzt zu einem See und du musst mir nur eins versprechen" schaut sie mich an und wirkt mit einem Mal sehr ernst. „Okaaay" antworte ich gedehnt, was kommt jetzt? „Versprich mir, dass du einfach auf dein Gefühl vertraust" bittet sie mich und ergreift meine Hände und drückt sie sanft. „Wenn du heute Abend auf dein Gefühl vertraust, wird alles gut. Dein Kopf ist frei von allen Sorgen und Ängsten, bitte glaub mir. Hör auf deine innere Stimme, schalt den Kopf ab. Manchmal ist es gut, wenn man nicht alles zerdenkt" mit diesen Worten zieht sie mich mit sich mit. Ich hab so viele Fragen, aber ich bin mir sicher, dass sie mir keine einzige davon beantworten wird. Mein Handy kündigt eine Nachricht an und ich schrecke aus meinen Gedanken auf. Ryder hat mir geschrieben, ich solle mich einfach fallen lassen und meinen Kopf heute Abend ausschalten. Na toll, fängt der jetzt auch noch an?

Ja, mir ist etwas unbehaglich und ich habe keine Ahnung, wo genau wir hingehen und was mich dort erwartet, deswegen schreibe ich Ryder direkt zurück und frage ihn, ob er etwas weiß. Seine Antwort kommt nur Sekunden später. „Sweetie, mach dir keine Sorgen. Ich weiß, wo du sein wirst und ich weiß, dass dir nichts passieren wird. Vertau mir! Hab dich lieb!" Ich vertraue ihm und deswegen versuche ich mich zu entspannen. Ryder würde niemals zulassen, dass mir etwas passiert oder das ich etwas tun muss, was nicht gut für mich ist. Er ist nicht nur mein bester Freund, er ist mein Fels in der Brandung, meine Rettungsinsel, mein Leuchtturm. Auf ihn kann ich mich zu hundertfünfzig Prozent verlassen.

Ich bin so in Gedanken versunken, dass Ally mich anstupsen muss damit ich aufsehe. „Wir sind da, Lisa!" sagt sie leise, als wolle sie mich nicht erschrecken. Ich sehe mich um und entdecke einen kleinen See, eher ein größerer Teich. Wir stehen auf einer Lichtung und um den Teich herum stehen unzählige Lichter. Kerzen, die in ihren Gläser flackern und ein wunderschönes Licht verströmen. Ich sehe auf und schaue Ally an.

„Ich habe meine Aufgabe für heute erfüllt. Du hörst jetzt auf deine innere Stimme und tust das, was sich gut anfühlt. Wir alle lieben dich und wollen, dass es dir gut geht, vergiß das nicht" flüstert sie. Dann drückt sie mir einen Brief in die Hand, gibt mir einen Kuss auf die Wange und geht.

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