R E D E N I S T S I L B E R S C H W E I G E N I S T G O L D
~6. Kapitel~
~06.06.~
Auf meinen Lippen zeichnet sich ein gewaltiges Grinsen ab.
Cool bleiben Alicia.
„Du hast Glück, heute Abend habe ich noch Zeit.", überspiele ich meine Gedanken, in denen ich jetzt gerade schreiend vor Freude auf und ab hüpfe.
„Gut, dann bis später. Ich weiß ja, wo du wohnst.", zwinkert er mich schief grinsend an.
Tara mustert uns gleichgültig. Ungeduldig sieht sie mich an.
„Können wir jetzt endlich in den Zoo?", zerstört sie den magischen Moment zwischen Edward und mir.
Nicht jetzt Tara!
„Ich muss dann.", weise ich ihn auf das quengelnde Kind hin.
Er nickt verständnisvoll. Er ist so gutmütig.
„Viel Spaß.", wünscht er uns, für das heutige Vorhaben.
Ich nicke ihm zum Abschied dankend zu.
Wir steigen beide in unsere Autos, die zufällig zwei BMWs sind, ein. Ob das wirklich sein Auto ist, oder zu seiner Arbeit gehört?
„Woher kennst du den Mann vom Pannendienst?", fragt meine Lieblingsnichte, neugierig wie immer, nach.
Lustige Geschichte...
„Der Mann hat deiner Tante Lissy geholfen, als sie gestern im Fahrstuhl festgesteckt hat.", erkläre ich ihr Edwards Heldentat und vergesse dabei glatt meinen gefühlten Herzinfarkt vor Angst.
Der Rest der Autofahrt verläuft recht schnell. Zum Glück.
Am Zoo angekommen, begutachtet Tara die großen Giraffen, die über den Zaun herausragen, der uns von dem Park trennt.
„Wieso haben die so einen langen Hals?", fragt sie vertieft in diese fantastischen Wesen.
Ich greife auf mein Wissen aus dem, schon fast vergessenem, Biologieunterricht in der Schule zurück. Damals habe ich nur unwichtige Sachen gelernt, im Vergleich zu meiner Ausbildung.
„Weil sie sich anpassen mussten, an ihre Lebensbedingungen, sprich die hohen Bäume. Wenn sie sich nicht gestreckt hätten, wären sie verhungert. So wurden ihre Hälse immer länger und länger.", erkläre ich ihr, während ich die Tickets bezahle.
„Mit welcher Runde wollen wir beginnen?", schaue ich fragend auf den Flyer des Zoos, welchen ich gerade dazu bekommen habe.
Die Farben der Rundgänge sind den verschiedenen Tierarten zugeteilt.
„Mit der blauen.", entschließt sie sich diesmal schnell für den Rundgang der Wasserwelt.
Ich liebe Meerestiere und wollte schon immer ein Aquarium in meiner Wohnung haben. Doch war noch nie der richtige Zeitpunkt dafür, eins anzuschaffen.
„Dann los.", rufe ich voller Vorfreude.
Wir laufen in einen tiefen Tunnel aus Glas hinein. Links, Rechts, Über und Unter uns befindet sich das Glas und darunter die eiskalte Wasserwelt gefüllt mit Fischen und Meeresschildkröten. Mit voller Eleganz gleiten sie durch ihre spindelförmigen Körper durch das Eisblaue Wasser. Am liebsten würde ich mich reinwerfen und mit ihnen schwimmen.
Nachdem wir im Tunnel der Pinguine waren und das Gehege der Eisbären besichtigt haben, wechseln wir zur Runde gelb, den Safaritieren.
Die Löwen und Tiger haben bei der Hitze keine Lust sich sonderlich zu zeigen. Sie liegen einfach nur da ohne Regung.
Um einen Tierpfleger steht eine Herde versammelter Menschen, insbesondre Kinder, die alle ein Elefantenbaby streicheln dürfen. Tara rennt ungeduldig auf die Menschen zu, in der Hoffnung, dass kleine Wesen einmal anzufassen. Ich halte sie an ihren Schultern geduldig zurück und weise sie achtsam daraufhin, sich einen Moment zu gedulden, da es sich um ein kleines Tier handelt. Nachdem sich die Schlange aufgelöst hat, drängeln wir uns etwas vor und sind letztendlich auch an der Reihe. Vorsichtig streifen ihre zarten Hände die graue lederne Haut.
Danach durchlaufen wir noch Runde grün, der Kriechtierweg und Runde rot, mit diversen Haustieren.
„Ich hab keine Lust mehr, Tante Lissy.", ruft Tara mir am Ende der vierten Runde zu.
Wir bleiben kurz stehen. Ich geh vor ihr auf die Knie und sehe ihr in die Augen.
„Wieso?", frage ich sie etwas enttäuscht.
Immerhin hätten wir noch zwei weitere Runden vor uns.
„Meine Füße tun so weh. Ich kann nicht mehr laufen.", antwortet sie mit einem entschuldigenden Blick.
Wenn sie wüsste, wie viel ich im Krankenhaus hin und her laufen muss.
„Dann fahren wir jetzt nach Hause und gönnen uns eine Pizza oder was meinst du?", zwinkere ich ihr aufmunternd zu.
Ihr Magen beginnt zu Knurren, was wir beide mit einem Lachen wahrnehmen.
Zum Glück befindet sich neben dem Zoo eine italienische Pizzeria.
„Ich möchte eine Pizza mit Salami.", verlangt sie die klassische Variante von mir.
Meine Wahl fällt mir nicht schwer.
„Wir hätten gerne zwei kleine Pizzen im Amerikan Style. Einmal eine Classic und einmal bitte Hawaii.", gebe ich, sympathisch wie immer, die Bestellung, bei der netten italienischen Chica, auf.
„Bitte warten Sie kurz dorthinten.", weist sie mich auf die zwei schwarzen Ledersessel hin.
Ich schiebe Tara vorsichtig Richtung Sessel und lass mich selbst neben ihr nieder.
„Wie läufts in der Schule?", beginne ich zu Smalltalken.
Wie ich früher diese Frage gehasst habe. Umso lustiger finde ich es, dass ich sie inzwischen selbst stellen kann.
„Ich hasse Mathe. Ich verstehe das einfach nicht mit dem schriftlichen Rechnen. Minus und Plus und das andere...", nuschelt sie gestresst von dem Thema vor sich hin.
Das hat sie wohl von mir geerbt. Zum Glück gibt es keine Anzeige für die letzten Berechnungen im Taschenrechner, dass wäre sonst peinlicher, als Fischstäbchen in der Verpackung zu braten.
„Ich kann dir gerne mal helfen.", biete ich ihr meine Hilfe, im noch einfachen Themengebiet, an.
Wenn sie wüsste, was für einen Mist sie in Mathe noch lernt. Oder insgesamt in der Schule. Fakt ist, Schule bereitet einen nicht auf das reale Leben vor. Niemandem wird gezeigt, wie man ein Kind richtig erzieht, wie man Steuererklärungen schreibt oder wie man eine Dusche richtig putzt.
"Und hast du auch gute Freunde, die dir helfen mit den Hausaufgaben und die zum Spielen vorbei kommen?", frage ich interessiert nach.
Anders als ich in meiner Schulzeit, bejaht sie die Frage.
„Emma ist meine beste Freundin. Wir machen alles zusammen. Sie ist genauso wie ich, Tante Lissy. Das ist so cool!", schmunzelt sie mich glücklich an.
Und irgendwann stellt sich heraus, dass sie garnicht so ähnlich ist. Sie entwickeln sich in verschiedene Richtungen. Sie vernachlässigen oder ersetzen die andere, durch neue Freunde. Eine wird zuerst einen Freund haben und die andere wird neidisch sein. Oder es wird schmerzhaft für Tara, denn es wird herauskommen, dass Emma sie nie als beste Freundin wollte. Sie hat nur für ihren eigenen Nutzen mit ihr gespielt. Sie wird sie belügen, betrügen, hintergehen und verachten. Mit sowas muss man bei Menschen rechnen. Ich weiß es. Und wünsche es Niemanden.
„Und wie sind die anderen so in deiner Klasse?", stelle ich erneut behutsam eine Frage.
Jeder Mensch hat seine eigenen Gedanken. Die niemand auf der Welt wissen kann. Deshalb sollte man immer vorsichtig sein. Und am besten nur sich selbst vertrauen, denn sonst muss man damit rechnen, irgendwann einmal verletzt zu werden.
„Wir verstehen uns alle voll gut und teilen unsere Geheimnisse miteinander.", kichert sie ohne zu wissen, was das bedeutet.
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Bei anderen Menschen bin ich still. Nicht, weil ich nichts zu sagen hätte, sondern aus Intelligenz. Jeder hat mir als Kind Vorwürfe gemacht, dass ich zu schüchtern und zu leise wäre. Dabei bin ich ihr stiller Beobachter gewesen, der alles ganz genau in sich aufsaugt und am Ende mehr über sie weiß, als sie selbst. Ich kann dadurch die Menschen um mich herum besser einschätzen und weiß, was ich ihnen erzählen kann und was nicht angebracht für sie ist.
Ohne ihr meine Meinung zu sagen, bin ich wie immer leise. Sowas muss sie selbst für sich rausfinden. Sie muss Fehler machen und daraus lernen.
Dankend nehme ich die zwei Pizzen entgegen und verschwinde mit Tara zum Auto.
In Windeseile düsen wir davon, bevor unsere Pizzen erkalten können.
In meiner Wohnung angekommen, schalten wir den Fernseher an und machen es uns mit einer Folge „Timmy - das Schäfchen" und unserem leckeren Naschi bequem.
Ich liebe die fruchtige Ananas und den Kontrast zu der gewürzten Tomatensoße.
Es klingelt an der Tür. Muss Amelia uns immer beim Essen stören? Augenverdrehend öffne ich die Tür.
Kristallblaue Augen strahlen mich an.
Wie seit ihr gegenüber fremden Menschen eingestellt?
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