f i f t y - f o u r

Mia's Sicht

Mein Kopf brummte wie verrückt, als ich meine Augen am nächsten Morgen aufschlug. Müde schaute ich mich um und erkannte, dass ich mich glücklicherweise in meinem eigenen Zimmer befand. So viel wie ich in der Nacht getrunken hatte wäre es nicht abstrakt gewesen, in einem fremden Bett aufzuwachen. Ich erinnerte ich kaum an gestern. Ich weiß nur noch, wie James mich nach unserem Streit wieder zur Party fuhr und ich mich aus Frust angetrunken hatte. Obwohl ich so etwas niemals in Erwägung gezogen hätte.

Sehr benommen stand ich auf und torkelte zuerst ins Bad. Mir war nicht wirklich sehr schlecht, doch ich spürte, wie mich ein leichter Schwindel einnahm, weswegen ich mich am Waschbecken fest hielt. Vermutlich musste sich mein Körper erst einmal daran gewöhnen, dass ich nun wieder auf beiden Beinen stand. Oder ich war zu schnell aufgestanden. »Mia?« ertönte Alex laute Stimme vor der Badezimmertür, auf welche ein lautes Klopfen folgte. Und das gab mir den Rest. Ich bekam plötzlich starke Kopfschmerzen und schaute in mein Spiegelbild. Verschmiert, Augenringe und kaputt. Ja, genau so wie ich aussah fühlte ich mich auch.

»Mhhh« gab ich brummend von mir und wusch mir kurz mein Gesicht, um die restliche, komplett zerstörte schminke von meinem Gesicht zu zu schmieren. Wie wohl mein Kissen aussah?

Ich fühlte mich ein bisschen besser, nachdem mein Gesicht wieder rein war und ich meine Zähne geputzt hatte. Hoffentlich stank ich nicht zu sehr.

»Mum, Dad und Lucas sind unten. Wir frühstücken, komm doch runter« erwiderte er und ich folgte ihm nach unten. Als ich dort ankam, lagen alle Augenpaare auf mir. Augenblicklich fühlte ich mich wieder ausgeschlossen und ich hatte das Gefühl, dass jeder von ihnen etwas wusste, was sie nicht wissen sollten oder was ich nicht essen durfte. Ich habe doch gestern nichts gesagt, was ich nicht hätte sagen sollen, oder?

»Morgen, Mia. Setz dich, wie war die Party?« hakte meine Mutter nach und ich tat, was sie sagte. Ich hatte nicht wirklich Hunger, weil der Alkohol mir meinen Magen dezent verdorben hatte. Vielleicht wäre es besser, jetzt nichts zu essen, sonst würde ich mich übergeben. Ich griff also nur nach der Wasserflasche und füllte ein vor mir stehendes leeres Glas auf.

»Ganz okay« murmelte ich doch wusste, dass das nicht ansatzweise der Wahrheit entsprach. Zumindest erinnerte ich mich nur an die erste schlimme Sache der vergangenen Nacht: James.

»Deine Lehrerin hat mich angerufen. Ich hätte nicht gedacht, dass du in jedem Fach um eine Note schlechter geworden bist. Und in manchen tatsächlich nicht nur um eine. Wieso hast du uns das nicht erzählt?« meine Mutter schaute mich ernst an und ich musste schlucken.

Was Schule anging, hielt ich meine Mutter gelegentlich auf den Laufenden. Ich hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass meine Brüder sich nicht wirklich für meine Noten interessierten und mit meinem Vater wollte ich noch nie wirklich darüber reden, weil ich das Gefühl hatte, ich wäre ihm nicht gut genug. Geschweige denn jetzt nicht. Er hasste mich. Ich kannte den Blick von ihm und Lucas schon auswendig, da sie denselben hassenden Blick drauf hatten und mich spüren ließen, wie wenig sie mich seit diesem Vorfall leiden konnten. Ich konnte meinen Vater auch nicht mehr angucken, seitdem er diese bösen Dinge zu mir gesagt hatte. Ich erinnerte mich zurück, wie er mich fertig machte und meinte, meine Mutter wäre wegen mir im Krankenhaus gelandet. Lucas, mein eigener Bruder und mein Dad fingen tatsächlich an, mich zu hassen. Es tat in meinem Herzen weh, dass denken zu müssen, aber ich hatte doch recht, oder etwa nicht?

Umso mehr störte es mich also in diesem Moment, dass meine Mutter mich nicht alleine und ungestört darauf angesprochen hatte, sondern vor der kompletten, versammelten Mannschaft. Ich blieb stumm. Ich wusste schlicht und einfach nicht, was ich sagen sollte um ihnen zu erklären, wie schlimm die letzten zwei Monate für mich gewesen sind.

»Antworte deiner Mutter« befahl mein Vater nun und ich trank erst einmal das komplette Glas Wasser aus, um meinem Kopf ein bisschen Kraft zu schenken und die richtigen Worte zu finden. Mir war nicht aufgefallen, dass meine Noten sich so dermaßen verschlechtert hatten, dass bei mir Zuhause angerufen werden musste. Ich hatte nicht mehr die Noten wie zuvor, was natürlich logisch gewesen ist, weil ich nebenbei einen Einbruch vertuschen, eine Leiche vergraben musste und mich mit einem Kriminellen, dessen Gedanken und meine Liebe zu diesem befasste. Ich hatte kaum Zeit, um ein Gleichungssystem zu lösen oder eine Gedichtanalyse auf französisch zu verfassen. Aber niemals im Leben würde es dazu kommen, dass ich nächstes Jahr meinen Abschluss nicht machen konnte. So schlecht war ich nun wirklich nicht.

»Es war in letzter Zeit einfach stressig« Gab ich wahrheitsgemäß zu und erntete einen nicht zu deutenden Blick von meinen Brüdern. Wieso schauten sie denn so? Meine Antwort entsprach doch der Wahrheit?

»Das ist keine Ausrede. Du wolltest freiwillig zu diesem James und lässt deswegen also die schule sausen. Fang doch bei ihm an?« entgegnete mein Vater kalt. Ich hatte recht, er hasste mich wirklich. Er schien wohl recht zu haben, denn niemand sonst mischte sich ein und nicht einmal meine Mutter, die mich eigentlich gefragt hatte, schien ihm zu widersprechen. So dachten sie also von mir. Okay.

»Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm« merkte ich an ihn versuchte mich selbst davon abzulenken, dass ich gestern noch bei ihm im Auto saß. Ich hatte aber zum ersten Mal nichts Verbotenes getan. Ich hatte sogar ausnahmsweise etwas Gutes getan, für mich und meine Familie. Natürlich wussten sie das nicht, aber es wäre auch ungerecht, ihnen das jetzt vorzuwerfen.

»Gelogen« brummte mein Vater und schob seinen Teller beiseite. »Okay, Dad. Deine Message ist angekommen, du musst mir ehrlich nicht glauben. Mom, ich strenge mich mehr für die Schule an und zeige dir, dass ich meinen Abschluss schaffen werde« ich gab ihnen das was sie hören wollten. Ich wollte es nicht übertreiben und Streit wollte ich sowieso nicht. Der Dezember nahte und damit auch die Weihnachtszeit. Es wäre egoistisch von mir, nicht zumindest für einen ordentlichen Haussegen zu sorgen. Oder es zu versuchen. Und gerade war ich viel zu benebelt gewesen um zu streiten.

»Ich habe keinen Hunger« fügte ich abschließen hinzu und beeilte mich, um in mein Zimmer zu gehen. Erst als ich hörte wie hinter mir die Tür zuknallte, drehte ich mich um. Dort standen Lucas und Alex. Sie waren wütend. Oh man.

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