f i v e
Es war Samstag und das bemerkte ich, als ich am frühen Morgen in meinem Bett liegen bleiben konnte und genießen konnte, dass ich heute nicht in die Schule musste. Ein Nachteil hatte es ja: ich wachte auf, weil mein Hund Max das Bedürfnis hatte, mein Gesicht abzulecken.
Als ich mich aus dem Bett schälte, fanden meine Füße automatisch den Weg nach unten in unser Diner. »Morgen« begrüßte ich meine Eltern, die gerade fleißig am arbeiten waren, doch niemand schenkte mir Beachtung, also bediente ich mich stumm an der Kaffeemaschine. Ich beobachtete aus dem Augenwinkel meine Mutter, während mein Kaffee in die Tasse floss. Meine Mutter sah sehr niedergeschlagen aus und hatte keine Emotion mehr in ihrem Gesicht. Normalerweise bediente sie die Kunden mit großem und herzlichem Lächeln, aber es war seit dem Einbruch nicht mehr so. Sie arbeiteten nachts noch länger und konnten nicht eine Sekunde durchatmen. Und das alles wegen mir.
»Morgen« begrüßte mich Alex, als ich mit meinem Kaffee oben angekommen war. »Hey« ich setzte mich zu ihm und er legte die Zeitung weg. Als Lukas uns zusammen sah, setzte er sich zu uns.
»Denkt ihr, Mama bekommt einen Rückfall?« Sprach ich offen das aus, was ich vermeiden wollte zu denken und nippte an meinem warmen Kaffee. »Meinst du..« fing Lucas an, doch brachte den Satz nicht zu Ende. Als meine Mutter vor drei Jahren Depression diagnostiziert bekommen hatte, war es wie ein Schock für uns alle.
Es war ein großes hin und her, sie war eine lange Zeit stationär behandelt worden, war sehr dünn, hatte nichts gegessen und nichts getrunken und lief herum wie eine lebende Leiche. Jegliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen als wir sie jede Woche besuchen kamen.
»Ich glaube schon und das darf nicht passieren.« Die Zeiten wurden nach der Therapie besser und meine Mutter musste nur noch täglich ihre Antidepressiva nehmen. Es ging ihr gut. Bis jetzt.
»Alex hat recht« erwiderte Lucas ernst. »Ihr wisst wie schlimm es werden kann« fügte er hinzu und besorgt trank ich einen großen Schluck meines bitteren Kaffees. Damals, so sagte der Arzt, hatte unsere Mutter viel Glück. Doch weil es keine physische Krankheit war, war man sich nie sicher, ob meine Mutter je gesund werden konnte. Und ob man es glaubt oder nicht, an dieser Krankheit konnte man tatsächlich sterben.
»Wir helfen ihr wo wir können und ich bleibe erstmal hier, ich gehe nicht zurück nach Miami.« Sagte mein ältester Bruder und Lucas und ich nickten. »Wir schaffen es so, wie wir es schon immer geschafft hatten. Als Familie« Nickend stand ich auf. "Ich muss heute bei Starbucks arbeiten" beide nickten mir zu und ich musste lächeln, weil sie sich so ähnlich sahen.
Zum Glück kannte die Besitzerin aus Starbucks meine Eltern, und ließ mich deswegen direkt arbeiten. Sie wusste ich hatte es drauf, was Kellnern angeht und wusste auch, dass ich nichts falsch machen würde. Ich dachte zumindest in dem Laden wäre ich sicher, zumal ich James jetzt schon drei Tage nicht gesehen hatte. Die Kollegen, welche mich eingearbeitet und mir alles gezeigt hatte, meinte zu mir, dass ich sauber machen sollte und über die Tische wischen sollte, während sie für ein paar Minuten in den Keller musste um ein paar Sachen zu holen.
Ich schaute zu dem Elektriker, welcher gerade dabei gewesen ist, irgendetwas an der Kamera zu installieren. Er war den ganzen nachmittag dort gewesen und versuchte etwas zu tun, bekam es offensichtlich nicht hin. Er kam von der Leiter herunter und legte den Schraubenzieher in seinen Werkzeugkasten. Erwartend lächelte ich den fremden Mann an, während er sich seine Jacke anzog. »Die Kamera funktioniert noch nicht, weil das System irgendwie nicht funktioniert. Morgen denke ich aber, ich werde sie dann richtig einstellen können. Lassen Sie das einfach so da stehen, wie es ist.« erklärter er und nickend folgte ich einen Anweisungen. »Ich bin morgen früh wieder hier, bitte sagen Sie das der Chefin." fügte er hinzu und verließ den Laden. Ich schaute zu der Kamera und seufzte.
Ich hatte mich wahrscheinlich getäuscht, denn gerade, als ich hinter der Theke sauber machte und sah wie der letzte Kunde den Laden verließ, hörte ich das Klingeln, das erklang, wenn jemand den Laden betrat.
»Oh was ein Zufall« James musterte mich und ich schmiss genervt das Handtuch auf die Theke. »Was willst du hier?« Zischte ich drauf los und schaute ihn an. Wieso hatte er vor mich immer weiter zu quälen? Es tat mir doch jetzt schon weh, jeden meiner geliebten Menschen anzulügen. Wieso tat er mir das also an?
»Ich hätte gerne.. einen schwarzen Kaffe ohne Milch, ohne Zucker und 500 Euro.« Meine Augen weiteten sich. »Woher bitte soll ich 500 Euro kriegen?« Sein Blick schweifte zur Kasse und er schaute mich erwartungsvoll an. »Ich kann doch nicht..« fing ich an doch ich sah schon, wie er seine Waffe aus seiner Hose zog. Ich verfluchte gerade innerlich den Elektriker und die kaputte Kamera, die noch immer nichts funktionierte. Ich fand es erstaunlich, dass genau mich dieses Pech traf. Und das genau James ohne Beweise davon kommen könnte, wenn er mich jetzt erschoss. Und das war schon wieder einer dieser Momente, wo ich ihn genau unter die Lupe nahm. Auch wenn seine schönen, braunen Augen gefährlich im Dunkeln glitzerten, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass er so böse war.
»Doch kannst du. Oder muss ich mich wiederholen?« Fragend schaute ich zu ihm. Schaute erwartend in seine Augen um zu erfahren, ob er wirklich so bösartig gewesen ist.
»Ich weiss wo du wohnst und ich werde alle umbringen wenn du nicht das tust was ich sage« merkte er schon zum hundertsten Mal in dieser Woche an und ich wusste es, weil diese Drohungen von ihm mich nachts bis in meine Träume verfolgten.
»Ich kann dich auch ganz einfach verraten James« sagte ich und knallte ihm den Kaffe vor seiner Nase auf den Tisch. »Und dann kommst du dahin wo du hin gehörst« brummte ich während ich erwartend meine Hand ausstreckte um Geld für den Kaffee zu bekommen.
Er lachte auf und griff nach dem Becher. »Aber bis sie mich gefunden haben, war ich schon längst in eurem Laden und habe deine Eltern erschossen.«
Mein Herz sprang fast aus meiner Brust und mit seiner anderen Hand zielte er mit der Waffe wieder auf mir. »Ich warte noch auf meine Bestellung« ich schaute zur Kasse. Ich wusste das er es ernst meinte, und ich musste meine Eltern beschützen, komme was wolle. Ich öffnete sie und gab ihm 500 Euro aus der Kasse. Schockiert über mich selbst, sah ich, dass er die Waffe kein Stück bewegte. Sondern er zielte sie auf die Kamera an der Decke. Ein lauter Knall ertönte, wo zu lauter. Ich tastete mich ab um zu sehen ob ich noch lebte. Aber er hatte die Kamera erschossen, nicht mich. Und ich fragte mich wieso er diesen Aufwand erzeugte, wenn er offensichtlich sah, dass sie nicht einmal funktionierte und von losen kabeln umgeben war.
»Bis dann und grüß deine Eltern von mir. Lockwood müssten sie sicherlich kennen.« Er zwinkerte mir zu und verschwand aus dem Laden. Ich überlegte was ich machen sollte, doch ich wusste das mir nichts übrig blieb, außer die Polizei zu rufen und es so aussehen zu lassen, als wäre das ein Dieb gewesen. Aber wer würde mir abkaufen, dass er nur 500 Euro wollte? Und wer würde mir überhaupt noch glauben, nachdem auch unser Diner ausgeraubt worden ist?
Und das schlimmste an allen war die Tatsache, dass er meine Eltern zu kennen schien.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top