Kapitel 3

Die Schule war Müll. Jeden Tag das Gleiche. Ignoranz. Akzeptanz. So weit das Auge reicht und er mittendrin. Ausgeschlossen. Behandelt wie ein Monster und Chan wusste bei bestem Willen nicht mal wieso. War es, weil er sich die Haare von schwarz zu blond gefärbt hatte und jetzt noch weniger wie ein Koreaner ausschaute? Vielleicht wäre er in Australien besser aufgehoben. Vielleicht würde er in Sydney viel besser aufgehoben sein als hier. Chan konnte sich das nur vorstellen. Während er zur Schule lief, es war nicht weit weg, lies er einen Kirschkern von der einen Backe zur anderen Backe gleiten. Er wollte die giftige Blausäure auf seiner Zunge spüren. Bitter würde es schmecken, oder? „Wie schmeckt Säure?", fragte er sich deswegen selber. Niemand wird ihn antworten. Er selber wusste auch keine Antwort darauf, deswegen steckte er sich die Kopfhörer in den Ohr und hörte wieder Creep an. Das Lied, welches ihm am besten beschreibt. Er schluckte den Kirschkern runter.

Leute zogen an ihm vorbei, während Chan in seiner eigenen Welt lebte. Dort wo die Musik ihn begleitete. Er sah auf die Straße links von ihm, während er sich die Hände in die Jackentasche der Schuluniform steckte. Heute war ein warmer Frühlingstag, wo man keine dicke Jacke mehr brauchte. Bald wird es sicher wärmer werden und Chan muss wohl oder übel seine Narben wieder zeigen. Kein normaler Mensch läuft bei dreißig Grad mit einem Hoodie herum. Nur Chan die letzten Jahre, bis seine Eltern ihn gefragt haben, was das soll. Erst dann haben sie die Narben an seinem Schlüsselbein gesehen. Haben aber sie für normale Verletzungen gehalten.

Autos fuhren an Chan vorbei. Blitzschnell, ohne langsamer zu werden. Wenn er jetzt über die rote Ampel lief, dann würde er unter einem der Autos liegen, zerfetzt von den Autoreifen, Organe, die am heißen Gummis der Reifen wie Kaugummi klebten. Blut, welches den Asphalt dunkel verfärbte. Das gefiel Chan. Endlich nicht mehr auf der Welt zu sein. Ein warmes Lächeln auf den Lippen. Aber was wenn der Autofahrer noch rechtzeitig bremste und ihm am Leben lies? Dann würde er immer noch auf der Welt sein. Chan will sich immer noch umbringen. Jeden verdammten Tag denkt er nach, wie er sich am besten töten konnte. Sich die Pulsadern aufschneiden ging nicht, denn das würde man sehen. Sich von einem Hochhaus runterstürzen war auch unmöglich. Chan hatte Angst zu springen. Das Schulgebäude tauchte auf und Chan lief über den Hof in die Schule rein. Er steckte die Kopfhörer aus und steckte sie in die Jackentasche. „Und wieder ein Tag in der Hölle", witzelte er, während er sich auf den Weg in sein Klassenzimmer machte. „Wundervoll." Er machte die Tür auf und setzte sich auf seinen Platz neben Woojin hin, der ihn wie jeder ignoriert. Obwohl er der Streitschlichter der Klasse war und immer sehr hilfsbereit war, konnte Woojin Chan nicht wirklich leiden und er wollte so schnell wie möglich weg von ihm setzen. Chan ist komisch. Nicht nur weil er sich die Haare blond gefärbt hatte, sondern auch weil er mit sich selber spricht. Nicht nur ein bisschen. Jeden Tag. Das kann richtig aufregen, wenn Woojin die Aufgaben machen wollte. Da war immer Chans Stimme im Hintergrund, welche mit sich selber diskutierte. 

„Guten Morgen, Woojin", begrüße Chan ihn. Anders als für Woojin, der den Australier nicht leiden konnte, versuchte Chan ständig sein Freund zu werden. „Und was hast du gestern gemacht?", fragte Blondkopf ihn. Persönlicher Spitzname für Chan. Woojin drehte nicht mal seinen Kopf zu ihm rüber, lieber schaute er sich nochmal die Hausaufgabe durch, sagte auch nichts, lies Chan einfach warten. Er soll schon wissen, dass er keinen Bock hatte, sich mit ihm zu unterhalten. Mit dem Freak. „Hm, dann nicht?", fragte Blondkopf ihn und drehte den Kopf weg von ihm. Der wievielte Versuch war es bereits mit Woojin zu reden? Der vierhundertsechzigste. Chan hat es mitgezählt. Er wollte wissen, wie oft man ihn abwies. Er lächelte. Lächelte tapfer, während er ebenfalls die Hausaufgaben rauste. Woojin lugte kurz zu ihm rüber. Blondkopf grinste wieder so komisch. Das macht der ziemlich oft. Hat wohl immer gute Laune. Was auch immer. Blondkopf ist unwichtig. Minho kam zu ihm rüber und fragte, ob er die Hausaufgaben bei ihm abschreiben durfte, bevor der Lehrer kam. „Hallo Minho", begrüßte Chan ihn. Bei Minho war es immerhin nur das zweihunderteinundvierzigste Mal, dass er ihn ignorierte. Wieder weglächeln. Den Schmerz weglächeln. Dann ging Minho wieder. Er war gut mit Woojin befreundet und dass tat weh zu sehen. Wie jetzt. Er stellte sich vor, wie viel Spaß die beiden wohl haben, wenn sie sich außerhalb trafen. Chan grinste. Kicherte. Atmete tief ein. 

Woojin wollte am liebsten aufstehen und gehen. Blondkopf ging ihn mal wieder richtig auf den Sack. Was war nur sein verdammtes Problem? Der Lehrer kam endlich und ermahnte Chan, weil dieser nicht aufhörte zu kichern. Es fing an schon sich krank anzuhören. Blondkopf war richtig gesprächig heute, weil er sofort leise mit sich redete, während sie die Hausaufgaben miteinander verglich. „Hör auf", flüsterte Woojin zu Chan rüber. „Hm?", fragte Chan seinen Mitschüler. „Hör auf mit dir selber zu reden. Das ist nicht normal."

„Herr Kim, ich möchte Sie bitten leise zu sein, während wir die Aufgaben besprechen."

 „Entschuldigung Herr Jung." Woojin vertiefte sich wieder auf das Blatt vor ihm.

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