G E L D I S T N U R P A P I E R
~4. Kapitel~
~06.06.~
„Auf welches Spielzeug hast du Lust, Süße?", frage ich sie ganz begeistert von diesem riesigen Spielzeugparadies.
Begeistert sehe ich mich um und bin wahrscheinlich noch glücklicher als Tara. Spielzeug hat auf Kinder einen magischen Effekt. Es bietet ihnen Freiheit und volle Kreativität. Ich wünschte, mit mir wäre auch jemand als Kind nur ein einziges Mal in so einen Laden gegangen.
„Tante Lissy, kann ich mir auch zwei was aussuchen? Wie soll ich mich denn sonst jemals entscheiden können?", seufzt sie verwirrt von den vielen tollen Sachen, die ihre Äuglein wahrnehmen.
Ich habe so wenig von ihr, dann kann ich ihr auch einmal eine Freude machen.
„Weil letzte Woche dein Geburtstag war und ich wie du weißt leider nicht dabei sein konnte, darfst du dir ein was großes oder zweimal etwas kleines aussuchen, okay?", verhandle ich einen sehr guten Deal mit ihr.
Wir verlassen fürs erste das Playmobil Paradies und wandern in die magische Welt der Barbies aus.
„Das ist eine schwierige Entscheidung, Tante Lissy.", stellt das kleine wunderschöne Wesen fest.
Kinder können sich nie entscheiden, was sie wollen. Ich schmunzle, als ich ihre geweiteten Bambi Augen sehe, die versuchen alle Barbies gleichzeitig abzuscannen, um sich für die schönste zu entscheiden.
Was es alles für verschiedene Barbies gibt, das ist ja unglaublich! Sogar Männer mit Brüsten. Ich finde es nicht richtig, dass bereits Kinder mit so etwas aufwachsen sollen, immerhin können sie dann nicht mehr einschätzen, was normal ist und was nicht.
„Ich habe mich entschieden.", verkündet der kleine blonde Engel voller Stolz.
Gespannt, wer den Kampf des Kaufes gewonnen hat, warte ich ihre Entscheidung ab.
„Ich möchte Daisy!", kichert sie voller Vorfreude und versucht mit Hopsen an die vierte Reihe zu gelangen, wo Daisy platziert ist, was ihr jedoch misslingt.
Schmunzelnd greife ich nach der Verpackung und übergebe sie meinem strahlenden Engel.
Gute Entscheidung.
Wir wechseln ins Playmobil Paradies, wo ich sie kurz für ihre Entscheidung allein lasse, um mich in dem Laden noch etwas umzusehen.
Mir fällt eine Frau auf, die ungefähr gleichaltrig ist, jedoch eine fette goldene Uhr ums Handgelenk und ziemlich auffällige Markenkleidung von Gucci trägt. Sie guckt nach Babyklamotten.
Ich verurteile niemanden beim ersten Anblick, jedoch mach ich mir Gedanken über ihr bisheriges Leben.
Sie könnte sich einen reichen Freund geangelt haben, nur um die Sachen zu tragen. Sie könnte von ihren reichen Eltern viel zu viel Geld in den Arsch gesteckt bekommen haben. Sie könnte es sich allerdings auch hart erarbeitet haben, mit einem Job mit dem man viel Geld verdient. Vielleicht steckt auch viel mehr dahinter.
Sie ertappt meinen Blick und ich gehe schnell und auffällig zurück zu Tara.
„Das Eiscafé sieht toll aus.", schmunzelt sie mich voller Begeisterung und Vorfreude aufs Spielen an.
Ich hätte auch so gerne als Kind ein Eiscafé zum Spielen gehabt. Bei meinem ersten Berufswunsch Eisverkäuferin.
„Gut dann nehmen wir das.", zwinkere ich ihr ebenfalls begeistert zurück.
Ich trage die Kiste und Tara die Barbie zur Kasse.
Geld ist für mich nur Papier. Klar hat es einen bestimmten Wert und man braucht es zum Leben, aber viel wichtiger ist, der Wert für das man es ausgibt. Tara zum Geburtstag eine Freude zu machen, hat für mich einen großen Wert. Während meine Schwester und ich aus einem sehr sparsamen Elternhaus stammen, sieht ihre Familie, genauso wie meine einmal, anders aus. Man weiß nie, ob man morgen noch lebt. Deshalb sollte man sich das gönnen, was einen glücklich macht, um es nicht bereuen zu müssen als Geist.
„Jetzt startet unser Mädelstag.", rufe ich ihr laut und freudig zu.
„Yeyyy!", schreit sie laut und begeistert zurück.
Nachdem wir die zwei Kisten ins Auto geschafft haben und wir beide uns schon aufs Kisten aufreißen gehyped haben, laufen wir in das Kino direkt nebenan und diskutieren, mithilfe des Programmheftes, über alle möglichen Filme die gerade laufen.
„Ich hole schon mal Popcorn und Smarties.", flüstere ich ihr herzlich zu, während sie sich wie ein großes Mädchen, in der langen Schlange an der Kinokasse anstellt.
„Das sind keine Smarties, die heißen M&Ms!", berichtigt sie mich mit rollenden Augen.
Ein M&M ist ein großes Smartie. Schmeckt gleich. Nur die Größe ist unterschiedlich. Kein Unterschied.
Mit hochgezogenen Augenbrauen verschwinde ich auf die andere Seite, ohne sie aus den Augen zu lassen.
Ihr grün-weiß kariertes Kleid passt genau zu ihren grasgrünen Augen. Typisch meine Schwester.
Ich bestelle die Leckereien und nasche verführerisch einen Smartie. Und oh mein Gott- warmes Popcorn. Wie sehr ich dir zarte Caramellglasur auf frischem knackig-weichem Popcorn liebe. Außer die Spelzen, die sind ein wahrhaftiger Alptraum für jeden Genießer.
Ich drängle mich in der Kassenschlange schnell vor zu Tara und übergebe ihr das nötige Geld für die Karten.
Sie bestellt zwei Karten für Ostwind und läuft stolz mit den Karten in die Wartelounge voran.
Es ist ein sehr dunkler Bereich, welcher das richtige Kinofeeling übermittelt.
Ich studiere das Kinoprogramm für den nächsten Monat auswendig.
„Der Clown", ein Horrorfilm, wie einfallslos.
Ich verdrehe die Augen.
Neben uns warten zwei kleinere Jungs.
„Du hast keine Xbox One S, sondern nur eine Xbox?!", höre ich den dickeren Jungen arrogant seinen Kumpel auslachen.
Nicht alle Eltern sind reich, komm mal klar.
„Na und.", gibt der andere selbstbewusst zur Antwort und sucht ebenfalls nach etwas, um den anderen lächerlich da stehen zu lassen: „Sieh dich doch einmal an, du bist dafür fett!"
Ungläubig, was ich gerade gehört habe, drehe ich mich zur Seite und starre beide Jungs fassungslos an.
„Ich bin mit mir zufrieden.", toleriert er sein offensichtliches Übergewicht.
Seine kurze Hose geht ihm bis zu den Schienbeinen und das gelb auffallende T-shirt passt nicht mehr über seinen herausstehenden Bauch.
Als Kind wird es ihn nicht groß stören, aber später einmal werden sich viele Probleme zeigen.
„Lass danach zu BurgerKing gehen.", stößt er seinen schlankeren Kumpel mit dem Ellenbogen an.
Das volle Programm also. Ich könnte meine Hand an die Stirn klatschen, wenn ich sowas höre. Geh doch mal zur Nordsee.
„Lucas, wollen wir dann noch in den Game Shop?", fragt diesmal der dünnere.
Zocker also. Kein Wunder. Zocken macht dick. Keine Bewegung, keine Entlastung für die Augen, wenig Schlaf, schnelles Essen, schnelle Aggressivität und Suchtgefahr!
Er runzelt überlegend seine Stirn.
„Ne kein Bock, da muss man so weit laufen."
Faul ist er also auch noch. Dementsprechend werden auch seine schulischen Leistungen sein.
Enttäuscht über seine Eltern, denen anscheinend nicht klar ist, wie man Übergewicht mindern kann, stehen wir auf und verlassen die Lounge. Das kann ich mir einfach nicht länger anhören.
„Wow ist der groß!", raubt es Tara überrascht den Atem, als wir den gigantischen Saal betreten.
Wir setzen wir uns nach ganz hinten, weil man dort den besten Ausblick hat. Wenn das Kino voll ist, sehe ich es ja ein sich auf die vorgegebenen Plätze zu begeben, aber wenn noch so viel frei ist, interessiert es doch eh niemand wo man sitzt.
Ein etwa gleichaltriges Mädchen wie Tara, welches in derselben Reihe sitzt wie wir, schmeißt Popcorn durch die Gegend. Der Vater ist mit Schreiben auf seinem Handy beschäftigt, sodass es ihn anscheinend nicht stört. Kann er ihr keinen Anstand beibringen?
Wir sind hier an einem öffentlichen Ort und an keinem Teich, wo man die Enten füttern kann. Wahrscheinlich schreibt er gerade mit jemanden von der Arbeit, weil er nicht abschalten kann, was seine tiefen Augenringe erklären würde, oder einem neuen Flirt in seiner gescheiterten Ehe. Vielleicht ist er auch gerade dabei, seiner Frau fremd zu gehen? Jedenfalls tut er alles, außer dass, was er soll.
„Wusstest du, dass Popcorn verboten werden soll? Weil es die Knigge Regeln in Deutschland verletzt, wenn man laut in der Tüte raschelt und die Sitze beschmutzt.", erkläre ich bedauernd meiner Lieblingsnichte.
Schmollend guckt sie mich an. Dann rollt sie mit den Augen. „Dann bringen wir eben unser eigenes mit."
Ich streichel ihr lachend über den Kopf.
Wieso dauert die Werbung im Kino nur immer so lange?
Langsam drehe ich meinen Kopf, um die letzte Reihe hinter uns zu begutachten. Ein junges Pärchen sitzt dort aufeinander. Eigentlich ist es weniger sitzen, sondern mehr trocken ficken. Das Mädchen sitzt auf dem Jungen, der offensichtlich sehr nervös nach ihrem Hinterteil greift und nicht so recht weiß, wie er sie anfassen soll. Der arme wird es auch noch lernen.
Ich kann mir ein schmunzeln nicht verkneifen. Erinnert mich ein wenig an meine Jugend.
„Tante Lissy, können wir dann mal eine Pizza essen gehen?", zupft Tara an meinem weißen Basic Shirt mit einem hungrigen Blick.
„Natürlich mein Engel.", lächle ich sie liebevoll an. Ich bin eine gute Tante. Sie ist aber auch eine großartige Nichte!
Wie steht ihr zu dem Thema Geld? 🤔
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