Kapitel 14
Mal wieder hatte ich eine Nacht damit verbracht die Wand anzusehen. Gegen Drei war Micha endlich wiedergekommen. Ich hatte mich schlafen gestellt. Vorsichtig legte er sich neben mich und schien mich anzusehen. „Schau mich nicht so an...", flüsterte ich leise, denn ich war wirklich müde. Meine Augen waren noch immer geschlossen, doch ich hatte das Gefühl sein Lächeln sehen zu können. „Du siehst aber friedlich aus wie du da liegst...", vorsichtig setzte ich mich auf und streckte mich kurz. „Wo warst du ?" „Spazieren." „Ich hab mir Sorgen gemacht...", nuschelte ich, legte mich wieder hin und bettete meinen Kopf vorsichtig auf seiner Schulter. „Tut mir leid... Auch mein benehmen den ganzen Tag über... du kannst nichts dafür, aber ich möchte nicht, dass du Anton küsst." „Keine Sorge. Ich empfinde nichts für ihn.", müde schloss ich die Augen und hörte seinem Herzschlag zu ehe ich einschlief.
Das war unser gestriger Abend. Heute würde es Rund gehen. Ich musste erst zur Anprobe in den Theatersaal und dann musste ich zu Anton, am besten ohne das Micha das bemerkt. Heute Abend würde ich auch noch mit Colette Skypen, ich wollte unbedingt wissen was genau da jetzt zwischen Claus und ihr lief. Zudem hatten wir heute Abend noch tanzen. Es würde also etwas stressiger werden.
Ich lies die Vorlesung am Nachmittag über mich ergehen und Daniel schien sich von mal zu mal mehr an die Aufregung zu gewöhnen. Mittlerweile verzichtete er auf die Krawatte die er immer getragen hatte und trug seine Hemden lockerer und hin und wieder auch mal eine etwas kürzere Hose. Er war echt ein guter Kamerad wenn man sich auf das Studium bezog. Außerhalb des Saals hatte ich ihn jedoch nie getroffen, vermutlich hatte er eine eigene Wohnung hier in der Nähe und musste deswegen nicht bei uns anderen Studenten wohnen.
Gemeinsam mit Micha spazierte ich vom Gebäude zurück zum Wohnheim. „Wann gehst du eigentlich zur Anprobe ? Ich muss da auch noch hin." „Weis nicht, irgendwann im Laufe des Tages vermutlich." Wir können vor dem Tanzen hin ?" „Wenn du meinst ?", ich schmunzelte. Wir kamen endlich im Wohnheim an und ich sah auf die Uhr. In einer Halben Stunde müsste ich zu Anton. „Hey ehm... Ich leihe mir gleich ein Fahrrad aus, ich will ein wenig durch die Gegend fahren und eventuell ein paar Fotos für meine Familie machen." „Das klingt cool, kann ich mit ?", lächelnd sah er mich an und nahm sich einen Salat. Auch ich nahm mir einen und eigentlich konnte ich bei seinem Lächeln schlecht Nein sagen, doch in dem Fall musste es leider sein. „Tut mir leid, aber ich muss über ein paar Dinge Nachdenken, das geht am besten wenn ich alleine gehe. Ist das schlimm ?", etwas besorgt sah ich ihn an, doch lässig wank er ab. „Schon gut, ich geh einfach zu Palle und Manu und niste mich bei denen ein. Treffen wir uns dann ne Stunde vor dem Tanzen beim Theatersaal ?" „Ich werde da sein.", lächelnd tat ich mir ein paar Nudeln mit Soße auf den Teller und nahm mir noch ein Getränk. Zusammen spazierten wir zu unserem Stammplatz. Ein Tisch für Vier Personen am Fenster von dem aus man über den Campus schauen konnte.
„Ich hätte gerne ein Fahrrad.", ich lächelte Simon an und reichte ihm das Geld. „Geht klar.", er kramte nach dem Schlüssel. „Geht es wenn ich es Morgen im Laufe des Tages zurückbringe ? Ich werd vermutlich nicht pünktlich wieder da sein wenn ihr geht." „Sicher doch.", er lächelte und reichte mir einen der Schlüssel. „Dann mal viel Spaß.", ich nickte ihm lächelnd zu, spazierte in die Garage und fuhr mit dem Rad zum A Block, immerhin hatte ich nur noch fünf Minuten.
Dort angekommen sprintete ich die Etagen hoch bis ich grün sah. Suchend ging ich den Flur auf und ab bis ich Antons Zimmer gefunden hatte. Zaghaft klopfte ich. Kurz darauf öffnete er auch schon verschmitzt lächelnd die Tür. „Hallo Maurice. Ich dachte schon du kommst nicht." „Ehm.. Doch, Doch.", damit ließ er mich rein. Sein Zimmer war ziemlich einfach gestaltet. Okay, nur auf den ersten Blick. An der einen Wand hingen vier Whiteboards auf welche Mathematische Formeln geschrieben waren und an einem der Schreibtische war eine Exeltabelle auf dem Rechner geöffnet welche ebenfalls voll mit Zahlen war. Es hing ein Poster von Romeo und Julia an der Wand, vereinzelte Lichterketten schmückten das Betgestell und vom Kleiderschrank erkannte man kein bisschen Holz mehr da er zugeklebt war mit Postkarten und Fotos. Anscheinend hatten sein Mitbewohner und er einen Teppich gekauft, denn ein flauschiger, blauer Teppich lag zu meinen Füßen. Es schien recht gemütlich und doch recht eigen. Wenn ich da an Fabis und mein Zimmer dachte... Kino und Videospielplakate, die ganzen Kritzeleien von Micha, vereinzelte Fotos... es war recht spartanisch, es hatte keine eigene Note, das hier hingegen schon.
„Ehm.. Mach es dir doch gemütlich.", bot Anton an und wies auf das untere Bett. Schüchtern setzte ich mich und er schaltete das Licht aus. Lediglich die Unzähligen Lichterketten erhellten nun den Raum und machten alles noch gemütlicher als Ohnehinschon. Irgendwie schien Anton so ziemlich perfekt und das Erzählte von Osaft hatte ich sowieso schon wieder vergessen. Während ich mich noch immer umsah, kam Anton zu mir rüber. Gemeinsam saßen wir an die Wand gelehnt auf dem Bett und gingen das Skript durch. Mal wieder kamen wir bei der Kussszene an und er schmunzelte. „Wenigstens kann Micha hier nicht empört Stühle umschmeißen.", kurz schluckte ich einen bissigen Kommentar herunter und nickte. Gemeinsam standen wir auf um die Situation darzustellen. Ich rannte förmlich in seine Arme und küsste ihn als hätte ich ihn Jahre nicht gesehen. Stürmisch erwiderte er das ganze, gerade als ich mich wieder lösen wollte, packte er mich an der Hüfte, drehte uns herum und schubste mich auf das Bett. Überrascht sog ich die Luft ein und wollte wieder aufstehen, da lehnte er sich schon über mich und küsste mich wieder während eine Hand unter mein Oberteil fuhr. Kurz war ich hin und hergerissen ob ich mich dem hingeben sollte, doch als ich merkte wie falsch es sich doch anfühlte, schubste ich ihn an den Schultern von mir herunter, sprang auf, schnappte meine Tasche und rannte aus dem Zimmer. „Das wirst du bereuen Maurice !", rief er mir nach, doch schon flog die Tür ins schloss.
Überfordert sprintete ich die Treppe hinab und stolperte zu meinem Rad hinüber. Ich schloss es auf und fuhr so schnell ich konnte zu dem Gebäude in welchem sich unsere Probebühne befand. Dort rannte ich die Treppen hinauf und kam keuchend im Raum an. Perplex starrte Tim mich an. Im Hintergrund konnte ich lediglich einige Leute entdecken die sich um Licht und Maske und Kostüme kümmerten. Von den Schauspielern war keiner da. „Ich. Werde. Nicht. Falbala. Spielen.", schnaufte ich fix und fertig und stemmte meine Hände an die Knie. „Okay okay, atme erstmal durch.", Tim half mir meinen Oberkörper aufrichten und atmete langsam mit mir ein und aus bis ich nicht mehr befürchten musste, dass mein Kreislauf nachgeben würde. „Was ist passiert ?" „Ich würde die Falbala gerne spielen, ehrlich. Aber ich kann sie nicht mit Anton als Partner spielen, das funktioniert nicht. Wenn ich dich besser kennen würde, würde ich dir die Gründe nennen, aber sei dir gewiss, dass es in keiner Form funktionieren würde.", er seufzte angestrengt. „Schon gut. Wenn auch wenn es bei der Probe gestern wirklich gut aussah. Ich werde schon einen Ersatz finden, auch wenn es sehr schade ist." „Danke.", ich strahlte ihn an. „Kein Ding.", er lächelte nett.
Dann kam Michael durch die Tür, wir begrüßten uns kurz und zusammen gingen wir zu unseren Kostümen, zogen sie in der Umkleide an und ließen sie von anderen Studenten bearbeiten. „Mist ! Wir müssen zum tanzen !", fluchte Michael als wir wieder vor der Umkleide standen. Noch drei Minuten, dann müssten wir dort sein. Hektisch suchte ich nach meinen Klamotten. „Ich kann mein Zeug nicht finden, es lag doch genau da." „Meins auch.", seufzte Michael. Wir hatten lediglich unsere Handys und den Schlüssel für mein Rad. „Hey Tim, jemand hat unsere Klamotten geklaut, wir müssen jetzt zum tanzen, können wir die kurz anbehalten ?"; wollte Micha wissen und deutete auf unsere Kostüme. „Ehm... klar, kommt nachher einfach wieder, ich schau das sich euer Zeug auftreiben lässt, kann ja nicht einfach verschwinden.", er lächelte kurz, ehe wir auch schon aus dem Raum rannten.
Ich mit den goldenen Lorbeerenkranz auf dem Blonden Haar und der weißen Toga und dem roten ‚Umhang' welchen Cäsar immer mit sich rumschleppen musste. Dazu trug ich noch die klassischen Sandalen, doch Micha musste viel komischer aussehen. Er trug das schneeweiße Druiden Gewand und einen langen weißen Bart, als auch eine weißhaarige Perücke. Ratlos blieben wir vor meinem Fahrrad stehen. „Ich fahre.", damit schloss Micha auf und schwang sich auf den Sattel. Unsicher setzte ich mich auf den Gepäckträger, schlung meine Arme um seine Hüfte und drückte mich an ihn. Als er losfuhr Umschulung ich mit meinen Füßen die seinen und hielt mich gut fest. Etwas lachend und wankend wie betrunkene fuhren wir über den Campus. „Wir sehen so dämlich aus.", bemerkte ich von hinten, doch er lachte nur. „Ich seh gerne dämlich mit dir aus.", lachend fuhren wir weiter. Cäsar und Miraculix auf einem Fahrrad. Es musste sehr abstrakt aussehen.
„Ich spiele nicht mehr Falbala.", gestand ich als ich an seinen Rücken geschmiegt eine weile geschwiegen hatte. „Woher der Sinneswandel ?" „Ich hab mit Fabian geredet.", kurz war es wieder still ehe mein bester Freund begann zu singen. „ Mutig und freundlich, so tapfer und gläubig fröhlich und frech kämpfen sie auch für dich. Leben im Wald unter Bäumen und Steinen, in ihren Höhlen da sind sie zu Haus. Gummibären hüpfen hier und dort und überall.", lachend stimmte ich mit ein und so kam es, dass wir laut sämtliche Kinderserienintros sangen während wir verkleidet auf einem Fahrrad schwankend durch die Nacht fuhren.
Ich müsste lügen wenn ich nicht sagen würde, dass es eine der schönsten Nächte in meinem Leben war.
Beim Tanzen wurden wir von allen mehr als blöd angeschaut und die anderen lachten über uns. Besonders Patrick und Manu schienen nicht mehr aus dem Lachen rauszukommen und als wir dann auch noch mit Disco Fox anfingen, war es für uns alle nervlich vorbei und wir lagen lachend in der Sporthalle auf dem Boden. Es gab wirklich Dinge für die es sich lohnte zu leben und allein jeder Moment mit Michael beschreibt diese Dinge. Sie waren typisch für ihn, typisch für uns. Patrick und Manu machten unzählige Fotos uns Videos von uns welche ich mir sicherlich immer wieder mal gerne ansehen würde. Später am Abend kamen wir dann wieder in den Theatersaal und erhielten unsere Klamotten zurück welche wohl irgendwer beiseite geräumt hatte weil sie im Weg gelegen hatten.
Im ganzen war der Tag sehr schön gewesen und das Ereignis mit Anton hatte ich schon so gut wie verdrängt. Nachdem ich auch mit meiner Schwester über Skype geredet hatte und somit erfahren hatte, dass sie sich schon vor einiger Zeit in Claus verliebt hatte, allerdings erst vor kurzem zusammengekommen waren und, dass sie wirklich sehr glücklich mit ihm war. Es machte mich froh sie so aufblühen zu sehen und auch Claus schien sehr glücklich, dass ich nichts dagegen hatte. Vorerst hatte ich niemandem von der Sache mit Anton erzählt und vermutlich würde ich es nur Osaft sagen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top